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Die zehn Gebote (Hermann von Bezzel)/Sechstes Gebot II

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« Sechstes Gebot I Hermann von Bezzel
Die zehn Gebote (Hermann von Bezzel)
Siebtes Gebot I »
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Sechstes Gebot II.
Du sollst nicht ehebrechen!

 Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.

 Ich bitte nicht, daß du sie von der Welt nehmest, sondern daß du sie bewahrest vor dem Uebel. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich auch nicht von der Welt bin. Heilige sie in deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Joh. 17, 15–17.


 Ihr werdet euch erinnern, daß wir in der letzten Betrachtung über die Pflichten der Verlobten und der Eheleute redeten, soweit es uns an diesem Orte und in dieser Stunde ziemt. Vielleicht hat die Kirche Luthers aus der heiligen Scheu heraus, zu viel zu reden, zu wenig gesprochen und die Pflicht der ehelichen Treue und des ehelichen Ernstes zu wenig eingeschärft. Wer, ich wiederhole das, Gelegenheit hat, in die Fülle der zerrissenen, der zerklüfteten, gefährdeten und zerstörten Ehen Einblick zu tun, muß fürchten, daß unserm Volk von dieser Seite her die schwerste Gefahr erwächst. Wenn zwei Menschen einander täuschen, ist es immer ein Beweis, daß sie nicht recht zu dem Heiligtum Gottes stehen. Christen tragen einander, wenn es auch unerträglich scheint; verstehen einander, auch wenn es kaum mehr zu verstehen ist; lieben einander, weil sie miteinander leiden, und beten für einander, bis sie einander lieben. Es gibt auch christliche Ehen, die nicht von Gott geschlossen waren, zu denen flüchtige Neigung oder rein vernunftgemäße Überlegung führte, und die| dann beiderseits eine schwere Last sind; aber hier hilft Christus. Den Fehler der Eigenart vergibt Er und die Kraft, einander zu verstehen, schenkt Er, und schließlich wird aus einer solchen schweren Ehe eine selige Ehe. Es gibt Ehen, die, wie der Volksmund sagt, im Himmel geschlossen sind und in der Hölle enden: man genießt sich, man meidet sich, man vergißt sich und man verachtet sich. Der flüchtige Rausch geht vorüber und wenn der Ernst kommt, die gemeinsame Arbeit an einander, weicht man ihm aus. Es gibt Ehen, da Einer des Andern Sprache nicht mehr versteht und Einer den Andern nicht mehr tragen will. Diese Ehen führen nie in die Heimat, sondern von der Heimat weg. Aber laßt mich damit schließen, daß ich die Bitte der vorigen Betrachtung wiederhole: betet mehr für den christlichen Hausstand! Man sagt, – obwohl man so etwas nicht beweisen kann – daß über achtzig Prozent unglücklicher Ehen vorhanden seien. Man sagt es. Aber auch wenn es viel weniger wären, betet für den christlichen Hausstand! Glaubt es mir, wenn die Fürbitte nicht mehr nachgeht und das Gebet nicht mehr eingeht, dann wird das Füreinander der christlichen Ehe, da man sich verspricht: mein Herz – dein Herz – ein Herz! zuerst ein ödes, schweres Nebeneinander, dann ein leidenschaftliches Widereinander, und schließlich ein kümmerliches Ohneeinander; man vergißt, wieviel man einander schuldet. Aber es wäre töricht und dem Willen des Herrn nicht angemessen, wenn wir das sechste Gebot nur auf das Leben der zur Ehe wollenden oder der in der Ehe befindlichen Menschen beschränken würden. Das sechste Gebot bezieht sich auch auf uns, die wir nicht im Stande der Ehe uns befinden. Unser Katechismus sagt: Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken. Es sind drei Bitten, die ich an euch richte: Heiliget euere Phantasie! Nehmet in Zucht| euere Worte! Achtet wohl auf eueren Wandel!
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 Heiliget euere Phantasie! Die Phantasie ist ein Organ, das der barmherzige Gott uns gegeben hat, damit wir über die Schwere der Wirklichkeit hinauskommen. Wenn um dich herum alles trüb und finster ist, hebt dich die Phantasie, die dir dein Gott schenkte, die Kraft, dich andern Bildern anzuvertrauen und andere Bilder in dir hervorzurufen, weit über die gemeine Wirklichkeit der Dinge und deren Nüchternheit hinaus. Ist es nicht Phantasie, wenn der Heiland mitten in seinen Enttäuschungen die Lilien auf dem Felde ansieht, die nicht spinnen, nicht sammeln, nicht arbeiten und doch in übersalomonischer Pracht gekleidet sind? Ist es nicht heilige Phantasie, wenn Er den Vögeln nachschaut, die sorglos und frei durch die Lüfte eilen und der himmlische Vater nährt sie doch? Ist es nicht eine unermeßliche, übermenschliche Phantasie, wenn Er erzählt, daß einmal Felsen brechen, Welten ins Meer sinken, Erden sich bewegen und Sterne ihren Lauf verändern werden, die Sonne ihren Schein und der Mond seinen Glanz verlieren wird und über des Himmels Gewölbe das Zeichen des Menschensohnes erscheint, auf daß Er selbst mit allen seinen heiligen Engeln folgt? Freilich, ihr denkt, Phantasie sei des Herrn Jesu nicht würdig; aber es ist die Phantasie, die Kraft, mit der Er sich in das Geschaute und Erlebte versetzt, mit der Er das Geschaute als Bild in die Wirklichkeit überführt. In einer seiner ersten Predigten vom Jahre 1836, in den Predigten, die er in St. Ägidien in Nürnberg hielt, hat der sel. Wilh. Löhe kraft dieser Phantasie geredet, wenn er den jüngsten Tag und sein Herannahen schildert: das Kind, sagt er, geht in die Schule, wie an jedem andern Tag auch; die Frau arbeitet, der Mann geht seinem Berufe nach. Man wird am Mittag nicht ahnen, daß am Abend alles begraben ist. Wen das| Phantasie deucht, der wisse, das ist göttliche Phantasie. Und in einer Predigt über 2. Tim. „Halt im Gedächtnis Jesum Christum“, hat der selige Immanuel Nitzsch hingewiesen auf die Herrlichkeit der Phantasie für das Alter. Nicht wahr, wenn nun die äußeren Eindrücke verbleichen, wenn wir sie nicht mehr aufnehmen können und nicht mehr aufnehmen wollen, wenn die Menschen an unserer Türe vorübergehen, weil sie uns nichts mehr geben können und wir ihnen nichts mehr geben wollen innerlich, dann ist es die zurückdenkende Phantasie, welche uns in die Tage der Jugend versetzt, da eine Mutter uns bei der Hand nahm und durch das Ährenfeld führte und des Frühlings Pracht und die Schönheit des Sommers uns zeigte, dann vielleicht ihre Lieblingslieder uns lehrte und uns sagte, wie gnädig der Herr sei. Wir sind seitdem alt und grau geworden, aber so oft wir durch das Ährenfeld und das blühende Gefilde schreiten, zeigt uns die rückwirkende Phantasie die Mutter, läßt uns ihre Stimme hören; wir gehen an ihrer Hand und warten, bis sie uns zum letzten Male rufen wird, nicht zwar in den Frühling dieser Welt, sondern, wie wir beten und wünschen, in den Frühling der Heimat. Und je mehr ein Mensch Gnade und Vergebung, teurer Menschen Zusprache, viel Gutes und viel Trost erfahren hat, desto mehr füllt die rückschauende Phantasie die langen Nächte, in denen er nicht mehr viel Schlaf findet, und die einsamen Tage gnadenvoll und schön aus. Er ist nicht allein, die heilige Phantasie besucht ihn. Und wenn unsere heranwachsende Jugend in der Phantasie sich eine Welt ausmalt, die ja nie eintreten wird, aber wie man sie sich eben denken darf: wie sie einmal geehrt und angesehen sein werden und arbeiten wollen, wie sie ihr bescheidenes Heim ausschmücken, Vater und Mutter viel Liebes und Gutes erweisen, wie sie im Heimatdorf dort eine kleine Verbesserung und im heimatlichen Garten hier eine kleine| Verschönerung einführen wollen; und wenn sie in solcher Phantasie träumen, sich verlieren, wehrt es ihnen nicht! Es ist eine göttliche Gabe. Und wenn wir mitten im Drange der Arbeit, die wenig von Phantasie an sich haben darf und soll, uns zuweilen sehnen, daß diese freundliche Gabe Gottes uns besuche und uns teuere Erinnerungen, liebe Bilder, selige Erfahrungen wiederbringe, ist es ein heiliges Sehnen. Aber welche Gottesgabe kann nicht verunehrt und geschädigt werden! Darum heiliget euere Phantasie! Wenn nun unreine Bilder, die man oft verscheuchen möchte und sie wollen nicht weichen; wenn Erinnerungen in das Gebet sich eindrängen, die man ferne halten muß; wenn all der Unrat, den man täglich auf sich wirken lassen muß, all das Schwere, das man im Berufe erlebt, all die bitteren Dinge, die aus pflichtmäßiger Lektüre vielleicht sich aufgesammelt haben, wenn das alles einmal von dem Wirbelwind der Phantasie zu heißer Glut entfacht wird und plötzlich das, was wir hassen, in reizvollem Lichte, und das, was wir verabscheuen, in zauberhaftem Gewande vor uns steht, was sollen wir dann tun? Wenn unsere Jugend sinnt und träumt und das trübe Auge verrät, welch heimliches Feuer in dem Herzen lodert, und der suchende Blick zeigt, welch schwere Gedanken das Auge regieren, wie soll man dann frei werden? Wenn manchmal unsere heranwachsenden Jünglinge und Jungfrauen diese zersetzenden, vergiftenden Romane lesen, in denen die wilde Lust zur Flamme angefacht wird, und ihnen nun mit fieberhafter Hast eine Welt vorgezaubert wird, die so schön scheint und so trüb ist, die soviel Leben verheißt und soviel Moder und Grab und Tod in sich birgt; was sollen wir dann tun? Heiliget euere Einbildungskraft, daß sie euch in euerer letzten Stunde das Bild des Mannes am Kreuze, eueres einzigen Freundes, nicht verdränge, damit kein anderes Bild euch das Heilandsbild vor euerem brechenden Auge in die Flucht schlage!| Wie kann ich meiner Phantasie Herr werden? Es gibt dazu drei Dinge: Gebet, Arbeit, Aussprache. Wenn die Phantasie über dich kommt, allerlei Böses, böse Bilder, die der Feind schickt, in dir erweckt, dann eile zum Gebet: „Reinige Du mich, so bin ich rein; heilige Du mich, so werde ich genesen.“ Sagt es Gott laut, damit vor dem Ton euerer Stimme der alte Lügenfürst und Verführer verschwinde. Sagt es Gott laut: Hilf mir, ich versinke! Halte mich bei meiner Hand, daß ich nicht vergehe! Laß mich den Saum Deines Kleides anrühren, damit ich gesunde! In diesem Gebet zu Gott liegt die starke Waffe, welche wenigstens das Eine kann: Phantasie zerreißen, daß der holde, farbenreiche Flor in lauter Nebelstreifen zergehe.
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 Und wenn ihr im Gebet euch die Kraft geholt habt, dann arbeitet mit heißem Ernste, mit innerlicher Anstrengung, mit viel äußerlicher Arbeit, die auch den Leib in Beschlag und in Bann nimmt. Arbeitet! Bei dem Tändeln, dessen sich unsere heranwachsende Jugend so gerne erfreut, schwinden die Nerven und vergehen die Kräfte. Aus diesen leichten Arbeiten, hinter denen vielleicht viel Kunst, aber nicht solider Ernst steht, macht sich der Feind der Seele nichts weiter. In der ernstlich schweren Arbeit, die etwas erreichen will, in den unscheinbaren häuslichen Verpflichtungen, die etwas fertig bringen müssen, liegt ein Werk gegen den Feind! Wenn aber die Rede zu Gott und die Arbeit des Berufes nichts helfen wollen, dann müßt ihr Aus- und Ansprache bei einem Menschen suchen, der euch trägt. Ist es einer Seele beschert, daß sie mit einem Diener Christi in reiner, lauterer, ernster Weise reden kann, und daß er gerüstet und gewappnet genug ist, sie anzuhören, so ist ihr gut geraten. Ist ihr aber das aus irgend einem Grunde nicht möglich, so tut sie wohl daran, wenn sie ihrem Geschlechts sich zuwendet. Es ist immer besser, daß solche Anfechtungen Mann gegen Mann, das weibliche Naturell| gegen seinesgleichen ausspricht. Denn es liegt in solchem Bekenntnis eine feine Gefahr. Der Feind hat manche Beichte, gerade solcher Anfechtungen, jauchzend benützt, nicht um eine Seele frei werden zu lassen, sondern um zwei Seelen zu belasten und zu beflecken! Heiliget auch ihr, die ihr längst über die Versuchungszeit, wie ihr meint, hinausgerettet seid, euere Phantasie! Heiliget euere Einbildungskraft, damit ihr reinigend, stillend, stärkend für euere ganze Umgebung wirken könnt! Wenn ihr dem jungen Kinde solche Ehrfurcht abnötigt, daß es um euretwillen eines unreinen Gedankens sich schämt und entschlägt; wenn ihr durch den Ernst, mit dem ihr euch keusch und züchtig bewahrt, auf andere den Eindruck gefestigter und doch nicht starrer, geheiligter und doch nicht unbarmherziger Persönlichkeiten macht, welch großen Dienst habt ihr euerer Mitwelt erwiesen! Keusch und züchtig in Gedanken, daß nichts mehr in unserem Leben wohne als Heimweh, Heimatsernst und Heimatsfreude.
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 Nehmet, so sage ich weiter, euer Wort in Zucht! Verzeiht, daß ich über dieses Gebiet mit gebotener und weise bemessener Kürze hinweggehe. Es ist schrecklich, wie unsere Männerwelt, auch die gebildete, in anzüglichen Spässen, in verfänglichen Geistreichigkeiten, in allerlei Witz der Rede und Scherzworten sich ergeht! Schämt sich der verheiratete Mann nicht vor dem Weibe seiner Jugend, errötet er nicht vor seinen Kindern, die erschrecken würden, wenn sie ihres Vaters Lippen so entweiht sehen müßten? Denkt er nicht daran, daß er über jedes Wort Rechenschaft geben muß? Diese zweideutigen Gespräche in unserer studierenden Jugend, diese eindeutigen Späße, die nur auf ein Gebiet, das der Mann mit Schleier bedeckt, sich beziehen, vergiften den Mund, entheiligen das Wort, entkleiden den Mann aller Würde! Daß wir keusch und züchtig leben in Worten! Es ist wohl von mir schon einmal berichtet| worden, aber solche Dinge verdienen der öfteren Erwähnung, daß Karl August von Weimar, der hohe Gönner Schillers, Goethes, Herders und Wielands, einmal vor jungen Offizieren unerhört schmutzige Witze erzählte. Niemand wagte dem Fürsten zu entgegnen. Da erhob sich der Freiherr von Stein, der Verneuerer evangelischen Lebens und deutscher Ehre vor jetzt hundert Jahren, und sprach: Ich halte es für ungeziemend und unwürdig, daß ein deutscher Fürst vor jungen Offizieren solche Reden führt! Der hat seinen Herrn bekannt vor den Menschen und Gott wird ihn auch kennen. Wenn wir nicht den Mut haben gegen diese ausgeschämten Reden, gegen diese schlüpfrigen Späße, die das Weib zum Tiere herabwürdigen, aufzutreten, so haben wir das Recht, uns Volksfreunde zu nennen, verwirkt. Und wenn ein Mann nicht den Mut hat, gegen solche Gemeinheit zu zeugen, so rede er nicht davon, daß er seines Volkes Bestes will! Aber ist nicht auch in unsere gebildete Frauenwelt manch schlüpfriges Wort gekommen? Die Dame von Bildung, die über ihre Magd errötet, welche einen Fehltritt getan hat, liest ungute und schlüpfrige französische Frivolitäten. In manchen Kreisen, in denen man das Christentum in Erbpacht genommen zu haben wähnt, gefällt man sich im Schwelgen in losen Büchern und Witzen und Bildern. Man nennt es Kunst und es ist Verderben; man nennt es Unterhaltung und es ist Zerstörung. Nehmt euere Worte in Zucht, daß über jedem Worte, das über solche Dinge geredet werden muß – eine Mutter muß mit ihrer Tochter über solche Dinge vor Gott reden, nicht zur Aufklärung tut sie es, sondern um der Seelsorge willen –, daß über jedem solcher Worte eine heilige Weihe liege, die nicht sträfliche Neugierde erweckt und unheilige Lust. Darum bittet Gott, daß euer ganzes Wortleben, eure Rede, euere Lektüre rein, ernst und wahr sei. Ihr könnt es selbst ermessen: wenn irgend ein Buch,| es heiße, wie es wolle und von wem es auch sei, euch zur Arbeit unfähig, unlustig macht, euch zerstreut, schläfrig und schlaff im Willen, ungut und ungelaunt zur schlichten Tagesberufstätigkeit werden läßt, so ist es Gefahr. Alles, was der Seele zur Tändelei wird, hält sie auf, dem schmalen Wege nachzugehen. An Naschwerk hat sich mancher Christ schon vergiftet. Und was ist es, o Seele, wenn in einsamen Stunden die Gestalten deiner Lieblinge, die Worte und Werte deiner Lektüre, die Persönlichkeiten, die deine Helden geworden sind aus deinen Romanen, vor dein Krankenbett treten und fragen: kennst du mich? willst du mich noch? soll ich dich ins Grab und übers Grab begleiten? Sollen die Gestalten, die euch aus loser Lektüre sich einprägten oder aus unguten, schlüpfrigen Theaterstücken euch entgegentreten, sollen diese schwankenden Gestalten euch vor den Thron des Höchsten begleiten, daß sie ihm bezeugen, womit ihr euere Worte bereichert und euer Leben verklärt habt? Ich neide niemanden, was ihm gut ist und Vergnügen bereitet. So ernstlich ich für meine eigene Seele Behutsamkeit üben möchte, so gerne bin ich bereit, anderen das zu gönnen, was ihnen vielleicht weniger schaden würde als mir. Aber doch möchte ich alle, die es hören wollen, bitten: fragt euch doch bei jedem Theaterbesuch, ob er nutzbringend und gut sei! Die ihr Vergnügungen, erlaubte an sich, – der evangelische Christ hat darin ein großes, freies Feld, auf das er sich mit Christo begeben kann –, die ihr solchen erlaubten Vergnügungen nachgeht, überlegt es euch wohl, ob sie euch näher zu euerem Herrn bringen! Wer nach einem solchen Vergnügen ein sorgenschweres Herz und ein Gefühl der Reue hat, tut wohl daran, wenn er seine zarte Seele nicht zu derlei zwingt.
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 Und endlich: reinigt euere Werke! Alles das, was nicht vor Gott bestehen kann, all der Schmuck des äußeren Lebens, all der Zierrat des äußeren Scheines,| alles, was Mode heißt und Mode ist, bedarf des besonderen Ernstes und der besonderen Vorsicht! Ach, viele wissen nicht, wie weh sie sich tun, indem sie andern weh tun. Viele wissen nicht, daß sie vielleicht durch ihr äußeres Auftreten Seelen belästigen und Seelen schädigen. Ihr verlangt nicht, daß ich hier weiterrede; es ziemt mir nicht. Aber ihr gestattet mir, daß ich bitte, auch hier sehr vorsichtig und ernst zu sein, was äußere Beziehungen, äußeres Wesen und äußere Art anlangt. So gewiß es nichts Reineres auf Erden gibt, als eine Jungfrau, die ihr Herz in den Händen trägt und vor ihrem Heiland königlich wandelt und lebt und handelt, so gewiß gibt es nichts Gefährlicheres als den losen Blick, das schnöde Wort und allerlei äußeren Tand und äußere Beziehungen, die von Gott nichts wissen. Seht, so viel schickt uns der Herr zu bedenken und zu betrachten. Und wenn ein oder die andere Seele unter euch aus der Tiefe des Herzens fragen möchte: wer kann da noch selig werden? Der Seele gebe ich den Bescheid, den ich mir selber auch zuspreche: lasset uns flehen und beten: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze und gib mir einen neuen, gewissen Geist! Vereine des weißen Kreuzes, Vereine Freundinnen junger Mädchen, Vereine zur Hebung der Sittlichkeit tun’s nicht. Wo aber zwei oder drei eins geworden sind, daß sie ihre Knie vor dem König der Reinheit beugen, da ist Er mitten unter ihnen, heiligt sie, gibt ihnen den Ritterschlag des alten Adels: du sollst heilig sein, denn Ich bin heilig, der Herr, dein Gott!

 Solche Persönlichkeiten gehen wie gefeit durch die Welt, die Unreinheit gleitet an ihnen ab, die Gemeinheit zieht sich scheu vor ihnen zurück. Wo sie eintreten, da erwächst neue Freude, wahrer Friede, erwachen Vortöne ewig wundersamer Melodieen der Heimat, zeigt sich wunderbare Klarheit auf dem Antlitze.

 Ist es euch nicht darum zu tun, über die Erde hinzugehen| als Leute, denen der Staub nichts mehr anhaben kann? Gott helfe uns dazu, daß wir, während in Parlamenten, Kongressen u. dgl. Volksfragen, Fragen des Volkswohles erwogen und beraten werden, durch die Heiligung unseres Charakters, durch die Stählung unseres Willens, durch den Ernst der selbstverleugnenden Selbstzucht unserm Volke priesterliche Dienste und heilskräftige Arbeit erweisen.

 Selig sind, spricht am Ausgang des sechsten Gebotes der, über dessen Seele kein unreiner Gedanke gezogen ist, dessen Innenleben wie ein unbewegtes Meer stille lag im Frieden des Vaters und der Heimat, selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!

Amen.





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