Ein Wintergarten im Freien
Ein Wintergarten im Freien.
Johannes von Beka, ein Schriftsteller des vierzehnten Jahrhunderts, erzählt in seiner „Chronik der Bischöfe von Utrecht und Grafen von Holland“, der Kölner Dominikaner Albertus Magnus habe dem zum deutschen Könige gekrönten Grafen Wilhelm von Holland, als er am 6. Januar 1249 das Fest der heiligen drei Könige, seiner Schutzpatrone, in der heiligen Drei-König-Stadt beging, trotz der Winterkälte in seinem Klostergarten ein prächtiges Gastmahl gegeben, während dessen sich der froststarre Boden mit grünem Rasen, die Bäume mit Laub, Blüthen und singenden Vögeln geschmückt hätten. Sobald das Mahl beendet gewesen sei, wäre wieder die vorige Winterkälte zurückgekehrt und der Zauber verschwunden gewesen.
Man hat diese Sage vielfach besprochen und auf große Gewächshäuser zurückzuführen gesucht, in denen das Fest mitten im Winter unter grünenden und blühenden Gewächsen stattgefunden haben könnte, wobei man daran erinnerte, daß ja schon die Römer in den Tagen Seneca’s und Martial’s Glashäuser gehabt, in denen sie Rosen und Lilien im Winter getrieben hätten. Allein genauere Untersuchungen scheinen zu ergeben, daß diese altitalienischen Glashäuser nur Ueberwinterungshäuser gewesen sind, während Warmhäuser und Wintergärten erst im fünfzehnten Jahrhundert und zwar zuerst in Deutschland und den Niederlanden erbaut worden sind. Sie wurden allerdings bald für Festlichkeiten verwendet, und bereits aus dem fünfzehnten Jahrhundert besitzt man einen Kupferstich, der ein solches Hoffest in einem ansehnlichen Wintergarten darstellt.
Allein noch lange Zeit hindurch blieben sie eine große Seltenheit, und der französische Arzt und Gartenschriftsteller Liebault beschrieb 1574 das Orangeriehaus des Kurfürsten von von der Pfalz in Heidelberg wie ein achtes Weltwunder. Ja Olivier de Serres, der sein berühmtes Werk über Land- und Gartenbau zuerst um’s Jahr 1600 veröffentlichte, pries diesen Wintergarten mit Ausdrücken, welche deutlich zeigen, daß man damals in Frankreich derartige Glashäuser noch nicht kannte.
„Mit vielem Staunen,“ berichtet er, „erblickt man den mit kostbaren Pflanzen gefüllten Garten beim Hause des Kurfürsten, der während der schlechten Jahreszeit mit einer großen Holzwandung umgeben und bedeckt ist. Während derselben werden die Bäume durch Oefen, welche man heizt, warm gehalten; durch große Fenster, welche man nach Belieben öffnet und schließt, wird der Raum erleuchtet, an schönen Tagen aber scheint die Sonne herein, um die Bäume zu erfreuen. Wenn schließlich die schöne Jahreszeit gekommen und die Furcht vor Frösten verschwunden ist, werden alle diese Bäume von Wandung und Decke befreit und der Macht des Sommers überlassen; so regiert, vermöge dieses kostbaren Aufwandes, in diesem Aufenthalt beständig die Milde des Frühlings und des Sommers, und nie wird die Strenge des Winters daselbst empfunden.“
Diese und ähnliche Schilderungen machen es, wie gesagt, keineswegs wahrscheinlich, daß schon im dreizehnten Jahrhundert ein ähnlicher Wintergarten bei einem kölnischen Kloster existirt haben könnte; das Gartenfest des Albertus Magnus sollte eben nicht mehr und nicht weniger als ein Zauberstück des berühmten der Magie verdächtigten Gelehrten vorstellen und gehört überdies zu dem Sagenkreise, der sich erst Jahrhunderte nach seinem Tode um seinen Namen gewoben hat und von welchem seine Zeitgenossen selbst nichts wußten.
Wie aber, wenn dieses Wunder dennoch in einer bescheideneren Form möglich wäre, wenn wir uns wirklich draußen im schneebedeckten Garten ein Plätzchen herrichten könnten, auf welchem wir vom October bis zum März bei günstiger Witterung fortdauernd unsere Augen an frischem Grün und blühenden Ziergewächsen erfreuen könnten? Da wir in Europa mehrere mitten im Winter blühende und frostharte Zierpflanzen besitzen, so bin ich sehr erstaunt, noch nirgends einem derartigen, mit geringen Kosten ausführbaren Vorschlage begegnet zu sein. Zumal im milden Rheinthale, in Frankreich, Belgien, Holland und England, woselbst eine Reihe der herrlichsten immergrünen Schmuckgewächse, wie Alpenrosen, Kirschlorbeer, Aucuben, breitblätterige Coniferen und viele andere unbedeckt im Winter aushalten, würde bei zweckmäßiger Anlage in einem geschützten Hofe ein Januargartenfest in üppigster grüner Umrahmung durchaus keine Zauberkräfte erfordern. Aber auch abgesehen vom Rheinthale ließe sich in den meisten Gegenden Deutschlands bis in die Breiten von Dresden und Berlin ohne große Schwierigkeiten ein Wintergarten im Freien einrichten, der dem Naturfreunde zu jeder Zeit im Winter neue Freuden und Ueberraschungen bieten würde. Man müßte dazu eine abseits gelegene, durch die Gartenmauer oder noch besser durch hohe Gebäude gegen den Nordost geschützte, der Mittagssonne aber offene Ecke des Gartens auswählen und könnte die hereinschauenden kahlen Mauerwände mit Epheu bekleiden, wenn man demselben durch davorgepflanzte Bäume Schutz gegen die allzu grelle Sommersonne gewährte. In dieser Ecke könnte man dann den gesammten Bezirk des Wintergartens durch eine dichte, im Kreise oder Vieleck angelegte immergrüne Wand abgrenzen.
Man kann dazu den baumartigen Buchsbaum (Buxus arboreus), „den grünen Getreuen, der uns in aller Freude und allem Leide getreu bleibt,“ wie ihn Bettina nennt, oder die noch schönere Christpalme (Ilex aquifolius) mit ihren breiten, stahlglänzenden immergrünen Blättern und ihren bis in den Winter prangenden korallenrothen Beeren auswählen. Diese winterfrischen Gesträuche würden im Vereine mit Immergrün (Vinca), welches zu allen Jahreszeiten ein willkommenes Kranzmaterial liefert, gleichsam die Tapete oder innere Wandbekleidung des unverwelklichen Zufluchtsortes gegen die allgemeine Verödung der Flur darstellen, und das würde so recht ein Plätzchen geben, wo man mit Krummacher sprechen könnte:
„Epheu, Buchsbaum, Wintergrün
Trotzen allen Wettern;
Mag des Lenzes Schmuck verblüh’n,
Nichts wird euch entblättern;
Ruht erstarrt das Saatgefild,
Bleibt ihr treuer Hoffnung Bild.“
Nach diesem Allerheiligsten des Wintergartens könnte dann ein immergrüner Laubgang hinführen, der, wenn man eine chronologische Eintheilung des Gartens belieben sollte, von einem „Herbstplätzchen“ ausgehen könnte. Außer den bekannten Herbstblumen müßte man daselbst die Zeitlose und den echten Saffran (Crocus sativus), die beide bis in den October hinein blühen, und die schöne, reichblüthige Winteraster (Chrysanthemum indicum), welche in günstigen Jahren bis in den November unsere Augen mit bunten Farben erfreut, anpflanzen. Vor Allem aber gehört hierher die wenig bekannte, aber desto mehr die Aufmerksamkeit der Gartenfreunde verdienende Zauberhasel (Hamamelis virginica), ein nach Wuchs und Blattform unserer Haselnuß vergleichbarer, aber schönerer Zierstrauch, dessen Aeste sich im October, wenn ringsherum die andern Sträucher und Bäume ihr Laub verlieren, dicht mit citronengelben Blüthen, wie mit feinen vierzipfligen Seidenschleifen schmücken, ein um diese Jahreszeit wahrhaft herzerfreuender Anblick. In der That mag es für den beschaulichen Naturfreund kaum ein poesievolleres Gewächs geben, als diesen Strauch, der seinen Frühling ganz für sich allein feiert, wenn rings das Laub des Gartens in allen Nüancen von gelb und rothbraun hinabsinkt. Die Samen dieses schönen Herbstblüthenstrauches, der sehr gut in unserem Klima ausdauert, reifen, wie die der Herbstzeitlosen, erst im nächsten Jahre, und wenn sie gut gediehen sind, eröffnen sie, von elastischen Schleudern fortgeschnellt, ein Kleingewehrfeuer auf Jeden, der in die Büsche einzudringen sucht. Das einzige unserer einheimischen Gewächse, welches ihm bei dieser späten Blüthe Gesellschaft leistet, ist unser Epheu, der aber bekanntlich erst zum Blühen kommt, wenn er ein gewisses Alter erreicht hat und seine mit umgeformten Blättern versehenen Blüthenzweige über das Gemäuer oder aus einem Baumwipfel zum Lichte hervorstrecken kann. Uebrigens schmücken die schwarzen Beeren den Epheu mehr, als die grünlichen Blüthendolden.
Gehen wir aber von dieser Einleitung zum Wintergarten auf diesen selbst über, so würden wir vorschlagen, die niedere innere Laubwand zunächst überragen zu lassen von einem äußern Kranze dichtwachsender, immergrüner Coniferen, die, wie Humboldt so schön sagt, „den Polarvölkern verkünden, daß, wenn Schnee und [143] Eis den Boden bedecken, das innere Leben der Pflanzen, wie das prometheische Feuer, nie auf unserm Planeten erlischt.“
Die Familien der Eiben und Cypressen bieten in dem dunklen Taxus, den krausnadligen Wachholderarten (z. B. Juniperus virginiana), den lichteren Lebensbäumen und der wunderzierlichen Thujopsis dolabrata ein reiches Material zur dichtere Umhüllung und Mischung. Hierauf mögen sich weiter nach außen höher wachsende Arten Nadelhölzer anschließen, unter denen die herrlichste von allen, die spanische Abies Pinsapo, nicht vergessen werden darf, und den äußersten Umkreis würden endlich unsere eignen nordischen Nadelhölzer, die Kiefern, Fichten und Tannen zu bilden haben, mit Ausnahme der Lärche, welche Plinius mit Recht einen im Winter „traurigen“ Baum nannte.
Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, daß hier die Auswölbung einer Art immergrünen Nestes, als Seitenstück der Grotten und Cabinets de verdure der altfranzösischen Gärten angestrebt wird. Sogar den Boden dieses Nestes könnte man mit einem immergrünen Rasen aus demselben Material wie die Wände versehen, wenn man daselbst den glatt am Boden hinkriechenden und einen dichten immergrünen Nadelteppich bildenden niedergestreckten Wachholder (Juniperus prostrata) anpflanzen wollte.
Aber wir ziehen es vor, den hauptsächlichsten Raum des innern Beetes den Blumen des Wintergartens frei zu halten; denn wir brauchen bunte Farben in dem sonst sich gar zu düster färbenden Winterasyl. Hier wäre zunächst noch ein kleiner Kunstgriff sehr angebracht, um durch Contrastwirkung die im Winter herabgestimmte Farbe der Nadelhölzer zu heben, und dazu eignet sich nichts besser, als der rothe Hartriegel (Cornus sanguinea), dessen Zweige sich im Winter blutig roth färben und zwischen den dunkelgrünen Coniferen bis in den Vorfrühling hinein ungemein belebend wirken. Sie zeigen überdem einen ähnlichen Farbenwechsel wie die Lebensbäume, nur in umgekehrter Reihenfolge, indem sie sich im Winter lebhafter färben, als im Sommer.
Wir kommen nun zu dem Hauptstück unseres Wintergartens, zu dem inneren Rundbeet, dessen Rand mit Immergrün oder Buchsbaum eingefaßt werden kann, während die Fläche selbst ganz und gar mit Helleborus-Arten, den Winterblumen ersten Ranges, besetzt würde. Wie die Coniferen den eisernen Bestand der Grünwandung, so liefern sie den Farbenschmuck der inneren Decoration, und man erlebt Winter, in denen sie beinahe gar nicht aufhören zu blühen.
Den Ehrenplatz der Mitte gönnen wir selbstverständlich der herrlichen, anfangs weißgrünlichen, dann sich röthenden Christwurz oder Weihnachtsrose (Helleborus niger), die in milderen Wintern von Weihnachten an bis in den März hinein blüht und immer neue Blüthen aus dem leichten Schneegewande hervortreibt. Es ist wohl kein Zweifel, daß sowohl die Ueberlieferung von der Gründung Hildesheims an einer Stelle, wo mitten im Schnee Rosen blühten, wie auch die von Perger mitgetheilte Sage von der Rose bei Marienstein im Elsaß, die sich alljährlich in der Christnacht öffnet, ja, alle jene Märchen von in der Christnacht sich öffnenden Blumen auf diese Pflanze zu beziehen sind. So faßte die Sache schon der alte deutsche Botaniker Brunfels auf, als er um 1530 schrieb: die Pflanze wird „Christwurtz genannt / darumb das sein blum / die gantz gryen ist / vff die Christnacht sich vffthut / vnd blüet. Welches ich auch selb wahrgenommen vnd gesehen / mag für ein Gespötte haben / wer da will.“
Aber wem sollte das nicht wie ein holdes Märchen erscheinen, wenn er die, wilden Rosen gleichenden, zartgerötheten, einen goldenen Kranz einschließenden Blumen über dem weißen Leichentuche der Flur sich erheben sieht? Eduard Möricke, welcher das Wunder nach langem vergeblichem Suchen einst auf einem schneebedeckten Grabe erblickte, hat es in sehr wahr empfundenen Versen gefeiert:
„Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der Sonne;
Dir wäre tödtlich andrer Blumen Wonne:
Dich nährt, den keuschen Leib voll Reif und Duft,
Himmlischer Kälte balsamsüße Luft.“
Auch wird Niemand sich darüber verwundern, daß man diese Blume geradezu als christliches Symbol und Mysterium gefeiert hat, wie es nicht nur Möricke, sondern auch die patriotische Dichterin Agnes Franz und Ludwig Bund gethan haben:
… „Geschmiegt in’s Taunendunkel,
Ein holdes Wunder, das sich nie erklärt.
Erblüht im Schnee und im Krystallgefunkel
Christblume, die der Geist der Liebe nährt.“
Diejenigen, welche culturhistorische Beziehungen in die Anlage des Wintergartens hineinspielen lassen wollen, mögen es versuchen, dieser christlichen Weihnachtsblume in ihrem Wintergarten jenes heidnische Weihnachtsgewächs gegenüberzustellen, welches schon die alten Druiden zur Zeit der Geburt Christi als Unterpfand der neuerstarkenden Sonne im Walde suchten und welches noch heute in Altengland bei keiner rechten Weihnachtsfeier fehlen darf, das grüngoldene Reis der um diese Zeit mit weißen Beeren geschmückten Mistel. Jemandem, welcher die Fortpflanzungsart dieses sagenreichen Gewächses studirt hat, würde es nicht schwer sein, es auf den jüngeren Zweigen der Kiefern seines Wintergartens anzusiedeln; als im Februar blühendes Gewächs gehört es um so mehr in den Wintergarten und gewährt aus dem dunklen Grün der Kiefer heraus einen überaus freundlichen Anblick. Man malt sich gern ein in diesem Wintergarten, unter lebenden, mit Lichtern geschmückten Bäumen gefeiertes Weihnachtsfest aus, wobei natürlich alle der Mistel in Altengland zugestandenen Privilegien, die ihre Ansiedelung schon allein belohnen, gelten müßten. Der freundlichen, mit den englischen Weihnachtsgebräuchen weniger genau vertrauten Leserin wollen wir unter dem Siegel der Verschwiegenheit verrathen, daß jedes junge Mädchen, welches von einem jungen Manne unter der Mistel getroffen wird, sich küssen lassen muß.
In unserem Wintergarten dürften aber auch die anderen mitteleuropäischen Nieswurzarten, namentlich Helleborus viridis und foetidus nicht fehlen, obschon sie in der Regel erst aufblühen, wenn der Winter schon zu Ende geht. Besonders bietet die zuletzt genannte Art, mit ihren vielen grüngelben Blüthenknospen, die wie Goldkugeln wundervoll von dem tiefgrünen Laube abstechen, schon lange vor dem Aufblühen, und wenn rings noch Schnee und Eis ausdauern, eine herrliche Zierde unseres Wintergartens dar. Aber auch die rosa bis tiefpurpurn gefärbten Arten aus Ungarn und Kroatien (Helleborus purpurascens und atrorubens) halten unsern Winter gut aus und verlangen, gleich den vorgenannten, nur bei scharfem, schneefreiem Froste eine leichte Decke. Wer sich eine kleine, mit einem Glasdache versehene Versenkung in seinem Wintergarten anbringen lassen will, kann darin noch manche andere schöne Nieswurzarten sowie mehrere der noch zu erwähnenden Blumen ohne alle künstliche Wärme in frühester Blüthe erhalten.
Eine andere schätzenswerthe, im Februar blühende Winterblume ist ferner der viel zu wenig gewürdigte Winterling (Eranthis hiemalis). Mit seinen großen, tiefgoldgelben Sternblumen erzeugt er den glänzendsten Contrast mit den beiden Schneeglöckchenarten (Galanthus nivalis und Leucojum vernum) und sollte womöglich stets in kleinen Gruppen mit denselben abwechselnd gepflanzt werden. In ihrer heiteren Wechselwirkung lassen sie uns, wenn rings noch Alles erstorben liegt, den köstlichsten Vorfrühling genießen, besonders, wenn im Hintergrunde Haselnußsträucher mit ihren gelben Troddeln und purpurnen Narben wirken. Wenn man eine nach Mittag blickende Mauer zur Verfügung hat, kann man gegen Ende des Monats ihre Wirkung durch Pfirsich- und gefüllte Mandelblüthe steigern, wenigstens im westlichen Deutschland; denn bei uns hat das Symbol des Fürwitzes, die Mandel, mit ihrer Ungeduld oft einen harten Stand, und das „Symbol der Vorsicht“, der zu allerletzt seine Blätter entfaltende Maulbeerbaum, den der bedächtige Ludovico Sforza in’s Wappen nahm und von dem er seinen Beinamen (il Moro) erhielt, hat nur zu oft Gelegenheit, das Sträuchlein Fürwitz auszulachen.
Wenn wir nun zum März übergehen, so haben wir an Blumen keinen Mangel mehr. Auf den schwarzen Beeten wetteifern frühe rothe Windröschen (Anemone Hortensis), weiße, gelbe und violette Crokus, blaue Scillen und gelbe Narcissen an Farbenpracht mit einander, und unter den Gesträuchen können wir Veilchen, Pulmonarien, Schlüsselblumen, Corydalis und Leberblümchen ziehen, aber in die Gesträuche selbst gehört mehr frisches Leben, als man gewöhnlich um diese Zeit darin antrifft. Da sollten die frühblühenden Forsythien mit ihren goldenen Glocken an den purpurnen Zweigen nirgends fehlen und noch weniger der gelbe Hornstrauch (Cornus mas), der in der Regel schon im Anfang des März seinen goldenen Blüthenschleier, wie überaus zartes Frühlingslaub durch die Büsche schimmern läßt. Eine schöne Abwechselung gewährt der häufig schon Ende Februar mit rothen Blumen bedeckte Seidelbaststrauch (Daphne Mezereum), [144] der in nördlicheren Breiten die zärtlichere Mandel im Wintergarten vertreten muß.
Wer aber einen Bach oder ein kleines Wasser in der Nähe seines Wintergartens haben kann, der unterlasse nicht, die Ufer desselben mit Dotterweiden zu bepflanzen, welche abwechselnd mit dem schon erwähnten purpurzweigigen Hornstrauch durch ihr tiefgelbes Astwerk ungemein viel Lebensfarbe in die öde Landschaft des Vorfrühlings bringen. Das geneigte Ufer am Wasser sollte man in den Zwischenräumen reichlich mit unserer gemeinen Pestwurz (Petasites officinalis) bepflanzen, einer Pflanze, die lange nicht genug von unseren Landschaftsgärtnern gewürdigt wird. Sobald Ende Februar der Schnee vom Rasen fortgeht, tauchen ihre purpurnen Blüthensträuße wie rothe Tannenzapfen aus dem Boden empor und entfalten sich im März, während die kolossalen Blätter in ihrer wahrhaft tropischen Ueppigkeit den ganzen Sommer über als herrlichste einheimische Blattpflanze das Ufer schmücken. Ich weiß nicht, ob der sogenannte Winter-Heliotrop (Petasites fragrans), der in Frankreich den ganzen Winter hindurch vom November bis zum März seine rosenrothen vanilleduftenden Blüthen entfaltet, auch in unseren Gärten fortkömmt; er würde sonst eine werthvolle Bereicherung unseres Wintergartens bilden.
Wer noch weiter gehen will, mag in unmittelbarer Verbindung mit dem Wintergarten eine Alpenpflanzengruppe anlegen, deren Blumen sich in der Ebene größtentheils schon im April entfalten, um so einen Uebergang zum Sommergarten herzustellen und die Jahreszeiten an bestimmte Stellen seines Gartens zu fesseln. Natürlich will alles, was hier gesagt wurde, nur als Anregung betrachtet werden, nach welcher aber jeder geschickte Blumen- und Landschaftsgärtner im Stande sein dürfte, unseren Gärten und Parken neue und ungeahnte Reize für die ödesten Monate im Jahre zu verleihen.