Ein neues Generalstabswerk
[224] Ein neues Generalstabswerk. Feldmarschall Graf von Moltke hat sich in einem Aufruf an das deutsche Publicum gewandt. Daß der ruhmbedeckte deutsche Stratege, den der Volksmund den großen Schweiger genannt hat, mit einem Aufrufe an die Oeffentlichkeit tritt, ist ein schon durch seine Seltenheit interessantes Ereigniß, aber auch der Gegenstand dieser öffentlichen Kundgebung verdient die Theilnahme der weitesten Kreise. Es ist bekannt, daß wir dem Großen Generalstab, dessen Chef Moltke ist, ein in seiner Art einzig dastehendes Werk über den letzten Krieg verdanken. Kaum ist dieses großartige Werk aber endlich zum Abschluß gediehen, so tritt an den Generalstab eine zweite Aufgabe der Geschichtsschreibung heran: dem Generalstabswerke über den deutsch-französischen Krieg soll ein ähnliches Werk über die Feldzüge Friedrich’s des Großen folgen. Eine solche Aufgabe bietet natürlich ganz andere Schwierigkeiten als das Generalstabswerk über den Krieg von 1870. Das letztere beruhte auf den Mittheilungen von Augenzeugen; was die Geschichte der Friedericianischen Kriege betrifft, so ist man auf Ueberlieferungen, auf ältere Darstellungen und auf Documente aus jener Zeit angewiesen. Feldmarschall Moltke wendet sich nun an die Oeffentlichkeit mit der Bitte, daß die deutsche Nation die große und mühevolle Aufgabe des Generalstabes fördern helfe. Unbeachtet, in jahrzehntelangem Staube, befinden sich sicher in manchem Archive, mancher alten Familienbibliothek Schriften, die dem Generalstab bei der Abfassung des Werkes von Nutzen sein können. Mitunter kann ein alter Quartierzettel Auskunft über die Stellung eines Truppentheils geben und zur Feststellung der historischen Wahrheit dienen. Graf Moltke bittet, Beiträge an die kriegsgeschichtliche Abtheilung des Großen Generalstabs zu richten, und sichert rasche Rückgabe der eingehenden Originale zu.