Die beiden Wandrer
Zween Wandrer überfiel die Nacht.
O Velten, nimm dich ja in Acht,
Sprach Kunz, von Schrecken eingenommen,
Damit wir nicht vom Wege kommen.
Nur daß wir uns nicht selber blenden,
Und uns nach diesem Lichte wenden;
Sonst ist es um den Weg geschehn.
Schon gut! rief Velten, eile nur.
Und was ein Irrlicht sagen wollte,
Nur einmal recht verstehen sollte.
Studirte nennen es die Dunst,
Die aus den Sümpfen aufgestiegen.
Denn oft ist Lügen ihre Kunst.
Sprich, Velten, ob du thöricht bist;
Du weißt nicht, was ein Irrlicht ist?
O dürft ichs nur bey Nachtzeit wagen!
Ists wahr, daß du kein Irrlicht kennst,
Und bist schon nah an dreyßig Jahre?
Ein Irrlicht, daß mich Gott bewahre!
Ein Irrlicht, das ist ein Gespenst.
Der, wie zu Stephens Zeit geschehn,
Getreyd und Kälber ausgespieen.
Das, was der Drach im Großen heißt,
Denn da sie nur bey Nacht erscheinen,
So sind sie wohl kein guter Geist.
Nein, Kunz, nein, sag ich! Nimmermehr!
Ein Irrwisch ist kein wütend Heer.
Muß die Gespenster besser kennen.
Ein Rübezahl, ein solches Thier,
Als zu Gehofen ehedessen
Die Küch im Edelhof besessen,
Ein Irrwisch muß was anders seyn.
K. Wie, Velten, nennst du diesen Schein?
V. Ich nenn ihn Irrwisch. K. Ists erhöret?
Wer hat dich wieder das gelehret?
So spricht man ja mein Lebetage.
V. So spräche man? Nein, Kunz, ich sage,
Daß alle Welt ein Irrwisch spricht.
K. Schweig, Velten, das klingt lügenhaft.
Und, Bruder, ohne viel zu schwören,
Von Meistern Irrlicht nennen hören.
Itzt um die Sach, itzt um den Namen,
Und schimpfend schlossen sie den Streit.
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So streiten unstudirte Velten
Um Sachen, die sie nicht verstehn,
Und endigen den Streit mit Schelten.
Und Kunzen in die Schule gehn!
Die streiten dialectisch schön,
Und ohne Wortkrieg, ohne Schelten,
Um Dinge, die sie ganz verstehn,
Weil sie den Weg der Schulen gehn;
Denn da läßt sich kein Irrlicht sehn.