Die Thüringer „Drei Gleichen“
Die Thüringer „Drei Gleichen“.
Wenn man, von Erfurt kommend, sich der Herrnhuter-Colonie Neudietendorf nähert, so erblickt man, scharf vom westlichen Horizont sich abhebend, drei hochragende Burgen – die thüringischen „Drei Gleichen“. Sie nehmen unter den durch die Traditionen der Geschichte und Sage ausgezeichneten Schlössern des Thüringer Berglandes einen hohen Rang ein, und mit Recht – denn ihre Geschichte ist nicht allein ein gut Stück thüringischer – sondern auch deutscher Geschichte überhaupt.
Auf dem Boden, auf welchem sich die „Drei Gleichen“ wie Wahrzeichen erheben, wurde der Kampf zwischen den das Reich erschütternden Gegensätzen des Mittelalters ausgefochten; hier hallte der Feldruf „Hie Welf, hie Waibling!“, hier zeigt uns die Geschichte die tragische Gestalt Heinrich des Vierten, wie er im Kampf mit den rebellischen Fürsten unter der Burg Gleichen eine schwere Niederlage erleidet; hier erscheint im Bund mit den Fürsten die massive Macht der Städter auf dem Plan, und ihre Karrenbüchsen brechen den Uebermuth kleiner Herren; hier vor Allem feiert der Feudalismus in endlosen Fehden blutige Orgien.
Der Name der „Drei Gleichen“, unter dem die Burgen in ganz Deutschland bekannt sind, hat keine historische Berechtigung; denn nur der beim Flecken Wandersleben gelegenen kommt der Name Burg Gleichen zu. Die beim Dorfe Holzhausen heißt die Wachsenburg, und die dritte trägt mit dem unten liegenden Flecken Mühlberg den gleichen Namen. Wie sehr aber der engere, im gemeinsamen Namen zum Ausdruck gebrachte Zusammenhang dieser drei Burgen vom Volke empfunden wurde, darauf deutet z. B. die Sage, laut welcher ein Blitzstrahl im Jahre 1230 alle drei Burgen zugleich entzündet haben soll.
Auf dem Haltepunk Haarhausen der in den Thüringer Wald führenden Arnstädter Linie verläßt man die Bahn. Dicht vor uns steigt in imposanter Masse der Berg der Wachsenburg empor, gekrönt von einem nicht unmalerischen Häusercomplex, dem man, im Unterschiede von den Schwesterburgen, den wohl erhaltenen Zustand an den geschlossenen Formen und soliden Ziegeldächern schon von fern ansieht.
Beim Eintritt in die Burg fühlen wir uns – ich möchte sagen historisch – angeweht. Der kleine, von schönen Linden und grauem Gemäuer umschattete Hof trägt ein alterthümliches Gepräge, und da er andererseits auch verräth, daß noch Leben in der Burg herrscht, so könnte man sich recht wohl in die Zeiten zurück versetzt fühlen, wo hier noch Harnische klirrten und Armbrüste gespannt wurden. Aber dieser Eindruck ist sicher auch der interessanteste in der Wachsenburg; denn im Uebrigen ist in Folge von späteren Bauten aus der alten Zeit nicht allzu viel übrig geblieben. Aus den Fenstern und von den Zinnen der Burg blickt man besonders nach Norden auf ein lachendes, mit zahlreichen Ortschaften geschmücktes, farbenreiches Landschaftsbild, als dessen ferner Hintergrund der Brocken erscheint; im Süden und Westen zieht der Kamm des Thüringer Waldes vom Schneekopf bis zur Wartburg hin. Ganz im Vordergrund befindet sich ein kahler Ausläufer des Berges, aus rothem Schieferthon bestehend, an den sich eine charakteristische Sage knüpft.
Der berüchtigte Apel Vitzthum, welchem Herzog Wilhelm von Weimar die Burg 1450 verpfändet hatte, beherbergte einst drei Raubgesellen, Zeißig, Fink und Storch mit Namen, mit denen er in Gemeinschaft Unfug trieb. Einmal fingen sie einen Mönch und sperrten ihn in eine Art Vogelbauer, in dem er sich bei den Zechgelagen allerlei Unbill gefallen lasten mußte, wobei er schließlich in der Verzweiflung den Apel in’s Gesicht schlug; dafür ließ ihm dieser sofort auf dem in Rede stehenden Berge den Kopf abschlagen. Vor seiner Hinrichtung aber prophezeite der Mönch, der Berg werde von seinem Blute roth und immer unfruchtbar
[093][094] bleiben, und die Prophezeiung sei dergestalt eingetroffen, daß das Erdreich von dem Gestein des Berges herabgeschwemmt wurde. –
Die Wachsenburg, die Ende des sechszehnten Jahrhunderts Wasserburg, Waßinburg genannt, ist eine Gründung des Stifts Hersfeld. Sie wurde in der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts zum Schutz der umliegenden Hersfeldischen Lehngüter erbaut, und die Grafen von Schwarzburg und Kevernburg wurden mit der Burg belehnt. Von da ab finden wir die Burg in alle wichtigeren Kämpfe verwickelt, vor Allem in diejenigen, welche in Thüringen gegen Kaiser Heinrich den Fünften ausgefochten wurden, und in die Kämpfee zwischen Welfen und Hohenstauferen, in denen wir die Wachsenburg und Mühlberg auf der Seite der ersteren, Gleichen auf der Seite der letzteren erblicken.
Unter denjenigen Herren der Wachsenburg, welche ein allgemeines Interesse beanspruchen dürfen, steht Graf Meinhard der Fünfte im Vordergrunde, da er gerade in den Zeiten der thüringischen Geschichte handelnd auftritt, welche uns durch die Sage ganz besonders vertraut sind. Es war wenige Jahre nach dem Sängerkriege auf der Wartburg, als Meinhard der Fünfte vom Landgrafen Hermann auserwählt wurde, mit Walther von Bargula als Brautwerber zum König Andreas von Ungarn zu ziehen und für seinen Sohn Ludwig um die Hand von dessen Tochter Elisabeth zu werben. Dieser Herr von Wachsenburg war es also, der das vierjährige Kind, welche das Volk dereinst als heilige Elisabeth verehren sollte, seiner schicksalsreichen Zukunft entgegen in’s Thüringer Land trug; er war es auch, der die zur Jungfrau Erwachsene ein Decennium später zum Altar geleitete, als sie sich mit Ludwig, der später gleichfalls heilig gesprochen wurde, vermählte.
Nach mehrfachem Wechsel des Herrn in den folgenden Jahrhunderten finden wir die Wachsenburg mit den übrigen Gleichen in den unheilvollen Bruderkrieg verwickelt, welcher, wie ganz Thüringen, so auch die Gegend um die drei Burgen schwer heimsuchte; brannten doch eines Tages in Thüringen sechszig Ortschaften zugleich – weshalb das Jahr 1450 auch den Beinamen des „feurigen“ erhielt.
Eine der wichtigsten Episoden dieses Krieges ist aber die Belagerung und Erstürmung der Wachsenburg durch die Erfurter. Nachdem sich die beiden Brüder, Herzog Wilhelm und Kurfürst Friedrich versöhnt hatten, wurde der hauptsächlichste Urheber ihres Zwistes, der oben genannte Apel von Vitzthum, ein durch seine Rohheit und Schlechtigkeit verhaßter und vom Volke „der Brandmeister“ genannter Mensch, als Landesverräther in die Acht erklärt. Der Herzog schloß mit den Erfurtern einen Vertrag, nach welchem sich dieselben gegen Ueberlassung eines anderen Vitzthumschen Besitzes zur Eroberung des Wachsenburg verpflichteten.
Durch Hülfstruppen aus Mühlhausen und Nordhausen unterstützt, begann die Belagerung im November des Jahres 1451. Fünf Batterien, welche rings um den Berg errichtet waren, bewarfen die Burg aus den „Knarrenbüchsen“, dem Urtypus der heutigen Kanone, mit steinernen Kugeln, von denen heute noch zwei im Gemäuer des Burghofes zu sehen sind. Zugleich benutzte man die im Bergbau erfahrenen Mansfeldischen Bergleute, welche eine Mine von hundert Klaftern Länge unter die Mauern trieben und ein großes Stück derselben zum Einsturz brachten.
Bei dieser unterirdischen Arbeit soll es auch auf eine Abgrabung des Brunnens abgesehen gewesen sein, die nicht vollständig gelang. Noch heute findet man an der Ostseite des Berges Oeffnungen, aus welcher Wasser hervorsickert, was als ein Ueberbleibsel jenes Abgrabungsversuches angesehen wird. Vier Wochen lang hallten die Wälder vom Donner der Knarrenbüchsen wieder, und am 3. December wurde die Feste mit stürmender Hand genommen.
Den Erfurtern kostete die Belagerung 1250 Schock Groschen. Als aber das silberne Rad im rothen Felde, die Fahne der Erfurter, siegreich über dem Thurme der Wachsenburg flatterte und Posaunenschall die ganze Nacht hindurch den Sieg verkündete, da ahnten die Erfurter nicht, daß sie für diese Erstürmung einen noch weit höheren Preis würden zu zahlen haben, der das Schicksal und die Zukunft der Stadt für immer bestimmen sollte.
Apel Vitzthum hatte den Erfurtern Rache geschworen, und nach Verlauf von einigen Jahren ließ er durch einen Mönch aus dem Kloster Pforte die Stadt an zwölf Enden zugleich anstecken, sodaß ein Drittel Erfurts niederbrannte und ein großer Theil seines Reichthums zerstört wurde – ein Schlag, von dem es sich nie wieder erholt hat, umsomehr, als Leipzig ihm nunmehr den Rang ablief. Der Mönch wurde übrigens erwischt und mit glühenden Zangen zerrissen.
Die Burg sank nun, ihre strategische Bedeutung an andere Plätze abtretend, zum Sitze eines kurfürstlichen Amtes, was sie auch für die Zukunft blieb. Nachdem sie im Laufe des folgenden Jahrhunderts einmal schon so weit verfallen war, daß des Himmels Wolken durch das zerbröckelte Dach hineinschauten, wurde sie wieder in ordentlichen Stand gebracht und wird, gegenwärtig zum Herzogthum Gotha gehörig und auch als Staatsgefängniß verwendbar, lediglich um ihres historischen Interesses willen erhalten.
Die Burg Mühlberg ist eine der ältesten Thüringes; sie stand schon, ehe Bonifacius hier das Christenthum predigte. Im elften Jahrhundert finden wir sie im Besitz der Grafen von Orlamünde; im vierzehnten Jahrhundert wechselte sie wiederholt ihren Besitzer und diente namentlich auch dem Erzbischof von Mainz als Pfandstück, bis sie von der Stadt Erfurt gekauft wurde, welche die Edlen von Hellbach damit belehnte. Eines der Familienmitglieder deren von Hellbach war ein so toller Bursche, daß Niemand mit ihm auskommen konnte, und so beschloß die Edelfrau auf Mühlberg, ihren Nachbar, den Grafen von Gleichen, zu bitten, daß er jenen einmal wegfange und einsperre, welche Bitte auch erfüllt wurde. Da geschah es, daß in der Burg Gleichen Feuer ausbrach, wobei der junge Hellbach in seiner Zelle erstickte. Jetzt erhoben seine Anverwandten auf Mühlberg nach alter germanischer Sitte Anspruch auf einen Ersatz in Silber, und zwar an Gewicht soviel, wie der Junker gewogen. Weil jedoch der Graf von Gleichen die Silbermenge nicht beschaffen konnte – „denn“ wie ein altes diesbezügliches Lied besagt, „der verbrannte wog so schwer, das ihm gros gelt druf gange wehr“, so soll er sich zur jährlichen Lieferung eines Füllens verpflichtet haben. Ganz glatt scheint es aber nicht abgegangen zu sein, denn man beehrte sich mit damals zeitgemäßen Liebenswürdigkeiten verschiedenster Art; so schossen z. B. die Mühlberger nach Gleichen hinüber, und als Antwort schickten die auf Gleichen ihre Bediensteten vor die Burg, welche zum Hohn die Stellen, wo der Schuß aufgesessen haben könnte, mit Flederwischen reinigen mußten.
Von den Herren auf Mühlberg tritt im Weiteren Keiner in den Vordergrund, und ebenso wenig spielt die Burg noch irgend eine Rolle. Sie versinkt vielmehr immer mehr in Unbedeutendheit, bis sie endlich im Besitze der Erfurter verödet und zum Schlupfwinkel räuberischen Gesindels wird, zu dessen Vertreibung der Graf von Gleichen Seitens des Kurfürsten wiederholt den Auftrag erhält.
Obgleich unter einem Namen zusammengefasst und gekannt, unterscheiden sich die Drei Gleichen ihrer Individualität nach auf das Schärfste. Während die Wachsenburg einen höchst soliden bürgerlichen Anstrich hat, wie es auch einem ehemaligen Amtssitze geziemt, ist Mühlberg recht eigentlich das verfallenen, ringsum von Schutt erfüllte alte Raubnest. Gleichen aber hat sich, obgleich auch zerfallen, ein durchaus edles Gepräge bewahrt. Zwar erscheint es in seinem Aeußeren nicht so malerisch wie das in seinen Contouren geschlossenen Mühlberg; denn das Gemäuer zieht sich auf dem Bergrücken lang hin, auf beiden Seite von zwei hohen Resten, einem Thurme im Osten und einem Saale im Westen, flankirt. Aber seine inneren Räumlichkeiten sind überaus hell und trotz des Verfalls anmuthig anheimelnd. Wer Gleichen besucht, wird es in seinen Grundmauern hochragenden Festsaales nicht vergessen, welcher immer noch den Eindruck eines mit Oberlicht versehenen und mit reichem Pflanzenschmucke erfüllten Saales macht – ein lichter, freundlicher Aufenthalt unter dem grünen duftigen Laube zwischen den sonnenhellen ehrwürdigen Mauern. Und dann die übrigen in ihren Grundzügen erhaltenen Räume, die man halb durchschreiten, halb durchklettern muß – welch reizende Verbindung des alten Gemäuers mit dem sich allenthalben durchdrängenden, emporstrebenden Grün der Bäume und Schlingpflanzen! Von allen drei Burgen wird Gleichen unstreitig den imposantesten Eindruck hinterlassen.
Und wie noch heute das Bild der Burg ein stattliches genannt werden kann, so war auch das Geschlecht, das in der Zeit ihrer höchsten Blüthe saß, ein stattliches, durch Kriegsruhm ausgezeichnetes.
Die Zeit, in welcher die Burg erbaut wurde, ist nicht bekannt [095] und die Sage führt ihre Gründung sogar auf Nachkommen Wittekind’s zurück. Wir finden sie zunächst im Besitze der Grafen von Orlamünde, von welchen sie durch Heirath in den Besitz Egbert des Zweiten, Markgrafen von Meißen, überging und in dessen Kämpfen gegen Kaiser Heinrich den Vierten eine hervorragende Rolle spielte. Nachdem nämlich Egbert sich zum wiederholten Treubruche gegen den Kaiser hatte verleiten lassen, wurde er seiner Güter für verlustig erklärt, und der Kaiser rückte vor die Burg Gleichen, welche Egbert jedoch nicht selbst vertheidigte, da er inzwischen vor Quedlinburg zog, wo sich des Kaisers Gemahlin aufhielt. Es war um die Zeit des Weihnachtsfestes, und der Kaiser beging die Unklugheit, während er vor der Burg lag, einen Theil seiner Edlen zur Feier des Festes nach Hause zu entlassen. Dies benutzte Egbert nun am Weihnachtsabend, als die Sonne sich zum Untergange neigte, das kaiserliche Lager zu überfallen und das Heer des Kaisers unter großen Verlusten zu schlagen. Gleichen blieb im Besitze des rebellischen Markgrafen, welcher aber nach einigen Jahren ermordet wurde.
Später wurde die Burg den Grafen von Tonna zu Lehen gegeben, welche den Namen der Grafen von Gleichen annahmen. Der Berühmteste dieses Geschlechtes ist nun Derjenige, welcher, wie neuere historische Kritiker darzuthun versucht haben, gar nicht existirt haben soll – der wegen seiner Doppelehe vielgenannte Graf Ernst von Gleichen. Die allgemein bekannte, in Wort und Bild verherrlichte Sage ist kurz folgende: Ein Graf von Gleichen gerieth auf dem Kreuzzuge Friedrich’s des Zweiten in die Gefangenschaft der Saracenen und aus dieser befreite ihn Melechsala, die Tochter des Sultans, entfloh mit ihm, ward Christin und auf die Dispensation des Papstes hin Frau des Grafen, der sie mit auf seine Burg Gleichen zu seiner ihm früher schon angetrauten Gemahlin nahm, mit welcher sie, jedenfalls das Wunderbarste an der Sage, im besten Frieden lebte.
Die Wahrheit dieser Geschichte wird besonders deshalb angezweifelt, weil nicht nur in Bezug auf den Namen, wie ganz besonders auch in Bezug auf die Zeitangaben die größten und zum Theil unlösbaren Widersprüche herrschen, sondern auch der zuverlässige Biograph des Landgrafen Ludwig, welcher sämmtliche Theilnehmer des erwähnten Kreuzzuges auf’s genaueste angiebt, von einem Grafen von Gleichen, der an ihm theilgenommen hätte, nichts zu berichten weiß.
Die Veranlassung zur Entstehung dieser Sage gab offenbar ein Leichenstein in dem Erbbegräbniß der Grafen von Gleichen in Erfurt, auf dem einer derselben zwischen zwei Frauen abgebildet ist. Dies ist aber der Graf Sigismund der Erste zwischen seinen zwei Frauen erster und zweiter Ehe, und überdies hat dieser Graf zwei Jahrhunderte später gelebt.
Für die geschichtliche Wahrheit dieser Doppelehe schien auch das Vorhandensein von orientalischen Beutestücken und ganz besonders ein Bild zu sprechen, ein „Contrefait der Saracenin, welche der Graf von Gleichen in der Türkei geheuratet“, welches eine Saracenin darstellt und das sich gegenwärtig auf der Wachsenburg befindet. Das Bild ist aber ein Oelbild, das also, da diese Technik erst aus dem Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts stammt, nicht in jene Zeit zurückreicht; und überdies hat die Saracenin eine höchst fatale Aehnlichkeit mit dem niederländischen Typus, der deutlich auf den Ursprung des Bildes hindeutet.
Wer von der Burg Gleichen erzählt, muß diese Historie dem allgemeinen Interesse gegenüber eingehender behandeln, als er vor der eigentlichen Historie verantworten kann, zu der wir nun nach kurz zurückkehren.
Im Bruderkriege wurde die Burg, wenngleich vergeblich, durch den Kurfürsten Friedrich belagert. Es ist diese vergebliche Belagerung besonders deshalb auffällig, weil die Burg als befestigter Platz einen bedenklichen Fehler hatte – sie besaß keinen Brunnen; doch wird nicht berichtet, daß ihr während der vielen Kämpfe ein Nachtheil daraus erwachsen wäre.
Aus dieser Zeit des Bruderkrieges ragt als treuer Anhänger des Herzogs Wilhelm der Graf Sigismund der Erste von Gleichen hervor als einer, in dem die Kriegslust und Kriegswuth der Grafen von Gleichen ganz besonders zum Ausdruck kam; das Volk – den eigenen Untergebenen war er übrigens ein gerechter Herr – nannte ihn den Thüringer Teufel; soll er doch eines seiner Schlösser selbst angesteckt haben, damit es dem Feinde nicht als Aufenthalt diene.
1631 starb in Ohrdruff der letzte Gleichen, Johann Ludwig.
Mit der Burg wurden die Grafen von Hatzfeld beliehen und nach dem Erlöschen dieser Linie kam sie 1802 an Preußen, freilich nur als Ruine. Doch selbst dieser drohte noch die völlige Vernichtung – eine Verwendung als Baumaterial, und zwar durch keinen Geringeren, als Napoleon, welcher sie als französische Domäne erklären und auf Abbruch verkaufen ließ! Doch legte sich noch zur rechten Zeit ein benachbarter Fürst in’s Mittel und verhinderte den Vandalismus.
Gegenwärtig befindet sich Gleichen im Besitz der Familie von Müffling, welche sie vom König Friedrich Wilhelm dem Dritten als Geschenk erhielt.