Einige Tage in Panama
Nach kurzer Rast eilten wir weiter und gelangten nach dreistündigem Ritte und vollbrachter Ueberschreitung der Kette aus dem Walde auf die Ebene, an deren vom Meere begrenzten Ufer wir Panama liegen sahen. Die Straße, welche wir auf der ganzen, sanft nach dem Meere abfallenden Ebene verfolgen konnten, glich hier in der That einem langen Zuge Ameisen, so dicht war sie bedeckt mit Kommenden und Gehenden, Transportzügen u. s. w. Nach kurzem Ritte hatten wir die Thore Panama’s passirt und froh, von der Mule zu kommen, sprangen wir ab, ließen das Thier laufen und kehrten in das uns empfohlene deutsche Hotel Louisiana ein, um unsere sehr ermatteten Glieder zu stärken. Mit großem Mißfallen hörten wir, daß ein zehntägiger Aufenthalt uns in Panama bevorstände, weil der Steamer, welcher an der Westküste Südamerika’s geht, bereits vor vier Tagen abgegangen war. Bei dieser unerträglichen Hitze (die Sonne stand fast senkrecht), in einer Stadt, wo das gelbe Fieber leider nur zu häufig wüthet, der Geist vollkommen erschlafft und die Zeit (wenigstens für uns) mit nichts auszufüllen war, konnte uns dieser lange gezwungene Aufenthalt nicht angenehm sein. Doch wir mußten uns fügen und beschlossen, durch Vereinigung aller unserer Kräfte dem Aufenthalte noch die beste Seite abzugewinnen.
Die Kühle des Abends verlockte uns bald zu einem Ausgange. Der erste Eindruck war allerdings kein günstiger. Die Straßen sind schmutzig und übelriechend, denn sie sind der Ort, wo alles und jedes Unbrauchbare hingeworfen wird. Schaaren von Hunden mit und ohne Herren durchstreifen die Stadt, Alles verzehrend, was irgend für sie genießbar ist und mit großen schwarzen geierartigen Vögeln das Amt der Straßenreinigung vollziehend. Besonders sind es letztere, deren Dienste so anerkannt sind, daß auf ihre Tödtung Strafe gesetzt ist. Sie sind in so außerordentlicher Anzahl vorhanden, daß zuweilen Häuser oder Bäume buchstäblich von ihnen bedeckt sind. Schnell eilten wir die Straßen entlang, um auf dem Walle die frische reine Meeresluft zu athmen und der schönen Aussicht zu genießen, welche der Golf von Panama mit seinen grünen Inseln darbietet, die ihrem Namen (Perleninseln) in der That entsprechen, da sie wie Perlen in das blaue Meer gestreut sind. Der Wall ist der einzige Ort, wo die Einwohner Panama’s nach der drückenden Hitze des Tages sich erholen können, und nur hier, in den Abendstunden, sieht man das schöne Geschlecht in einfachen weißen Toiletten sich öffentlich zeigen. Die nahe am Walde stehende Citadelle ist noch der einzige Ueberrest der früheren Festungswerke und beherbergt die unbedeutende Besatzung, zusammengesetzt aus Menschen von allen Hautfarben. Die wenigen Kanonen (unter denen einige sehr schöne), welche früher [117] die Wälle vertheidigten, liegen unbeachtet auf ihren morschen, geborstenen Lafetten oder im Sande, und haben jetzt nur noch die friedliche Bestimmung als Sitze zu dienen. Bei unserer Rückkehr in das Hotel hatten wir die Freude, einen unserer Reisegefährten noch anlangen zu sehen. Derselbe war, von der Hitze ohnmächtig, mehrmals vom Maulthiere gestürzt, und hatte schließlich auf einer hastig aus Aesten hergestellten Trage von Indianern nach Panama getragen werden müssen. Doch erholte er sich hier bald in der Abendkühle und zu unserer Aller Stärkung begaben wir uns zeitig zur Ruhe, um durch einen guten Schlaf die Reisestrapazen zu vergessen. Aber die Moskito’s hatten es anders beschlossen.
Wer je eine Nacht an einem Orte zugebracht hat, wo die Sonne fast senkrecht steht und die Moskito’s in unzähligen Schaaren den Schlafsuchenden überfallen, der kann sich unsere hülflose Lage vorstellen. Anfangs kämpfend gegen diese unsichtbaren Feinde, deren Gesumme schon Grauen erregt und in wirklich nervöse Aufregung versetzt, verzichtet man bald auf jede Vertheidigung und ergibt sich auf Gnade und Ungnade. Es ist merkwürdig, daß besonders die Neuangekommenen zu leiden haben und es scheint, als ob das frische Blut, welches sie mitbringen, den Moskito’s besonders munde. Indeß die Natur forderte von uns ihre Rechte und wir verfielen endlich in Schlaf, aus dem wir allerdings als vollkommene Opfer der Moskito’s erwachten. Die frische Morgenluft, welche ungefähr der Mittagshitze unserer deutschen Sommertage glich, lud uns zu einem Spaziergange ein, welchen wir in Panama’s Straßen vollzogen, um eine Ansicht der Stadt zu haben. Wie alle Städte Amerika’s, die von Spaniern angelegt sind oder unter deren Herrschaft gestanden haben, ist auch Panama sehr reich an Kirchen, von denen jetzt allerdings nur noch wenige benutzt werden; die meisten sind zerfallen und bilden mitunter, wenn auch keine großartigen, doch recht schöne Ruinen. So bietet das ehemalige Jesuitenkloster in seinen zerfallenen Hallen und geborstenen Säulen, von Palmen überschattet und mit Schlingpflanzen umgrünt, einen schönen Anblick dar und zeigt von früherer Blüthe und Pracht. Die noch jetzt benutzte Kathedrale ist einfacher und nur die Thürme haben etwas Besonderes; sie sind nämlich vollständig mit Muscheln bekleidet. Im übrigen ist Panama sowohl im äußern Ansehen als auch in inneren städtischen Einrichtungen bedeutend zurück gegen andre Städte Südamerika’s von viel geringerer Wichtigkeit.
Unsre Wanderung durch die Stadt war sehr bald beendigt und schleunigst eilten wir zurück, um uns vor der fast sengenden Hitze (es war erst 9 Uhr Morgens) zu schützen. Wir zogen vor, vom Balkon aus den Strom Wanderer ankommen zu sehen, welcher drei Tage hintereinander ununterbrochen an unserem Hotel vorüberfluthete. – Er glich in der That einer kleinen Völkerwanderung, denn sowohl von Nordamerika als auch von Europa waren über 3000 Auswanderer angelangt, deren gemeinschaftliches Ziel Kalifornien war. Dazu kamen noch die von dort Zurückkehrenden, welche, obgleich in geringerer Anzahl, doch auch zur Vergrößerung des Gewühls beitrugen. Es war eine förmliche Menschenüberschwemmung. Viele kampirten in den Straßen und richteten sich in Zelten oder anderswie häuslich ein, um den Abgang des nächsten Schiffes zu erwarten. Alle Gasthöfe waren überfüllt und in Privathäusern war kein Unterkommen zu finden. Dies dauerte glücklicherweise nur drei Tage. Leicht hätte sich bei einer derartigen Ueberfüllung und zu dieser Jahreszeit das gelbe Fieber entwickeln können. So viel uns bekannt, kam nur ein einziger Fall vor; unser Stubennachbar, ein Franzose, fiel als Opfer. Sein Kranksein währte nicht über zwanzig Stunden. Gegen Abend fing er an zu stöhnen, seine Glieder wurden steif und gegen Mittag war er bereits im Hospital (einem alten, an den Strand gezogenen Schiffe), wohin man ihn am Morgen geschafft, gestorben. Es war dies wirklich keine angenehme Nachbarschaft, die Schmerzenslaute des Unglücklichen verscheuchten jeden Schlaf und brachten die Gedanken immer wieder auf diese Geißel der tropischen Gegenden, des gelben Fiebers und auf die Gefahr, ihr zu unterliegen, zurück. Wir suchten deshalb auch so wenig wie möglich in der verpesteten Luft Panama’s zu leben und unternahmen zu diesem Zwecke täglich Wanderungen in die Umgegend.
Besonders reizte uns die Aussicht, welche man vom Gipfel eines hinter Panama gelegenen Berges haben sollte und wir beschlossen sofortige Besteigung. Gut bewaffnet mit Revolvern, Messern, Stöcken, Einige von uns noch ausgerüstet mit Stecknadeln und anderen dergleichen Hülfsmitteln, um harmlose Thiere ihrem naturwissenschaftlichen Hunger zu opfern, machten wir uns auf den Weg. Drei Mal schon hatten wir versucht vorzudringen, immer führte uns der Weg nur bis zu einigen Indianerhütten, die mitten im Walde lagen. Ungefähr ein Dritttheil des Weges hatten wir erreicht, aber dann umgab uns fast undurchdringliches Dickicht, und obgleich wir ein gutes Stück in demselben vordrangen, den Pfaden von Maulthieren folgend, nirgend fanden wir den Weg. Daß es einen solchen gäbe, sahen wir am Fuße des Berges; denn man konnte vom Gipfel herab einen schmalen Steig ein Stück abwärts verfolgen. Aber für die Fruchtlosigkeit unserer Versuche wurden wir entschädigt durch die Pracht der Natur, durch die Herrlichkeit dieses Waldes, der noch in unangetasteter jungfräulicher Schönheit prangte. Mahagoni- und andere mit dem üppigsten Grün belaubte Bäume bildeten ein dichtes Dach, durch welches die schlanken Palmen wie Säulen brachen, um über ihm mit ihren schwankenden Kronen ein zweites luftiges Gewölbe zu schlagen, durch dessen Zwischenräume das dunkle Himmelsblau leuchtete. Wo das Auge hinblickte, fiel es auf Blüthen, von denen eine die andere an Schönheit und Pracht der Farben, an Mannigfaltigkeit der Gestaltung, an süßem Dufte übertraf. [118] Große purpurne Passionsblumen, schon von ferne leuchtend, schmückten die grünen Wände, welche ihre biegsamen Ranken zwischen den Stämmen gewoben hatten. Die Orchideen schwangen sich durch das dunkele Laub und rankten sich empor zu den im Winde sich wiegenden Palmen, von einer zur andern sich schlingend und ihre Blüthenbüschel wie Quasten herunterhängen lassend. Hohe Bäume, über und über bedeckt mit großen rothen oder weißen Blüthen, welche zu zehn und mehr straußartig beieinander stehend nur hier und da das frische Grün durchblicken ließen, bildeten den herrlichsten Kontrast mit den unter der Last ihrer Früchte sich beugenden Orangenbäumen. Die großen gelben Blüthen einer Art Baumwollenstaude glänzten schon von Ferne wie Gold. Ananas würzten die Luft mit dem köstlichsten Aroma und luden mit ihren saftigen Früchten zum kühlenden Mahle. Ueppige Farrnkräuter bedeckten den Boden, dem Auge die zierlichsten Blattformen darbietend und in ihrem frischen Grün die goldenen Orangen verbergend. Buntgefleckte Eidechsen schlüpften hin und her, Leguane von drei Fuß Länge guckten uns neugierig an und verschwanden rasch im dichten Laube. Schmetterlinge von den prächtigsten Farben, der große Atlas, der herrliche blaue Achilles, flogen von Blüthe zu Blüthe, ihnen durch die eigne Schönheit noch höheren Reiz verleihend.
An lichten, blumenreichen Stellen erkannte man an den unerkenntlichen hin- und herschwirrenden Punkten, welche die Blüthen umgaben, daß Kolibri’s ihr Spiel trieben, während die andern größern Vögel, als Beutelmeisen u. s. w. ganz furchtlos in der Nähe blieben, oder in ihre so eigenthümlich gebauten und aufgehangenen Nester schlüpften. Richtete man, durch ein kreischendes Geschrei aufmerksam gemacht, das Auge aufwärts, so erblickte man die bunten Gefieder der Papageien, welche mit schwerem Flügelschlage dahinflogen. Es war in der That entzückend schön in diesem Walde, und beneidenswerth erschien das Loos der Bewohner der Hütten, daß sie diese Fülle von Schönheit täglich genießen und bewundern können. Mißtrauisch betrachteten sie die Eindringlinge; doch unsre Revolver flößten Respekt ein und ungehindert ließen sie uns ihr Gebiet durchstreifen.
Obgleich nun schon drei Versuche mißglückt waren, beschlossen wir doch noch, einen vierten zu wagen. Rasch ging es vorwärts zum schon früher erreichten Orte. Hier nahmen wir die Richtung nach dem Gipfel, und muthig drangen wir in das Dickicht. Schwer war es allerdings, sich den Weg zu bahnen durch das dichte Gewebe der Schlingpflanzen, aber unverdrossen schritten wir weiter. Plötzlich versank vor unsern Augen der Vorangehende, und der Letzte der Reihe sah Einen nach dem Andern verschwinden, bis er selbst nachfolgte. Wir sanken ungefähr sieben Fuß tief hinab, nicht wenig erstaunt über diese neue Art theatralischer Versenkungen. Wir befanden uns vollkommen im Dunklen, doch, wie wir erkennen konnten, auf festem Erdboden. Wie groß war unsere Verwunderung, als wir fanden, daß, anstatt auf der Erde zu gehen, wir ganz ahnungslos auf dem Geflechte der Schlingpflanzen hingegangen waren, welches so dicht sich verwoben hatte, daß es uns wie fester Boden, nur durch die Bedeckung von Moos und Blättern elastisch geworden, dünkte, die aber an einer weniger dichten Stelle unter unserer Last durchgebrochen war. Jetzt allerdings war guter Rath theuer. Wir hatten unsere Richtung verloren, und wußten auch nicht, wie wir in dieser Dunkelheit gehen sollten. Auf die Schlingpflanzendecke konnten wir nicht mehr, und wohl oder übel mußten wir im Dunkeln uns fortzuhelfen suchen. Mit den Händen gegen die Zweige kämpfend, welche wie Schlangen sich um Gesicht und Körper wanden, arbeiteten wir uns unter unausgesetztem militärischen Abzählen, damit sich Keiner verliere, vorwärts. Unsere Lage war nicht sehr beneidenswerth. Hatten wir nicht bald das Glück, eine Lichtung zu finden, oder wenigstens aus diesem Pflanzennetze herauszukommen, so konnten wir leicht eine höchst unangenehme Nacht verbringen müssen. Doch nach ungefähr zweistündiger Arbeit gelangten wir aus diesem Gewirre in den freien Wald, allerdings mit Hinterlassung manches Stückchens Haut und Tuch.
Um die Richtung entweder nach vorwärts oder rückwärts wo möglich wiederzufinden, mußte Einer von uns auf eine Palme klettern, von welcher aus sich eine freie Aussicht erwarten ließ. Dieses mühevolle Unternehmen wurde mit dem besten Erfolge gekrönt, denn nach Aussage des kühnen Kletterers hatten wir nur wenige Schritte zu thun, um eine Lichtung zu erreichen, von welcher aus sich ein Pfad zum ersehnten Gipfel wand. Mit erneuerten Kräften ging es nun vorwärts, und bald waren wir am Ziele unserer Wanderung. Wäre unsre Mühe doppelt und dreifach größer gewesen, die Aussicht hätte sie uns überreich vergolten.
Hinter uns lag die dicht bewaldete Hügelkette, durchschnitten von tiefen Thälern und dunklen Schluchten, aus denen der Fluß, nur an wenig Stellen hervortretend, wie ein Silberblick glänzte. Links zog sich die Straße nach Panama hin, das zu unsern Füßen lag; und vor uns breitete sich das unendliche Meer aus mit seinen grünen Inseln und den es durch furchenden Schiffen. Lange verweilten wir, uns an diesem herrlichen Bilde ergötzend, bis uns die einbrechende Dunkelheit zum eiligen Rückzuge nöthigte; denn die Nacht tritt in den Tropengegenden fast ohne die den Uebergang von Tag vermittelnde Dämmerung ein. Da wir jetzt den Pfad verfolgen konnten, ging unsere Rückkehr schnell von Statten, wenn auch der mitunter sehr steile Weg uns nur mit größter Vorsicht schreiten ließ. Wohlbehalten langten wir in Panama an, aber zu aufgeregt, um Schlaf finden zu können, beschlossen wir, die schöne Nacht auf dem Walle zu genießen, da der Himmel uns ein prächtiges Schauspiel zu versprechen schien. Schwarze Wolken stiegen vom Horizonte wie aus dem Meere empor, wälzten und drängten sich in wirrem Kampfe, eine die andere überstürzend oder vor sich hertreibend. EInem Feuerregen gleich durchzuckten Blitze die Nacht, mit ihrem Scheine die dunklen Massen erleuchtend, denen die Phantasie unwillkürlich besondere Gestaltung verlieh. ALs ob die Wassermassen der Wolken und des Meeres gegen einander in Kampf entbrannt wären, schickten sie die feurigen Zungen nach allen Richtungen gegen einander. Leider dauerte diese nächtliche Scene nur kurze Zeit; der schöne sanfte Himmel der Tropen hüllte Alles wieder in Ruhe und Frieden.
Die nach dem Gewitter eintretende Kühle lockte Viele zu einem Spaziergange, und auch uns verleitete die herrliche Nacht, erst gegen Morgen das Lager zu suchen. Wir konnten dies um so eher thun, als der kommende Tag der letzte war, den wir in Panama zuzubringen hatten. Unser Steamer war bereits angekommen, und in zwei Tagen sollte die Fortsetzung unserer Reise stattfinden. WIr suchten daher die in der Nacht verschmähte Ruhe am Tage, beschließend, nach Einbruch der Nacht (es war Sonnabends) in das Indianerdorf zu gehen, um daselbst die eigenthümlichen Vergnügungen des jungen Volkes mit anzusehen.
Als wir anlangten, hatte der Tanz bereits begonnen. Der Tanzplatz war so schön, wie ihn nur die Natur zu schaffen vermag. Auf einem freien Platze, umgeben von lind rauschenden Palmen, bestrahlt vom sanften und doch so hellen Mondeslichte, bewegten sich in größter Lebhaftigkeit die dunkeln Gestalten. Auf der Erde saßen drei alte Neger mit langem weißen Bart- und Haupthaar (allerdings ein etwas komischer Anblick), deren jeder zwischen den Knieen einen ausgehöhlten und mit einem Fell überzogenen Klotz hielt, jedoch alle drei von verschiedener Länge. Das Fell schlugen sie auf eine höchst eigenthümliche Weise mit den Ballen der Hand oder strichen mit den Fingerspitzen darüber hin. Ein Vierter schlug auf einem ebenfalls ausgehöhlten und überzogenen Klotz, der als Pauke diente, den Takt. Die dadurch hervorgebrachte Musik war zwar sehr charakteristisch, aber weniger angenehm für unser Ohr. Dazu sangen die Umstehenden und klatschten taktmäßig in die Hände, während in ihrem Kreise eine Indianerin und ein Indianer tanzten. Der Tanz war eine Unterhaltung mit Fragen und Antworten, durch wirklich gar nicht ungraziöse Bewegungen ausgedrückt, wenn auch nicht ganz unsern europäischen Ansichten von Tanz entsprechend. Das Ganze machte einen höchst eigenthümlichen Eindruck. Diese dunklen Gestalten in den phantastischen Bewegungen, der monotone Gesang, nur von Zeit zu Zeit durch schrillende AUsbrücke gehoben, das Rauschen der Palmen, der entzückend blaue Himmel – Alles dies versetzte in das magische, geheimnißvolle Treiben der Zigeuner.
Bei dieser Gelegenheit konnten wir uns genauer mit den Eigenthümlichkeiten der Eingebornen bekannt machen. Die Tracht der jungen Indianerinnen ist fast ganz europäisch, die Kleider sehr reich mit Falbeln und Fransen besetzt. Ein langer Shawl, den sie mit ganz besonderer Geschicklichkeit umzuwerfen verstehen, hebt ihre hohe schlanke Gestalt sehr vortheilhaft hervor. Ihre langen schwarzen Haare flechten sie entweder in breite Zöpfe, die von der halben Länge an in Locken sich auflösen, oder sie schlingen dieselben für gewöhnlich um den Kopf. Den auffallendsten Haarputz hatten [119] mehrere junge Mädchen. Der Kopf war in viele Quadrate getheilt und das eines jeden einzelnen für sich zu einem Zöpfchen verflochten. Der Anblick dieser vielen kleinen aufrechtstehenden Zöpfchen war in der That höchst komisch.
Unter den Indianerinnen hatten wir einige bemerkt, deren Halsschmuck von den feurigsten Brillanten zu sein schien, so hell und schön leuchtend spielte er in allen Farben. Wir sprachen unser Erstaunen darüber einem jungen Indianer aus, welcher auch sofort die Freundlichkeit hatte, uns zu seiner Braut zu führen und diese zu bitten, ihre Halskette uns zur genaueren Besichtigung in die Hände zu geben. Wie groß war unsere Verwunderung, in diesen vermeintlichen Brillanten nur Käfer zu erblicken! Sie waren über zollgroß und gehörten zu dem Geschlechte der sogenannten Schmidte, welche, auf den Rücken gelegt, sich aufschnellen. Sie waren natürlich lebendig, mit Fädchen an einander gereiht, und um den Hals geschlungen, wobei sie die Freundlichkeit hatten, für die Dauer ihres Dienstes die Beine einzuziehen, und sich auch sonst ganz still zu verhalten. Den Tag über werden sie in Flaschen mit etwas Zucker aufbewahrt. Ihr Leuchten übertrifft das Licht der hellsten Brillanten in allen Farben und ist auf sehr große Entfernung sichtbar. So gibt die Natur den dortigen Schönen umsonst einen Schmuck, um dessen Pracht die europäischen Damen sie beneiden können.
Bis fast gegen Morgen währte dieses Treiben, als endlich sowohl Tänzer wie Musikanten und Zuschauer ermüdet sich zurückzogen. Wir verzichteten auf das Vergnügen, den Moskito’s noch die letzte Nacht als Spielwerk zu dienen, und benutzten die wenige Zeit bis zum Tagesanbruche, unser Gepäck zu ordnen. Mit den ersten Strahlen der Sonne schifften wir uns ein, und mit freudigem Herzen betraten wir den Steamer Bogota, der uns in seinen fürstlich eingerichteten Räumen gastlich aufnahm. In wenig Stunden war Alles zur Abfahrt bereit; der Kapitain gab die nöthigen Befehle und der Koloß setzte sich in Bewegung. Erst langsam, dann immer schneller schlugen die mächtigen Räder die Wellen, und bald war Panama, das im Stillen gefürchtete Panama, unsern Blicken entschwunden.