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Die Marienstatue in der Sebnitzer Kirche

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Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Die Marienstatue in der Sebnitzer Kirche
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 440–441
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Digitalisat der SLUB Dresden und bei Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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[440]
190. Die Marienstatue in der Sebnitzer Kirche.

Eine große Sehenswürdigkeit birgt die Sebnitzer Kirche. An einer Säule inmitten des Schiffes befindet sich unter einem großen Kruzifix ein in Holz gearbeitetes Marienbild, eine „mater dolorosa“, mit „schmerzlichstem, ungemein sprechendem Gesichtsausdrucke.“ Götzinger erwähnt diese Bildsäule in der Sebnitzer Chronik und schreibt von ihr auf Seite 109 und 110:
„Es ist dieses Marienbild nach einer mittleren Frauenzimmergröße in Holz ausgehauen und in der Tat ein schönes Stück des Altertums. Ihre Stellung ist die traurigste. Die Miene verrät die tiefste Wehmut, die Augen sind von Tränen schwer und vom Weinen angeschwollen. Man täuscht sich, als ob sie sich jeden Augenblick mit ihrem blauen Gewand die Tränen abtrocknen wollte, so lebhaft ist ihre Stellung, und je länger man sie ansieht, desto heftiger scheint ihr Schmerz zu werden. Jeder Künstler und Kenner, der dieses Bild gesehen, gesteht, daß es ein Meisterstück sei, und zweifelt, ob heutzutage eine Meisterhand ein solches Stück in Holz liefern würde. Es hat daher in den alten Zeiten des Papsttums in besonderer Achtung und in besonderem Vertrauen gestanden, das sich auch noch bis auf unsere Zeiten erhalten hat. Ehemals wurden große Summen dafür geboten, aber man hat es nicht weglassen wollen.“

Mit rührender Pietät hingen die Sebnitzer von jeher an diesem Marienbilde. Obgleich auch nach Götzingers Zeiten wiederholt hohe Summen für dieses Bildwerk geboten wurden, die Sebnitzer konnten sich niemals entschließen, die Marienstatue zu verkaufen. Und das auch mit Recht; denn jenes in Holz geschnitzte Marienbild ist ein wahres Kunstwerk, eine gar wertvolle Holzschnitzerei, die nach dem Urteile von Sachkennern aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammen soll, also ungefähr aus jener Zeit, da Luther noch ein Kind war. – Von allen Künstlern wird ganz besonders auch die „schöne Durchführung in der Gewandung“ der Maria gerühmt.

Das geschnitzte Marienbild in der Kirche zu Sebnitz stand einst in großem Ansehen. Zu ihm wallfahrteten Jahrhunderte hindurch die Frommen, und noch bis in unsere Tage ist die weinende Maria in der Sebnitzer Kirche ein Ziel für viele katholische Wallfahrer gewesen. Besonders kamen diese aus dem benachbarten Böhmerlande. Ihnen war das Marienbild hier ein Gegenstand der tiefsten Verehrung. Die Katholiken der Umgegend [441] haben es auch heute noch nicht vergessen. Sie bezeichnen das Bildwerk als „die verlassene Mutter.“

Aber auch bei den Evangelischen steht das Bildwerk in großem Ansehen. Sie schätzen es als ein Meisterstück mittelalterlicher Kunst. Die Sebnitzer sind stolz auf diese wertvolle Marienstatue und hüten sie wie ein Kleinod.