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Die elektrischen Kräfte/Zusammenstellung:§39

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Die elektrischen Kräfte
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§. 39. Vergleichung des von F. Neumann proponirten Elementargesetzes und desjenigen andern Elementargesetzes, zu welchem die in den vorhergehenden Abschnitten angestellten Untersuchungen hingedrängt haben.


Der Kürze halber mag das erstere Gesetz mit (I.), das letztere mit (II.) bezeichnet werden. Für den Fall beträchtlicher Entfernungen (und auf diesen wollen wir uns hier beschränken) sind die beiden Gesetze (I.) und (II.) ausgedrückt durch folgende Formeln:

(24.I)
(24.II)
| Ueberall ist hier unter der zeitliche Zuwachs von zu verstehen; so dass also dieses [vergl. (1.) und (2.a,b)] dargestellt werden kann durch
(25.)

Ferner ist definirt durch die Formel

(26.)

falls man nämlich unter die zwischen den beiden Elementen und (nach dem Ampère’schen Gesetz) vorhandene ponderomotorische Kraft versteht.

Um die beiderlei Gesetze (24.I) und (24.II), oder vielmehr die Consequenzen dieser Gesetze miteinander zu vergleichen, stellen wir uns folgende Aufgabe:

(27.) .... „Es sind gegeben zwei gleichförmige Stromringe und oder und , jeder behaftet mit beliebig vielen Gleitstellen, und jeder begriffen in beliebiger Bewegung. Es soll berechnet werden die Summe

derjenigen elektromotorischen[1] Kräfte, welche während der Zeit in hervorbringt.“

Bezeichnet das elektrodynamische Potential der beiden Ringe und aufeinander, bezogen auf die Stromeinheiten, so wird, einerlei ob Gleitstellen vorhanden sind oder nicht, die Formel stattfinden:

[vergl. (85.), pag. 67].

Hieraus folgt durch Substitution des Werthes (26.) sofort:

(28.)

Nebenbei sei daran erinnert, dass die in den Gesetzen (24.I) und (24.II) enthaltenen Ausdrücke und zum Potential [zufolge (21.) und (22.)] in der Beziehung stehen:

(29.I)
(29.II)
| Die im Augenblick d. i. zu Anfang des Zeitelementes im Ringe enthaltenen Elemente mögen mit benannt sein; andererseits mögen diejenigen Elemente, welche während des Zeitelementes in den Ring eintreten, oder aus ihm ausscheiden, in dem früher (pag. 65) angegebenen collectiven Sinne mit bezeichnet sein. Analoge Bedeutungen mögen und für den Ring besitzen.

Ausserdem mag vorläufig, der Bequemlichkeit willen, angenommen werden, dass die und sämmtlich positiv sind, dass also während der Zeit in beiden Ringen nur eintretende, nicht aber ausscheidende Elemente vorhanden sind.

Nach diesen Vorbereitungen gehen wir an die Lösung der gestellten Aufgabe (27.), indem wir dabei zunächst das Gesetz (24.I) zu Grunde legen. Die von in während der Zeit hervorgebrachte elektromotorische Kraft besitzt alsdann den Werth[2]:

Die analoge Formel für die elektromotorische Einwirkung eines Elementes auf lautet:

wo im ersten Gliede den Werth 0 oder den Werth , oder vielleicht auch einen Mittelwerth zwischen 0 und vorstellt; während andererseits das im zweiten Gliede enthaltene denjenigen Zuwachs repräsentirt, welchen die in vorhandene Stromstärke im Laufe der Zeit erfahren hat. — Man bemerkt nun sofort, dass in dieser Formel das eine Glied (in Folge der Factoren , ) unendlich klein zweiter Ordnung, das andere hingegen (in Folge des Factor ) unendlich klein erster Ordnung ist. Das Glied zweiter Ordnung wird aber gegenüber dem Gliede erster Ordnung zu vernachlässigen sein; so dass man erhält:

Denkt man sich nun die Formel für sämmtliche , und die Formel für sämmtliche der Reihe nach hingestellt, so gelangt man durch Addition all’ dieser Formeln zu dem Ergebniss:

diess ist also die Summe[3] derjenigen elektromotorischen Kräfte,| welche der ganze Ring während der Zeit im Elemente hervorbringt.

Aus folgt durch Multiplication mit und Summation über sämmtliche sofort:

(30.I)

Dies ist also die gesuchte Summe (27.), berechnet unter Zugrundelegung des Gesetzes (24.I).— Allerdings scheinen bei dieser Rechnung die Elemente vergessen zu sein. Wollte man indessen die mit in Rechnung ziehen, so würde, weil die Anzahl der eine endliche, diejenige der hingegen unendlich gross ist, zu dem in (30.I) angegebenen Ausdruck nur noch ein Glied hinzutreten, welches diesem Ausdruck gegenüber verschwindend klein ist.

Nur der Bequemlichkeit willen war bisher vorausgesetzt, die und seien sämmtlich positiv. Nachträglich übersieht man leicht, dass die erhaltene Formel (30.I) auch dann noch gültig sein wird, wenn die und theils positiv theils negativ sind, also gültig sein wird, einerlei ob während der Zeit in jedem der beiden Ringe nur eintretende, oder gleichzeitig auch ausscheidende Elemente vorhanden sind.

| Von dem Gesetze (24.I) unterscheidet sich das Gesetz (24.II) dadurch, dass an Stelle von
und

die Ausdrücke

und

sich vorfinden. Bei Zugrundelegung des Gesetzes (24.II) wird man daher an Stelle der Formel (30.I) folgende erhalten:

(30.II)

Beachtet man, dass in beiden Formeln (30.I, II) das Glied dritter Zeile [zufolge (29.I, II)] gleich ist, und dass ferner [zufolge (28.)] die Summe gleich ist, so kann von jenen Formeln (30.I, II) die erstere so dargestellt werden:

(31.I)

und die letztere so:

(31.II)

Von den in (31.II) auf der rechten Seite vorhandenen Summen kann die eine

einer weitern Behandlung unterworfen werden. Es ist nämlich

und ferner [vergl. (25.)]:

so dass sich also ergiebt:

| Hieraus aber folgt durch Benutzung früherer Formeln [(75.p,q), pag. 64] sofort:

oder weil , und ist:

Substituirt man aber den Werth für die Summe in die Formel (31.II), so hebt sich diese Summe fort gegen diejenige in der zweiten Zeile. — Somit können die Formeln (31.I, II) einfacher so geschrieben werden:

(32.I)
(32.II)

Diese Formeln beziehen sich auf ein unendlich kleines Zeitelement . Leicht aber lassen sich hieraus die entsprechenden Formeln für ein beliebig gegebenes Zeitintervall ableiten. Bezeichnet man nämlich mit die Summe derjenigen elektromotorischen Kräfte, welche vom Ringe im Ringe während dieser Zeit hervorgebracht werden, so ergeben sich aus (32.I, II) folgende Resultate[4]:

(33.I)
(33.II)

Die Formeln (32.I, II) sind mit einander und mit dem von meinem Vater aufgestellten Integralgesetz (pag. 107) nur dann in Einklang, wenn die sämmtlich Null sind, und führen also zu folgendem Ergebniss:

(34.).... Soll die Summe derjenigen elektromotorischen Kräfte berechnet werden, welche ein gleichförmiger und gleichförmig anschwellender Stromring während der Zeit in irgend einem andern Stromringe hervorbringt, so wird man auf Grund des Elementargesetzes (24.I) zu dem von meinem Vater aufgestellten Integralgesetz (pag. 107) nur dann gelangen, wenn der inducirende| Ring keine Gleitstellen besitzt; während andererseits das Elementargesetz (24.II) immer zu jenem Integralgesetze hinleitet, einerlei ob der inducirende Ring mit Gleitstellen behaftet ist oder nicht[5].

Sind die beiden Ringe und oder und ihrer räumlichen Lage nach unveränderlich, und erfolgt die Induction lediglich durch ein Anschwellen des Stromes , so werden die Elementargesetze (24.I) und (24.II), wie aus (34.) folgt, beide zu dem genannten Integralgesetz hinleiten. Doch dürfte es zweckmässig sein, diesen Fall noch besonders zu behandeln. Selbstverständlich soll dabei wiederum vorausgesetzt sein, dass die Stärke des inducirenden Stromes gleichförmig ist, und auch während ihres Anschwellens beständig gleichförmig bleibt.

In Folge der gemachten Voraussetzungen ist für jedes Elementenpaar die Entfernung constant, mithin ; so dass also die Gesetze (24.I,II) sich reduciren auf:

(35.I)
(35.II)

Multiplicirt man diese Formeln mit , und integrirt sodann über sämmtliche und der beiden Ringe, so folgt sofort:

(36.I)
(36.II)

diese Formeln aber können mit Rücksicht auf (29.I,II) auch so geschrieben werden:

(37.I)
(37.II)

wo, in Folge der unveränderlichen Lage der beiden Ringe, eine Constante ist.

Bezeichnet man also mit die Summe derjenigen elektromotorischen Kräfte, welche während eines beliebig gegebenen Zeitraumes von in hervorgebracht werden, so erhält man:

(38.I)
(38.II)
Da in dem betrachteten Fall eine Constante ist, so kann| statt auch geschrieben werden; so dass also aus den Formeln (37.I,II) folgendes Resultat sich ergiebt:

(39.).... Soll die Summe derjenigen elektromotorischen Kräfte berechnet werden, welche ein gleichförmiger und gleichförmig anschwellender Stromring während der Zeit in irgend einem andern Stromringe hervorruft, und setzt man voraus, dass beide Ringe ihrer räumlichen Lage nach unveränderlich sind, so wird man zu dem von meinem Vater aufgestellten Integralgesetz (pag. 107) hingelangen, einerlei ob man ausgeht vom Elementargesetz (24.I) oder vom Elementargesetz (24.II).


  1. Wir werden hier nur die elektromotorischen Kräfte elektrodynamischen Ursprungs ins Auge fassen. Eine derartige Einschränkung ist indessen in Wirklichkeit nur eine scheinbare. Denn aus früheren Betrachtungen (pag. 97 bis 99) geht deutlich hervor, dass die Summe der von in hervorgebrachten elektromotorischen Kräfte elektrostatischen Ursprungs gleich Null ist.
  2. Die der Formel (46.) beigefügte Signatur hat denselben Zweck, wie bei früherer Gelegenheit (pag. 149).
  3. Bei Bildung dieser Summe, d. i. bei Bildung derjenigen Summe von elektromotorischen Kräften, welche der Inducent während der Zeit im Elemente hervorbringt, sind mithin, wenn wir auf die eben ausgeführte Rechnung [225] zurückblicken, sowohl diejenigen Elemente zu berücksichtigen, welche während der ganzen Zeit im Inducenten enthalten sind, als auch zweitens diejenigen Elemente , welche erst während dieser Zeit in den Inducenten eintreten.
    Die Elemente sind zu berücksichtigen insofern, als ihre relative Lage gegen während der Zeit sich ändert, und auch insofern, als in ihnen während dieser Zeit die Stromstärke anwächst von auf . Sie liefern zu der in Rede stehenden Summe die in angegebenen Beiträge.
    Andererseits sind die Elemente insofern zu berücksichtigen, als in ihnen die Stromstärke einen plötzlichen endlichen Zuwachs von 0 auf erfährt. Sie liefern zu jener Summe die in genannten Beiträge.
    Mein Vater hat in seiner Abhandlung [Ueber ein allgemeines Princip etc. vom 9. August, 1847; vergl. daselbst namentlich die Formeln (9.), (10.), (11.) des §. 4.] den elektromotorischen Einfluss, welchen die Elemente , in Folge der eben genannten plötzlichen Stromänderung, ausüben, unberücksichtigt gelassen, mithin die Beiträge als verschwindend klein betrachtet. Eine Vernachlässigung derselben scheint mir aber nicht erlaubt zu sein, nämlich in Widerspruch zu stehen mit den für diese Beiträge gefundenen Werthen.
    Uebrigens lassen sich die Resultate, zu denen eine solche Vernachlässigung hinleitet, leicht verfolgen. Man hat zu diesem Zweck in den erhaltenen Formeln z. B. in , ebenso später in (30.I) (31.I), (32.I), u.s. w. nur diejenigen Glieder zu streichen, welche mit den behaftet sind.
  4. Wollte man die in der Note pag. 225 genannte Vernachlässigung eintreten lassen, so würden die Consequenzen des Gesetzes (24.I) nicht mehr durch die Formeln (32.I) und (33.I), sondern vielmehr durch diejenigen Formeln dargestellt sein, in welche (32.I) und (33.I) sich verwandeln bei Streichung der mit behafteten Glieder.
  5. Dieses Ergebniss ist übrigens, soweit dasselbe auf das Elementargesetz (24.II) sich bezieht, kein wesentlich neues, vielmehr anzusehen als die blosse Wiederholung eines schon früher notirten Satzes (pag. 195).