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Die erzwungene Heirath

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Textdaten
Autor: Molière
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Titel: Die erzwungene Heirath
Untertitel:
aus: Molière’s Lustspiele übersetzt von Wolf Grafen Baudissin, 2. Band, 1866, S. 305–350
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1664
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: S. Hirzel
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Erscheinungsort:
Übersetzer: Wolf Graf von Baudissin
Originaltitel:
Originalsubtitel: Le Mariage forcé
Originalherkunft:
Quelle: Harvard und Commons
Kurzbeschreibung:
Text auch als E-Book (EPUB, MobiPocket) erhältlich
Eintrag in der GND: [1]
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Indexseite
[305]
Die erzwungene Heirath.
Lustspiel in einem Act.
(1664.)


[306]

     Personen:

Sganarelle.
Geronimo.
Dorimene, Sganarelle’s Verlobte.
Alcantor, Dorimenens Vater.
Alcidas, ihr Bruder.
Lycaste, ihr Liebhaber.
Pancratius, ein aristotelischer Philosoph.
Marphurius, ein pyrrhonischer Philosoph.
Zwei Zigeunerinnen.

     Der Schauplatz ist auf der Straße 1.

[307]
Erste Scene.

Sganarelle (spricht zu den Leuten in seinem Hause). Ich bin im Augenblick wieder da; gebt nur Acht auf das Haus, und daß Alles ordentlich zugeht. Wenn Jemand Geld bringt, so holt mich bei dem Herrn Geronimo; und verlangt man etwas von mir, so sagt, ich sei ausgegangen und käme heut den ganzen Tag nicht wieder.


Zweite Scene.
Sganarelle. Geronimo.

Geronimo (der die letzten Worte gehört hat). Das ist ein sehr verständiger Befehl.

Sganarelle. Ah, bester Herr Geronimo, ich treffe Euch zur guten Stunde; ich ging gerade aus, Euch aufzusuchen.

Geronimo. Und in welcher Veranlassung, wenn ich fragen darf? –

Sganarelle. Um Euch etwas mitzutheilen, was mir im Kopfe herumgeht, und Euch zu bitten, mir Euren Rath in dieser Angelegenheit zu geben.

[308] Geronino. Von Herzen gern. Es ist mir lieb, daß wir uns begegnet sind; und wir können hier ungestört mit einander reden.

Sganarelle. Setzt doch auf, ich bitte Euch! – Es handelt sich um eine Sache von Wichtigkeit, die man mir vorgeschlagen hat; und man thut immer besser, nichts ohne den Rath seiner Freunde zu unternehmen.

Geronimo. Ich danke Euch, daß Ihr mich dazu gewählt habt. Sagt mir also nur wovon die Rede ist.

Sganarelle. Aber vor allen Dingen beschwöre ich Euch mir durchaus nicht zu schmeicheln, und mir Eure Gedanken ganz offenherzig auszusprechen.

Geronimo. Das werde ich thun, weil Ihr’s verlangt.

Sganarelle. Ich wüßte nichts in der Welt, was mehr Tadel verdiente, als ein Freund, der nicht rundheraus spricht.

Geronimo. Da habt Ihr Recht.

Sganarelle. Und man findet in unsern Tagen wenig aufrichtige Freunde!

Geronimo. Das ist wahr.

Sganarelle. Versprecht mir also, lieber Herr Geronimo, recht frei und unumwunden zu sagen, was Ihr denkt.

Geronimo. Das verspreche ich.

[309] Sganarelle. Schwört mir’s bei Eurer Ehre.

Geronimo. Bei meiner Freundschaft! Sagt mir nur was es ist.

Sganarelle. Ich möchte von Euch hören, ob ich wohlthun würde mich zu verheirathen.

Geronimo. Wer, Ihr? –

Sganarelle. Ja, ich selbst, in eigener Person. Was meint Ihr dazu? –

Geronimo. Ich bitte Euch nur, mir vorher noch eine Frage zu beantworten.

Sganarelle. Und welche? –

Geronimo. Wie alt mögt Ihr jetzt wohl sein?

Sganarelle. Ich? –

Geronimo. Ja.

Sganarelle. Meiner Treu’, das weiß ich nicht; aber ich befinde mich vortrefflich.

Geronimo. Wie, Ihr wißt nicht ungefähr, wie alt Ihr seid? –

Sganarelle. Nein. Wer denkt denn an so etwas?

[310] Geronimo. Ei! Sagt mir doch einmal, ich bitte, wie alt war’t Ihr, als ich Eure Bekanntschaft machte? –

Sganarelle. Meiner Treu’, da werde ich etwa zwanzig Jahre gewesen sein.

Geronimo. Wie lange waren wir dann in Rom zusammen? –

Sganarelle. Acht Jahre.

Geronimo. Wie lange seid Ihr in England gewesen? –

Sganarelle. Sieben Jahr.

Geronimo. Und in Holland, wo Ihr Euch hernach aufhieltet? –

Sganarelle. Fünf und ein halbes Jahr.

Geronimo. Und seit wann seid Ihr wieder zurückgekehrt? –

Sganarelle. Seit Anno sechs und fünfzig.

Geronimo. Von sechs und fünfzig bis acht und sechzig sind, denke ich, zwölf Jahre. Fünf Jahre in Holland, macht siebzehn; sieben in England, macht vier und zwanzig; acht während wir in Rom waren, zwei und dreißig; und zwanzig, die Ihr zähltet als wir uns kennen lernten, machen Alles in Allem genau zwei und fünfzig. Woraus folgt, Herr Sganarelle, daß Ihr nach Eurem eigenen Geständniß in Eurem zwei und fünfzigsten oder drei und fünfzigsten Jahre steht.

[311] Sganarelle. Wer, ich? – Das kann nicht sein.

Geronimo. Verzeiht; die Rechnung ist richtig. Und deshalb will ich Euch freimüthig und als Euer wahrer Freund sagen, wie ich’s Euch habe versprechen müssen, – daß das Heirathen nichts für Euch ist. Ich sehe es an als eine Sache, die junge Leute recht reiflich überlegen müssen, ehe sie daran gehen; aber Männer in Eurem Alter sollen gar nicht daran denken; und wenn schon behauptet wird, es sei an und für sich die größte Thorheit zu heirathen, so giebt es wohl nichts Gewagteres, als diese Thorheit zu einer Zeit zu begehen, wo man vernünftiger sein sollte. Auf mein Wort, ich sage Euch meine Meinung rund heraus. Ich rathe Euch, an keine Heirath zu denken; und würde es sehr lächerlich finden, wenn Ihr, der so lange in Freiheit gelebt hat, Euch jetzt die schwerste aller Ketten aufladen wolltet.

Sganarelle. Und ich dagegen, ich sage Euch, daß ich entschlossen bin, eine Frau zu nehmen, und daß ich mich durchaus nicht lächerlich machen werde, wenn ich das Mädchen heirathe, um das ich mich jetzt bewerbe.

Geronimo. O, das ist etwas Anderes. Das hattet Ihr mir nicht gesagt.

Sganarelle. Das Mädchen gefällt mir, und ich liebe es von ganzem Herzen.

Geronimo. Ihr liebt sie von ganzem Herzen?

Sganarelle. Versteht sich; und habe bei ihrem Vater um sie angehalten.

[312] Geronimo. Ihr habt um sie angehalten? –

Sganarelle. Ja. Der Contract soll heut Abend unterschrieben werden, und ich habe mein Wort gegeben.

Geronimo. Ei, dann verheirathet Euch in Gottes Namen. Ich sage kein Wort mehr.

Sganarelle. Ich sollte meinen Entschluß aufgeben? – Komme ich Euch denn vor, Herr Geronimo, wie Jemand, der nicht daran denken dürfte eine Frau zu nehmen? – Lassen wir mein Alter bei Seite, aber betrachten wir uns die Sache wie sie ist. Zeigt mir einmal einen Mann von dreißig Jahren, der frischer und kräftiger aussieht als ich? Habe ich nicht alle Bewegungen meines Körpers ganz so in der Gewalt wie immer, und seht Ihr mich je in der Kutsche fahren oder eine Sänfte benutzen? Habe ich nicht noch alle meine Zähne, und zwar die besten von der Welt? (Er zeigt seine Zähne.) Halte ich nicht täglich meine vier derben Mahlzeiten, und kann irgend Jemand eine bessere Verdauung haben als ich? (Er hustet.) Hem, hem, hem, hem. – Nun, was habt Ihr darauf zu sagen? –

Geronimo. Ihr habt ganz Recht, ich war im Irrthum. Ihr werdet sehr wohl thun, zu heirathen.

Sganarelle. Ich hatte früher immer nicht daran gewollt; aber jetzt finde ich die stärksten Gründe dafür. Abgesehen von dem Vergnügen, das mir bevorsteht, wenn eine hübsche Frau mich liebkosen und hätscheln und streicheln wird, so oft ich müde bin, – abgesehen davon, sage ich, überlege ich mir, daß, wenn ich bliebe wie ich bin, [313] das Geschlecht der Sganarelle aussterben würde; und daß, wenn ich mich verheirathe, ich in meinen kleinen Abbildern wieder aufleben werde. Ich werde die Freude haben, Geschöpfchen zu sehen, die von mir abstammen; allerliebste Gesichter, die mir gleichen werden, wie ein Ei dem andern; kleine liebe Kerlchen, die immer im Hause herumspielen, die mich ihren Papa nennen werden, wenn ich aus der Stadt zu Hause komme, und die mir die angenehmsten kleinen Albernheiten vorschwatzen werden. Seht nur, ich glaube schon jetzt, ich wäre so weit, und hätte ein halbes Dutzend um mich herum.

Geronimo. In der That, es giebt nichts Angenehmeres; und ich rathe Euch, heirathet je eher je lieber.

Sganarelle. In allem Ernst? – Ihr rathet mir’s?

Geronimo. Gewiß. Ihr könnt nichts Besseres thun.

Sganarelle. Nun, es ist mir herzlich lieb, daß Ihr als mein wahrer Freund so sprecht.

Geronimo. Und wer ist denn, wenn man fragen darf, die Person, mit der Ihr Euch verheirathen wollt? –

Sganarelle. Dorimene.

Geronimo. So! – Die junge Dorimene, die immer so galant und so schön geputzt ist? –

Sganarelle. Ja.

[314] Geronimo. Die Tochter des Herrn Alcantor? –

Sganarelle. Eben die.

Geronimo. Und Schwester eines gewissen Alcidas, der sich’s heraus nimmt, einen Degen zu tragen? –

Sganarelle. Ganz recht.

Geronimo. Herr meines Lebens! –

Sganarelle. Nun, was sagt Ihr dazu? –

Geronimo. Sehr gute Partie; heirathet nur recht bald.

Sganarelle. Habe ich nicht sehr Recht gehabt, diese Wahl zu treffen? –

Geronimo. Versteht sich. Ei, da seid Ihr ja sehr gut untergebracht! Verliert ja keine Zeit.

Sganarelle. Ich bin ganz erfreut, daß Ihr’s so anseht. Ich danke Euch für Euren Rath, und lade Euch heut Abend zu meiner Hochzeit ein.

Geronimo. Ich werde nicht verfehlen zu kommen, und zwar will ich Euch zu Ehren maskirt erscheinen.

Sganarelle. Euer Diener.

Geronimo (bei Seite). Die junge Dorimene, Tochter des Herrn Alcantor, und der [315] Herr Sganarelle, der nicht älter ist als drei und fünfzig Jahre! – O schönes Paar! O schönes Paar! –


Dritte Scene.

Sganarelle. Diese Heirath muß gut ausfallen, denn sie ergötzt alle Welt, und Jeder, dem ich davon erzähle, lacht vor Freuden. Ich bin der glücklichste Mensch auf Erden! –


Vierte Scene.
Dorimene. Sganarelle.

Dorimene (im Hintergrunde, zu einem kleinen Lakaien, der ihr folgt). Gieb Acht, Kleiner; halte mir die Schleppe besser, und schwatze nicht so viel.

Sganarelle. Da kommt meine Geliebte. Ach, wie reizend sie ist! – Welche hübsche Haltung, welch’ ein Wuchs! Kann wohl Jemand sie ansehen, und nicht gleich Appetit zum Heirathen bekommen? – (Zu Dorimene.) Wohin, meine schöne Puppe, mein liebes zukünftiges Frauchen Eures zukünftigen Mannes? –

Dorimene. Ich will allerlei einkaufen.

Sganarelle. Ja, mein schönster Engel; nun soll es ein glückliches Leben werden für uns Beide. Ihr dürft mir nun bald nichts mehr abschlagen, und ich werde mit Euch anfangen können was ich will, ohne daß Jemand darein zu reden hat. Ihr werdet vom Kopf bis [316] zu den Füßen mir angehören, und ich werde Herr über Alles sein: über Eure kleinen aufgeweckten Augen, über Eure kleine spitzbübische Nase, über Eure appetitlichen Lippen, über Eure allerliebsten Ohren, über Euer hübsches kleines Kinn, über Euren weißen Hals, über .... kurz, Eure ganze liebe Person wird mir zugehören, und ich werde Euch caressiren dürfen wie mir’s gut dünkt. Freut Ihr Euch nicht auch auf unsere Heirath, mein zuckersüßes Goldkind? –

Dorimene. Das versteht sich, Ihr könnt mir’s glauben; denn wahrhaftig, mein Vater hat mich bis jetzt auf die verdrießlichste Weise kurz gehalten. Schon seit Gott weiß wie lange bin ich außer mir gewesen, daß er mir so wenig Freiheit ließ, und habe mich hundertmal nach einer Heirath gesehnt, um nur bald von dem Zwang erlöst zu werden, und meinen eigenen Willen haben zu dürfen. Ihr seid, Gott Lob, recht zur glücklichen Stunde gekommen, und nun denke ich an Nichts, als wie ich mir gute Tage machen und das Versäumte nachholen will. Da Ihr ein galanter Mann seid und Lebensart habt, so hoffe ich, wir werden ganz gut mit einander auskommen, und Ihr werdet nicht zu den unbequemen Männern gehören, die von ihren Frauen verlangen sie sollen wie Hausunken leben. Ich muß Euch sagen, daß mir das gar nicht anstehen würde, und daß die Einsamkeit mir sehr zuwider ist. Ich liebe das Spiel, die Visiten, die Bälle, die Tischgesellschaften und die Spazierfahrten, mit einem Wort, alle Vergnügungen, und Ihr könnt Euch glücklich schätzen, eine Frau von meiner Gemüthsart zu bekommen. Wir werden nie Streit mit einander haben; ich will Euch in Nichts hinderlich sein, und erwarte dagegen daß Ihr mir ebenfalls alle Freiheit lassen werdet; denn ich bin der Ansicht, daß man gegenseitig nachsichtig sein, und sich nicht verheirathen soll, um Einer dem Andern das Leben schwer [317] zu machen. Mit einem Wort, wenn wir erst Mann und Frau sind, werden wir uns benehmen wie zwei Leute, die zu leben wissen. Eifersüchtige Grillen sollen uns nicht in den Kopf kommen; und was braucht es mehr, als daß Ihr meiner Treue versichert seid, wie ich von der Eurigen überzeugt sein werde? – Aber was ist Euch denn? – Ihr seid ja ganz blaß geworden.

Sganarelle. Irgend ein Dunst, der mir in den Kopf gestiegen ist.

Dorimene. Daran leiden jetzt Viele; aber unsere Heirath wird das Alles vertreiben. Auf Wiedersehn! – Ich kann es kaum erwarten zu anständigen Kleidern zu kommen und diese Lumpen bald los zu werden, und jetzt gleich werde ich gehn, um mir alles Nöthige auszusuchen; ich schicke Euch dann die Kaufleute zu.


Fünfte Scene.
Geronimo. Sganarelle.

Geronimo. Ah, Herr Sganarelle, ich bin höchst erfreut, Euch noch hier zu treffen. Ich begegnete eben einem Goldschmied, der, weil er hörte, daß Ihr einen Diamantring sucht um ihn Eurer Braut zu schenken, mich dringend gebeten hat mich bei Euch für ihn zu verwenden, und Euch zu sagen, er habe einen außerordentlich schönen zu verkaufen.

Sganarelle. Ach, damit eilt es ja nicht.

Geronimo. Wie! was wollt Ihr damit sagen? Wo ist denn das Feuer hin, das eben noch so hell brannte?

[318] Sganarelle. Es sind mir seit einigen Augenblicken allerlei Scrupel über das Heirathen eingefallen. Ehe ich weiter gehe, möchte ich die Sache gern recht gründlich untersuchen, und vor Allem mir einen Traum auslegen lassen, den ich diese Nacht gehabt habe, und der mir wieder in den Sinn kommt. Ihr wißt, die Träume sind gleichsam Spiegel, in welchen man mitunter Alles entdecken kann was die Zukunft uns bringen wird. Es kam mir vor, als befände, ich mich in einem Schiff auf stürmischem Meer, und als ob ....

Geronimo. Herr Sganarelle, ich habe jetzt eben etwas zu besorgen und keine Zeit, Euch anzuhören. Ich verstehe mich ganz und gar nicht auf Träume; und was Eure Bedenken über das Heirathen betrifft, so habt Ihr ja zwei Philosophen zu Nachbarn; das sind Leute, die Euch Alles vortragen werden, was sich nur über den Gegenstand sagen läßt. Da sie zwei verschiednen Schulen angehören, könnt Ihr ihre abweichenden Meinungen zusammen vergleichen. Ich muß mich darauf berufen, was ich Euch schon vorhin gesagt habe, und verbleibe Euer Diener.

Sganarelle (allein). Da hat er Recht. Ich muß in meiner Ungewißheit die beiden Gelehrten um Rath fragen.


Sechste Scene.
Pancratius. Sganarelle.

Pancratius (spricht in die Coulissen, ohne Sganarelle zu sehn). Wie gesagt, mein Freund, Ihr seid ein Stümper; ein Mensch, der von keiner Disciplin etwas weiß, und den man aus der Gelehrtenrepublik ausstoßen sollte.

[319] Sganarelle. Ah, schön. Da kommt der Eine von ihnen grade als ob er gerufen wäre.

Pancratius (wie vorhin). Ja, das werde ich Dir mit schlagenden Gründen darthun; und Dir mit Aristoteles, dem Philosophen aller Philosophen, beweisen, daß Du ein Ignorant bist; ein ignorantissimus, ein Erz-Ignorant, ein zu ignorirender Ignorant, durch alle denkbaren casus und modos.

Sganarelle. Er zankt wohl mit Jemand? (Zu Pancratius.) Mein Herr .....

Pancratius (wie vorhin). Du willst Dich damit abgeben, Vernunftschlüsse zu machen, und kennst nicht einmal die ersten Elemente der Logik? –

Sganarelle (beiseit). Er ist so zornig, daß er mich gar nicht sieht. (Laut.) Mein Herr, –

Pancratius (wie vorhin). Es ist ein in allen Gebieten der Philosophie zu verdammender Satz.

Sganarelle (beiseit). Man muß ihn sehr aufgebracht haben. (Laut.) Ich ...

Pancratius (immer noch ohne Sganarelle zu sehn). Toto coelo, tota via aberras.

Sganarelle. Ich küsse dem Herrn Doctor die Hände.

Pancratius. Diener! –

Sganarelle. Darf man .....

[320] Pancratius (spricht wieder in die Coulissen). Weißt Du wohl, was Du gemacht hast? – Einen Syllogismum in Balordo 2.

Sganarelle. Ich wünschte ...

Pancratius. Der major ist absurd, der minor falsch und die conclusio lächerlich.

Sganarelle. Ich ....

Pancratius. Ich wollte lieber sterben, als Dir Recht geben; und ich werde meinen Satz bis zum letzten Tropfen Tinte behaupten.

Sganarelle. Kann ich ....

Pancratius. Ja; ich vertheidige das Axiom pugnis et calcibus, unguibus et rostro.

Sganarelle. Darf man fragen, Herr Aristoteles, was Euch so in Zorn gesetzt hat? –

Pancratius. Die gerechteste Sache von der Welt.

Sganarelle. Ja, aber was denn? –

Pancratius. Kommt solch ein Ignorant, und will einen grundfalschen Satz behaupten; einen schauderhaften, abscheulichen, empörenden Satz! –

Sganarelle. Darf ich fragen, was es ist?

[321] Pancratius. Ach, mein Herr Sganarelle, es steht jetzt Alles auf dem Kopf, und die Welt ist in eine allgemeine Corruption verfallen. Eine furchtbare Zügellosigkeit herrscht überall, und die Behörden, die doch eingesetzt sind um die Ordnung in unserm Staat aufrecht zu erhalten, sollten vor Scham erröthen, daß sie ein so unerträgliches Aergerniß dulden wie das, von dem hier die Rede ist.

Sganarelle. Was denn aber? –

Pancratius. Ist es nicht ein Gräuel, findet Ihr’s nicht himmelschreiend, daß man öffentlich sagen darf: die Form eines Huts?

Sganarelle. Wie so?

Pancratius. Ich behaupte, es heißt die Figur eines Huts und nicht die Form; denn zwischen Form und Figur besteht der augenscheinliche Unterschied, daß die Form die äußere Gestaltung belebter Körper bezeichnet, die Figur aber die äußere Gestaltung lebloser Gegenstände: und weil der Hut ein nicht organisches Object ist, muß es heißen: die Figur eines Huts und nicht die Form. (Er spricht wieder in die Coulissen.) Ja, Du Ignorant, so muß man sprechen; so schreibt es ausdrücklich Aristoteles in seinem Kapitel über das Wesen der Dinge 3.

Sganarelle (beiseit). Ich dachte wahrhaftig, der Himmel wollte einfallen. (Laut.) Herr Doctor, denkt jetzt nicht mehr an das Alles. Ich ....

Pancratius. Ich bin so in Zorn, daß ich mich noch nicht fassen kann.

[322] Sganarelle. Laßt jetzt den Hut und die Form in Ruhe. Ich habe Euch etwas vorzutragen.

Pancratius. Erzarroganter Narr! –

Sganarelle. Gebt Euch doch zufrieden. Ich ....

Pancratius. Ignorant! –

Sganarelle. Aber, mein Gott! Ich ....

Pancratius. Solchen Unsinn gegen mich behaupten zu wollen! –

Sganarelle. Er hat Unrecht. Ich ....

Pancratius. Ein Satz, den Aristoteles verwirft! –

Sganarelle. Gewiß. Ich ....

Pancratius. Und zwar ganz ausdrücklich! –

Sganarelle. Ihr habt vollkommen Recht. (Er spricht nun ebenfalls in die Coulissen.) Ja, Ihr seid ein Esel und ein unverschämter Kerl, daß Ihr gegen einen Doctor disputiren wollt, der lesen und schreiben gelernt hat. – So, nun ist’s gut; jetzt bitte ich aber, hört mich an. Ich will Euch wegen einer Sache um Rath fragen, die mich in Verlegenheit setzt. Ich bin Willens eine Frau zu nehmen, die mir in meinem Hause Gesellschaft leisten soll. Das Mädchen ist schön und gut gewachsen, sie gefällt mir sehr, und ist ganz damit einverstanden mich zu heirathen; ihr Vater hat [323] mir sein Wort gegeben. Aber ich fürchte mich ein wenig, Ihr wißt schon vor was, – ich meine vor dem Unglück, mit dem Niemand Mitleid hat, – und ich möchte Euch wohl bitten, mir als Philosoph zu sagen, wie Ihr darüber denkt. – Nun, was rathet Ihr mir? –

Pancratius. Ehe ich einräume, daß man sagen darf: die Form eines Huts, – eher gäbe ich zu, es existire ein vacuum in rerum natura, und ich sei ein einfältiger Tropf!

Sganarelle (beiseit). Hole doch der Satan den Kerl! – (Laut.) Aber, Herr Doctor, so hört doch zu. Ich spreche da schon eine volle Stunde mit Euch, und Ihr gebt mir keine Antwort.

Pancratius. Ich bitte um Verzeihung. Aber mein gerechter Zorn hatte mich ganz überwältigt.

Sganarelle. Ach, laßt’s nun genug sein und gebt Euch die Mühe, mich anzuhören.

Pancratius. Gut also. Was wollt Ihr mir vortragen? –

Sganarelle. Ich will Euch über etwas um Rath fragen.

Pancratius. Und welcher Zunge wollt Ihr Euch dabei bedienen?

Sganarelle. Welcher Zunge? –

Pancratius. Ja.

[324] Sganarelle. Zum Henker! Der Zunge, die ich im Munde habe. Ich werde mir doch dazu keine von meinem Nachbar borgen? –

Pancratius. Nicht also! Ich frage, welches Idioms? – Welcher Sprache? –

Sganarelle.. Ja so! Das ist etwas andres.

Pancratius. Wollt Ihr italienisch mit mir reden? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Spanisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Deutsch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Englisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Lateinisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Griechisch? –

Sganarelle. Nein.

[325] Pancratius. Hebräisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Syrisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Türkisch? –

Sganarelle. Nein.

Pancratius. Arabisch? –

Sganarelle. Nein doch! Nein! Französisch, französisch, französisch! –

Pancratius. Ach so! Französisch!

Sganarelle. Ja wohl.

Pancratius. So tretet auf die andre Seite; denn dieses Ohr ist für die gelehrten und fremden Sprachen bestimmt, und das andre für die vulgäre Muttersprache.

Sganarelle (beiseit). Was man alles für Umstände mit diesen Gelehrten machen muß! –

Pancratius. Was wollt Ihr also? –

Sganarelle. Euch wegen einer kleinen Schwierigkeit zu Rathe ziehn.

[326] Pancratius. Aha! – Ohne Zweifel wegen eines schwierigen Punkts in der Philosophie? –

Sganarelle. Verzeiht! – Ich ....

Pancratius. Ihr wollt vermuthlich wissen, ob die Substanz und das Accidens in Beziehung auf das Sein synonyme oder mehrdeutige Termini sind? –

Sganarelle. Ganz und gar nicht. Ich .....

Pancratius. Ob die Logik eine Kunst oder eine Wissenschaft sei? –

Sganarelle. Alles nichts. Ich ....

Pancratius. Ob sie die drei Thätigkeiten des Geistes zum Object hat oder nur die dritte 4?

Sganarelle. Nein! – Ich .....

Pancratius. Ob es zehn Kategorieen giebt, oder nur eine einzige? –

Sganarelle. Nicht doch! – Ich ....

Pancratius. Ob die Conclusion wesentlich zum Syllogismus gehört? –

Sganarelle. Fällt mir nicht ein. Ich .....

Pancratius. Ob das Wesen des Guten in das Wünschenswürdige oder in das Geziemende zu setzen ist? –

[327] Sganarelle. Nein. Ich .....

Pancratius. Ob das Gute mit dem Endzweck coincidirt? –

Sganarelle. Ach Gott bewahre! – Ich .....

Pancratius. Ob uns der Endzweck durch seine reale oder seine intentionirte Wesenheit bewegen kann?

Sganarelle. Nein, nein, nein, nein. Zum Teufel, nein.

Pancratius. So explicirt mir also Eure Gedanken, denn ich kann sie nicht errathen.

Sganarelle. Das will ich ja auch, in’s Teufels Namen; aber Ihr müßt mich anhören. Die Sache ist die: ich bin Willens mich mit einem schönen jungen Mädchen zu verheirathen. Ich liebe sie, und habe bei ihrem Vater um sie angehalten; weil ich aber fürchte ....

Pancratius (zugleich mit Sganarelle, ohne auf ihn zu hören). Die Sprache ist dem Menschen gegeben, damit er seine Gedanken offenbare; und gleichwie die Gedanken das Abbild der Sache, so sind auch die Worte das Abbild der Gedanken.

(Sganarelle hält in seiner Ungeduld dem Doctor den Mund zu; so oft er losläßt, spricht dieser weiter.)

Aber diese Bilder unterscheiden sich von andern Bildern insofern, als diese letzten etwas anderes sind als ihre Originale, die Rede dagegen ihr Original in sich begreift, weil sie eben nichts Andres ist, als der durch ein äußeres Zeichen ausgedrückte Gedanke; woher es denn auch kommt, daß wer am besten denkt auch am besten [328] spricht. Erklärt mir also Eure Gedanken durch die Sprache, weil diese unter allen Zeichen das verständlichste ist.

Sganarelle (stößt den Doctor in sein Haus und hält die Thüre zu, damit er nicht herauskomme). Verwünschter Kerl! –

Pancratius (im Hause). Ja, die Sprache ist animi index et speculum. Sie ist der Dolmetscher des Herzens, das Ebenbild der Seele. (Er steigt an’s Fenster.) Es ist dieselbe ein Spiegel, der uns unbewußt die verborgensten Mysterien unsres Ich reflectirt: und da Ihr das Vermögen habt zugleich zu folgern und zu sprechen, was hindert Euch denn, Euch der Rede zu bedienen, und mir Eure Gedanken verständlich zu machen? –

Sganarelle. Das will ich ja auch: aber Ihr wollt mich nicht hören.

Pancratius. Ich höre zu; redet also.

Sganarelle. Ich sagte Euch also, Herr Doctor, ich wolle ....

Pancratius. Aber vor Allem befleißigt Euch der Kürze.

Sganarelle. Das werde ich.

Pancratius. Vermeidet jede Weitschweifigkeit.

Sganarelle. Ei zum .....

Pancratius. Kürzt Eure Rede und comprimirt sie wie ein lakonisches Apophthegma.

[329] Sganarelle. Ich will ja nur .....

Pancratius. Keine Abschweifung! Keine Umschreibung! –

(Sganarelle hebt in seinem Aerger Steine auf, um sie dem Doctor an den Kopf zu werfen.)

Pancratius. Wie! – Ihr ereifert Euch, statt Euch zu erklären? Geht, Ihr seid noch unverschämter als jener Andre, der da behaupten wollte, man müsse sagen: die Form eines Huts; und ich will Euch an jedem Ort und zu jeder Zeit mit demonstrativen und zwingenden Gründen durch argumenta in Barbara beweisen, daß Ihr nichts seid, und auch nie etwas andres sein werdet, als ein Esel; daß ich aber bin und immer bleiben werde in utroque jure doctor Pancratius.

Sganarelle. Schwatze Du und der Teufel! –

Pancratius (kommt wieder auf’s Theater). Schriftsteller und Gelehrter, –

Sganarelle. Noch einmal? –

Pancratius. Ein Mann von Gewicht, ein Mann von Capacität, (im Weggehn) ein Mann, der in allen natürlichen, moralischen und politischen Wissenschaften perfekt ist; (wieder kommend) ein gelehrter, durch und durch gelehrter Mann, gelehrt per omnes modos et casus; (im Weggehn) ein Mann, der in superlatiro gradu bewandert ist im Gebiet der Fabel, der Mythologie und Geschichte; (wieder kommend) Grammatik, Poesie, Rhetorik, Dialektik und Sophistik; (weggehend) Mathematik, Arithmetik, Optik, Onirokritik und Physik; (wieder kommend) Cosmometrie, Geometrie, [330] Architektur, Specularia und Speculatoria; (weggehend) Medicin, Astronomie, Astrologie, Physiognomik, Metoposcopie, Chiromantie, Geomantie u. s. w.


Siebente Scene.

Sganarelle. Hole der Henker solche Gelehrte, die Niemand anhören wollen! Man hatte mir’s wohl gesagt, sein Meister Aristoteles sei nur ein Schwätzer. Ich muß nun zu dem Andern gehn, der wird gesetzter und vernünftiger sein. Holla! – (Er klopft.)


Achte Scene.
Marphurius. Sganarelle.

Marphurius. Was wünscht Ihr von mir, Herr Sganarelle?

Sganarelle. Herr Doctor, ich hätte gern Euern Rath über ein kleines Anliegen und bin deshalb zu Euch gekommen. (Beiseit.) Ah, der läßt sich schon besser an; der hört wenigstens zu.

Marphurius. Mein Herr Sganarelle, Ihr würdet wohl thun, wenn’s Euch gefällig wäre, diese Redeform zu ändern. Unsere Philosophie verbietet irgend einen Satz als positiv aufzustellen; wir sollen Alles stets in Ungewißheit lassen, und mit unserm Urtheil zurückhalten. Deshalb dürft Ihr nicht sagen: ich bin gekommen, sondern: es scheint mir, daß ich gekommen sei.

Sganarelle. Es scheint mir?

[331] Marphurius. Ja.

Sganarelle. Zum Teufel, es muß mir ja wohl so scheinen, weil es wirklich so ist.

Marphurius. Das ist keine Folgerung: es kann Euch etwas scheinen, ohne daß es sich wirklich so verhält.

Sganarelle. Wie! Ist’s denn nicht wahr, daß ich gekommen bin?

Marphurius. Das ist ungewiß; und wir müssen an Allem zweifeln.

Sganarelle. Was! bin ich denn nicht hier, und sprecht Ihr nicht mit mir? –

Marphurius. Es kommt mir so vor, als ob Ihr da wärt, und ich glaube mit Euch zu sprechen; aber ich bin nicht sicher, ob sich’s so verhält.

Sganarelle. Ei was zum Henker, Ihr spaßt wohl. Hier stehe ich, hier steht Ihr ganz richtig da, und dabei ist kein „es scheint mir“ nöthig. Lassen wir aber diese Spitzfindigkeiten bei Seite, ich bitte Euch, und reden wir von meiner Angelegenheit. Ich wollte Euch sagen, daß ich Lust habe, mich zu verheirathen.

Marphurius. Davon weiß ich nichts.

Sganarelle. Ich sage es Euch ja!

Marphurius. Es kann sein.

[332] Sganarelle. Das Mädchen, das ich heirathen will, ist jung und schön.

Marphurius. Das ist nicht unmöglich.

Sganarelle. Thue ich nun gut oder nicht, wenn ich sie nehme? –

Marphurius. Eins von beiden.

Sganarelle (beiseit). Aha! der pfeift wieder aus einem andern Ton. (Laut.) Ich frage, ob es rathsam für mich ist, das Mädchen, von dem ich Euch sage, zu heirathen?

Marphurius. Je nachdem.

Sganarelle. Soll ich’s bleiben lassen?

Marphurius. Vielleicht.

Sganarelle. Ich bitte Euch, gebt mir doch eine ordentliche Antwort!

Marphurius. Das ist auch meine Absicht.

Sganarelle. Ich habe eine große Neigung zu dem Mädchen.

Marphurius. Das ist denkbar.

Sganarelle. Der Vater hat sie mir zugesagt.

Marphurius. Warum nicht? –

[333] Sganarelle. Aber wenn ich sie heirathe, fürchte ich, sie wird mir Hörner aufsetzen.

Marphurius. Die Sache ist thunlich.

Sganarelle. Was meint Ihr davon?

Marphurius. Die Unmöglichkeit liegt nicht vor.

Sganarelle. Was würdet Ihr aber thun, wenn Ihr an meiner Stelle wärt? –

Marphurius. Davon weiß ich nichts.

Sganarelle. Was rathet Ihr mir? –

Marphurius. Was Euch beliebt.

Sganarelle. Ich möchte verrückt werden! –

Marphurius. Dafür bin ich nicht verantwortlich.

Sganarelle. Hole der Teufel den alten Träumer!

Marphurius. Wie es kommt, so kommt es.

Sganarelle. Daß Dich die Pest, Du infamer Leute-Schinder! – Du sollst mir gleich aus einem andern Ton brummen, Du toller Hund von einem Philosophen! –

(Er giebt dem Marphurius Stockschläge.)

[334] Marphurius. Au, au, au!

Sganarelle. Da hast Du die Bezahlung für deinen Galimathias und nun bin ich zufrieden.

Marphurius. Welche Frechheit! Mich so zu insultiren! einen Philosophen wie ich bin zu schlagen! –

Sganarelle. Ihr solltet, wenn’s Euch gefällig wäre, Euch besser ausdrücken. Man soll an Allem zweifeln; darum dürft Ihr nicht sagen, ich habe Schläge bekommen, sondern es scheint mir, als ob ich Schläge von Euch bekommen hätte.

Marphurius. Ich werde eine Klage beim Viertels-Commissair einreichen.

Sganarelle. Dafür bin ich nicht verantwortlich.

Marphurius. Ich trage die sichtlichen Spuren auf dem Rücken.

Sganarelle. Es kann sein.

Marphurius. Du bist es, der mich so zugerichtet hat.

Sganarelle. Das ist nicht unmöglich.

Marphurius. Ich werde einen Verhaftsbefehl gegen Dich auswirken.

Sganarelle. Davon weiß ich nichts.

Marphurius. Und Du wirst in Strafe condemnirt werden.

[335] Sganarelle. Wie es kommt, so kommt es.

Marphurius. Laß mich nur machen! –


Neunte Scene.

Sganarelle. Wahrhaftig; man kann auch nicht ein vernünftiges Wort aus dem verdammten Kerl herausbringen, und ist zuletzt eben so klug, als zuerst. Was soll ich nun machen? Ueber die Folgen meiner Heirath bin ich so ungewiß wie je: es ist nie ein Mensch in solcher Verlegenheit gewesen. Ah, da kommen Zigeunerinnen: die sollen mir wahrsagen.


Zehnte Scene.
Zwei Zigeunerinnen. Sganarelle.
(Die Zigeunerinnen tanzen, singen und schlagen ihre Schellentrommel.)

Sganarelle. Hübsch sind sie obendrein. Hört einmal, meine schönen Kinder, könntet Ihr mir vielleicht wahrsagen 5? –

Erste Zigeunerin. Ja, mein guter Herr; das können wir alle Beide.

Zweite Zigeunerin. Du brauchst uns nur die Hand zu geben mit dem bekreuzten Geldstück drin, und wir werden Dir prophezeien, was Dir lieb sein wird.

[336] Sganarelle. Seht, da sind sie beide, und in jeder, was Ihr verlangt.

Erste Zigeunerin. Du hast eine gute Physiognomie, mein guter Herr, eine gute Physiognomie.

Zweite Zigeunerin. Ja, eine gute Physiognomie; die Physiognomie von Jemand, der mit der Zeit noch etwas werden wird.

Erste Zigeunerin. Du wirst nächstens heirathen, mein guter Herr, Du wirst bald heirathen.

Zweite Zigeunerin. Du wirst eine charmante Frau heimführen, eine charmante Frau.

Erste Zigeunerin. Ja, eine Frau, die von aller Welt geliebt und auf den Händen getragen werden wird.

Zweite Zigeunerin. Eine Frau, die Dir viele Freunde verschaffen wird, mein guter Herr, die Dir viele Freunde verschaffen wird.

Erste Zigeunerin. Eine Frau, die Dir großen Ueberfluß in’s Haus bringen wird.

Zweite Zigeunerin. Eine Frau, die Dir zu großem Ruhme verhelfen wird.

Erste Zigeunerin. Du wirst ihretwegen zu Ansehen kommen, mein guter Herr; zu Ansehen wirst Du kommen.

Sganarelle. Das ist Alles sehr schön. Aber sagt mir noch Eins: Habe ich nicht vielleicht Hörner zu fürchten? –

[337] Zweite Zigeunerin. Hörner? –

Sganarelle. Ja.

Erste Zigeunerin. Hörner? –

Sganarelle. Ja. Ob ich nicht vielleicht Hörner zu fürchten habe? –

(Die beiden Zigeunerinnen tanzen und singen.)

Sganarelle. Zum Henker, das ist ja keine Antwort; gleich kommt her. Ich habe Euch beide gefragt, ob mir auch Hörner bevorstehen? –

Zweite Zigeunerin. Hörner? – Dir?

Sganarelle. Ja, Hörner; ob ich ihnen nicht entgehen kann?

Erste Zigeunerin. Ihnen entgehen? Du? –

Sganarelle. Ja, ob ich ihnen entgehen kann oder nicht? -

(Die zwei Zigeunerinnen tanzend und singend ab.)


Elfte Scene.

Sganarelle. Hole der Henker die verdammten Racker, die mich in der Ungewißheit lassen! – Ich muß durchaus erst wissen, welches Schicksal ich in meiner Heirath zu erwarten habe. Deshalb will ich zu dem großen Zauberer gehen, von dem alle Welt erzählt, und der durch seine bewunderungswürdige Kunst Alles offenbart, [338] was man nur wünscht. Aber meiner Treu’, ich glaube, den Gang zum Zauberer kann ich mir ersparen: hier kommt ein Paar, das mir Alles zeigen wird, was ich wissen will.


Zwölfte Scene.
Dorimene. Lycaste. Sganarelle, der sich im Hintergrunde verbirgt.

Lycaste. Wie, schöne Dorimene, sprecht Ihr wirklich ohne Scherz?

Dorimene. Ohne Scherz.

Lycaste. Ihr wollt in allem Ernst heirathen?

Dorimene. In allem Ernst.

Lycaste. Und schon heut Abend soll die Hochzeit sein?

Dorimene. Schon heut Abend.

Lycaste. Und so könnt Ihr also, o grausame Schöne, meine Liebe zu Euch, und die freundlichen Versicherungen, die Ihr mir gegeben habt, so völlig vergessen? –

Dorimene. Ich? Ganz und gar nicht. Ihr seid mir noch, was Ihr mir immer gewesen seid, und diese Heirath braucht Euch nicht zu beunruhigen; ich nehme ja den Menschen nicht aus Liebe, sondern nur seines Geldes wegen zum Manne. Ich habe kein Vermögen, [339] Ihr seid auch nicht reich, und Ihr wißt, daß man ohne Geld nicht weit kommt, und um jeden Preis dahin streben muß, seine Lage zu verbessern. Ich habe diese Gelegenheit ergriffen, mir eine unabhängige Stellung zu verschaffen, und zwar zunächst in der Hoffnung, recht bald von dem alten Graubart erlöst zu sein. Er wird es nicht lange mehr machen, und hat allerhöchstens noch ein halbes Jahr im Leibe: ich versichere Euch, daß er sich binnen sechs Monaten gestrichen haben wird, und daß ich nicht nöthig haben werde, den Himmel noch lange um die ersehnte Witwenschaft zu bitten. (Sie bemerkt Sganarelle.) Ah! Wir sprachen eben von Euch und sagten Euch alles mögliche Gute nach.

Lycaste. Ist das der Herr ....

Dorimene. Ja, das ist der Herr, der mich zur Frau nimmt.

Lycaste. Erlaubt mir, mein Herr, daß ich Euch zu Eurer Heirath Glück wünsche, und Euch zu gleicher Zeit meine gehorsamsten Dienste anbiete. Ich versichere Euch, daß Ihr da eine sehr vortreffliche Wahl getroffen habt: und Euch, mein Fräulein, gratulire ich gleichfalls zu dieser glücklichen Verbindung. Ihr konntet Euch nichts Besseres wünschen, und Euer Zukünftiger sieht ganz danach aus, als ob er einen sehr guten Mann abgeben werde. Ja, mein Herr, ich bitte um Eure Freundschaft; gestattet mir, Euch recht oft besuchen und die Zeit mit Euch vertreiben zu dürfen.

Dorimene. Ihr erzeigt uns Beiden zu viel Ehre, mein Herr. Aber wir müssen gehen, es ist hohe Zeit, und wir werden noch Gelegenheit genug haben, uns mit einander zu unterhalten.


[340]
Dreizehnte Scene.

Sganarelle. Nun ist mir wahrhaftig alle Lust zu heirathen vergangen, und ich glaube, ich könnte nichts Klügeres thun, als mich von meinem Versprechen loszumachen. Es hat mich zwar schon viel gekostet, aber es ist immer noch besser, das zu verlieren, als mich etwas noch Schlimmerem auszusetzen. Ich muß nun sehen, wie ich mich auf die beste Art aus der Schlinge ziehe. Holla!

(Er klopft an Alcantors Thür.)


Vierzehnte Scene.
Alcantor. Sganarelle.

Alcantor. Ah, mein Herr Schwiegersohn! – Seid mir willkommen! –

Sganarelle. Euer Diener, mein Herr.

Alcantor. Ihr kommt, um den Contract zu unterschreiben?

Sganarelle. Verzeiht mir, ....

Alcantor. Ich kann Euch versichern, mich verlangt eben so sehr danach, als Euch.

Sganarelle. Ich kam aber jetzt nicht deswegen her.

Alcantor. Ich habe schon alle Anstalten zur Hochzeit gemacht.

[341] Sganarelle. Davon ist jetzt nicht die Rede.

Alcantor. Die Musikanten sind besprochen, den Hochzeitsschmaus habe ich bestellt, und meine Tochter ist schon geputzt, um Euch zu empfangen.

Sganarelle. Ich wollte im Gegentheil ....

Alcantor. Mit Einem Wort, Ihr werdet zufrieden sein, und Eurem Glück steht nichts mehr im Wege.

Sganarelle. Du mein Gott, es ist ganz etwas Anderes ....

Alcantor. Kommt also; tretet doch in’s Haus, Herr Schwiegersohn.

Sganarelle. Ich hätte Euch ein Wörtchen zu sagen, ....

Alcantor. O, ich Bitte, macht doch keine Complimente! – Kommt geschwind herein, wenn’s gefällig ist.

Sganarelle. Nein, sage ich Euch. Ich muß vorher mit Euch sprechen.

Alcantor. Ihr habt mir etwas zu sagen? –

Sganarelle. Ja.

Alcantor. Und was? –

Sganarelle. Mein Herr Alcantor, ich habe zwar um Eure Tochter angehalten; [342] aber ich finde mich etwas alt für sie, und bin der Meinung, daß ich gar nicht für sie passe.

Alcantor. Verzeiht mir; meine Tochter ist sehr wohl mit Euch zufrieden, und ich bin überzeugt, sie wird höchst glücklich mit Euch leben.

Sganarelle. Nein. Ich habe mitunter erschreckliche Launen, und sie hätte zu viel von meiner Verdrießlichkeit zu leiden.

Alcantor. Meine Tochter ist gefällig und Ihr sollt sehen, sie wird sich ganz in Euch schicken.

Sganarelle. Ich habe allerlei körperliche Gebrechen, die ihr zuwider sein könnten ....

Alcantor. Das ist nichts. Einer ehrbaren Frau ist niemals etwas an ihrem Manne zuwider.

Sganarelle. Mit Einem Wort: soll ich’s Euch rund heraus sagen? – Ich rathe Euch nicht, sie mir zu geben.

Alcantor. Das ist wohl nicht Euer Ernst. Ich stürbe lieber, als daß ich Euch mein Wort nicht hielte.

Sganarelle. Bitte recht sehr! – Ich gebe es Euch zurück, und will ....

Alcantor. Um keinen Preis. Ich habe sie Euch versprochen, und sie soll die Eure werden, allen Andern zum Trotz, die sich um sie beworben haben.

Sganarelle (bei Seite). Zum Henker! –

[343] Alcantor. Seht nur, ich habe eine ganz besondere Liebe und Hochachtung für Euch, und ich würde meine Tochter einem Prinzen abschlagen, um sie Euch zu geben.

Sganarelle. Bester Herr Alcantor, ich bin Euch sehr verbunden für die Ehre, die Ihr mir erzeigt; aber ich erkläre Euch, daß ich mich überhaupt gar nicht verheirathen will.

Alcantor. Wer! Ihr? –

Sganarelle. Ja, ich.

Alcantor. Und der Grund?

Sganarelle. Der Grund? Weil ich mich nicht tauglich zum Heirathen fühle. Ich will es halten wie mein Vater und alle meine Vorfahren, die sammt und sonders nie haben heirathen wollen.

Alcantor. Herr Sganarelle, der Wille ist frei, und ich bin nicht der Mann, der Jemand zwingen wird. Ihr habt Euch gegen mich verpflichtet, meine Tochter zu heirathen, und es ist Alles dazu in Bereitschaft: aber wenn Ihr Euer Wort zurückziehen wollt, so werde ich sehen, was dabei zu thun ist; und Ihr sollt bald mehr von mir hören.


Fünfzehnte Scene.

Sganarelle. Er ist wahrhaftig noch vernünftiger als ich dachte, und ich glaubte nicht so leichten Kaufs von ihm loszukommen. Meiner [344] Treu’, wenn ich’s recht bedenke, habe ich doch sehr klug daran gethan, mich aus der Geschichte herauszuziehen; ich war drauf und dran, einen Schritt zu thun, den ich Zeit meines Lebens bereut haben würde. Aber da kommt der Sohn; der wird mir wohl die Antwort bringen.


Sechzehnte Scene.
Alcidas. Sganarelle.

Alcidas (sehr gelassen, und mit süßlichem Ton). Mein Herr, ich bin Euer gehorsamster Diener.

Sganarelle. Und ich der Eure, mein Herr, von ganzem Herzen.

Alcidas (immer mit demselben Ton). Mein Vater hat mir gesagt, mein Herr, Ihr hättet Euer gegebenes Wort zurücknehmen zu wollen erklärt? –

Sganarelle. Ja, mein Herr, es thut mir unendlich leid, aber ....

Alcidas. O mein Herr, beunruhigt Euch darüber weiter nicht.

Sganarelle. Ich bedaure es, das versichere ich Euch, und ich wünschte ...

Alcidas. Wie gesagt, es hat weiter nichts auf sich. (Er überreicht dem Sganarelle zwei Degen.) Ich bitte nur, gefälligst von diesen zwei Degen einen zu wählen, gleichviel welchen.

Sganarelle. Von diesen zwei Degen?

Alcidas. Ja, wenn Ihr die Güte haben wollt.

[345] Sganarelle. Und wozu? –

Alcidas. Mein Herr, da Ihr nach Eurem gegebenen Wort meine Schwester zu heirathen verweigert, glaube ich, werdet Ihr das kleine Compliment, das ich Euch eben gemacht, ganz in der Ordnung finden.

Sganarelle. Wie so? –

Alcidas. Andere würden Lärm anfangen und sich gegen Euch ereifern; wir dagegen sind Leute, die so etwas in aller Güte abmachen; und demnach will ich Euch höflich erklären, daß, wenn Ihr damit einverstanden seid, wir einander ein wenig die Hälse brechen müssen.

Sganarelle. Das ist ein sehr schlecht erfundenes Compliment! –

Alcidas. Entschließt Euch, mein Herr, habt die Gefälligkeit und wählt, ich bitte Euch.

Sganarelle. Gehorsamster Diener! – Ich habe keinen Hals zu viel. (Bei Seite.) Was für abscheuliche Redensarten! –

Alcidas. Mein Herr, ohne Umstände; es muß sein.

Sganarelle. He, mein bester Herr, steckt Euer Compliment wieder in die Scheide, ich bitte Euch.

Alcidas. Schnell, mein Herr! Ich habe noch eine kleine Besorgung, und nicht viel Zeit.

[346] Sganarelle. Aber ich will nicht, sage ich Euch.

Alcidas. Ihr wollt Euch nicht schlagen? –

Sganarelle. Nein, meiner Treu’! –

Alcidas. Ist das Euer Ernst?

Sganarelle. Mein völliger Ernst.

Alcidas (giebt ihm Stockschläge). Dann, mein Herr, habt Ihr wenigstens keinen Grund, Euch zu beklagen; Ihr seht, ich verfahre ganz nach der Ordnung. Ihr haltet Euer Wort nicht, ich will mich mit Euch duelliren; dazu habt Ihr nicht Lust, und also gebe ich Euch Schläge. Das Alles ist nach der Regel, und Ihr habt zu viel Lebensart, um mein Verfahren nicht durchaus zu billigen.

Sganarelle (bei Seite). Der Kerl ist ja ein wahrer Teufel! –

Alcidas (überreicht ihm nochmals die beiden Degen). Geschwind, mein Herr; zeigt mir, daß Ihr ein Ehrenmann seid, und laßt Euch nicht bei den Ohren ziehen.

Sganarelle. Schon wieder?

Alcidas. Mein Herr, ich zwinge Niemand; aber Ihr müßt Euch schlagen, oder meine Schwester heirathen.

Sganarelle. Mein Herr, ich kann weder das Eine, noch das Andere thun, das versichere ich Euch.

[347] Alcidas. Gewiß? –

Sganarelle. Gewiß.

Alcidas. Mit Eurer Erlaubniß also .... (Er giebt ihm Stockschläge.)

Sganarelle. Au! au! au!

Alcidas. Mein Herr, ich bedaure unendlich so mit Euch verfahren zu müssen; aber ich werde mit Eurer gütigen Erlaubniß nicht aufhören, bis Ihr versprochen habt, Euch zu schlagen, oder meine Schwester zu heirathen.

Sganarelle. Ja doch! Ja doch! Ich will sie heirathen, ich will sie heirathen.

(Alcidas hebt wieder den Stock auf.)

Alcidas. Ah, mein Herr, ich bin sehr erfreut, daß Ihr Vernunft annehmt, und daß die Sache in der Güte beigelegt wird. Denn ich schwöre Euch, ich habe die größte Hochachtung von der Welt für Euch, und wäre in Verzweiflung gewesen, wenn Ihr mich gezwungen hättet, Euch etwas Unangenehmes zu erzeigen. Ich werde gleich meinen Vater rufen und ihm sagen, daß Alles in Ordnung ist. (Er klopft an Alcantors Hausthür.)


Siebzehnte Scene.
Alcantor. Dorimene. Alcidas. Sganarelle.

Alcidas. Da seht, Herr Vater; Herr Sganarelle ist ein ganz verständiger [348] Mann. Er hat keine Schwierigkeiten gemacht, und Ihr könnt ihm meine Schwester geben.

Alcantor. Hier ist ihre Hand, mein Herr; reicht ihr nun auch die Eure. Gott sei’s gelobt! jetzt bin ich von dieser Last befreit, und von nun an habt Ihr für ihre Aufführung zu sorgen. Laßt uns hineingehen, und diese glückliche Heirath feiern.


[349]
Anmerkungen.

1) Moliere spielte den Sganarelle; Frau Du Parc mit ganz besonderm Beifall die Dorimene.

2) Die alte Schule hatte bekanntlich verschiedene bizarre Benennungen für die verschiedenen logischen Schlüsse aufgestellt: so gab es Syllogismen in Barbara, in Celarint, in Darii und Ferio u. s. w. Der Doctor substituirt hier das Wort Balordo (Tölpel) für Barbara.

3) Die Peripatetiker erklärten allerdings das Wort Form nicht als Bezeichnung der äußern Gestalt, sondern des innersten Wesens; der Eigenschaft, die einen Gegenstand zu dem macht, was er ist, also dessen, was dem Stoff seine individuelle Bestimmtheit giebt. So z. B. ist ein Knochen noch etwas Andres als hart, dicht, kalt u. s. w. Das Alles sind Eigenschaften, die er mit andern Körpern gemein hat. Es ist seine eigenthümliche Natur als Knochen, die die Schule des Aristoteles seine Form nennt; die Form, sagen sie, ist das bestimmende Princip jedes Dinges und nennen demnach die Seele die Form des Körpers. Nach dieser Definition mußte Pancratius allerdings empört sein, wenn von der Form eines Huts gesprochen ward.

4) Die drei Thätigkeiten des Geistes sind die Vorstellung (perception), die Beurtheilung (jugement), und die Schlußfolgerung (raisonnement).

5) Das Wahrsagen durch Vermittlung eines Spiegels und durch Erklärung der Meteore. Chiromantie ist die Prophezeihung aus den [350] Handlinien; Geomantie, aus den Linien und Rissen der Erde, aus dem Erdbeben, aus den Spalten und Schlünden; Metoposcopie, die Deutung der sieben Stirnlinien, die unter dem Einfluß der sieben Planeten stehn, und aus denen sich Ehre und Reichthum, Glück im Handel, Erbschaft und Liebe, Diebstahl und Mord herauslesen läßt; Onirokritik, die Traumdeutung.