Die Schillerfeier
[644] Die Schillerfeier rückt immer näher und bringt – außer den großartigen Anstalten zur würdigen Begehung des hundertjährigen Geburtstages, mit jedem Tage neue Schriften und Kunstwerke. Scherer’s Prachtwerk: Schiller und seine Zeit (nach unserer Ueberzeugung, was die historischen Bilder anlangt, kein Prachtwerk), ist in einer Volksausgabe erschienen, die jedenfalls vielen Beifall finden wird. Johannes Scherer hat Schiller und seine Zeit nicht vom literar-historischen, sondern vom kulturgeschichtlichen Standpunkte aus aufgefaßt, und man muß es ihm lassen, daß er seine Aufgabe mit vieler Liebe und großem Enthusiasmus ergriffen, und bei seinem Talent der Darstellung auch mit Glück gelöst hat. – Für die Schuljugend ließ der Vorstand des sächsischen Pestalozzivereins ein „Leben Schiller’s“ erscheinen, das in verständlicher, einfacher, der Jugend angepaßter Weise die Lebensschicksale unseres großen Dichters erzählt und bei seiner großen Billigkeit in allen Schulen Deutschlands eine weite und allgemeine Verbreitung verdient. – Von Stuttgart aus wird ein bis jetzt unbekanntes Werk Schiller’s: „Geschichte von Württemberg bis zum Jahre 1740“, als nächstens erscheinend angezeigt. Schiller soll diese Geschichte im Auftrag der Herzogin Franziska von Württemberg im Jahre 1778 geschrieben haben, das Manuscript aber nach dem Tode der Herzogin in Privatbesitz übergegangen sein und jetzt endlich zur Veröffentlichung kommen. Jedenfalls ist abzuwarten, ob und wie viel davon unserem Schiller angehört.
Die bevorstehende Feier hat natürlich auch viele Abbildungen unseres nationalsten Dichters hervorgerufen, unter denen wir ein kleines, von dem bekannten Schwerdgeburth gestochenes Portrait, Schiller in seinen alten Jahren vorstellend, hervorheben wollen. Die von der Baumgärtner’schen Buchhandlung in Leipzig herausgegebene Festgabe: Schillerfeier, enthält sehr gut gestochene Portraits von Schiller, Schiller’s Frau, Eltern und Geschwister, Frau von Kalb, Körner, Herzogin Amalie und einige Schillerhäuser. Unter den übrigen, auf Stahl, Kupfer und Stein hergestellten Conterfei’s verdient als besonders interessant ein von Schlick lithographirtes Bildniß bezeichnet zu werden, das den Liebling des deutschen Volkes als 26 jährigen jungen Mann darstellt – so viel wir wissen, das einzige Jugendbild Schiller’s. Die Lithographie ist einem Originalgemälde des Malers Reinhardt entnommen, welches sich in dem Besitze des in Leipzig lebenden Dichters Adolf Böttger befindet und sehr schön ausgeführt.