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Die Rettung des Klosters Lichtenthal

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Textdaten
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Autor: Albert Preuschen
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Titel: Die Rettung des Klosters Lichtenthal
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aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 222–226
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[222]
Die Rettung des Klosters Lichtenthal.

Die Trommeln und Trommeten schallen
In wildem Lärmen durch das Land,
Die weißen Lilienbanner wallen
Und hinter ihnen wogt der Brand.

5
Schon wälzt hinan die düstre Lohe

Zur Quellenstadt des Krieges Sturm,
In Trümmer fällt das Schloß, das hohe,
Zusammen krachen Kirch’ und Thurm.

Die Flamme hüpft durch alle Gassen

10
Und leckt zum Himmel hoch empor,

Es hüllt der Rauch in Wolkenmassen
Den Sommertag in dunkeln Flor.
Wie brüllen der Verheerer Schaaren
Wild jauchzend in die rothe Gluth!

15
Sie mag dem Land es offenbaren,

Daß ihre Arbeit noch nicht ruht.

Es steht ein Gotteshaus, gelehnet
An tannengrüne Bergeswand,
Wo heil’gen Frieden, längst ersehnet,

20
Manch Herz in stiller Zelle fand.

Dort schallt zu frommer Feste Feier
Der Chorgesang bei Weihrauchduft;

[223]

Dort hüten Frau’n im schwarzen Schleier
Die Todten in der Fürstengruft.

25
Bleibst du dem Feindesgrimm verborgen,

Du heil’ge Stätte Lichtenthal?
Bringt dir nicht schon der nächste Morgen
Der Mordbrand-Fackel Loderstrahl?
Ehrt Der das Gotteshaus, das reine,

30
Der nie ein Heiligthum gescheut,

Der Todten Ruh, der die Gebeine
Der Kaiser in den Staub gestreut?

Kein Hoffen mehr, nur ein Ergeben
In Gottes Rathschluß, undurchschaut,

35
So stehn sie da, in stillem Beben,

Manch himmelblickend Auge thaut;
Doch in der reinen Frauen Mitte
Tritt jetzt des Klosters treue Magd:
„Gewährt, zu handeln, mir die Bitte!“

40
Spricht freudig sie und unverzagt.


„Vertraut dem Herrn, der in dem Schwachen
Zur rechten Stunde mächtig ist;
Nach meiner Weise laßt mich machen,
Rath schaff’ ich euch nach kurzer Frist!“ –

45
Und wohl versehn mit frommer Gabe

Verläßt sie bald das Gotteshaus,
Und pilgert rasch mit Korb und Stabe
In das verheerte Land hinaus.

Nichts stört sie auf der frommen Reise,

50
Es irrt sie kein durchkreuzter Weg,

Sie braucht des Trankes kaum, der Speise,
Nicht müde wird ihr Fuß, so reg;
Rückschauend auf die Schwarzwaldberge
Steht sie am fluthenhellen Rhein,

55
Und wie gerufen nimmt der Ferge

Sie in den schwanken Nachen ein.

[224]

Und fort in unerschöpfter Schnelle
Eilt sie dem Ziel der Reise zu,
Nur eine heilige Kapelle

60
Beut zum Gebet ihr kurze Ruh.

Jetzt ist der Reise Ziel erschritten,
Es steht die Magd in Hagenau,
Mit Thränen und beredten Bitten,
Vor einem Kriegsmann stolz und rauh.

65
Den mahnt sie an vergangne Stunden,

Wo er nach schwülem Kampfestag,
Bedeckt von brennend heißen Wunden,
Hilflos im Krankenbette lag;
Er denkt der Zeit, wo sein gepfleget

70
Die zarte, jungfräuliche Hand;

Sein Herz, zum Danke sanft beweget,
Die erste stille Lieb’ empfand.

Von frommen Händen groß gezogen,
Bringt sie ihm Blumen duftig zart,

75
Buntfarbig wie der Regenbogen,

Zu füllereichem Strauß gepaart;
Der Jungfrau Bildniß, sich entringend
Aus Erdennacht ins Meer des Lichts,
Ins Reich der Himmel auf sich schwingend

80
Verklärten, sel’gen Angesichts:


„Du durftest nicht umsonst verpfänden
Der Pflegerin dein Ritterwort;
Nun schütze vor den Mörderhänden
Dein Dank des Friedens stillen Port!

85
Die Gottesblumen zu bewahren,

Beeile dich im Sturmgebraus,
Die dich gerettet in Gefahren,
Der rette du ihr heilig Haus!“

Kann er dem Sturme Halt gebieten,

90
Der braust auf höheres Gebot?
[225]

Kann schützen er des Klosters Frieden,
Das seines Herrschers Grimm bedroht?
Wohl steht er da, in düsterm Sinnen,
Bis halb es in der Seele tagt,

95
Und rasch entsendet er von hinnen

Mit Rath und Trost die treue Magd. – –

Noch sind die Brenner nicht gekommen;
Wer kam den Wüthenden zuvor?
Was lärmt und tobt im Haus der Frommen?

100
Warum verstummt der Sang im Chor?

Es klirren Fenster, Ziegeln rasseln,
Der Dachstuhl fällt, wie ausgebrannt,
Färbt schwarz sich bei der Fackeln Prasseln
Des Klosters helle Mauerwand.

105
Nicht trägt, des Uebermuthes Beute,

Das stille Haus des Brandes Spur!
Es sind des Klosters eigne Leute,
Ihr Werk ist fromme Lüge nur;
Denn klug befolgten ohne Säumen

110
Die Frauen, was der Freund gelehrt,

Und in den unversehrten Räumen
Sind sie verborgen, unversehrt.

Da rollen Trommeln, gellen Pfeifen
Die Oos hinan mit wildem Klang:

115
Der Feinde trunkne Schaaren streifen

In tollem Muth das Thal entlang.
Doch wie im Klosterhof sie stehen,
Da blendet sie der Täuschung Wahn,
Was sie gewollt, ist schon geschehen:

120
Graus der Verwüstung starrt sie an!


Und wie bei wirbelndem Geschmetter
Die wilden Feinde weiter ziehn,
Im Dankgebet zu Gott, dem Retter,
Die frommen Klosterfrauen knie’n.

[226]
125
Gesichert ist der Todten Frieden,

Gewahrt der Gottesbräute Schaar;
Manch obdachlosem Flüchtling bieten
Sich gern des Klosters Räume dar.

Gerhard Helfrich.