Die Gartenlaube (1887)/Heft 11
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No. 11. | 1887. | |
Illustrirtes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.
Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. — In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. — In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 25 Pfennig.
Im Speisezimmer des Meerfeldt’schen Hauses, dessen braun
tapezierte Wände überreich mit Rehkronen und Hirschgeweihen
geschmückt waren, saß man beim Diner; der alte Herr oben vor
der kleinen Tafel, rechts von ihm Hortense, links
der Bräutigam, und neben diesem Mademoiselle, dem
Tage zu Ehren in rothseidenem Gewande, einen
schwarzen Spitzenshawl um die Schultern. Zur
Seite Hortense’s hatte Lucie ihren Platz gefunden.
Es war seltsam steif und feierlich, dieses Mahl; schon das düstere Zimmer, vor dessen Fenstern dichtes Gebüsch dem Tageslicht den Eingang verwehrte, die kellerartige Atmosphäre, welche unwillkürlich die Blicke nach dem großen Kamin lenkte, mit dem Wunsche, dort eine Flamme aufsprühen zu sehen, schufen eine gewisse ungemüthliche Stimmung, obgleich Champagner in den Gläsern perlte und auf dem riesigen Büffett im Hintergrunde der ganze Silberreichthum des alten Herrn zur Schau gestellt war.
Hortense hatte heimlich Luciens Hand erfaßt, sie rührte das Essen kaum an, sie trank nur von Zeit zu Zeit einmal. Der alte Herr machte den Wirth in der ceremoniellen Weise einer früheren Zeit; er war liebenswürdig gegen die Damen und unendlich höflich gegen den Bräutigam. Ob er mit Hortense’s Wahl einverstanden – das hätte auch der schärfste Beobachter nicht zu ergründen vermocht; jedenfalls hätte er den willkommensten Freier nicht anders behandeln können, als diesen großen, ruhigen blonden Mann an seiner Seite.
Man sprach von der Besitzung Weber’s, welche Herr von Meerfeldt noch von früher her kannte. Hortense saß mit unendlich gleichgültiger Miene dabei; sie schien die lebhafte Unterhaltung der Herren kaum zu beachten. Erst als man auf Pferde zu sprechen kam, ward sie aufmerksamer. Mademoiselle, die sehr viel Champagner trank – sie behauptete, es in Deutschland vor langer Weile gelernt zu haben - sagte jetzt zu Lucie über die Tafel, indem sie den silbernen Fruchtkorb etwas zur Seite schob:
„Wissen Sie, Lucie, daß ich einen Umgang gefunden habe in diesem Krähwinkel? Die Tante unseres Arztes. O, sie ist charmant, ganz charmant, so bescheiden und einfach! Ich ging einmal zu ihm, um ihn zu konsultiren, und traf nur diese Dame; ich kam ganz enchantirt von ihr nach Hause.“
„Ja, sie ist herzensgut,“ gab Lucie zu. Sie
[166] wußte, daß die gepriesene Liebenswürdigkeit Dettchen’s darin bestand, mit der Geduld eines Lammes den Redestrom der lebhaften Französin über sich ergehen zu lassen.
„Und so besorgt um den Neffen,“ fuhr diese fort, „es ist so gemüthlich in dem winzigen Hause, so cosy; er kann es unmöglich trauter haben, wenn er –. Sie wissen doch, daß er sich verheirathet? Sie wissen nicht? – Aber was ist Ihnen denn, ma petite, sind Sie krank?“ erkundigte sich Mademoiselle, der nicht die leiseste Idee kam, daß sie unsanft ein wundes Herz berühre. Sie dachte in solchen Dingen nicht sentimental, nach ihrer Meinung war Adler so gut wie fremd für Lucie, sie wollte ihn eben nicht, eh bien – so mußte er ihr auch gleichgültig sein. „Sind Sie krank?“ fragte sie noch einmal, „Sie sehen so bleich aus!“
„Nein!“ flüsterte das Mädchen, dessen Antlitz in der That farblos geworden war wie das Leinen auf der Tafel.
„Trinken Sie herzhaft ein Glas, ma mignonne – so – das wird Ihnen gut thun. Also, Sie wußten’s nicht? Freilich, er ist verlobt, sie ist eine große blonde Dame; entre nous –“ sie hielt die Hand an den Mund – „sehr mauvais genre, nach meiner Ansicht, sie erinnert an den Kuhstall. Seit sechs Wochen bereits lebt sie bei seiner Mutter. Nun, es ist ja nöthig, daß er heirathet, ein Arzt ohne Frau –“
„Lucie,“ flüsterte Hortense, „jetzt werden sie warm!“ Sie warf einen Blick zu den Herren hinüber. „Nun wird es nicht lange dauern und er fängt an, Großpapa zu bestürmen wegen des Hochzeitstages; ich kenne das.“
Aber Hortense hatte sich geirrt. Zu ihrem Befremden fiel weder während des Nachtisches, noch während des Kaffees, der in dem Zimmer des alten Herrn getrunken wurde, ein Wort über diesen Punkt. Der Bräutigam nahm nur mit stummer Verbeugung die Einladung des Barons an, noch einige Tage hier zu verweilen, aber er näherte sich weder Hortense besonders, noch äußerte er irgendwie Sehnsucht, sie möglichst bald in sein Rokokoschloß zu entführen. Die junge Frau war entschieden dadurch befremdet. „Was soll das?“ fragte sie Lucie, als man gegen Abend im Garten promenirte.
„Ich weiß es nicht,“ erwiederte das Mädchen, aus schweren Gedanken aufwachend.
„Ich bin’s ja nur zufrieden!“ sagte Hortense. Mademoiselle aber erklärte: „Dieses Mal ist Madame an den Rechten gekommen. Ich bitte, sehen Sie nur, wie er dahin geht, so fest und sicher, und wie er aus den Augen sieht – mon dieu, der versteht keinen Spaß, Hortense!“ flüsterte sie, als die junge Frau sie einholte, sie hatte sich ein paar frühe Rosen gepflückt, „ich fürchte, er hat den richtigen deutschen Eisenkopf!“
Hortense lächelte und machte eine Handbewegung nach dem Boden zu, als habe sie dort Jemand auf die Kniee genöthigt. „Keine Sorge, meine Liebe,“ sagte sie im Vorübergehen und schob ihren Arm in den des Großvaters, um an dem Gespräch der Herren Theil zu nehmen.
Als es Abend geworden, saßen Hortense und Lucie in dem Zimmer der jungen Frau, auf dem Tische summte die Theemaschine. Herr von Meerfeldt hatte sich seiner Gewohnheit gemäß früh zur Ruhe begeben, auch Mademoiselle ging heute wie stets mit den Hühnern schlafen. Herr Weber hatte sich mit einer Verbeugung ebenfalls empfehlen wollen, da rief ihm Hortense zu: „Wollen Sie nicht bei mir eine Tasse Thee nehmen?“ Es klang so, als ob eine Weigerung sie durchaus nicht verletzen würde.
„Mit großem Vergnügen!“ hatte er erwiedert, und nun saßen sie da und warteten auf ihn.
Hortense hatte noch kein Licht angezündet; das bläuliche zuckende Flämmchen unter dem silbernen Kessel erhellte nur schwach den traulichen Raum. Lucie kam nicht über den Gedanken fort, daß sie so oft hier gesessen und neben ihr Jemand, der dann und wann verstohlen ihre Hand gedrückt, und daß dies nun niemals wieder sein würde.
Waldemar Weber trat nach einigen Minuten ein, die Jungfer brachte die roth verschleierte Lampe und stellte sie auf einen Nebentisch, Hortense goß den Thee in die Gläser.
„Ihr Herr Großpapa sieht angegriffen aus,“ begann er nach einer Weile.
„Ich kenne ihn nicht anders,“ erwiederte Hortense.
„Was sagt der Arzt zu seinem Zustand?“
„Ich weiß es nicht. Lucie, hast Du nie etwas darüber gehört von Doktor Adler?“
„Nein!“ sagte das Mädchen.
„Adler?“ fragte er.
„Ja, Doktor Adler,“ bestätigte Hortense.
„Alfred Adler?“
„So heißt er, glaube ich; nicht, Lucie?“
„Ja!“ klang es leise.
„Also der alte Bursche ist hier? Das interessirt mich wahrhaftig, nein – das freut mich!“ ries er.
„Kennen Sie ihn?“ fragte Hortense erstaunt.
„Und ob ich ihn kenne! Wir haben in Heidelberg manch schöne Stunde mit einander verlebt. Morgen will ich ihn aufsuchen, ist er verheirathet?“
„Nein!“ erwiederte Hortense kurz.
„Schade! Es würde mich interessirt haben, die Frau kennen zu lernen, die er gewählt. Er hatte so ganz besonders ideale Ansichten in diesem Punkte. Wenn er das Alles in Einer vereinigt fände, was er wünschte von seiner Zukünftigen, so müßte sie ein überirdisches Wesen, eine Fee, ein Engel sein.“
Hortense sah zu Lucie hinüber, und als sie ihr trauriges Gesicht erblickte, sagte sie, der Sache eine scherzhafte Wendung gebend: „Was wohl die Männer unter solchen Engeln verstehen? Vor allen Dingen müssen sie wohl gut kochen können – wie?“
Er lachte. „Nein, das hat er wohl nicht gemeint, obgleich es mit dazu gehört. Er schwärmte von einem sanften, liebenswürdigen Wesen, das in seiner Liebe alles Glück der Erde finden, das nach des Tages Last und Hitze ihn mit einem freundlichen Gesicht empfangen würde und dem er ganz und voll vertrauen könne, mit einem Worte, das außer ihm und seinem Hause nichts weiter in der Welt begehrt. Hundertmal hat er mir das aus einander gesetzt. Er konnte ordentlich zornig werden, wenn er junge Frauen im Ballsaal erblickte, die sich nach Herzenslust den Hof machen ließen. ‚Ich bitte Dich,‘ sagte er dann, ‚soll Einem nicht die Lust vergehen zu heirathen? Ist das einer Frau würdig? Wenn ich mit ansehen müßte, wie meine sich da herumschwenken ließe von einem xbeliebigen Fant, ich weiß nicht, was ich thäte! Häuslich soll sie sein, häuslich!‘ – Und dann malte er mir aus, wie es sein würde bei ihnen, wenn er Notabene dieses Weltwunder gefunden. Ich sah ordentlich die Lampe brennen auf dem Tische und ein blondes Frauenhaupt über die Arbeit gebeugt, daneben ihn mit einem Buche, aus dem er vorlas. Und ich hörte draußen die Bäume im Herbststurm rauschen – er hatte immer eine Vorliebe für den Herbst – und ich hörte den Regen an die Fensterscheiben schlagen – –“
„Nehmen Sie Arrak?“ fragte Hortense laut.
„Danke sehr! Ist es nicht ein reizendes Bild?“ setzte er hinzu, ohne sich beirren zu lassen.
„Sie stimmen natürlich völlig mit ihm überein?“
„Ich kann’s nicht leugnen, Hortense. Jeder Mann sehnt sich nach einer glücklichen friedvollen Häuslichkeit.“
Lucie erhob sich und verließ das Zimmer, sie suchte ihre Schlafstube auf. Was sie dort wollte, war ihr nicht klar. Sie stand da im Dunklen. „Vorbei!“ flüsterte sie, „zu spät!“ – Wie in greifbarer Deutlichkeit sah sie ein trautes Zimmer im Lampenschein, aber nicht sie saß da, eine Fremde, eine Andere war es, die das Kleinod aufgehoben, welches sie thöricht von sich geworfen, weil sie seinen Werth nicht zu schätzen vermochte. Sie nahm ein frisches Taschentuch, goß etwas Kölnisches Wasser darauf und schickte sich an, wieder hinüber zu gehen.
Als sie die Hand auf den Drücker der Saalthür legte, hörte sie Weber’s tiefe Stimme.
„Einen Mann wie Adler zurückzuweisen, das grenzt an – thörichtes Mädchen! Uebrigens,“ fuhr er fort, „ist es selbstverständlich Ritterpflicht, ihr mein Haus zu öffnen, wenn Sie ihr eine Zuflucht versprochen haben, Hortense.“
„Nicht nur Das,“ unterbrach ihn die junge Frau, „ich habe sie lieb und möchte mich nicht von ihr trennen. Ich danke Ihnen, Waldemar.“
Lucie kehrte zurück in ihre Stube. Und sie saß dort und wiederholte leise die Worte, die sie eben gehört: „thörichtes Mädchen!“
Nach einer halben Stunde kam Hortense. „Schläfst Du schon?“ fragte sie, „wo bleibst Du denn? Du vergißt ganz [167] Deine Pflicht als Ehrendame. – Nun, Luz,“ fuhr sie fort und setzte sich auf die breite Fensterbank, „nun ist die Sache abgemacht, in vier Wochen heirathen wir!“ Sie seufzte dabei komisch, und dann begann sie leise zu singen. Lucie kannte das, wenn sie sang, sah es böse in ihrem Herzen aus, dann war es nahe vor einem Sturme.
„In vier Wochen schon? Und Du bist damit einverstanden?“
„Ja, mein Schatz. Wir werden uns seiner Mutter vorstellen, und dann wird unser idyllisches Leben auf Woltersdorf beginnen. Ich schlage vor, Du und ich – wir schaffen uns Lämmchen an mit rosenrothen Bändern und Hirtenstäbe, und er bläst die Flöte dazu – es kann ganz nett werden. Nun, der Kopf steckt einmal in der Schlinge!“
„Ich wiederhole Dir,“ sagte Lucie angstvoll, „zieh den Kopf heraus und erkläre ihm ehrlich: ‚ich liebe Sie nicht! Ich will Sie nicht unglücklich machen!‘“
„Lieber eine Hölle mit ihm, als noch einmal entlobt vor der Welt dazustehen!“ sprach Hortense. Es klang, als hätte sie die Zähne zusammengebissen. „Ich brauche nur an Wilken zu denken, wenn er die Nachricht bekommt, daß die Verlobung des Herrn Weber und der Frau von Löwen gelöst sei, und ich sehe deutlich, wie er mit ernster Miene den Schnurrbart streicht und murmelt: ‚Sie ist eben unmöglich, ich habe ganz korrekt gehandelt.‘ – Lieber morgen schon in das Elend!“
Die schmale Hand, die in Luciens Rechten lag, ballte sich zur Faust.
„Ich habe ja noch keine Garantie, daß es nicht doch so kommt,“ fuhr sie fort. „Großpapa versicherte mir zwar, er habe Waldemar Andeutungen gemacht, daß Papa ein leichtsinniger Mensch sei; aber daß er – daß er mehr als das, fand er nicht nöthig zu verrathen, und ich, ich bin so feige, ich kann es nicht. Nun, es finden sich vielleicht gute Freunde, die ihm den Morast zeigen, auf dem die Blume gewachsen, die er sich pflücken will. Und dann – dann, Luz, ich weiß nicht, was dann wird.“
„Soll ich mit ihm sprechen?“ fragte das Mädchen. „Ich bin überzeugt: er ist unterrichtet und Du ängstigst Dich ganz grundlos. Und wenn er es auch jetzt erst erführe, er hat Dich lieb, Hortense, und Deines Vaters Ruf wird Dir in seinen Augen nicht schaden.“
„O – Du kennst die Männer nicht! Eitelkeit und Egoismus, das sind ihre Haupttugenden. Nein, sprich nicht mit ihm, ich will es nicht, laß das Schicksal seinen Gang gehen. Verlasse Du mich nur nicht, Luz.“
„Oder sagen wir, verlasse Du mich nicht, Hortense,“ gab das Mädchen zurück, „Du bist meine einzige Zuflucht in der Welt.“
„Meine gute kleine Maus,“ flüsterte die junge Frau weich, „nein, wahrhaftig nicht, ich kann mir kein Leben denken ohne Dich.“
„Ich will mich auch nützlich machen bei Dir,“ versprach Lucie. „Du bist doch nicht zur Arbeit geschaffen, ich will Dir alle Lasten abnehmen, die kleinen Sorgen und Mühen des Haushaltes, die man den Dienstboten nicht überlassen darf, Du sollst gar keine Dornen spüren, nur die Rosen sollen Dir blühen.“
Hortense lachte. „Was willst Du denn thun? Thee aufgießen und nach Tische eine Tasse Mokka machen? Weiter wüßte ich nichts außer der Riesenaufgabe, mir das Leben ein wenig ertragen zu helfen, und das verstehst Du so gut, mein Liebling. Morgen reist er übrigens ab, um sein Haus vorzubereiten für meinen Einzug, wie er sagt, vermuthlich läßt er die Putten am Plafond des Saales, die ihre runden Beinchen so vergnüglich in die Luft strecken, frisch vergolden und die verschnörkelten Möbel mit geblümter Seide neu beziehen. Auch wird er noch allerlei alte Andenken und zärtliche Briefchen verbrennen wollen –.“
„Aber, Hortense!“ sagte Lucie halb lachend, halb entrüstet, „Du hast wirklich eine recht schmeichelhafte Meinung von ihm.“
„O Kind,“ sprach die junge Frau gähnend, „das verstehst Du nicht! Ich besitze einen Vetter bei irgend einem Garderegiment, der hatte drei Tage lang vor der Hochzeit zu thun, um alle diese Andenken an eine vergnügte Junggesellenzeit zu vernichten. Schließlich vergaß er eine kleine Photographie, und dieses Bildchens wegen wäre es in der Folge zwischen dem jungen Ehepaar beinah zur Scheidung gekommen. Damit ist nicht zu spaßen.“ Und sie glitt von der Fensterbank herunter und gähnte abermals. „Ich bin schrecklich müde, Luz, schlaf wohl!“
„Und morgen reist Herr Weber schon?“
„Schon? Gott sei Dank! Ein Bräutigam ist doch entsetzlich langweilig. Gute Nacht, Luz!“
Sie küßte das Mädchen auf die Stirn und verließ das Zimmer. „Wie traurig!“ dachte die zurückbleibende, „so arm an Liebe, an Idealen; so unfähig, an Reines, Edles zu glauben. Arme Hortense!“
Am andern Nachmittag reiste Herr Weber ab, nachdem er am Morgen Doktor Adler aufgesucht hatte. Er sah ganz glücklich aus, als er von dort zurückkehrte. „Er ist noch immer der alte anständige gute Kerl,“ sagte er bei Tische, verstummte aber rasch, als sein Blick auf Lucie fiel, die mit gesenkten Augen neben Hortense saß.
Hortense ließ sich zum Abschied von ihm auf die Stirn küssen und nannte ihn: „lieber Waldemar.“ Aus seinen Augen sprach ein aufrichtiger Trennungsschmerz. „Auf Wiedersehen, auf frohes glückliches Wiedersehen!“ sagte er bewegt, und Hortense rief ihm nach: „Vergessen Sie nicht, den Stall für den Goldfuchs herrichten zu lassen, er ist gewöhnt in der Box zu gehen!“ Sie stand in der geöffneten Hausthür und sah bei diesen Worten nach dem Pferdestall hinüber, über dessen Thür sich der schöne Kopf ihres Lieblings bog, und dieser Anblick beschäftigte sie so sehr, daß sie das Fortrollen des Wagens überhörte, aus dem ein paar sehnsüchtige Männeraugen vergeblich nach einem letzten Blick von ihr zurückschauten.
Mademoiselle, die in ihrem Zimmer am Fenster saß, schüttelte den Kopf. Sie hatte erst heute früh erfahren, daß in vier Wochen die Hochzeit stattfinde und daß Lucie dazu auserwählt sei, der jungen Frau in ihre neue Heimath zu folgen. Sie würde hier bleiben, allein und vergessen, lediglich auf die Schachpartie mit dem Baron angewiesen, und mußte noch obendrein dankbar sein, daß Hortense ihr das Gnadenbrot gab. Erbärmliches Leben – das war der Lohn für ihre Treue! Und selbst, wenn Madame verheirathet ist, wenn sie Kinder bekommt, so würde sie mit ihrer unvergleichlich ruhigen Malice sagen: „Liebste Bertin, alle Hochachtung vor Ihnen, aber meine Töchter sollen besser erzogen werden als ich; ich kann Sie nicht gebrauchen.“
In der That, so etwas Aehnliches hatte Madame schon einmal zu ihr gesprochen, als sie eine derartige zarte Andeutung gewagt. „O, das Alter!“ – Und sie ging zu ihrer Kommode und nahm aus dem untersten Fach ein Paar Rückenkissen hervor; sie zeigten eine petit point-Stickerei, zwei Wappen auf weißem Atlas. Die waren für Hortense’s Vermählung mit Wilken beslimmt gewesen. Das mit des Letzteren Wappen geschmückte war nun überflüssig geworden und einen Ersatz bot Herr Weber in dieser Beziehung nicht. Ein langer Seufzer entfuhr der kleinen dicken Dame. „O, es ist grenzenlos ärgerlich! Nun que faire – Hortense muß sich mit einem Kissen begnügen.“
Und die Wochen flogen dahin. Der Vorbereitungen waren
es wenige; die Ausstattung an Leinenzeug brauchte nur in Kisten
gepackt und auf den Bahnhof gesendet zu werden; es war ja
Alles schon fix und fertig gewesen. Der köstliche Spitzenschleier,
den Hortense’s Mutter schon getragen, lag bereit, die junge Frau
zum zweiten Male zu schmücken Von Gerson war ein weißes
Seidenkleid gekommen, ein schöner weicher Stoff, der schwere
Falten warf, und für das Standesamt eine schwarze Spitzenrobe,
ebensolches Mantelet und Hütchen, Alles mit Jetperlen übersäet.
Der Baron hatte seine sämmtlichen Orden auf den Frack heften lassen, Mademoiselle ihrem bordeauxfarbenen Gewand mit vergilbten echten Spitzen den möglichsten Glanz zu geben versucht, und Lucie nahm ein weißes Kaschmirkleid aus der Garderobe, um an diesem Tage nicht in dem düstern Schwarz erscheinen zu müssen.
Nur wenig Gäste würden erwartet. Von den Verwandten des Bräutigams sollte nur der jüngste Bruder kommen, der in Hamburg als Procurist einer großen Firma lebte. Die Mutter hatte abgelehnt, weil die Reise zu weit für eine alte müde Frau sei, sie hoffte die Schwiegertochter bald in ihren eignen vier Pfählen begrüßen zu dürfen. Die andern Geschwister waren nicht geladen, da Hortense entschieden gegen eine große Feierlichkeit Einsprache that. So kamen denn nur noch der Busenfreund des [168] alten Barons, ein Major von Schenk, der in der Nähe Hohenbergs auf einem einsamen Landsitze hauste, und der Geistliche, der das Amen über das junge Paar sprechen sollte.
Erst am Tage der Hochzeit konnte der Bräutigam zurückkehren; Hortense schien damit einverstanden. Sie war von einer merkwürdigen Ruhe und Schweigsamkeit in dieser Zeit, so meinte der Großvater und so meinte Mademoiselle. Nur Lucie wußte es besser, sie allein sah das hastige Umherwandern bis tief in die Nacht, das Erbleichen, wenn der Briefbote keines der gelblichen quadratförmigen Kouverts abgab, die Waldemar Weber führte.
Und doch war es keine Sehnsucht nach ihm, die seine Briefe schmerzlich vermissen ließ, es war Angst und Unruhe, und unzählige Male täglich mußte Lucie hören, wie sie sprach: „Ob nicht etwas dazwischen tritt, Luz, etwas Schreckliches? Du weißt – Papa –.“
Erhielt sie ein Schreiben, so antwortete sie umgehend, aber es waren immer nur kurze Billetts und drei Zeilen ihrer großen energischen Handschrift füllten das kleine Stückchen Papier völlig aus. „Wenn er weiß, daß wir noch leben und unser Haus noch steht, was soll’s mehr?“ sagte sie, drückte den zierlichen mit der siebenzackigen Krone geschmückten Namenszug auf das purpurrothe Siegellack, und dann seufzte sie, als hätte sie eine schwere Arbeit hinter sich.
Ein paar Tage vor der Hochzeit fuhren Hortense und Lucie
spazieren; Erstere klagte über Kopfweh. Im Hause ward
gehämmert und gepocht; das Zimmer, in dem die Trauung stattfinden
sollte, das sogenannte „Gewölbe“, im ältesten Theile des
alten Hauses, wurde mit Teppichen belegt, der Lärm ängstigte
die junge Frau so sehr, daß sie flüchtete. Sie fuhren durch die
engen heißen Gassen und plötzlich bog der Kutscher in die
Wasserstraße ein, Lucie erschrak, es war die Straße, in der sein
Haus lag. Sie wandte den Kopf zur andern Seite, aber –
siehe da! – auf dem schmalen Bürgersteig ging die Frau Steuerräthin in langsamem, würdevollem Schritt, und vor ihr eine
riesengroße Gestalt im Rembrandthute, welchen wallende Federn
schmückten, und im bunten Cretonne-Kleid. Jetzt war der Wagen
neben ihnen, Lucie bückte sich nach dem Taschentuche, das ihr
entglitten, sie entging dadurch dem Blick der alten Dame, aber
den zwei blauen neugierigen Mädchenaugen entging sie nicht: sie
sahen sich einen kurzen Moment an, die Beiden, und Luciens
Herz pochte laut und weh. Wie kraftlos sank sie in die Polster zurück.
„Wer war denn das?“ fragte Hortense, ohne des Mädchens Erregung zu bemerken. Lucie wußte es wohl, aber sie brachte es nicht über die Lippen.
„Nun, wenn man diese Dame statt der Germania auf das Postament im Niederwald gestellt hätte, so könnten sich die Reisenden der Dampfschiffe nicht mehr beklagen, daß sie allzu winzig erscheine. Ich vermuthe, Schatz, hier ist Jahrmarkt und das Riesenweib ist ausgebrochen. Hast Du sie gesehen, Luz?“ Und Hortense hielt sich das Tuch an die schmerzende Schläfe und bemerkte nicht, daß sie keine Antwort bekam.
Ein Klingeln scholl hinter ihnen; Lucie kannte den durchdringenden lauten Ton der Glocke, und hatte ihn doch nur einmal gehört; es war die Glocke an dem kleinen Hause Doktor Adler’s. Jetzt tritt sie dort ein, und er steht auf der Schwelle, sie zu erwarten. Der Gedanke überkam sie mit erstickender Gewalt, am liebsten wäre sie aus dem Wagen gesprungen.
Als sie gegen Abend zurückkehrten, lag ein Brief des Doktor Adler auf dem Tische der jungen Frau. Er bedauerte darin, daß er die Einladung zum Hochzeitsdiner nicht annehmen könne, da er Schwerkranke auswärts besuchen müsse.
„Nun,“ sagte Hortense, „er hat Takt,“ und warf den Brief in den Papierkorb. „Daß Weber ihn einladen mußte, wirst Du begreifen; aber wir erwarteten es nicht anders, als daß er ablehnt.“ Lucie nickte stumm. Abends bei Tische fragte Hortense: „Wissen Sie nicht, Mademoiselle, wer die riesengroße junge Dame ist, die sich in hiesiger Stadt aufhält?“
„Riesengroß, mit einem Rembrandthute?“ erkundigte sich Mademoiselle.
„Jawohl, und strohblond und rosenroth –“
„O mon dieu! Das ist doch die Verlobte, das heißt die zukünftige Verlobte des Herrn Doktor Adler –“
Hortense legte Gabel und Messer hin und lachte, daß ihr die Thränen ins Auge traten, die sie mit der Serviette abtrocknete.
„Mais, c’est vrai!“ murmelte Mademoiselle mit einem scheuen Blick auf Lucie. „Was ist da zu lachen?“
„Kinder, wie ist es möglich!“ rief Hortense, als sie wieder zu sich kam, ohne Lucie anzusehen. Dann ward sie ernst und drückte dem Mädchen die Hand. „Mein guter Liebling!“ Und als sie das blasse Gesichtchen erblickte, flüsterte sie: „Kind, habe ich Dir weh gethan? Es ist so komisch! – Lache doch mit, lache, es ist das Beste, was man thun kann; man lacht über die Komödie, die Leben heißt.“
Aber Lucie konnte nicht lachen.
Und nun war Alles bereit zur Hochzeit. Der schöne, gewölbte Raum, in dem die Trauung stattfinden sollte, sah vornehm und feierlich aus, durch die alten Glasmalereien fiel buntes Licht über den weißen Altar, der mit Orangerie umstellt war. Von der Schlußrosette des Gewölbes hing ein alter Messingkronleuchter, mit vielen Wachskerzen besteckt, herab; einige teppichbelegte Stufen führten zum Speisesaal empor. Dort stand die kleine Tafel im reichen Schmuck von Silber, Krystall und Meißner Porcellan. Die Dienstleute waren bemüht gewesen, nach ihrer Weise das Haus festlich zu schmücken mit Guirlanden und Kränzen.
Hortense fand es entsetzlich. „Sie haben womöglich noch bunte Schleifen an die Pferdeköpfe oder an die Peitsche gebunden,“ sagte sie zu Lucie. Sie stand am Fenster und wartete auf den Wagen, der den Bräutigam vom Bahnhofe bringen sollte.
Es war um die Mittagsstunde am Tage vor der Hochzeit. Die junge Frau hatte ein weißes gesticktes Battistkleid angezogen und ein paar gelbliche Rosen statt einer Brosche vorgesteckt. Rosen dufteten in allen Vasen und Schalen ihres Zimmers. Auf einem kleinen Tische ordnete Lucie verschiedene Hochzeitsgeschenke, die angelangt waren; es befanden sich prachtvolle Schmucksachen darunter von der Mutter des Bräutigams und dessen Geschwistern. Doktor Adler hatte eine Majolikavase geschickt, mit Rosen gefüllt, Mademoiselle’s Wappenkissen lag daneben.
Hortense hatte schon verschiedentlich den Kopf gewandt und die Uhr auf dem Schreibtische mit den Blicken gestreift. „Wo nur der Wagen bleibt?“ fragte sie endlich.
„Der Zug wird Verspätung haben,“ antwortete Lucie.
„Nein – ich hörte deutlich das Pfeifen.“
„Dann wartet Herr Weber vermuthlich auf den Zug von Hamburg – er kommt eine Viertelstunde später – um den Bruder gleich mitzubringen.“
Hortense zuckte ungeduldig die Schultern. „Es wäre nicht gerade galant.“
Nun rasselte es vor dem Thorweg, und gleich darauf fuhr der Wagen in den Hof ohne einen Insassen, leichenblaß wandte sich die junge Frau um. „Er ist nicht mitgekommen,“ sagte sie scheinbar ruhig.
„In zwei Stunden kommt wieder ein Zug, Hortense.“
„Herr Gott, Luz, Deinetwegen könnte die Welt untergehen und Du hättest auch dafür eine Erklärung!“ rief die junge Frau und ihr zierlicher Fuß trat den Teppich.
Lucie blickte verwundert auf. „Aber ich weiß nicht –“
„Nein Du weißt nicht – aber ich! Er kommt nicht, er kommt überhaupt nicht! Er hat seit vorgestern nicht geschrieben, er hat vermuthlich –“ Sie brach ab. „Ich weiß nicht, wie es werden soll, wenn – wenn –“ murmelte sie.
„Aber, liebes Herz, wie kannst Du Dich nur in solche Aufregung hineinreden?“ begütigte Lucie und kam zu ihr herüber.
„Das begreifst Du natürlich nicht,“ rief Hortense, „weil das Schicksal Dir noch nie einen hämischen Streich gespielt hat; wen es aber so gemartert wie mich, der – o, ich bin auf Alles gefaßt.“
„Du bildest Dir ein, er könnte von Deinem Vater gehört haben?“
„Und wäre Das so unmöglich? Der ist wahrhaftig bekannt genug! Es wäre viel eher ein Wunder, wenn er –“
„Nun, und gesetzt den Fall, er träfe irgend Jemand im Koupé, der ihm gesprächsweise erzählte: ‚dieser Herr von Löwen ist ein ehrvergessener Mensch‘ – glaubst Du, daß Weber auf der folgenden Station umsteigen und den nächsten Zug zur Heimkehr benutzen würde? Schäme Dich, Hortense, daß Du dem
[169][170] Manne so schlechtes Vertrauen entgegen bringst, dem Du morgen angehören wirst.“
„Denke an Wilken, Luz!“
„Wenn Einer sich unrichtig benimmt, ist darum der Andere auch gleich pflichtvergessen? Vorhin, als ich Dich wartend am Fenster stehen sah, da glaubte ich, Du wärst ungeduldig. Du freutest Dich auf sein Kommen, Du hättest ihn ein ganz klein wenig gern; aber ich sehe wohl, es ist nicht an Dem. Du thust mir leid!“
„Hör’ auf, mich zu quälen! Du weißt, daß ich ihn nicht liebe. Sage lieber, was ich beginnen soll, wenn –“
„Nimm Dich zusammen, Hortense,“ flüsterte Lucie, „Mademoiselle kommt.“
Die alte Dame trat, merklich aufgeregt und erhitzt, ein. „Wie, Hortense, Monsieur ist nicht eingetroffen? Was hat das zu bedeuten? Ein Bräutigam – saumselig an solchem Tage! Das ist unerhört, Kind, das ist nicht schmeichelhaft, das ist eine Beleidigung!“
Die junge Frau lachte kurz auf. „Sie scheinen gewaltig besorgt, liebste Bertin; es wäre ja möglich, daß der Zug entgleist ist!“
„Und das sagen Sie mit solcher Ruhe, Hortense? Sie sind –“
„Eine entsetzlich frivole Person, nicht wahr? Aber es thut nichts; ich bleibe dabei; es wäre vielleicht das Schlimmste noch nicht. Echauffiren Sie sich nicht, Mademoiselle, schlafen Sie lieber! Hören Sie, schlafen Sie ein wenig, jetzt gleich; es ist am gesundesten vor Tische. Au revoir, liebe Bertin!“
Die alte Dame zog sich zurück; sie war es gewohnt, auf solche Weise entlassen zu werden. Hortense begann im Zimmer auf und ab zu gehen, und das that sie unausgesetzt zwei Stunden lang. Der Wagen fuhr wieder zum Bahnhofe und brachte diesmal den jungen Schwager. Der Baron mußte ihn allein empfangen, Hortense ließ sich entschuldigen. Sie ging mit der Uhr in der Hand umher und lauschte am Fenster, ob der Westwind ihr das Pfeifen des Zuges herübertrage.
„Jetzt,“ sagte sie zu Lucie, „hörst Du? Wenn er jetzt nicht kommt, dann – dann –“
Sie verharrte regungslos am Fenster. Als das Rollen der Räder auf dem Straßenpflaster erklang, ward sie blaß wie ihr Kleid, und als der aufgeschlagene Landauer in den Thorweg einbog und der große Mann, der im Fond saß, mit erwartungsvollen Augen zu dem Fenster aufblickte, an dem sie stand, überfiel sie ein Zittern und sie lehnte sich wie ohnmächtig an Lucie’s Schulter.
Die Blässe lag noch auf ihrem Gesicht, als er mit raschen Schritten in das Zimmer trat und, ihr beide Hände entgegenstreckend, auf sie zueilte.
„Wie soll ich mich entschuldigen. Hortense! Ich versäumte den Zug, aber ohne meine Schuld; auf dem Wege zur Station brach mir ein Rad; ich war, um den allerfrühesten Zug zu benutzen, durch den Wald gefahren und – kennen Sie Holzwege? Nein? Nun, Sie sollen sie auch nicht kennen lernen. Das Resultat war, daß ich auch den zweiten Zug nicht erreichte und mit dem Bummelzug hier ankam.“ Er hatte während des Sprechens ihre schönen Hände geküßt. „Verzeihen Sie!“ sagte er noch einmal.
Allmählich kehrte die Farbe in ihre Wangen zurück; aber sie machte keine einzige Phrase; Lüge war ihr fremd. Sie sagte nicht: „ich habe mich geängstigt um Sie,“ sie sagte nur: „Es hätte Schlimmeres passiren können, als ein zerbrochenes Rad, Waldemar. Wir wollen zum Großpapa gehen.“
Lucie, die sich in ihre Stube zurückgezogen hatte, traf mit dem Brautpaar erst bei Tische zusammen. Hortense war still; der Bräutigam strahlte vor Glückseligkeit. Er sprach mit dem Baron von Ernteaussichten. Der junge Hamburger unterhielt sich ausschließlich mit Mademoiselle, die auf Hamburg nicht gut zu sprechen war; sie hatte freilich nur vierundzwanzig Stunden dort zugebracht, und außer einem Teller Schildkrötensuppe, die ihr sehr gut geschmeckt, wußte sie sich an nichts Bemerkenswerthes zu erinnern; Marseille war aber doch etwas Anderes!
Ein Gespräch mit Lucie anzuknüpfen, gelang ihm nicht. Das blasse Mädchen im schwarzen Trauerkleid, mit den großen braunen Augen, die so trostlos in irgend einen Winkel blicken konnten, kam ihm anziehend und unheimlich zugleich vor.
„So etwas kann auch nur in kleinen Städten gedeihen,“ dachte er; „in solch alten Eulennestern, wie dieses Haus zu sein scheint. Die müßte einmal nach dem ‚vergnügten‘ Hamburg – ob da nicht Rosen auf die Wangen kämen?“ Nun, vielleicht war sie morgen gesprächiger beim Hochzeitsdiner.
Hortense stand um zwölf Uhr in der schwarzen funkelnden Toilette bereit und wartete auf ihren Bräutigam, der sie hinunter geleiten sollte zum Baron, bevor sie nach dem Standesamt fuhren. Lucie, die Hortense beim Ankleiden geholfen, brachte der jungen Frau eben ein Glas Wein; sie sah so blaß und leidend aus. Da trat Weber herein.
Hortense, die hastig einen Schluck getrunken, ging ihm entgegen. „Ich bin bereit,“ sagte sie. Dann wandte sie sich noch einmal nach Lucie um. „Adieu, Luz!“
„Adieu, Hortense!“ antwortete das Mädchen mit feuchten Augen, und in ihrem Herzen sprach sie: möchte es ein glücklicher Gang sein!
Als sie im Begriff waren, zur Thür hinauszugehen, trat ihnen Peter mit einem Brief entgegen. „An Herrn Weber; er ist durch Eilboten –“
Adlerjagden des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich.
Unter strömendem Regen erreichen wir mit Eintritt der Dunkelheit unser gemächliches Schiff. Regnerisch ist auch der folgende Morgen, trübe der ganze Tag, verhältnißmäßig unergiebig die Jagd. Dies Alles treibt zur Weiterreise, und wiederum rauscht unser schnelles Schiff donauabwärts. Nach wenigen Stunden erreichen wir Draueck, die Mündung der Drau, welche fortan die Richtung des Donaubettes zu bestimmen scheint. Eines der großartigsten Strombilder, welches ich je gesehen, liegt vor dem Auge. Eine weite Wasserfläche breitet sich aus; nach Süden hin begrenzen sie lachende Hügel, nach allen übrigen Seiten Auwälder, wie wir bisher sie gesehen. Weder der Lauf des Hauptstromes noch das Bett des Zuflusses läßt sich verfolgen; die ganze ungeheure Wasserfläche gleicht einem rings umschlossenen See, dessen Ufer nur an der erwähnten Hügelkette deutlich hervortreten; denn zwischen dem Grün der Wälder hindurch sieht man da, wo Lücken Einblick gestatten, wiederum Wasser, Dickicht und Röhricht, letzteres, den meilenweiten Sumpf Hullo überkleidend, in endlos scheinender Ausdehnung. Riesige Baumstämme, von dem einen wie von dem anderen Strome herbeigeführt und nur theilweise überfluthet, nehmen phantastische Formen an; es will scheinen, als reckten sagenhafte Thiere der Vorwelt ihre beschuppten Leiber über die dunklen Fluthen empor. Denn dunkel, fast schwarz fluthet die „blonde“ Donau dahin, während unser Schiff das Draueck durcheilt. Grauschwarz und schwarzblau hängen Gewitterwolken am Himmel, anscheinend auch zwischen dem hundertfach schattirten Grün der Wälder und über den gleichmäßig fahlgelben Rohrflächen: Blitze beleuchten grell das ganze Bild; der Regen rauscht prasselnd hernieder, der Donner rollt dazwischen, der Sturm heult in den Wipfeln der alten Hochbäume, wühlt die Wasserfläche auf und krönt die dunklen Wellenkämme mit grauweißem Gischt; unten, im Südosten, aber bricht die Sonne durch das schwarze Gewölk, säumt es mit Purpur und Gold, erhellt und erleuchtet es, daß die tiefen Schatten noch schärfer hervortreten, und strahlt flimmernd auf den bunten Hügeln [171] wieder, welche in weitester Gesichtsferne zu einem Gebirge aufsteigen. Dort unten, dort drüben, liegen auch Weiler und Dörfer, hier oben unterbricht höchstens eine kegelförmige, rohrgedeckte Fischerhütte die Ursprünglichkeit des großartigen, in seiner Wildheit und der augenblicklichen Beleuchtung und Bewegung unnennbar erhabenen Bildes.
Vom folgenden Tage an durchstreifen wir jagend und beobachtend ein wundervolles Gebiet. Die blauen Berge, vor und auf denen gestern während der Gewitternacht heller goldiger Sonnenschein lag, sind die Höhen der Fruschkagora, eines waldigen Mittelgebirges der köstlichsten Art. Graf Rudolf Chotek hat in der umsichtigsten Weise Alles zu würdigem Empfange unseres hohen Jagdherrn vor- und damit uns Allen unvergeßliche Tage bereitet.
Die Gegend, welche wir vom Dorfe Czerowitz tagtäglich durchstreifen, ist sehr anmuthig. In der Nähe des Dorfes breiten sich Felder aus; über diesen beginnt der Gürtel der Weinberge, welcher bis zu dem Waldsaume reicht; in den Thälern und Schluchten dazwischen blühen und duften jetzt zahllose Obstbäume, denen die ganze Gegend einen ungemein freundlichen Anblick verdankt, an den Hängen am Wege, welcher in der Regel den Thälern folgt, wuchert dichtes Gebüsch, und eine um so reichere Blüthenpracht erquickt das Auge, als es den Thälern auch an murmelnden Bächlein oder doch tropfenden Wässerlein nicht mangelt. Von den ersten Höhen aus bietet sich dem Auge ein überraschend schönes Bild der Landschaft. Unten im Vordergrunde baut sich das Dorf Czerowitz malerisch auf; dann folgt die breite Donau mit ihren Auwaldungen am anderen Ufer; hinter ihr und ihnen breitet sich, endlos erscheinend, die ungarische Tiefebene aus und zeigt dem Beschauer ihre Felder und Wiesen, Wälder und Sümpfe, Dörfer und Marktflecken in der unsicheren, wechselvollen und gerade deshalb so fesselnden Beleuchtung; nach Osten hin endlich haften die Blicke an der Feste Peterwardein.
Nach kurzer Wanderung schwinden Strom, Dörfer und Felder, und irgend eines der heimlichen Waldthäler des Gebirges nimmt uns auf. Steil fallen von beiden Seiten die Bergwände zu ihm ab, zwar nicht besonders hoher, aber dichter Wald deckt sie wie ihre Rücken und Grate. Eichen und Linden, Ulmen und Ahorne bilden auf weite Strecken hin, Rothbuchen und Hornbäume an anderen Stellen den Bestand, dichte niedere Gebüsche, in denen ein Nachtigallpaar neben dem anderen haust, umsäumen die Ränder. Nicht großartige Fernblicke lohnen den Wanderer, welcher die höchsten Rücken erklimmt und nach Norden hin Ungarn, im Süden Serbien vor sich liegen steht; aber heimliches Waldesdunkel umschmeichelt ihm Herz und Sinne. Von dem Hauptkamme, welcher höchstens bis zu neunhundert Meter unbedingter Höhe aufsteigen mag, zweigen sich in mehr oder weniger senkrechter Richtung nach beiden Seiten viele Ketten ab. Sie fallen zu Thälern ab oder umschließen Kessel, deren Wände bis jetzt noch Abfuhr gefällten Holzes verwehren und daher in urwüchsiger Waldespracht prangen. Riesenhafte, gerade aufgeschossene, bis zum weit ausgelegten Wipfel glattstämmige Buchen erheben sich aus moderndem Laube, in welches der Fuß des Jägers bis zu den Knieen einsinkt, knorrige Eichen recken ihre Wipfelzacken in die Luft, als ob sie alle Raubvögel einladen wollten, auf ihnen den Horst zu gründen; wölbige Linden bilden streckenweise ein so geschlossenes Blätterdach, daß der Sonnenstrahl nur als vielfach gebrochener Widerstrahl zum Boden herabzittert. Singdrossel und Amsel, Pirol und Rothkehlchen, Edelfink und Waldlaubvogel sind neben der allerorts angesessenen Nachtigall die Sänger dieses Waldes; der Kukuk ruft seinen Frühlingsgruß von Berg zu Berge, Schwarz- und Grünspecht, Kleiber und Meisen, Ringel- und Hohltaube lassen sich vernehmen
Unsere Jagden galten hier hauptsächlich dem größten europäischen Raubvogel, dem Kuttengeier, dessen nördlichste Brutgebietsgrenze die Fruschkagora zu bilden scheint. Ihm hatte sich neuerdings, wohl herbeigezogen durch die unglücklichen Opfer des Krieges in Serbien, der zweite große Geier Europas gesellt, und beide brüteten hier unter erklärtem Schutze des thierkundigen und thierfreundlichen Grundherrn.
Der Kuttengeier, dessen Verbreitungsgebiet nicht allein die drei südlichen Halbinseln Europas, sondern auch West- und Mittel-Asien bis Indien und China in sich begreift, ist Standvogel in der Fruschkagora, unternimmt aber nach der Brutzeit gern weitere Ausflüge, welche ihn regelmäßig bis in das nördliche Ungarn, nicht allzu selten auch bis Mähren, Böhmen und Schlesien führen. Gewaltige Flugwerkzeuge setzen ihn in den Stand, derartige Ausflüge ohne jegliche Beschwerde zu unternehmen. Nicht an Eier oder hilfsbedürftige Junge gekettet, erhebt er sich in den ersten Vormittagsstunden von dem Baume, welcher ihm Nachtruhe gewährte, steigt in Schraubenwindungen zu Höhen empor, in denen er dem unbewaffneten Menschenauge entschwindet, überschaut von hier aus mit seinem unvergleichlich scharfen, beweglichen, für verschiedene Entfernungen einstellbaren Auge überaus weite Flächen mit bewunderungswürdiger Sicherheit, erkennt selbst ein kleines Aas noch und läßt sich, sobald er solches entdeckte, aus der Höhe herab, um es zu verzehren und zu verdauen, mindestens vorläufig im Kropfe aufzuspeichern worauf er den Rückzug zur altgewohnten Stelle antritt oder seine ziellose Wanderung fortsetzt. Ebenso wie er das unter ihm liegende, vielleicht viele geographische Geviertmeilen umfassende, seinem Auge jedoch vollkommen erschlossene Gelände absucht, achtet er auch auf das Gebahren, zumal auf die Bewegungen anderer seiner Art oder großer aasfressender Raubvögel überhaupt, um aus deren Handlungen Vortheil zu ziehen. So nur erklärt sich das plötzliche und gleichzeitige Erscheinen mehrerer, selbst vieler Geier auf einem größeren Aase, und auch in solchen Gegenden, in denen sie nicht ansässig sind. Nicht ihr an und für sich stumpfer Geruch, sondern ihr Gesicht leitet sie bei ihren Raubzügen. Einer fliegt dem anderen nach, wenn er sieht, daß dieser eine Beute erspähete, und die Schnelligkeit seines Fluges ist so bedeutend, daß er in der Regel noch rechtzeitig beim Schmause eintreffen kann, wenn er sieht, daß der Entdecker der Beute, noch schwankend, über letzterer seine Kreise zieht. Zögern darf er freilich nicht, denn nicht umsonst heißt er, heißt jener Geier: die Gier seines Geschlechtes spottet jeder Beschreibung. Wenige Minuten genügen drei oder vier Geiern, um den Leichnam eines Hundes oder Schafes bis auf unerhebliche Reste in den Kröpfen zu bergen, die Mahlzeit verläuft also mit beinahe unbegreiflicher Schnelligkeit, und wer zu spät kommt, hat das Nachsehen.
Für die Geier der Fruschkagora bot die Umgegend übrigens auch außer einem Schmause an einem größeren Aase manches für Kropf und Magen erwünschte Thier, denn in den Verdauungswerkzeugen der von uns erlegten und zergliederten Geier fanden wir die Ueberreste von Zieseln und großen Eidechsen, welche von jenen schwerlich bereits verendet gesunden, vielmehr aller Wahrscheinlichkeit nach ergriffen und getödtet worden waren.
Entsprechend der nördlichen Lage der Fruchkagora und der geordneten für Geier also wenig günstigen Zustände des umliegenden Landes, saßen die Kuttengeier während unseres Aufenthaltes noch brütend auf den Eiern, wogegen die weiter unten im Süden hausenden Paare derselben Art unzweifelhaft bereits Junge haben mußten. Ihre Horste standen auf den höchsten Bäumen des Waldes, die meisten wohl im oberen Drittheil der Höhe der Bergwände. Viele waren Graf Chotek und dessen Jägerei wohl bekannt, weil sie seit mindestens zwanzig Jahren regelmäßig zur Brutstätte eines, vielleicht desselben Paares gedient, alljährlich nette Zufuhr an Baustoffen und daher eine gewaltige Ausdehnung erhalten hatten; andere schienen jüngeren Ursprungs, die einen wie die anderen aber von den Geiern selbst errichtet zu sein. In den ältesten und größten hätte sich wohl ein erwachsener Mann niederlegen können, ohne mit Kopf oder Füßen den Rand erheblich zu überragen.
Unter diesen Horsten saßen wir beobachtend und lauernd, das Leben und Weben des Waldes belauschend und die durch unsere Ankunft verscheuchten Geier erwartend, um ihnen einen sicheren Schrot- oder Kugelschuß beizubringen. Vier Tage nach einander zogen wir allmorgendlich in den herrlichen Wald hinaus, und an keinem Tage kehrten wir beutelos zum Strome zurück. Nicht weniger als acht große Geier, mehrere Adler und zahlreiches Kleingeflügel der verschiedensten Art fielen uns zu. Beute, und reichhaltige, uns Alle fesselnde Beobachtungen würzten und vergeistigten unsere Jagden. Wenn aber der letzte Sonnenstrahl verglomm, sammelte sich der jüngere Theil der Bewohnerschaft des Dorfes um unser Schiff. Geige und Dudelsack vereinten sich zu wundersamer, obschon höchst einfacher Weise, und Burschen und Mädchen schwangen sich, dem hohen Gaste zu Ehren, im volksthümlichen, ebenmäßig wogenden Reigen.
[172] Nachdem wir auch am anderen Ufer der Donau mit Erfolg gejagt hatten, schieden wir endlich am fünften Tage nach unserer Ankunft in Czerowitz von unserem aufopferungsvollen Wirthe, dem Grundherrn, und schwammen donauabwärts weiter, nach Kovil, dem Endziele unserer Fahrt.
In der Nähe dieses großen Dorfes liegen rings von Feldern umgebene Waldungen, in denen die Eiche zwar vorherrscht, deren Unterwuchs aber ein so dichter ist, daß, trotz der vielen Ortschaften ringsum, Wolf und Wildkatze in ihnen ein zwar vielfach bedrohtes, jedoch kaum gefährdetes Dasein führen können. Kein Wunder daher, daß auch Raubvögel aller Art, insbesondere See-, Kaiser-, Schrei- und Zwergadler, Schlangenbussarde, Milane, Habichte, Uhus und andere Eulen, sie zu Horstplätzen gewählt haben, und daß sie ebenso allerlei Kleingeflügel in Menge beherbergen. Ihnen zogen, im Voraus reicher Beute sicher, unser hoher Jagdherr und sein erlauchter Schwager zu, während Eugen von Homeyer und ich unser Jagdglück in einem oberhalb des Dorfes gelegenen, durch das gegenwärtig herrschende Hochwasser in einen weiten See verwandelten Sumpfe versuchten.
In diesem Sumpfe herrscht, obwohl kaum mehr als der geringste Theil seiner gefiederten Bewohnerschaft eingetroffen sein kann, der Zug der Vögel vielmehr noch in vollem Gange ist, überraschend reiches und vielgestaltiges Leben. In fast ununterbrochener Folge ziehen starke Flüge der Trauerseeschwalben den Fluthen des Stromes entgegen, manchmal zu dicht gedrängten Schwärmen sich sammelnd, manchmal wiederum beinahe über die ganze Breite der überschwemmenden Donau sich vertheilend; offenbar noch nach Horstplätzen suchend, wandern Hunderte von Sichlern oder dunklen Ibissen, im Flug die übliche Keilform bildend, stromauf und stromab, der nahen Theiß zustrebend oder von ihr herkommend; mit dem Fischfange sich beschäftigend, schreiten auf allen ihnen zugänglichen Stellen der weiten Wasserfläche Purpur-, Fisch- und Rallenreiher hin und wieder; lange Rohrstängel zum Horste tragend, befliegen Rohrweihen die altgewohnten Straßen; wiederum gepaarte Enten, deren Weibchen durch die Hochfluth ihrer Eier beraubt wurden, stehen beim Erscheinen unserer kleinen, flachen Boote polternd vom Wasser auf, wogegen Steißfüße und Taucherhühnchen in seiner Tiefe Zuflucht suchen: kurz, kein einziger Theil der weiten Fläche ist unbevölkert, unbelebt. Ein Förster, der des unter Wasser stehenden Waldes und der in diesem verlaufenden Wege kundig ist, erwartet uns in einem inselgleich das überschwemmte Land überragenden Hause und wird uns zum Führer in einer Waldwildniß, welche die früher besuchten aus dem Grunde weit hinter sich zurückläßt, weil das Hochwasser zu stets vorhandenen Hindernissen neue gehäuft hat. An viele sonst wohl in beträchtlicher Höhe über dem Boden sich reckende Zweige streifend, oft vor wegesperrenden Aesten uns bückend, versuchen wir, auf den breiteren Wasserstraßen zwischen halb oder gänzlich niedergestürzten Bäumen, schwimmenden Klötzen und Treibhölzern uns einen Pfad zu bahnen und in das Innere des Waldes vorzudringen. Ein Bild aus dem Vogelleben verdrängt hier das andere; jedes erscheint aber ungewöhnlich, weil es die obwaltenden Verhältnisse wesentlich verändert haben. Um zu einem Seeadlerhorste zu gelangen, müssen wir eine weite Strecke durchwaten, um einen Kolkrabenhorst zu besuchen, weite Umwege machen. Regelrechtes Jagen ist unter solchen Umständen nicht möglich, unsere Jagd jedoch trotzdem ergiebig und lohnend. Mir selbst bereitete dieser Ausflug die Freude, einen der hervorragendsten gefiederten Baukünstler Europas, die Beutelmeise, an ihrem Reste arbeiten zu sehen, sie überhaupt zum ersten Male in ihrem Thun und Treiben zu beobachten.
Der folgende Tag vereinigt die ganze Jagdgesellschaft in einem der erwähnten Feldgehölze. Ein ungarischer Förster hat ein großartiges Wolfstreiben veranstaltet, jedoch so wenig geschickt eingerichtet, daß Freund Isegrimm ungesehen und unbemerkt davon schleichen kann. Die aussichtslose Jagd wird daher bald abgebrochen und die wenige uns noch übrige Zeit einer lohnenderen Beobachtung der Vogelwelt des Waldes gewidmet.
Noch im Laufe des Nachmittags verlassen wir Kovil, erreichen gegen Sonnenuntergang Peterwardein, fahren in den ersten Nachtstunden an der Fruschkagora vorüber, verlassen am anderen Tage nur noch einmal das Schiff, um in dem Rohrsumpfe Hullo zu jagen und Beobachtungen zu machen, bekommen hier auch den bisher vergeblich gesuchten Edelreiher zu Gesicht, müssen jedoch der ablaufenden Zeit Rechnung tragen und weiter eilen, um den nach Wien abgehenden Schnellzug nicht zu versäumen. Dankbar der letztvergangenen Tage gedenkend und gleichwohl den eiligen Flug ihrer Stunden beklagend, fahren wir an allen den Auwaldungen, welche uns so Vieles geboten, vorüber, und mit dem heißen Wunsche, wiederzukehren und auf längere Zeit ihm uns zu widmen, nehmen wir für diesmal Abschied von dem reichen und eigenartigen Lande.
Ein Stück Fächerlitteratur.
Ich kenne eine Frau, die leidenschaftlich Autographen sammelt. Da sie mich noch nicht um meinen eigenen werthen Namenszug nebst obligatem geistreichem Zubehör angegangen, so habe ich auch noch nicht Anlaß gehabt, ihr zu sagen, daß mir ihr Sport eine wenig erspießliche Spielerei zu sein dünkt. Und dabei unterscheidet sich ihr Sammeleifer noch sehr vortheilhaft von demjenigen anderer Autographenjägerinnen, denn sie strebt nach einer gewissen Originalität und scharrt nicht alle Papierschnitzel und Briefkouverts zusammen, die ihr etwa irgend ein Redaktionskorb zur Verfügung stellt. Es müssen persönliche Beziehungen sein, welche ihr die Handschrift eines bedeutenden Zeitgenossen, eines Schriftstellers, Künstlers oder Politikers werth machen, und jedes Autograph soll an ein bestimmtes Erlebniß, an eine charakteristische Erinnerung, an eine liebgewordene Oertlichkeit anknüpfen. So hat man die Sache auch in der vormärzlichen Epoche der Stammbücher angesehen, daß es ein eigenthümlicher Zauber sei, hervorragende Zeitgenossen, mit denen man in Berührung kommt, in ihrer Handschrift gleichsam jederzeit gegenwärtig zu haben. Es war dabei ein wenig Sentimentalität, ein wenig Ueberschwang; aber es war doch auch ein hübscher menschlicher Zug dabei, und wenn ich bisweilen in solchen alten, vergilbten Stammbüchern blättere, so ist es mir, als rede aus den verschnörkelten Lettern, aus den vertrockneten Blumen, aus den mysteriösen Zeichnungen der Geist eines längst dahingegangenen Geschlechtes zu mir, das in seiner Empfindsamkeit glücklich, in seinen Verkehrsformen voll naiver Genügsamkeit, in seiner Gegenseitigkeit treu und verläßlich war. Das ist ja längst anders geworden, aber es giebt eben noch altfränkische Frauen die auf dem unmodischen Stammbuch-Standpunkte beharren, nur daß sie, dem Wandel der Zeiten Rechnung tragend, das Stammbuch mit einem moderneren, koketteren, zierlicheren Autographenbehälter vertauschen, nämlich mit dem Fächer. Und zu diesen Frauen - denn das Autograph übt seine Anziehung wesentlich auf das schöne Geschlecht - gehört meine Autographensammlerin.
Der Gedanke, den Fächer als Autographenalbum zu verwenden, ist so modern wie nur irgend möglich; sein Vater ist ein Journalist. Es geschah nach einer der letzten Sitzungen des Berliner Kongresses, daß der Berichterstatter der „Times“ sich um einen hölzernen Riesenfächer bei dem Fürsten Bismarck einstellte und den mächtigen Staatsmann ersuchte, seinen Namenszug auf einen der Fächerstäbe zu zeichnen. Der Reichskanzler that dem kleinen Zeitungsmanne den Gefallen, und seinem Beispiele folgten die Gortschakow, Andrassy, Waddington, Beacousfield und wer sonst noch an dem grünen Tische in der Reichskanzlei gesessen hatte. Von da an war der Fächerautograph sanktionirt, aber weil nicht alle Tage Berliner Kongreß ist, so ist es nicht bei dem politischen Fächer geblieben, die Frauen, welche sich der Idee des Londoner Journalisten bemächtigten, haben die Litteratur, die Kunst für ihre Fächer in Kontribution gesetzt, und der Entstehungszeit nach gewiß mit am nächsten dem berühmten Kongreßfächer steht derjenige, welcher mir zu diesen Betrachtungen den Anstoß bietet; denn die erste Inschrift, die er enthält, ist eine aus Marienbad und vom Juli 1880 datirte Sentenz des Wiener Burgschauspielers Adolf Sonnenthal, lautend: „Ob Nord, ob Süd, es giebt nur eine Kunst, nur eine Empfindung.“
Der berühmte Mime war damals gerade von den Münchener Mustergastspielen gekommen, an denen er im Vereine mit hervorragenden Künstlern aus dem deutschen Norden betheiligt gewesen war, und gleichsam als ein artistisches Bekenntniß schrieb er seine Worte auf einen der etlichen dreißig Stäbe des zierlichen Holzfächers, die von einer Spange zusammengehalten werden, an welcher drei niedliche Schwälblein ihre Schnäbel wetzen.
Selbstverständlich ist nicht Jedermann gehalten, einen tiefsinnigen Spruch seinem Namenszug vorzusetzen, sehr stolz und sehr einsam stehen die Unterschriften Eduard Lasker’s und Hans Makart’s da, die erstere mit dem Datum Helgoland, die letztere sogar ohne Bezeichnung von Ort und Zeit. Aber den Absichten einer richtigen Autographen-Sammlerin entspricht es natürlich besser, daß lauter mehr oder minder geistreiche Dikta, gereimt oder ungereimt, den Fächer zieren, und sofern man schon jetzt von einer Fächerlitteratur sprechen darf, so ist es gerade die interessante Mannigfaltigkeit, wie die einzelnen litterarischen Individualitäten sich in denkbarster Kürze zu eigenthümlichem Ausdrucke zu bringen trachten, welche den Reiz dieser neuesten Litteratur ausmacht. Und es ist nicht etwa unglaubhaft, daß diese knappen Sprüche und Aussprüche ein ziemlich charakteristisches Bild der zeitgenössischen Geistesbewegung in Kunst und Litteratur darbieten können, es ist wie in einer Anthologie, nur daß den Proben der Reiz des Persönlichen anhaftet, welcher gleichsam den Monolog zu einem Dialog erweitert, weil die Besitzerin des Fächers als die angeredete Person oder mindestens als das Auditorium gedacht wird. So bedient sich z. B. der alte Heinrich Laube in seiner zufahrenden Art schlechthin der direkten Rede, indem er schreibt: „Seien Sie glücklich. Das kann Jeder und Jede, man muß es nur ernstlich werden wollen“ und Emil Rittershaus tändelt, von dem Festjubel des Wiener Schriftstellerkongresses höher gestimmt, mit rheinischer Galanterie:
„Drei Schwälblein hält dein Fächer festgebannt -
Wie viele Herzen fesselt deine Hand?“
Von diesem rein persönlichen Verhältnisse wenden sich aber Viele zu allgemeinerer Betrachtung hinweg; der Eine schreibt kondensirte Lebensweisheit, der Andere greift zu parabolischem Ausdrucke, der Dritte sagt von sich selber eine Empfindung aus, die ihn gerade im Augenblicke des Schreibens übermannt. Immer aber stimmt, was da geschrieben steht, zu dem litterarischen Charakter des Schreibers. Der Nibelungentrotz spricht aus dem Verse Wilhelm Jordan’s:
„Folge niemals gutem Rath,
Lieber irre, leide,
Als verdanke deinen Pfad
Gnädigem Bescheide.“
[174] Die weiche, sinnige, halbleidende Physiognomie Leopold Kompert’s glaubt man vor sich zu haben, wenn man liest: „Ich kann nicht überall dabei sein, sagte der liebe Gott – und erschuf die Mutter.“ Heiter, derb, polemisch bemerkt P. K. Rosegger: „Da Herrgott liabt d’ Welt, hat die Priester erschaffen; da Teufel, sein Feind, der geht her und macht Pfaffen.“ Friedrich Bodenstedt steckt ganz in dem fröhlichen Optimismus Mirza Schaffy’s, indem er räth:
„Das Glück, sagt man, sei nur ein Schein,
Und so ist es;
Bilde dir ein, glücklich zu sein,
Und du bist es.“
Lyrisch zerfließend wie Nebelspuk im Sonnenschein tönt der Seufzer Hermann Kletke’s:
„Lieb’ empfangen, Liebe geben,
Ach, ist Liebe nicht das Leben?“
Und der stramme Pfälzer August Becker – Jung Friedel mit seinem dichterischen Vagabundennamen – reimt halb diplomatisch, halb selbstbewußt:
„Was er will, das kann der Mann,
Er muß nur wollen, was er kann.“
Damit ist aber der Umfang dessen, was man auf dem schmalen Stabe eines Holzfächers zum Ausdrucke bringen kann, keineswegs erschöpft. Weit hinein in das dämmerige Zwischengebiet zwischen Aesthetik und Philosophie reicht Felix Dahn’s Sentenz: „Wahre Schönheit ist schöne Wahrheit.“ Als hätte er das Diktum auf sich selbst gemünzt, schreibt Georg Brandes in dünner, fast weiblicher Handschrift: „Es giebt in der Kunst des Wortes scheinbare Virtuosen, die eigentlich nur Stimmer sind. Sie stimmen und bestimmen aber bisweilen Geister und Litteraturen.“ Wie wenn sie zu einem oberbayerischen Schuhplattltanz sich umfaßt hätten, so nickt Karl Stieler, der Frühgeschiedene, gemüthlich: „Is gern g’scheg’n“, und gleich hinterher setzt Ludwig Ganghofer fort: „Da Bua soll hinter’m Vatern gehn.“ Sarah Bernhardt stellt sich breit und anspruchsvoll auf einen obersten Stab mit der Vermeldung: „J’aime être la première“, während die arme Ernestine Wegner, übermüthig von der erfrischenden Helgoländer Luft, der Fächerbesitzerin zuschmeichelt: „Hermine, du fängst an gefährlich zu werden dem jüngsten Lieutenant.“ Otto Roquette schreibt nur: „Auf Wiedersehen!“ – L. Büchner citirt: „Knowledge is power.“ – Ernst Wichert fügt sich bescheiden in die Reihe mit dem Spruche: „Eins zum Andern.“ – Moritz Jokai giebt ein unlösbares Räthsel zum Besten. – Wilhelmine von Hillern erzählt in nachlässigen Versen ein gemeinsames Erlebniß aus dem Bade Kreuth. – Ferdinand von Saar endlich verbeugt sich als echter Minnesänger und jauchzt mit still verhaltener Begeisterung:
„Wie lebt in grauen Tagen
Ein unverhofftes Licht -
Im öden Weltgewühle
Ein holdes Angesicht!“
Fächerlitteratur im engen und eigentlichen Sinne des Wortes ist all dies nicht, so wenig als es etwa Fächerlitteratur ist, wenn Johann Strauß, der Walzerkönig, die Eingangstakte seiner „Frühlingsstimmen“ beisteuert oder ein Weiberenthusiast orakelt: „Der Frauen Gnade macht Fünfe grade“. Bis hierher haben wir es eben nur mit Litteratur auf einem Fächer zu thun, von der jedoch Niemand bestreiten wird, daß sie in ihrer Weise ein Spiegelbild ist. Echte Fächerlitteratur liefern aber diejenigen, welche sich verpflichtet glauben, die Thatsache, daß sie auf einem Fächer sich zu äußern haben, durch einen Gedankenspruch über den Fächer selbst zu markiren. Ueber den Fächer und, wie natürlich, über dessen Werth für die Frauen. Auch hier wieder erkennt man sofort in dem kurzen Gelegenheitsworte die allgemeine litterarische Physiognomie des Schreibers. Der Variationen sind viele, das Thema bleibt dasselbe. Da sind zuerst die Idealisten. Friedrich Spielhagen, zur Sommerfrische in Baden-Baden weilend, reimt:
„Wer schrieb’ in Erz und Marmelstein
Nicht gerne seinen Namen ein!
Doch wollen dieses Fächers Falten
Nur meinen Namen treu behalten,
So will ich gern zufrieden sein.“
Diese sehr liebenswürdige Hyperbel, welche den Fächer als eine Art sibyllinisches Buch behandelt, unterscheidet sich wesentlich von dem resignirten Rathe Albert Traeger’s:
„Erkenn’ in jedem sonnenhellen Tag
Des flücht’gen Glücks 1eichten Fächerschlag.“
Noch ahnungsschwerer ist Ernst Scherenberg’s meisterhaftes Gleichniß:
„Flüchtige Stunde – flüchtiges Lied!
Zierliches Tändeln – zürnender Schlag!
Wechselndes Spiel mit dem wechselnden Tag!
Eben entfaltet, schließst du dich zu –
Spiegel des Lebens, Fächer, bist du!“
Und mitten inne zwischen der idealistischen und der realistischen Vorstellung bemerkt Ernst von Wildenbruch:
„Der Frauen Fächer,
Ist Amors Köcher.“
Dann aber kommen die Realisten und diese sind – man kann es nicht anders sagen – äußerst unterhaltend. Julius Stettenheim spottet gutmüthig: „Warum die Fächer wohl dem schwachen Geschlecht gefallen? – Weil sie ihm Wind vormachen.“ Hans Hopfen öffnet nachdenklichen Spruches seine empfängliche Seele:
„Wer’s wie so’n Fächer wüßte zu machen,
Abzukühlen und anzufachen!
Freilich, wenn man’s recht überlegt,
Ist’s Frauenhand, die ihn wie uns bewegt.“
Der alte Ludwig August Frankl in Wien klagt: „Ein Erster, ach, in keinem Fach, zersplittre ich mich in Fächer“. Ludwig Anzengruber ironisirt:
„Ist mancher der Männer im Wissen gleich schwach,
Die Frauen sind doch noch schwächer;
Zersplitt’rung! die Männer betreiben ein Fach,
Die Frauen entfalten die Fächer.“
Ludwig Hevesi erhebt den Fächer ins Historische:
„Der Fächer ist der Marschallstab des Weibes,
Denn unterm Schein des losen Zeitvertreibes
Schlägt spielend er aufs Haupt den Herrn der Welt.
Des Fächers Wink regierte meist die Heere,
Sein Fächeln trieb zur Seeschlacht die Galeere,
Er winkte und man war sofort ein Held,
Cäsar, Armin, der Korse – arme Wichte,
Der Fächer kommandirt die Weltgeschichte.“
Gustav von Moser endlich, der Kavalier und Lebemann, weiß, was er von der geheimen Zauberkraft des Fächers zu halten hat:
„In guter Gesellschaft und in schöner Hand
Ist Fächerspiel kein leerer Tand.“
Nun aber sei es genug der Proben. Sie erschöpfen bei weitem den Reichthum nicht, der in „dieses Fächers Falten“ geborgen ist; doch sie reichen hin, um zu zeigen, daß der Autographen-Sport auch litterarischen Feinschmeckern eine gewisse Befriedigung gewähren kann. Und das ist’s nicht allein. Ein Stück modernster Kulturgeschichte steckt doch auch in dieser Spielerei. Fächer und Frau sind unzertrennliche Dinge; die Verwendung des Fächers zu Autographenzwecken beweist, wie weit der Einfluß unserer Frauen und Jungfrauen auf Litteratur und Kunst reicht, wie groß ihr Interesse für dieselben ist. Ein naiver Dilettantismus kennzeichnete zumeist die alten Stammbücher; der Fächer ist zu vornehm und auch zu indiskret, um Jedermanns Denksprüchlein zu beherbergen. Bequem ist es freilich nicht für die Auserwählten, daß ihnen jeden Augenblick ein Fächer wie eine Pistole entgegengehalten werden kann, zu deren Abwehr ein geistesgegenwärtiges Autograph erforderlich ist; aber so hart, wie es Scheffel gethan, braucht man über diese „neue Plage“ gleichwohl nicht zu urtheilen. Sie ist zu harmlos, um des Ekkehard-Dichters beißendes Epigramm zu verdienen:
„Ward dir der Musen Gunst verliehen,
So brich dir nie den rechten Arm;
Du wirst als rücksichtslos verschrieen
Vom Autographenjägerschwarm.“
Alle Rechte vorbehalten.
Ein verhängnißvolles Blatt.
In der Wirthsstube saß David mit mehreren Kameraden. Mathias wollte zurück, als er ihn bemerkte, doch es war zu spät. David rief ihm schon zu, und er mußte gehorchen. Seine Kette rasselte wieder! Er setzte sich mit an den Tisch und ließ Bier kommen.
„Di siecht mia so gar net mehr,“ sagte der Kleine, „immer bei den Weibsleut’n! Du muaßt ja ganz fromm werd’n, und wie guat Du ausschaust, muaßt im guat’n Futta steh’n – hat d’ Anna den Rupert scho vergess’n?“ setzte er lauernd hinzu, „das geht ja schnell bei so oaner!“
Mathias lief es kalt über den Rücken, er versuchte dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, doch David kam immer wieder darauf zurück.
„Jetzt schwimmst wohl Du ob’n im Langbauernhof! Hat der Mensch a Glück, wird eam der Jaga g’rad zur recht’n Zeit wegputzt! Du darfst dem dankbar sei, der ’s ’than hat!“ sagte er spöttisch, „schad daß man net woaß –“
„Da wird a nix mehr ’raus kumma!“ sagte einer der Anwesenden.
„Wer woaß,“ entgegnete David, eine bedenkliche Miene annehmend. „So a Sach’ braucht oft lang, und wann’s oaner am wenigst’n vermuth, wird er packt! Der ’s ’than hat, hat do koan Ruah bei Tag und Nacht, und vor jed’n Gendarm muß er Angst hab’n! Glaubst net, Mathias?“
Der rückte unruhig hin und her und wechselte zusehends die Farbe. „Dös glaub’ i a, daß er koan Ruah hat,“ erwiederte er, [175] „und er soll a koane hab’n, und bess’r war’s, er zeiget si selb’n an, liab’r in Zuchthaus als all’weil in dera Angst leb’n müass’n!“
David stutzte, er war zu weit gegangen, im Zuchthaus wollte er den Mathias nicht. Er mußte wünschen, daß er wohlhabend sei, um seinen Reichthum mit zu genießen, darum lenkte er sofort ein.
„A dumm’s G’schwätz! so g’fährli is net, wann a oaner davo wiss’n sollt, wer wird denn d’ Anzeig mach’n woll’n! Wozua so was? Da hilft do ender oaner dem andern!“
Mathias athmete auf. Nur jetzt nicht verrathen werden, wo er so voll Freuden, so voll Hoffnung war! Er wollte ja gern die That sühnen durch ein gutes Leben, durch Almosen und Wallfahrt, nur nicht als Verbrecher gefaßt werden vor Anna’s Augen! Lieber sollte ihn der David treten und mißhandeln, nur schweigen sollte er, wenn er wirklich was wußte.
Das Gespräch wich nicht mehr von diesem Thema, unzählige Wildererstückeln wurden erzählt, und Mathias war froh, nach einiger Zeit gehen zu können, unbemerkt, wie er glaubte. David indessen folgte ihm auf dem Fuße.
„Wia weit bist mit d’r Anna?“ fragte er leise.
Mathias gab ihm nur mit Widerwillen Antwort auf die Frage. „Wenn d’ Muatter nix dageg’n hat, d’ Anna sagt ja!“ preßte er heraus. „Aber –“
„Aber Du traust Di net, feiger Tropf!“ brauste David jetzt auf, „weil’st an d’n Rupert denkst! Fürchst Di am End, er könnt’ wieder komma! Dafür hast guat g’sorgt, der liagt fest da d’rüb’n!“
Diese direkte Anklage konnte Mathias nicht ruhig anhören. Er mußte sich gewaltsam zusammennehmen, um David nicht an den Leib zu gehen.
„Du red’st so, als wenn’st dabei g’wes’n wärst, und glaubst wohl, mi d’mit z’schreck’n! Nix woaßt Du, gar nix und kannst nix wiss’n! Jetzt hab’ i die G’schicht a mal satt! I hab’ nur das G’red z’fürcht’n, das durch Di umma kumma kann, weiter nix! Jetzt heb’ Di weg, sonst packt mi d’ Wuath und nacher könnt’s wirkli sei’, daß i an Mord beging’!“
Er hatte sich so in den Zorn hineingesprochen, als wenn er wirklich unschuldig verdächtigt worden wäre.
David lachte nur dazu, das machte Mathias ganz toll. Wie ein wildes Thier stürzte er sich auf ihn und warf ihn zu Boden. Aus der Schenke eilten die Leute heraus. David entwand sich wie ein Aal den Händen seines Angreifers und sprang in die Thür – dann riß er aus der innern Tasche ein kleines Büchelchen und schwenkte es gegen Mathias.
„Da steht’s drin, schwarz auf weiß!“
Dann verschwand er mit den Uebrigen. Mathias blieb in sprachlosem Schreck zurück. Er griff sich an die Stirn, ob er recht gehört und gesehen, und starrte noch immer gegen die Thür, wo David verschwunden war. Dann schüttelte es ihn wie Fieberfrost, und er eilte in die Nacht hinaus.
In diesem Buch stand schwarz auf weiß, daß er der Mörder! War denn ein Wunder geschehen? Die Todten können doch nicht mehr schreiben! Die Todten? – war er denn auch wirklich gleich todt? Er selbst floh ja gleich nach dem Schuß, von Entsetzen gepeitscht! Konnt’ der Jäger nicht noch ein Wort geschrieben haben? Aber man fand ja nichts bei ihm! Und der Erste, der zum Leichnam kam, konnte der nicht? Wer war der Erste? – David!! – Wie Blitze kreuzten sich diese Gedanken in seinem Hirn – jetzt sah er deutlich! David hatte das Buch gestohlen – er war ganz in seiner Hand!
Das warf ihn zu Boden, das war ärger als der Tod selbst – eine furchtbare Strafe des Himmels! In Angstschweiß gebadet, trotz der grimmigen Kälte, kam er nach Hause und schloß sich in seine Kammer.
Eine schlimme Nacht kam für ihn – ein Schlaf noch schlimmer als das Wachen. Da sah er immer wieder den todten Rupert – oder er kämpfte mit David, der immer größer und größer wurde, zu einem Ungeheuer, das ein flammendes Buch in seinen Krallen drohend schwang und ihn damit zu Tode schlug. Ueber ihm schlief Anna einen ruhigen Schlaf – das Leid war vergessen, und eine neue Liebe füllte ihr Herz aus.
Mathias erwachte mit einem festen Entschluß. So ging es nicht fort, er mußte mit David ins Reine kommen; am Ende war doch die Geschichte eine geschickte Erfindung, um ihn zahm zu machen; sollte aber doch etwas daran sein, so mußte er David’s Stillschweigen jetzt um jeden Preis erkaufen.
Dieser kam eben mit dem Holzschlitten den Berg herabgefahren, als Mathias auf dem Arbeitsplatz erschien.
„Hast Dei Wuth scho ausg’schlaf’n?“ rief er ihm zu, „wär’ i gar net nöthi g’wes’n, weg’n so an elendig’n Büach’l!“ Er lachte wieder höhnisch.
Mathias rief ihn auf die Seite.
„I will das Büch’l a mal selb’r seh’n,“ sagte er, „was drin steht, und wenn das a drin steht, mit was D’ mir allweil drohst, so is do net wahr, nachher hat si’ halt der Rupert selb’r g’irrt! Z’widerkeit’n kannst mir freili mach’n damit beim G’richt, und d’rum bin i kumma, um Di z’frag’n, was D’ verlangst für das Büch’l und für Dei Stillschweig’n?“
„Aha, jetzt wirst scho zahm’r! Ja, d’ Hitz hilft nix bei so oaner Sach’! Gieb’ Dir koa Müah, dös Büachl geb’ i net, aber sag’n thua i a Niemand was davo, das versprich’ i Dir, so langst Di guat halt’st mit mir! Was hätt’ i davo? Bin selb’r net so guat ang’schrieb’n beim G’richt! Wannst a mal Langbauer bist, und Du wirst ’s ja g’wiß, nachher nimmst mi in Dein Haus als Knecht oder wia’s Du’s nenna willst, und die G’schicht hat si g’hob’n!“
„Das hoaßt,“ entgegnete Mathias, „i soll Di abfuttern Dei Lebzeit, damit ’s still bist! Und was wird d’ Anna dazu sag’n?“
„Das is Dei Sach,“ entgegnete David, „i moan, i verlang net z’viel für so a G’heimniß, das Dir zehn Jahr Zuchthaus kost’n kon! Ueberleg’ Dir’s!“
Er fuhr mit dem Schlitten fort und ließ Mathias in verzweifelter Stimmung zurück. Da war nichts zu machen, er war und blieb dem David unterthan sein Leben lang.
„Liaber net heirath’n,“ dachte er sich, „nacher trag i’s wenigst’ns alloa, und wenn’s mir z’ arg wird, zeig i mi selb’r an.“
Mit diesem Entschluß ging er heim.
Er vermied, mit Anna allein zusammenzukommen; er versuchte, mit Gewalt die Neigung zu ihr sich aus dem Herzen zu reißen; aber Anna, die nun selbst Feuer gefangen, schürte dieselbe, nichts Schlimmes ahnend, immer von Neuem. Jeder ihrer Blicke war für ihn verhängnißvoll, hieß ihn nur zugreifen, um sein Glück zu erfassen; jeder Händedruck schürte die Gluth in seinem Innern. Er besaß nicht die moralische Energie, immer zu widerstehen; die Aufgabe war zu schwer für seinen ungeschulten Kopf und sein leidenschaftliches Herz. In Kurzem war Mathias in dem innern Kampf erlegen, er faßte den Entschluß, jetzt Alles aufs Spiel zu setzen, um Anna zu gewinnen.
Die Alte bemerkte wohl die innigen Blicke, die warmen Händedrücke; sie warnte und warnte in den Wind!
Mathias blieb den ganzen Winter im Hause, er gehörte fast schon dazu. Im Februar kam die Nachricht vom Tode seines kinderlosen Bruders, jetzt war er Besitzer eines kleinen Anwesens – Grundbesitzer! Das gab ihm Muth und Selbstgefühl.
Eines Tages trat Anna mit Mathias vor die Mutter hin und bat, wie damals, um ihre Einwilligung zur Heirath. Diese war nicht überrascht.
„S’ is no koan Jahr her,“ sagte sie bitter, „bist g’rad a so dag’stand’n Anna, vor mir mit an Andern und hast g’sagt: der oder koaner, obwohl Du g’seh’n hast, daß mir ’s Herz bluat hat! I hab’ damals glaubt an Dei Liab, hab’ mei’n Stolz ’nunter druckt und hab’ ‚Ja‘ g’sagt! Jetzt aber fehlt mir der Glaub’n, ma’ wechselt d’ Liab net wia a G’wand! Wer das kann, der hat net an Mann richti liab g’habt, bei dem war’s halt a Rausch! ’s Bluat stift dös an, net d’ Liab! Und so war’s a bei Dir und d’n Rupert, Anna, und – i fürcht – es is a jetz’ so, und für so an Rausch –“ sie stand auf und wandte sich zur Thür, „is der Muatterseg’n z’ guat! Heirath’s, i kann Euch net wehr’n und thua a nix geg’n Euch – aber mi laßt’s aus ’n Spiel! I will koa Verantwortung hab’n!“ und draußen war sie.
In Anna erwachte ein böser Trotz.
„Kann i denn der Muatter nia was recht thuan? Z’erst war der Jaga net recht, jetzt Du! No, da müaß ma ’s in Gott’s Nam alloa versuach’n! Mathias, magst?“
Sie faßte ihn bei der Hand und sah ihn liebestrunken an.
Er umfaßte sie und drückte sie begehrlich an sich.
„Für Di verschreib’ i mei’ Seel!“ keuchte er, „für Di begeh’ i a Verbrech’n! I bin Dei’, thua mit mir, was D’ magst!“
Die Mutter hatte Recht, das war ein Rausch!
[176] Im Frühjahr war große Hochzeit auf der „Post“ in S. Da ging’s lustig her! Das ganze Dorf war daran betheiligt, es war ein allgemeiner Feiertag. So ein schmuckes Paar wie Anna und Mathias hatte man lange nicht gesehen. Er hatte sich den Vollbart abnehmen lassen und sah jetzt viel jünger und sauberer aus. Sie schien so glücklich, als hätte nie ein Leid ihr Dasein getrübt. David war Brautführer. Anna wollte es nicht; sie konnte den kleinen verkniffenen Menschen nicht leiden, auch hatte er so gar kein Anrecht dazu; aber Mathias bestand darauf, und wegen einer solchen Kleinigkeit wollte sie nicht streiten.
Alles war voll Lustbarkeit – bis auf die Mutter! Die saß ernst und in sich gekehrt beim Pfarrer am Ehrentisch.
Die Hochzeit verlief ohne Störung, es wurde getanzt, geschuhplattelt, getrunken und gegessen nach Herzenslust. Jedermann verließ befriedigt mit dem „B’schoadessen“ (das Essen, das heimgetragen wird) in geblümten Tücheln das Fest. „Das war a noblichte Hochzeit,“ war das allgemeine Urtheil.
Mathias hatte sein höchstes Ziel erreicht; auf welchem Wege er es erreicht, daran dachte er an diesem Tage nicht! Auch David schien so freundschaftlich gesinnt, daß alle seine Besorgniß schwand.
„Mach’s nur mit der Bäurin weg’n meiner jetzt in Ordnung!“ sagte er ihm noch beim Abschied, „nacher fehlt Dir g’wiß nix weg’n der dumma G’schicht, da brauchst koan Angst z’ hab’n! I hätt’s ja g’rad a so g’macht!“
Mit einem Gefühl der Sicherheit, wie er es schon lange nicht mehr gehabt, ging Mathias mit Anna nach Hause. Nur eines drückte ihn noch: er mußte Anna dazu bestimmen, David ins Haus zu nehmen, und sie konnte ihn nicht ausstehen, das wußte er. Er beschloß bei sich, sie heute noch darum anzugehen; heute konnte sie ihm gewiß nichts versagen, und in der That war David am andern Tage im Hof als Oberknecht.
Alles ließ sich gut an, die Mutter hatte sich in das Unvermeidliche geschickt. Mathias war unermüdlich in der Sorge für die Wirthschaft, im Wirthshaus war er selten zu sehen. Seine Befürchtung, daß David sich übernehmen werde, traf bis jetzt noch nicht ein, auch machte er einen tüchtigen Knecht. Es schien endlich Friede eingezogen zu sein im Hause und Segen. Mathias hatte sein kleines Anwesen gut verkauft und ließ nun für das Geld den ganzen Langbauernhof neu herrichten, daß man kein schöneres Haus sehen konnte in S.
Das freute auch die Alte und söhnte sie vollends aus, ihr ganzes Herz hing ja daran, und was würde jetzt der Hannes dazu sagen, wenn er das zweistöckige schmucke Haus sehen könnte!
„Dösmal hat am End’ do das Mäd’l Recht g’habt!“ dachte sie oft bei sich.
Anna war eine strenge Bäuerin, sie war von Jugend auf an tüchtige Arbeit gewöhnt und verlangte dasselbe auch von ihren Leuten; ihr scharfes Auge war überall, bemerkte Alles!
David’s Fleiß aber hielt nicht lange an, er wollte nur erst warm sitzen, zum Arbeiten war er ja nicht hergekommen, das konnte er auch ohne Mathias und ohne – das „Büch’l“!
Er stellte sich wieder öfter auf der „Post“ ein, kam oft spät in der Nacht angetrunken nach Hause. Anna sah lange stillschweigend zu.
„Der Mathias wird es ihm schon verbiet’n!“ dachte sie.
Aber Mathias drückte immer die Augen zu, obwohl sie ihn öfters darauf aufmerksam machte.
Die Heuernte war im Gange. Das Wetter war immer regnerisch gewesen, das Heu drohte schon zu verderben – endlich kam ein schöner Tag, der mußte benutzt werden. Anna und Mathias waren schon bei Tagesanbruch bei der Arbeit, das Heu umzukehren und in Haufen zusammenzurechen. Aber David fehlte noch immer. Anna erklärte ihrem Manne, das ginge mit dem faulen Menschen nicht so fort. Mathias beruhigte sie, er sei vielleicht krank. Da kam er vom Hause, sich die Augen reibend, die Spuren einer durchschwärmten Nacht im Gesichte.
Anna war wie eine Brandfackel, sie glühte vor Zorn.
„Is das a a Manier, daß der Knecht nach die Herr’nleut’ zur Arbe’t kimmt?“ schrie sie ihm entgegen, „schamst Di net selb’r, Du Faulpelz?“
David lachte höhnisch und zündete gemüthlich seine Pfeife an. Das reizte die Bäuerin zum Aeußersten. Sie schlug ihm mit dem Rechenstiel die Pfeife aus dem Mund, daß sie weit davon flog.
„Willst mi am End’ no verhöhn’a, Du Nixnutz! Mach’ daß D’ aus mein Haus kimmst! Da is koan Platz für solche Strolch!“
David war krebsroth geworden und sah drohend auf Mathias, der mit Todesangst im Herzen weiter arbeitete.
„Guat,“ sagte David, „i geh’, aber –“ und er machte eine drohende Geberde – „i sag Dir’s, Bäuerin, Dei Mann holt mi bald wieder z’ruck, der kan mi net entbehr’n!“ Hohnlachend ging er davon.
Anna war starr über diese Frechheit sie sah auf ihren Mann und fand unbegreiflich, daß er, der sonst leicht aufbrauste, heute ganz ruhig blieb. Sie kannte ihn so gar nicht mehr.
„Mathias,“ sagte sie mit vor Zorn erstickter Stimme, „hast den Lump g’hört, und das laßt Du Dir g’fall’n? Drohn möcht’ er a no, ja mit was denn – mit was denn? Das wär mir die richtige Wirthschaft! Mathias,“ sagte sie energisch, „der David muaß jetzt erst recht aus’n Haus, sonst müaßt i ja selb’r glaub’n, Du hast was z’ fürcht’n von eam!“
Da wars wieder! Der dumpfe Flügelschlag der ungesühnten Schuld rauschte wieder über ihn her. Vorbei war’s mit Ruh und Glück – die sind nur für die Schuldlosen!
„Was soll i denn von dem z’ fürcht’n hab’n?“ sagte er anscheinend ruhig, „a unverschämt’r Bursch is er, dem i den Kopf scho z’recht setzen werd! Du bist halt’ a an Bisl z’ hitzi g’wes’n, Anna! Wer wird denn glei zuaschlag’n!“
„Ganz d’erschlagen hätt’ i ’s am liabst’n, das Un’ziefer, das allweil herumschleicht im Haus, wia ’s Unglück! Mir kehrt’s Alles um, wenn i den Mensch’n nur anschau’. Red’ mir nix mehr davo, heut no sagst eam auf!“
Da gab’s keine Widerrede, wenn er die Sache nicht noch verschlimmern wollte. Mathias stürzte sich mit wahrem Fanatismus in die Arbeit, nur um nicht an den Abend denken zu müssen, wo er David aufsagen sollte, aber der finstere Ausdruck in seinem Gesicht ließ nichts Gutes ahnen. Anna sprach kein Wort mehr darüber, sie hielt es für abgemacht, daß David ging.
Mittags wurde die Mahlzeit schweigend eingenommen; Beide waren nicht zum Reden aufgelegt. Das war die erste Verstimmung seit der Hochzeit. Dann wurde wieder gearbeitet im glühenden Sonnenbrand, bis der Tag wich und der letzte Haufe verschwunden war.
Es wehte jetzt eine wohlthuende frische Luft und der würzige Duft der abgeschnittenen Grashalme lag über der glatt geschorenen Wiese, der letzte hochgeladene Wagen voll Heu bewegte sich langsam dem Hof zu. Hinter ihm gingen Anna und Mathias, die Gabel auf den Schultern neben einander her. Als sie am Hof ankamen, saß David rauchend auf der Hausbank und machte gar keine Miene zu grüßen. Das wurmte Anna von Neuem.
„I muaß in d’n Stall, um ’s Vieh zu versorg’n! Bis i ferti bi, schau, daß ’n drauß’n hast!“ sagte sie zu Mathias.
Der ging in die Stube. Nebenan lag die Mutter; sie hatte wieder ihr altes Leiden und dazu noch heftige Herzkrämpfe, die ihr oft den Athem nahmen.
Jetzt mußte er handeln! Anna gab nicht nach, und am Ende kamen einmal die zwei an einander, dann wäre er sicher verloren. Er sah nach der Mutter, die schlief schwer athmend, dann rief er David herein. Er nahm alle Energie zusammen.
„Du hast g’hört, was d’ Bäurin verlangt: daß D’ gehst, heut’ no gehst! I kann’s net ändern, ihr g’hört der Hof!“
David’s Augen glänzten katzenhaft. „Und glaubst wirkli, daß i mi von dera wegjag’n laß! Hast denn ganz vergess’n –“
„Sei do stad (still),“ entgegnete dieser, mit einer warnenden Bewegung gegen die Kammer; „deßweg’n hab’ i Di ja ruaf’n lass’n. Was verlangst für a Entschädigung, wenn’s D’ glei gehst?“
„Gieb D’r koa Müah, Mathias! I geh’ net, um koan Preis, oder Du gehst mit – aufs Landg’richt! Mach’s mit d’r Bäurin aus wie D’ magst, sag’ ihr weg’n meina die ganz’ G’schicht! Wenn’s no a mal so is mit mir, wia heut’ fruah, nacher sag i ’s ihr selb’r! Nacher wird sie si’s wohl überleg’n! Ins Zuchthaus mag’s den Langbauer do net bringa!“
Mathias knirschte vor Wuth bei dieser frechen Rede, seine ganze Mannesnatur bäumte sich auf gegen ein solch’ entsetzliches Verhältniß. Noch einmal versuchte er seine Bande zu sprengen.
„Ja, und für was denn eigentli,“ fiel er ein, „lass’ i mir dös Alles g’fall’n? Weg’n an Büachl, das Du g’fund’n hab’n willst? Dös is einfach d’ erlogen! Und was steht denn in dem Büchl, dös möcht’ i do seg’n?“
[177]
[178] „Wehr’ Di net,“ entgegnete David, „’s is umsonst – seg’n möcht’s? Den G’fall’n kann i Dir thua, i hab’s all’weil bei mir!“
Er langte in die Tasche seines Rockes. Mathias trat der Angstschweiß auf die Stirn. David weidete sich an dem verstörten Anblick des Andern und zog es nur langsam heraus. Es war ein Notizbuch in grünem Leinwandeinband, wie es nur die Forstleute mit sich zu führen pflegen. David ging ans Licht und schlug das Buch auf. Vorn war ein gedruckter Kalender, dann folgten mit Bleistift beschriebene Seiten, kurze Notizen – er blätterte ruhig weiter. Mathias ging es durch Mark und Bein, dieses Blättern!
„Da schau her,“ sagte David mit teuflischem Hohne, indem er das letzte Blatt umschlug. „Siehgst den blutigen Finger da und die Schrift: ‚Mathi..‘? Weita is er nimma komma, der Tod hat ihm ’s Schreib’n g’legt, aber ’s langt, daß a Jeda seh’n kann: Du hast ihn umbracht!“
Mathias starrte mit gläsernen Augen die zitterigen, verzerrten Buchstaben an, es dröhnte in seinem Hirn, als seien es die Donner des jüngsten Gerichts. Keuchend rang er nach Luft; sein Athem ging pfeifend aus und ein – plötzlich fuhr er auf, stürzte sich auf David und faßte nach dem Buch.
„Gieb’s her,“ keuchte er, „oder i erwürg’ Di, Schlang’, elende!“
Dieser röchelte nun unter den eisernen Griffen des Mathias, der ihm die Gurgel zusammenschnürte. Das Buch hatte er krampfhaft umklammert; er schien entschlossen, sein Leben an die Vertheidigung zu setzen. Da ließ ihn plötzlich Mathias los und stand wie vom Schlag gerührt. David war selbst erstaunt und – erbleichte auch, als er die Ursache davon erblickte.
Unter der Kammerthür stand eine weiße Gestalt, die sich gespensterhaft von der Dunkelheit hinter ihr abhob. Sie schien dem Grabe entstiegen mit ihren erstorbenen starren Zügen, nur die Augen bewegten sich unheimlich. Es war die Alte, die im höchsten Entsetzen über den wüsten Lärm herausgeeilt war. Ein Betttuch hatte sie umgeschlagen und hielt sich zitternd am Thürpfosten aufrecht.
„Mörder!“ schrie sie Mathias entgegen, drohend die Hand erhoben, „verfluchter Mörder!“
Der sank in die Kniee vor Grauen und Entsetzen!
In diesem Augenblick öffnete sich die Stubenthür und Anna trat ein; sie hatte eben ihre Arbeit beendet und im Stall von dem Lärm oben nichts gehört. Sie sah Mathias am Boden, die Mutter unter der Thür – etwas Furchtbares mußte sich ereignet haben – aber was denn um Gotteswillen?
Einen Augenblick schwieg Alles – wie Gewitterluft lag es schwül in der Stube.
Plötzlich trat die Alte vor, riß dem zitternden David das Buch hinweg, das er noch immer in der Hand geöffnet hielt und deutete mit dem Finger auf das verhängnißvolle Blatt. „Lies!“ flüsterte sie der Tochter zu.
Anna las und las, ihre Züge waren wie aus Blei gegossen.
„Dös is net mögli!“ stöhnte sie, „so schlecht kann koa Mensch sei!“ Dann sah sie auf Mathias, wie um Aufklärung bittend! Der stand zerknirscht da und sprach kein Wort.
„Also, do is mögli! Es giebt wirkli so a Thier, und Du bist’s, Mathias – mei Mann!“ sie schauderte zusammen wie von Ekel erfaßt, dann stöhnte sie auf wie eine schwer Verwundete.
„Den Mörder heirath’n! o! o! das is z’ viel!“
Sie sank in die Kniee.
Die Alte warf das Buch auf den Tisch und wankte wieder zurück nach der Kammer – ihr Athem stockte hörbar – vor der Thür fiel sie plötzlich zusammen. Anna erwachte darüber aus ihrem Taumel und eilte hin. Die Alte röchelte nur noch – David sprang ihr bei – Mathias war nicht mehr lebendig zu nennen – sie schleppten sie zum Bett.
„Muatter! Muatter!“ rief Anna, „nur jetzt net, nur jetzt verlaß’ mi net, Dein arm’s elend’s Kind! I ertrag’ sonst net all das Elend!“
Keine Antwort! – Der Gehirnschlag hatte sie getroffen!
Anna hing an ihren erschlaffenden Zügen, ihre Hand ruhte auf dem guten alten Herzen, das so treu, so warm für sie geschlagen – das sie gebrochen!
Schauerlich tönte das Röcheln der Sterbenden durch den Raum; dann verstummte es plötzlich – sie hatte es überstanden! – Mit einem Aufschrei, wie er nur aus einer gemarterten Seele tönt, stürzte Anna über das Bett.
David schlich der Thür zu; das hatte er nicht gewollt! Mathias war an Allem schuld. Er sah sich um. Auf dem Tische lag noch immer das Buch; Niemand dachte daran, es zu nehmen, selbst Mathias nicht, der stumpf und gebrochen bei Seite stand. David wollte das Spiel nicht verloren geben, griff danach und steckte es wieder zu sich.
„Man muaß si net rühr’n lass’n, morg’n is All’s wieder anders!“ dachte er sich im Stillen. „Mathias,“ rief er dann, ihn beim Aermel zupfend, „da geh’ ’nein, da giebt’s z’ thuan für Di! Gieb mir net Schuld, von mir hätt’ koa Mensch was erfahr’n!“ Dann schlich er hinaus, hier war er überflüssig vor der Hand.
Mathias ging hinein, ein neues Opfer lag vor ihm – o! eine Blutschuld, sie wälzt sich fort wie ein vom Gewitter erregter Bergbach, immer mehr anschwellend, zuletzt Alles überfluthend!
„Anna!“ rief er bittend – sie gab keine Antwort. „Anna! ’s war ja Nothwehr – koa Mord! Er oder i – net aus Eifersucht hab’ i’s ’than, i schwör’s bei unserm Herrgott, der mi richt’n wird.“
Jetzt stand sie mit einem Ruck auf.
„Daß d’n Rupert umbracht hast, dös kann i begreif’n. D’ Menschen san a mal so schlecht, daß ananda d’erschiass’n weg’n an Stück Wild, aber daß Du, der Mörder – die Ang’lobte von Dei’m Opfer heirathst, dös schreit zum Himm’l! so verruacht is!“
„D’ unbändige Liab zu Dir, Anna, war’s ja, die mi dös begeh’n liaß – nix als die Liab zu Dir, die mi zerfress’n hat Jahr um Jahr – dabei hab’ i Alles verlor’n, den Verstand und ’s Gewiss’n!“
„Ja! der verfluachte Rausch! – Müatterl, Du hast ja so Recht g’habt!“ und wieder sank sie weinend über den Leichnam. „A i hab’n g’habt, wia hätt’ i sonst den Rupert so schnell vergess’n kenna! Dös is d’ Straf dafür, i fühl’s und sie wird no ärger werd’n! Und was soll jetzt g’scheh’n? Der Hof was wir hab’n – wir selb’n g’hören ja jetzt dem David!“
„I zeig’ mi selb’r an!“ sagte Mathias fest entschlossen, „nacher is aus mit d’m David, und Du bist wieder Herr auf’m Hof und i – i büaß’ mei Verbrech’n wia sich’s g’hört! Vielleicht wird’s nacher wieder ruhig da drinn!“
„Dös geht net!“ fiel sie ein, „um dera liab’n Todt’n net! Sie hätt’ im Grab koa Ruah, wann so a Schand’ kam über dös Haus! Na, dös geht net, lieb’r All’s. – I will mit dem David red’n – will eam das Büchel mit Geld aufwäg’n, wenn er mir’s giebt!“
„Und nacher?!“ redete Mathias, „was is mit uns Zwoa? Kannst mi no anschau’n ohne Haß? Kannst no leb’n neb’n an Mörder? Fürchst net den Fluach in Dei’m Haus?“
„Mit der Liab is freili vorbei, da is Alles erstorb’n da drinn! Es handelt si jetzt nur no um d’ Hausehr! So viel Kraft hab’ i no, daß i mei ganz Load verbeiß’ und vor der Welt mit Dir leb’, als war All’s beim Alt’n! In Wirklichkeit aber san ma von heut’ ab uns fremd und hab’n nix mehr mit ananda g’moa als ’s Dach über uns! So woll’n ma’s halt’n und standhaft das Unglück trag’n, dann kann do wenigst’ns mei arm’s Muatterl in Ehr’n ruahn und koan Schand’ kummt auf’n Hof. Jetzt geh und unser Herrgott verzeih’ D’r den Frevel, den’s than hast – drei Menschenleb’n, Mathias! – Drei Leb’n hast auf’m G’wiss’n – wenn’s dös nur Alles d’ertrag’n kannst!“
Sie ging in die Kammer der Alten und steckte geweihte Kerzen an, nahm das alte zerrissene Gebetbuch der Mutter und war bald versunken in innigem Gebet. Die Kerzen flackerten bei dem linden Luftzug, der durchs offene Fenster kräftigen Heuduft hereinwehte. Große Nachtfalter gaukelten um die Flammen und stürzten sich todesmuthig in das blendende Verderben.
Anna war eingeschlafen vor Ermattung; das Buch entglitt ihren Händen – ihr bleiches Haupt ruhte neben dem der Todten – nur ihre leisen Athemzüge, welche die silbernen Haare der Alten sachte bewegten, unterschieden das Leben vom Tode, die sich hier umschlungen hielten!
Eine Hochzeit in der Seligmacherarmee.
Seine Excellenz der „General“ und Mrs. Booth haben mir die Ehre erwiesen, mich zur Hochzeit ihrer ältesten Tochter, des „Marschalls“ von Frankreich, mit dem „Oberst“ Clibborn einzuladen. Dieses brachte mich einigermaßen in Verlegenheit; denn ich konnte mir nicht verhehlen, daß mir jene Einladung aus dem Grunde zu Theil geworden war, damit ich als „Kriegsberichterstatter“ mit dem Brautpaare zu Felde zöge. Um mich aber vor dem späteren Vorwurfe einer groben Indiskretion zu schützen, daß ich als Hochzeitsgast mich vielleicht gar zu frei geäußert über das, was ich zu hören und zu sehen bekam, so knüpfte ich an die Annahme der Einladung die ausdrückliche Bedingung, daß ich mich als einen in jeder Beziehung ganz und gar unabhängigen Beobachter betrachten dürfte, Ueber die Seligmacherarmee ist schon wiederholt in der „Gartenlaube“[1][WS 1] berichtet worden, und so brauche ich, bevor ich die Hochzeit schildere, nur Einiges über die „glückliche Braut“ mitzutheilen. Der Gründer der Armee, General Booth, entsandte seine älteste Tochter schon vor etlichen Jahren nach Frankreich und gab ihr für diesen Feldzug den Titel „La Maréchale“; in ihrem Thatendrange erstreckte Miss Booth ihr Operationsgebiet auf die benachbarte Schweiz, wo sie, wie das noch Manchem frisch in Erinnerung sein dürfte, von den Behörden über die Grenze gebracht wurde. Es ist leicht möglich, daß diese „Feldherrin des Kontinents“ in nächster Zeit Deutschland mit Krieg überziehen wird; denn General Booth hat mir mitgetheilt, daß das officielle Organ der Armee „The War Cry“ („Der Schlachtruf“) bereits auf Deutsch und in Deutschland erscheint und daß seine Avantgarde zunächst in Stuttgart ein Feldlager aufgeschlagen hat. –
Als ich am 8. Februar etwas vor der festgesetzten Zeit um halb elf Uhr Morgens in die festlich geschmückte Halle trat, war diese bereits ziemlich gefüllt. Statt auf einem der reservirten Plätze mich niederzulassen, zog ich es thörichterweise vor, unter dem Gros der Truppen in einer Ecke Platz zu nehmen, weil ich wähnte, hier eine ungestörtere Anschauung von der Denkweise und dem Gebahren der Gemeinen gewinnen zu können. Anfangs war es unter ihnen auch noch auszuhalten. Als die Halle sich aber immer mehr füllte und die Truppen mir immer näher rückten, so daß wir bald ganz dicht gedrängt an einander saßen, wurde es doch schließlich recht peinlich. Natürlich kann ich Niemand tadeln als mich selbst, denn es hatten mir ja bessere Plätze zur Verfügung gestanden. Diese Truppen putzen erbärmlich schlecht oder putzen doch nur innerlich. Wie erbaulich aber ein reines Herz auch sein mag, für den nächsten Nachbar sind jedenfalls reinliche Ellenbogen derer, die reines Herzens sind, eine gar angenehme Zugabe.
Nach der Schätzung des Generals waren nicht weniger als 5000 Personen anwesend. Die große Halle war mit mancherlei Bannern stattlich herausgeputzt und die Wände waren mit packenden Inschriften verziert, wie „Du magst verdammt sein, bedenke das,“ „Du kannst gerettet werden auf der Stelle,“ „Erlösung hier und jetzt“ u. dergl. Auf der uns entgegengesetzten Seite der Halle, auf amphitheatralisch aufsteigenden Sitzen hatten zahlreiche Vertreter des Officierkorps männlichen und weiblichen Geschlechts Platz genommen. Daneben saßen die Kadetten und Kadettinnen, die zuweilen auch als besondere Leibgarde des Generals fungiren und mit diesem religiöse Feldzüge durch die Provinzen unternehmen. Vor ihnen saßen die ausländischen Krieger der Armee, aus Schweden, Kanada, Australien und selbst aus Indien in ihren zum Theil recht bunten Nationalkostümen. Der weibliche Generalstab der Marschall-Braut aus Frankreich und der Schweiz war durch ein halbes Dutzend junger Damen vertreten. Sie trugen gewaltige Rosetten von der Farbe der französischen Trikolore, mit denen das rothe Kreuz auf weißem Felde recht geschmackvoll verwoben war. So waren ziemlich alle Nationen der Welt hier vertreten, nur Deutschland nicht, oder dieses doch – wie ein charmanter Mädchen-Lieutenant gar zu schmeichelhafter Weise später sich äußerte – nur durch mich!
Ueberall herrschte lauter Jubel, ja eine gewisse Ausgelassenheit, die ein charakteristisches, von der Armee bereitwilligst anerkanntes Merkmal ihrer religiösen Andacht ausmacht. Denn auf diese Weise, sagen die Salvatoristen, sei den verstockten Sündern am besten beizukommen.
Heute aber, bei dem fröhlichen Feste der Vermählung der geliebten Marschallin, herrschte doppelter Jubel. Mit verdoppeltem Enthusiasmus wurden heute die Kriegsgesänge, die Hymnen der Armee gesungen, die allesammt zu den bekanntesten Volksmelodien gedichtet worden sind. Die populärsten Trinklieder und Gassenhauer sind mit verändertem Text die populärsten religiösen Lieder der Seligmacher geworden. Und mit welchem Ausdruck, welchem Feuer sie dieselben absingen! Sie stampfen den Text mit den Füßen, klatschen dazu in die Hände oder begleiten die Melodie mit Tambourinengepauke und auf allen möglichen anderen musikalischen und unmusikalischen Instrumenten.
Wir hatten bereits mehrere Lieder gesungen, da trat der Chef des Generalstabs ein, der mit lautem Jubel begrüßt wurde. Ihm folgte bald der General mit der Frau Generalin, denen ein noch enthusiastischerer Empfang zu Theil wurde. Der General zog ein buntes Schnupftuch aus der Tasche und schwenkte es zur Begrüßung hin und her. Alle folgten jubelnd seinem Beispiel, Alle wenigstens, die ein Taschentuch aufzuweisen hatten; und ich – leider muß ich’s bekennen – gehörte nicht zu ihrer Zahl! Es ist nicht mehr als billig, daß, wenn man bei Andersgläubigen einer religiösen Handlung beiwohnt, man auch möglichst deren Gebräuche mitmacht. Unwillkürlich, wenn auch mit einigem Zögern, griff ich daher, als alle Taschentücher in der Halle zu eben so viel fliegenden Bannern wurden, auch nach meinem Taschentuch – doch ich hatte keins – mehr! – Ich will den Verlust zu verschmerzen suchen, ohne irgend welche unliebsame Betrachtungen daran zu knüpfen; aber daß ich ein Taschentuch eingesteckt hatte, als ich von Haus ging, brauche ich wohl kaum zu versichern.
Es nahte nun auch der Bräutigam und unter lautestem Jubel bald auch die Braut. Sie trug das einfache Kleid der Armee, nur eine gewaltige krèmefarbene Schärpe darüber. Die Ceremonie begann mit einem Gesang der französisch-schweizerischen Abgeordneten, der nichts Anderes war, als das richtige – Jodeln, und einen außerordentlichen Effekt erzielte!
Hierauf sprach ein Major-Fräulein ein inbrünstiges Gebet, während dessen die glaubensvolle Menge auf den Knieen lag. Manche hoben ihre Hände verzückt zum Himmel auf, andere schlugen sich auch wohl pathetisch an die Brust und stöhnten Amen und Hallelujah. Es wurden verschiedene Ansprachen gehalten, unter denen die des Generals die kernigste war, und dann vollzog er den Trauungsakt, während dessen eine gewaltige Fahne von einem Hauptmann über den Häuptern der Brautleute langsam hin- und hergeschwenkt wurde. Sie hatten nicht nur das auch in der englischen Kirche übliche Gelübde abzugeben, sich als „gesetzmäßig angetraute Eheleute halten zu wollen“, sondern mußten auch noch geloben, „Zeit ihres Lebens einander treue Kameraden in diesem Kriege bleiben zu wollen“. Unter schallenden „Salven von Amen-Gejauchze“ und „Kanonaden von Hallelujahs“ aus dem Munde der Menge legte dann der General die Hände der Brautleute in einander und erklärte sie für Mann und Frau.
Jetzt aber konnten auch diese nicht länger mehr an sich halten. Der Bräutigam-Oberst riß sich hastig den Rock herunter und machte nun auch durch eine Feuerrede seinem Herzen Luft. Dann sang die junge Frau ein Solo nach der bekannten Melodie des alten schottischen Volksliedes „Auld lang syne“. Hierauf hub sie an und predigte, daß die ganze Halle von dem Schluchzen der allgemeinen Rührung wiederhallte. „Könnte wohl ein menschliches Wesen aus eigener Machtvollkommenheit so reden?“ sagte mir später ein höherer Stabsofficier entzückt und mit dem Ausdrucke innerster Ueberzeugung. „Sie ist das ganz vornehmlich auserwählte Rüstzeug. Durch sie besonders spricht eine höhere Macht!“ Es läßt sich nicht leugnen, die Frau Marschallin ist eine außerordentliche Rednerin sowie eine höchst sympathische Erscheinung; von schlankem Wuchs und regelmäßigen, edlen Gesichtszügen, hat sie einen ernsten, etwas melancholischen, doch vielleicht auch ein wenig überspannten Ausdruck im Gesicht, das von einer Fülle des schönsten, dunklen Haarwuchses umrahmt ist. Sie spricht äußerst fließend, eindringlich, mit wohllautender Stimme und mit lebhaften, aber nie unschönen Gesten. Sie ist von so einnehmendem Aeußern, wie sie offenbar selbst von ihrer Sache eingenommen und durchdrungen ist. Und wenn die Frau Marschallin in eigener Person den Feldzug in Stuttgart eröffnet, da mögen mir die Stuttgarter jungen Männer auf ihrer Hut sein. Ich habe mich nun aber über das „Wie“ ihres Vortrags so eingehend ausgesprochen, daß mir für das „Was“ leider kein Raum mehr bleibt!
Plötzlich trat hastigen Schrittes eine Ordonnanz an den General heran. Eine lebhafte Bewegnug entstand unter der ganzen Generalität und auch die Truppen in Reih und Glied standen in gespannter Erwartung. Es war etwa, als ob das Herannahen des Feindes gemeldet worden wäre. Aber der Grund der Aufregung war ein ganz anderer. Ein Major fühlte sich „gedrängt zu reden“. Ein schriller Pfiff der zum Signalisiren verwandten Pfeife gebot Ruhe. Lautlos harrte das ganze Heer der kommenden Eröffnung. Da erhob er sich schon, der inspirirte Major – es war ein männlicher. Die Augen geschlossen, wie wenn er auf die Stimme aus einer andern Welt lauschte, die Gesichtszüge verzerrt, die Hände himmelstürmend krampfhaft zur Decke aufgehoben stand er da, der vermeintliche Heilige – ein Bild des Jammers und des Mitleids. Und was hatte er uns nun mitzutheilen?
„Wir sollen sie zur Erlösung führen, die sündige Menschheit,“ hub er dumpf an. Dann stockte er einen Augenblick wie auf eine weitere Eingebung lauschend, während ein halb unterdrücktes „Wir wollen es“, „Hallelujah“ und dergleichen Ausrufe durch das Heerlager schwirrten.
„Wir sollen sie erlösen,“ wiederholte er eindringlicher und lauter. Und lauter erschallten die Rufe der Truppen durch das Lager.
„Erlösen sollen wir sie,“ rief der Major zum dritten Male, nun mit Donnerstimme. „Trete hervor, wer sich noch nicht erlöst fühlt. Hier ist der Ort, jetzt die Zeit.“ Ein enthusiastisches Feldgeschrei der Krieger folgte seinen Worten, als er sich wieder hingesetzt hatte. Doch ein bekehrter Sünder meldete sich dieses Mal nicht.
Manchen mag eine solche Scene tollhäuslerisch vorkommen. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß gerade derartige Vorgänge auf die erregbare, ungebildete rohe Masse einen besonderen Eindruck machen. Es soll gerade bei solchen Gelegenheiten immerfort vorkommen, daß die Sünder überwältigt und bußfertig hervortreten und sich zur Armee bekennen. Ob aber solche plötzliche Buße und Bekehrung unter der Erreguug des Augenblicks, selbst wo die Buße tief empfunden und sehr ernst gemeint sein mag, von irgend welchem nachhaltigen Nutzen sein kann und nicht vielmehr nur eine krankhafte Ueberspanntheit erzeugt, darüber sind eben die Ansichten des Mr. Booth und die der meisten anderen Menschen gar sehr verschieden.
Ueber zwei Stunden hatten die Vermählungsfeierlichkeiten bereits gewährt, da wurden wir endlich alle erlöst: die Ceremonie war zu Ende. In einem Nebensaal war die Tafel gedeckt und etwa 200 Personen, die nächsten Verwandten und Freunde des Brautpaares, die Spitzen der [180] Generalität und die angesehenen und wohlhabenderen Freunde und Gönner der Armee setzten sich nun zum Hochzeitsmahl nieder. Geredet wurde auch hier wieder sehr viel, doch eben nicht mehr als auf manchen anderen Hochzeiten. Wenn ich sage, daß ich noch nie ein so einfaches, dürftiges Hochzeitsmahl eingenommen, so ist das keineswegs Undank noch Unrecht gegenüber den gütigen Gastgebern, die ja die einfachste Lebensweise in jeder Hinsicht sich zur Aufgabe gestellt haben. Uebrigens gab es verschiedene kalte Fleischspeisen und Kartoffeln und dazu – Thee und Kaffee zu trinken. Alle Spirituosen sind in der Armee gänzlich untersagt. Nach Tisch wurde eine Subskription ins Werk gesetzt. Manche zeichneten 5 Pf. Sterl., einzelne auch 50 und 100 Pfund. Es mußten also wohl einige recht wohlhabende Leute zugegen sein. Doch ihre Anzahl ist verschwindend klein unter der großen Masse der ganz Mittellosen, die der Armee angehören. Der gebildete Engländer im Allgemeinen hat durchaus keine Sympathie für dieselbe. Allein es ist doch wohl eben nur in England möglich, daß eine derartige Bewegung eine solche Ausdehnung gewinnen konnte.
Blätter und Blüthen.
Spreeschiffer. (Mit Illustration S. 165.) Sobald der Winter gewichen und die Flüsse und schiffbaren Kanäle vom Eise befreit sind, beginnt auch das Leben auf der Spree sich wieder zu regen. Das unfreiwillige Nichtsthun hat ein Ende und die großen schwerfälligen Lastfahrzeuge, die Spreekähne, werden wieder flott gemacht.
Freilich, das ist eine harte Arbeit, und Herr und Knecht verdienen im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot.
Auf unserem Bilde wird das Treiben auf einem Spreekahne veranschaulicht. Es ist der Moment aufgefaßt, wo das Schiff unter dem hochgewölbten Bogen einer Brücke hindurchgleitet. Mit dem gegen die Schulter gestemmten, in den Grund gebohrten langen Ruder kriechen die Männer fast in wagerechter Stellung von einem Ende des Schiffes zum andern und bewegen auf diese Weise das lange, schwerfällige Fahrzeug langsam vorwärts. Sind sie am Steuerende angelangt, begeben sie sich, das Ruder nachschleifend, ans Vordertheil zurück und beginnen die mühevolle Arbeit von Neuem.
Auch die kräftige Frau muß helfen; sie führt mit dem rechten Arm das Steuerruder, während sich auf dem linken das jüngste Kind an sie schmiegt; die größeren suchen sich auf dem hochaufgebauten Mittelverdeck die Zeit zu vertreiben.
Der Dampf, welcher dem Schornstein der Kajüte entsteigt, kündet die Mittagszeit an. Noch eine Weile, dann hält zwar der Kahn nicht Rast, aber die Ruderer lösen sich ab und verzehren, was die Frau hergerichtet hat.
Das Treiben auf der Spree hat für den Berliner große Anziehungskraft. Oft stehen Hunderte auf den Brücken, und nicht nur Leute aus dem Volk. Wenn die meist mit Holz, Kohlen, Steinen oder Kartoffeln und Obst schwer belasteten Kolosse sich langsam durch die Fluth schieben, wenn sich zwei der Riesen begegnen und größeres Leben auf dem Verdeck, gar eine kleine Kollision – zwar ein seltenes Ereigniß – entsteht, dann verfolgt der Berliner mit gespanntem Blick und oft mit witzigem Spott, was unten vorgeht.
Handarbeitsstunde. (Mit Illustration S. 169.) Die Dame, welche die Handarbeiten leitet, ist auf den Gedanken gekommen, irgend eine Dichtung vorlesen zu lassen, um die Aufmerksamkeit der jungen leichtblütigen Welt, die ihrer Aufsicht anvertraut ist, auf einem Punkte zu sammeln: es kommt dies der Arbeit mehr zu Gute, als wenn sich die Gedanken nach allen Richtungen hin zerstreuen. Das ist wenigstens die Meinung jener Dame: doch „grau ist alle Theorie“, und wir sehen auf unserem Bilde, daß die Praxis nicht ganz den weisen Grundsätzen der Lehrerin entspricht. Solch ein junges Mädchen hat mehr zu denken, als in Shakespeare’s und Goethe’s Dichtungen steht. Zwar die Schöne rechts von der Vorleserin ist augenscheinlich durch die Dichtung gefesselt und schenkt ihr eine gespannte Aufmerksamkeit; sie vergißt darüber die Arbeit vollständig, was wohl auch nicht im Lehrplan der Vorsitzenden liegt. Die Andern aber kümmern sich alle wenig um die Dichtung: man sieht es ihnen an, daß sie entweder ausschließlich mit ihrer Handarbeit beschäftigt sind oder darüber hinausträumen von den Familienfesten, für die sie bestimmt sind, oder von dem Bevorzugten, dem sie damit ein Geschenk machen wollen. Ganz ungenirt aber unterhalten sich die Beiden, welche seitwärts beisammen sitzen, von einigen lustigen Vorgängen des letzten Tanzabends, denn was ist ihnen Hekuba? Eine heitere Plauderei ist ihnen mehr werth, als alle Dichtungen der Welt; denn da ist der Geist selbst thätig, und das ist doch die Hauptsache. Es gehört Talent zum Vorlesen, aber auch Talent dazu, sich vorlesen zu lassen, besonders wenn man ein lebhaftes Temperament besitzt und viele wichtige Dinge zu erzählen hat. †
Japanesisches[WS 2] Prinzenpaar in Berlin. (Mit Illustration S. 172.) Akihito, Prinz von Komatzu, welcher vor Kurzem den Berliner Hof besuchte, ist am 11. Februar 1846 in Kioto (oder Miako) als Sohn des Prinzen Fussimi geboren. Derselbe ging schon in frühester Jugend in ein buddhistisches Kloster und verblieb dort, seinen religiösen Studien obliegend, bis zum Ausbruch der Revolution im Jahre 1867. Der letztverstorbene Kaiser berief nun den Prinzen, der sich auch mit Kriegswissenschaft beschäftigt hatte, in die Armee und übertrug ihm den Oberbefehl über die vereinigten, der Partei des Mikado anhängenden Truppen. In der Schlacht von Fussimi, Sodo und Toba besiegte der Prinz das Heer des Taikum, aber erst im Jahre 1868 gelang es ihm, durch fernere glückliche Operationen der Revolution ein Ende zu machen.
Es folgten nun tiefeinschneidende Gesetzveränderungen. Hundert Jahre lang bestehende Organisationen wurden über den Haufen geworfen und neue an die Stelle gesetzt. Der Kaiser machte den Prinzen zum Kriegsminister und dieser ging, nachdem er sein Amt bis zum Jahre 1870 mit Auszeichnung bekleidet hatte, nach England, um europäische Sitten und Gebräuche zu studiren. 1873 langte der Prinz wieder in Japan an. Bei seiner Rückkehr ernannte der Mikado den Prinzen zum Generalmajor und stellte ihn à la suite des Gardekorps. Nach einigen Jahren wurde er zum Generallieutenant befördert, übernahm das Kommando des Gardekorps und bekleidet jetzt noch diese Charge. (Auf kaiserlichen Befehl erschien 1873 ein neues Militärgesetz, wonach jeder Officier durch alle Ränge avanciren muß; aber weil der Prinz schon während der Revolution ein Armeekommando übernommen hatte, erhielt derselbe hierbei ausnahmsweise hohe Chargen.)
Die Reise, welche er jetzt durch Europa macht, wurde ihm vom Mikado befohlen, um einige befreundete Höfe im Namen des Kaisers zu begrüßen. Der Prinz Komatzu hat im Oktober vorigen Jahres die Reise angetreten, begleitet von seiner Gemahlin Prinzessin Arima. Die hohen Herrschaften besuchten zunächst die Vereinigten Staaten Nordamerikas, reisten von dort nach England und kamen vor Kurzem nach Berlin. Von hier geht die Reise nach Wien und Italien. In jeder Stadt sind sie drei bis vier Wochen geblieben und wurden an allen Höfen höchst ehrenvoll empfangen. Besonders haben sich die hohen Reisenden von der einfachen und herzlichen Aufnahme, die ihnen am deutschen Hofe zu Theil wurde, beglückt gefühlt. Sie hoffen im Mai hierher zurück zu kehren, um den Frühjahrs-Truppenübungen beizuwohnen.
Das Bild, welches wir in unserer heutigen Nummer bringen, zeigt den Augenblick, wo die prinzlichen Herrschaften das Hôtel „Kaiserhof“ verlassen, um ihren Ankunftsbesuch bei unserem Kaiserpaar zu machen. Wie es heißt, hatte unsere Kaiserin die Bitte ausgesprochen, daß die japanische Prinzessin in der Hoftracht ihres Landes erscheinen möge. Links von ihr steht der Prinz; eine hohe Persönlichkeit aus seinem Gefolge reicht ihr mit ehrerbietiger Höflichkeit die Hand, um sie an die Hofequipage zu führen.
Das Todaustragen in Mähren. (Mit Illustration S. 177.) In den slawischen Gegenden Mährens, die fern von dem Weltverkehr liegen, herrscht noch der eigenthümliche Brauch des Todaustragens. Eine aus Stroh, Flachs und Lumpen zusammengesetzte, gräulich anzusehende Figur, die Morena (die dunkle Göttin, die Todesgöttin der heidnischen Slawen), wird am Sonntag Lätare vor Ostern von jungen Dirnen und Burschen, welche die Dorfjugend umschwärmt, durch das Dorf getragen. Dabei werden Lieder abgesungen, die theils Klagelieder sind, theils lustige Spottgesänge. Wenn der Zug an den Dorfmühlbach oder den nächsten Teich gelangt ist, dann hat die Stunde der Lumpenkönigin geschlagen. Einige Schläge mit dem eisenbeschlagenen, mit einem Beile versehenen Stock beginnen das Zerstörungswerk. Jeder sucht dann einen Büschel oder Zipfel vom Leibe des Monstrums zu erhaschen; denn diese sind ein Schutzmittel gegen Krankheit, Tod und Unheil jeder Art. Dann werden die Reste ins Wasser geworfen, die Morena wird ertränkt. Jauchzend bewegt sich der Zug ins Dorf zurück: eine mit Palmenzweig, Bändern und bunten Eiern geschmückte Figur ist an die Stelle der unglücklichen Todesgöttin getreten als Symbol der wiedererwachenden[WS 3] Natur, und das Fest schließt mit Tanz und Jubel. †
H. P. in Berlin. Klara Ziegler ist am 22. Februar 1862 zum ersten Male in Bamberg aufgetreten. Das Brockhaus’sche Konversationslexikon, welches die Daten von den betreffenden Persönlichkeiten selbst erbittet, giebt dies in allen Auflagen so an. Wenn die Künstlerin ihr Jubiläum am 21. Februar gefeiert und an diesem Tage die Huldigungen ihrer zahlreichen Verehrer entgegengenommen hat, so mögen andere Rücksichten dabei obgewaltet haben. Das Neue Theater in Leipzig ist 1868 eröffnet worden: Klara Ziegler ist allerdings 1867, nicht 1869 nach Leipzig gekommen. Ihr Bild als „Brunhild“ brachten wir im Jahrgang 1868, S. 509 der „Gartenlaube“, nicht 1878.
H. W. in Berlin. Der Grillparzer-Preis ist bei dem Jubelfeste des berühmten österreichischen Dichters gegründet worden und wird dem besten im Laufe des letzten Jahres erschienenen Drama zu Theil, wenn es sich auf der Bühne erprobt hat und litterarischen Werth besitzt. In diesem Jahre erhielt ihn der Dichter Ludwig Anzengruber in Wien für sein Drama „Heimg’funden“, eine Weihnachtskomödie; drei Jahre ist der Preis nicht ausgetheilt worden, weil die Bedingungen des Stiftungsbriefes nicht erfüllt schienen. Die bisher ausgetheilten Preise erhielten Wilbrandt für seinen „Gracchus“ und Wildenbruch für seine „Karolinger“.
Dora S. in O. Bannon. Ihre Adresse ist völlig unleserlich. Wir ersuchen Sie, Ihre Anfrage mit deutlicher Angabe der genauen Adresse zu wiederholen, worauf wir Ihnen brieflich antworten werden.
J. v. d. P. in Homburg. Sie finden die gewünschte Auskunft in dem Artikel „Künstliche Diamanten“ von Carus Sterne, „Gartenlaube“ 1880, Seite 338.
R. in B. Sie finden die Theaterpreise zu hoch an deutschen Bühnen? Wie hoch müssen aber die Preise für Plätze in Amerika sein, wenn bei dem Gastspiele Niemann’s im New-Yorker Metropolitan-Opernhause jede Aufführung des „Tristan“ 7000 Dollars einbrachte, die fünf Tristan-Aufführungen also die Summe von 140 000 Mark? Gewiß hat Niemann bei erhöhten Preisen gespielt: trotzdem aber bleibt das finanzielle Ergebniß für unsere europäischen Verhältnisse ein ganz außergewöhnliches.
Inhalt: Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 165. – Vom Nordpol bis zum Aequator. Populäre Vorträge aus dem Nachlaß von Alfred Edmund Brehm. Adlerjagden des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich. IV. (Schluß.) S. 170. – Ein Stück Fächerlitteratur. Von Wilhelm Goldbaum. Mit Illustration. S. 173. – Ein verhängnißvolles Blatt. Erzählung aus den bayerischen Bergen von Anton Freiherrn von Perfall. (Fortsetzung). S. 174. – Eine Hochzeit in der Seligmacherarmee. Von Wilh. F. Brand (London). S. 179. – Blätter und Blüthen: Spreeschiffer. S. 180. Mit Illustration S. 165. – Handarbeitsstunde. S. 180. Mit Illustration S. 169. – Japanisches Prinzenpaar in Berlin. S. 180. Mit Illustration S. 172. – Das Todaustragen in Mähren. S. 180. Mit Illustration S. 177. – Kleiner Briefkasten. S. 180.
- ↑ Vergl. Jahrg. 1883, S. 124 und 1887, S. 83. Von dem Verfasser ist in seinem Werke „Londoner Streifzüge“ (Halle a. S., Otto Hendel) eine ausführliche Abhandlung über die Seligmacherarmee veröffentlicht worden.