Die Gartenlaube (1880)/Heft 35
[561]
Zum Gedenktage von Sedan.
2. September 1870. – 2. September 1880.
Zu Sedan auf der Aue
Wie war das Gras so roth!
Da lag im Abendthaue
Manch Deutscher bleich und todt.
Die Lippe starr und stumm –
Wer da sein Blut vergossen
Der wußte wohl warum.
Für’s höchste Gut in Wehre
Für unsers Volkes Ehre,
Für’s heil’ge Vaterland,
Für’s Liebste, das die Erde
Uns hegt in weitem Rund,
Für zarten Kindermund!
Zu Sedan auf der Aue,
Da brannte wild die Schlacht,
Und Wilhelm Rex, der graue,
Er führte, blutberonnen,
Die Wackern all’ in’s Feld –
Da wichen die Colonnen
Vor dir, o Preußenheld.
Mit Donner und mit Blitz
Europas Kraft geschlagen,
Das Heer von Austerlitz –
Nun trag es schwere Fessel
Gefangen lag’s im Kessel
Im grünen Thal der Maas.
Zu Sedan auf der Aue
Zerbarst des Corsen Thron –
In lautem Jubelton:
Daß groß wir wieder worden
Und einig stark zugleich,
Stark von der Ostsee Borden
Geeinigt nun im Kampfe,
Mein Volk, vergiß es nie,
Daß dir im Schlachtendampfe
All’ Glanz und Ruhm gedieh!
Manch Deutscher bleich und todt –
Zu Sedan auf der Aue,
Da war das Gras so roth.
Ernst Ziel.
„Bist Du mir noch gut, Johannes?“ fragte Ina schmeichelnd, wie ein verzogenes Kind, das sich seiner Macht bewußt ist.
„Gewiß,“ sagte ich ernst. „Daß ich Dein Freund, Dein treuer hülfbereiter Freund immer bleiben werde, habe ich dies nicht durch die Eile bewiesen, mit der ich Deinem Rufe folgte?“
„O ja,“ sagte sie gedehnt. Dann schwiegen wir Beide eine Weile. „Du bist mir doch böse,“ schmollte sie plötzlich; „ich sehe es Deinem bärbeißigen Gesicht an, wenn Du auch noch so energisch den Kopf schüttelst. Wärst Du sonst so frostig und reservirt gegen Deine kleine Ina gewesen?“
„Sei doch vernünftig!“ sagte ich etwas ungeduldig. Der kindliche Unverstand der Frau von siebenundzwanzig Jahren fing an mich zu verdrießen. „Die Verhältnisse sind ja ganz verändert – wir müssen ihnen Rechnung tragen.“
„O, dann hast Du mich nie wahrhaft geliebt,“ brauste sie auf und trat hart auf das Parquet.
„Sollte ich etwa mein halbes Leben hindurch Trauer anlegen, weil eine gewisse junge Dame den reichen, adeligen Grundbesitzer dem jungen Arzt vorzog?“ fragte ich ruhig.
„O, ich war so arm,“ entschuldigte sie sich, „und Tante drang so sehr in mich, daß ich – – Rochus war in mich verliebt und –“
„Gieb Dir keine unnöthige Mühe!“ unterbrach ich sie gleichmüthig (ich wunderte mich selbst, daß ich dieser verführerischen Sirene gegenüber Herr der Situation blieb). „Es ist für uns Beide vielleicht das Beste gewesen, daß es so kam. Du vornehme Treibhausblume paßt nur auf die sonnigen Lebenshöhen, mein Weib aber müßte auch in den Tiefen des Lebens, in den Abgründen der Noth und des Elends, zu denen mein Beruf mich oft genug hinabzusteigen zwingt, standhaft neben mir Schritt halten.“
„Und doch,“ lispelte sie, „doch, Hans, wollte ich Dich eben fragen, ob ich Dir nichts mehr sein kann, ob Du mich mit Dir nehmen willst?“
„Baronin!" rief ich empört.
Einen Augenblick starrte sie mich groß und erschrocken an.
„Hans, bitte, bitte, nimm mich mit Dir!“ – sie sagte es unruhig und angstvoll. Spielend hatte sie alle Hindernisse wegzuräumen geglaubt: der dumme, immer dienstbereite Hans, meinte sie, müsse hochbeglückt das Taschentuch aufnehmen, das ihrer überlegenen Laune heute gefiel ihm huldvoll zuzuwerfen. Aber der Hans von heute that merkwürdiger Weise nichts von alledem. Die kleine schlaue Person mochte ihm das vom Gesicht lesen und auch vielleicht noch etwas mehr, daß er nämlich anfing sich zu schämen, dieser Frau früher die besten Gefühle seiner Brust geweiht zu haben. Ina Bassowitz war ohne Zweifel eines jener Geschöpfe, die blitzartig erfassen und mit feinem Verstande den Andern schnell durchschauen. Nachdem sie entdeckt hatte, daß die Maschen des
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„Hans, Du bist der einzige Mensch auf der weiten Welt, dem ich vertrauen kann, der mir ein wahrer Freund ist. Die Wahrheit zu sagen; ich fürchte mich vor dem Baron. Er ist furchtbar in seinem Jähzorn. Du müßtest sehen, wie dunkelblau die Adern ihm dann auf der Stirn schwellen, wie seine Augen blitzen. Ich glaube, er wird mich tödten, zermalmen, wenn er erfährt … Hans, Hans,“ sie faltete beschwörend die schmalen Kinderhände zusammen und blickte mich flehentlich an – „Du mußt mir forthelfen von hier, ehe … Nimm mich morgen mit, ehe Einer wacht, verstecke mich irgendwo in der Residenz, bis seine erste Wuth vorüber ist, laß mich –“
„Was in aller Welt hast Du denn angerichtet?“ unterbrach ich sie.
„Mein Stiefsohn,“ sagte sie zaudernd, „starb durch –“
Es klopfte leise. Ich ging zur Thür und öffnete. In dem hallenartigen, von gothischen Fenstern hier und da durchbrochenen Corridore stand hoch und schlank Ingeborg.
„Der Baron sucht Ina,“ sagte sie; in ihrer Stimme lag vieles: Tadel, Geringschätzung – ich weiß nicht was noch. Unwillkürlich tastete ich nach Ingeborg's Hand und hielt sie fest. Die Mißachtung dieses hoheitsvollen Mädchens wollte ich nicht ertragen.
Die Baronin war erschrocken aufgefahren und an uns vorüber wie ein gehetztes Reh die Treppe hinabgeeilt. Durchdringend und kalt sah Ingeborg mich aus ihren großen Augen an; ihre Finger ruhten leblos wie Marmor in meiner Hand.
„Hoffentlich messen Sie mir keine Schuld an dem Besuche der Frau Baronin bei,“ sagte ich.
„Jetzt nicht mehr,“ entgegnete sie mit stolzer Wahrheitsliebe. Ihre Finger drückten leise meine Hand, ehe sie sie zurückzog. Wie schnell eine edle Seele einen vorwurfsfreien Menschen erkennt und versteht!
„Könnte ich den Verstorbenen heute Nacht noch sehen?“ fragte ich. Ina's angstgefolterte Worte hatten mir einen furchtbaren Verdacht erweckt.
„Wenn Sie die Unbequemlichkeit nicht scheuen und einen Augenblick warten wollen, Herr Professor, bis ich den Schlüssel der Verbindungsthür geholt, will ich Sie hier über die Gallerie in die Hauscapelle führen, wo sie die Leiche aufgebahrt haben. Wir stören dann Niemanden und können unbemerkt hingelangen. Warum den armen Vater erst daran erinnern? Setzen Sie lieber Ihren Hut auf! In der Gallerie zieht es sehr.“
Sie ging und war mit dem Schlüssel gleich wieder da. Während wir durch die säulengetragene Loggia schritten, die längs der Seitenwand des Schlosses hinlief und die Capelle mit demselben verband, versuchte ich aus dem schweigsamen Mädchen etwas über des Junkers Krankheit und Tod zu erfahren. Sie bestätigte, daß er als Kind an Zuckungen gelitten. Wie scharf dieses stille Mädchen beobachtete, sah ich daraus, daß sie mit dem Auge des Physiologen jeder, sonst nun dem Mediciner erkenntlichen Krankheitserscheinung gefolgt war. Sie schilderte klar die Vorboten der Anfälle, die um die Augen herum in's Bläuliche spielende, auf Wangen und Nase in's Gelbliche fallende Gesichtsblässe, die Verminderung der natürlichen Wärme, das Frösteln, die spitze, verengte Nase, die den Athem beschwerte; von der gesteigerten Nerventätigkeit, dem Hart- und Erstarrtwerden der Muskel gab sie mir in einfach-schlichten Worten ein anschauliches Bild.
Meinen Fragen nach den letzten Erscheinungen vor dem Tode Malte's wich Ingeborg aus; sie sagte ganz aufrichtig: da Alles zu spät sei, möchte sie lieber nicht darüber sprechen.
Sie hob das Windlicht hoch und beleuchtete die ausgebuchteten Steinstufen, die wir zu einem schmalen Gange hinunterzusteigen hatten. Die feuchten Steinwände glitzerten im Licht, als hätten sie sprühende Krystallatome angesetzt; unsere Schritte hallten dumpf wider in dem gruftartigen Raume. Feucht und moderig schlug uns die Luft entgegen.
„Hier ist lange nicht gelüftet worden. Der Gang wurde, glaube ich, seit meiner Taufe nicht wieder benutzt,“ bemerkte Ingeborg, indem sie anfangs vergeblich versuchte, das eingerostete Schloß einer schweren Thür mit dem Schlüssel zu öffnen.
„Seit Ihrer Taufe? Erinnern Sie sich derselben?“ war meine lächelnde Frage.
„Gewiß. Ich war damals drei bis vier Jahre alt.“
„So spät sind Sie getauft?“
„Die verstorbene Baronin hielt es für ihre Pflicht, den kleinen Fremdling auf alle Fälle taufen zu lassen, damit nicht möglichen Falles ein Heide unter ihrem frommen Dache groß würde. Ach so, Herr Professor, Sie wissen wahrscheinlich nicht, was jedes Kind im Dorfe Ihnen erzählen könnte: daß ich ein vom Meere ausgespültes namenloses Ding bin.“
„Eine Perle,“ sagte ich halblaut zu mir selbst; zum Glücke kreischte das alte Thürschloß so sehr, daß sie es nicht hörte.
„Der Baron hat nach stürmischer Nacht mich aus einer Kiste aufgelesen, die an die Küste trieb. Ich stammelte eine fremde, Allen unverständliche Sprache, und da man nichts als 'Inge' heraushörte, nannte man mich: Ingeborg. Der Eine hält mich für eine nordische Prinzessin irgend eines fernen Landstrichs; der Andere meint, ich sei das Kind des Capitains von dem gescheiterten Schooner, den man Abends vorher gesehen, dessen Nothschüsse man gehört und der dann mit Mann und Maus von der Meeresoberfläche verschwunden war. Keine lebende Seele hat mich zurückgefordert oder auf die vielen Zeitungsaufrufe auch nur ein Zeichen gegeben, und so hat die Baronin, statt der gestorbenen kleinen Tochter, die Malte's Zwillingsschwester war, mich bei sich behalten. Sehen Sie, Herr Professor, so kam es, daß ich meiner eigenen Taufe mich entsinnen kann. – – Bitte, versuchen Sie doch einmal!“ bat sie auf den im Schlosse steckenden Schlüssel zeigend.
Wirklich gab das Schloß meinen wiederholten Anstrengungen nach. Die eiserne Pforte that sich knarrend auf, und wir traten in die todtenstille Capelle.
Unheimlich hallten die Fließen unter dem Fuß; unheimlich sah der fahle Mond durch die bunten Kirchenfenster; unheimlich raschelten die trockenen Todtenkränze an den Wänden, als wir sie im Vorübergehen streiften.
Mit schwarzem Tuch waren die Wände rings um den Altar ausgeschlagen, und die breiten Stufen mit hohen Fächerpalmen besetzt. Dicke Wachskerzen dampften um den Katafalk, und bleich und still hingestreckt lag ein Jüngling darauf. Die zusammengekrümmten Hände ruhten auf der Brust; die Gesichtsmuskeln waren in ergreifendem Ausdruck des Schmerzes erstarrt. Man sah diesem schönen Jünglingsantlitz, das eine zartere, feinere Copie des Barons war, an, daß es blitzartig hingemäht, durch irgend ein überwältigendes Ereigniß aus dem Leben gegangen war. Wo blieb mein schwarzer Argwohn? Hier hatte keine fremde Hand störend in den Mechanismus eingreifen können, und doch klagte sich die Baronin selber an? Sollte sie –?
O nein, so freventlichen Thuns, so schamloser Leichtfertigkeit konnte ich sie unmöglich für fähig halten. Immer räthselhafter, immer dunkler wurde mir ihr Thun; sollten wir es mit geistiger Störung zu schaffen haben? Arme, kleine Ina, es wäre gräßlich. Hatte der schnelle Tod des Stiefsohnes deinen hellen Kopf zerrüttet; oder war er dir mehr gewesen, als er dir sein durfte? Ueberlebten Beweise und Zeichen einer sündhaften Neigung zu ihm den Verstorbenen und zittertest du deshalb vor der drohenden Entdeckung, vor deines Gemahls furchtbarem Zorn?
So wälzten sich die Gedanken in meinem Hirn, während Ingeborg's Hand liebevoll die lichtbraunen Locken aus der marmornen Stirn des Todten fortstrich.
An dem Hauptportal klirrte ein Schlüsselbund. Ingeborg zog mich stumm mit sich in die Sacristei, während ein schlarfender Schritt durch die Säulenhalle kam, und das Licht einer Handlaterne vor dem Ankömmling her auf die Fließen fiel.
Die Stirn an das durchbrochene Metallfenster der Sacristei gedrückt, spähte ich hinaus. Der Schritt, der ein leises Echo hatte, kam sehr langsam näher. Es war nicht eine Person; es waren deren zwei. Der die Laterne trug, war ein alter Mann, der den Schirm der Hausmütze tief über die Augen gezogen hatte; neben ihm schritt eine weibliche Gestalt von der Größe und Zierlichkeit der Baronin; es wurde ihr sichtlich schwer, sich fortzubewegen; sie stand alle Augenblicke still und hielt sich an den Kirchenstühlen aufrecht, und die Altarstufen stolperte sie förmlich herauf. Der alte Mann griff ihr stützend unter die Arme.
Ich blickte mich fragend nach Ingeborg um, die neben mir am Fenster stand und mit reger, ich möchte fast sagen: gespannter Theilnahme dem Schauspiel da am Sarge folgte. Ihre Augen schwammen [563] in Thränen; sie drückte bedeutsam meine Hand, als wollte sie jedes Wort niederhalten.
Die Frauengestalt war neben dem Katafalk mit leise wimmerndem Klagelaute zusammengebrochen. Das ihr vom Kopf herabgesunkene Tuch ließ eine schimmernde Pracht aschblonder Flechten sehen, auf denen das hin und her flackernde Kerzenlicht elektrische Funken sprühen ließ. Ein jugendlich schönes, gramdurchwühltes, verweintes Gesicht lag unter den schweren Flechten, ein Gesicht, dessen Hauptreiz unbeschreibliche Unschuld und Reinheit war, die kindliche Unberührtheit eines unentweihten Herzens. Heftiges Schluchzen erschütterte die feine, zarte Gestalt.
„Leonore, das darfst Du mir nicht anthun,“ sagte der Alte, „siehst Du, ich hätte nicht nachgeben, Dich nicht hierher geleiten sollen. Nur wird mein fröhlicher Singvogel die Flügel hängen lassen und auch hinsterben vor Gram. Kind, Kind, für den Tod ist kein Kraut gewachsen. Alt muß sterben; Jung kann sterben und Dein armer alter Vater hat nichts auf der Welt als Dich. Leonore, Leonore,“ rief er angstbeklommen, als das Mädchen wie von Sinnen ihr bleiches Gesicht in die Bahrtücher grub, „Leonore –“
Plötzlich verstummte er. Mit weit aufgerissenen Lidern, als sähe er etwas Gräßliches, stierte er auf den Todten. Ein angstvoll kreischendes: „Alle guten Geister loben den Herrn!“ brach von seinen Lippen; er wankte und wäre wohl die Altarstufen hinabgestürzt, hätten Ingeborg und ich, hastig herbeispringend, ihn nicht aufgefangen.
„Mann, was ist Euch – Küster, was haben Sie?“ drangen wir auf den Verstörten mit Fragen ein. Mit dem erhobenen Finger deutete er starr auf die Leiche. Was ich da sah, hätte auch stärkere Nerven, als die des armen, alten Küsters in Aufruhr bringen, auch einen festeren Verstand mit abergläubischem Grauen packen können. Der Todte, der vorhin auf dem Rücken gelegen, hatte jetzt das Antlitz ein klein wenig auf die Seite gekehrt; die gekrümmte Rechte war nun lang ausgestreckt schlaff herunter gefallen; die starren Finger berührten mit ihren Spitzen den Boden.
Den fassungslosen Greis schnell in einen der Kirchenstühle drückend, waren Ingeborg und ich mit einem Satze die Stufen wieder hinauf neben der Bahre. Ingeborg hob das ohnmächtig hingesunkene Mädchen mit schneller Geistesgegenwart empor und trug es hinaus – ich weiß nicht wohin – in das Küsterhaus wahrscheinlich. In einer Minute war sie wieder zurück und rüttelte den geistesstumpfen Alten auf.
„Mann, rafft Euch auf, damit wir dem Doctor da helfen können! Hier handelt es sich um ein rückkehrendes Leben, das wir vielleicht dem Tode noch abringen können. Auf, Vater Steffens, wenn Ihr den Junker je lieb gehabt!“
Das barsche Wort half schneller und besser, als jede Erklärung; es rief die gestörten Sinne des Küsters zur Ordnung. Das kluge, starke Mädchen ließ mich vergessen, daß es ein Weib, daß es nicht mein guter tapferer Camerad war in dieser schweren Stunde. Die Gedanken las sie mir von der Stirn, jede Sorge aus der Seele. Sie quälte mich nicht mit müßigen Fragen: „wird er leben, wie, wann?“ Instinctiv errieth sie meinen Ideengang, kam meinen Absichten resolut mit der That entgegen, ward ohne Prüderie, nur der Herrschaft des Augenblicks gehorchend, mein Assistent, ein schweigsamer, kluger, mit divinatorischer Kraft begabter Assistent, wie sich jeder Arzt ihn in so schwierigem Falle, wo Tod und Leben an einem seidenen Haare hängt, nur begehren kann. Noch ehe ich den Wunsch aussprechen konnte, den Unglücklichen aus seiner schauerlichen Umgebung zu entfernen, um bei der möglichen Rückkehr zum Leben ihn nicht den schädlichen Eindrücken derselben preiszugeben, schlug sie mir vor, denselben in das angrenzende Küsterhaus zu tragen, um den Schloßbewohnern nicht vorzeitige Hoffnungen zu erwecken, die sich vielleicht doch nicht realisirten.
Ueber den kleinen Hofraum, der die Capelle von der Küsterwohnung trennte, half sie dem Alten und mir den Körper tragen. In der niedrigen Wohnstube legten wir ihn auf das Ledersopha.
Lebte er wirklich noch?
Eine genaue Auscultation der Herzgegend ließ mich beinahe hoffnungslos; Aufträufeln von Siegellack und kochendem Wasser blieb nutzlos, ebenso Bürsten der Fußsohlen, Waschungen mit Naphtha und Wein; vergeblich reizte ich die Nasenlöcher; mittelst einer rasch gewirbelten Feder bespritzte ich ihm kräftig Gesicht und Brust etwa zehn Mal mit kaltem Wasser. Blutüberführung aus einem gesunden in diesen dem Leben noch halb angehörigen Körper konnte vielleicht nützlich sein – woher aber das Blut in aller Eile nehmen? Ich ließ ein Wort davon zu Ingeborg fallen. Stillschweigend streifte sie den Aermel vom Arme und reichte ihn mir, als verstünde sich das von selbst.
Ich führte dieses kostbare Blut mittelst einer gewöhnlichen kleinen Spritze in eine Vene des Scheintodten ein. Vergeblich!
Beinahe verzweifelte ich. Noch zwei Versuche – schlugen sie fehl, mußten wir den jungen hoffnungsvollen Leib da doch der finsteren Gruft übergeben.
Sein Gesicht abwärts kehrend, seine Brust durch Unterschieben meines zusammengerollten Rockes erhöhend, versuchten wir ihn zu Athmungsbewegung zu zwingen. Wir wandten ihn sanft auf die Seite, noch ein wenig darüber hinaus, dann rasch wieder auf das Gesicht. Dieses Umwenden wiederholten wir durchaus gleichmäßig, etwa fünfzehnmal in der Minute, und jedesmal, sobald der Körper wieder auf dem Gesicht lag, drückten wir kräftig die Rückenfläche seines Brustkastens entlang mit der Hand, bis er wieder auf die Seite gedreht wurde. Vergeblich!
Wir legten ihn, beinahe muthlos schon, auf dem Rücken ausgestreckt auf ein schräggelegtes Brett, sodaß Kopf und Brust ein wenig höher lagen, und schoben ihm zusammengerollte Bettkissen unter die Schulterblätter. Ingeborg stellte sich auf meine Anordnung hinter den Kopf des Leblosen, faßte sodann beide Arme nahe oberhalb der Ellbogen und zog dieselben sanft und gleichmäßig schnell bis zum Rumpfe herauf, zugleich etwas rückwärts und nach außen. Zwei Secunden lang hielt sie die Arme so nach oben gestreckt; dann bewegte sie dieselben langsam wieder abwärts und drückte die Ellbogen fest gegen die Seiten der Brust. Sofort wurden dann die Arme wieder erhoben, wieder herabgelassen, tactmäßig ruhig, fünfzehnmal in der Minute. Den Secundenzeiger meiner Uhr scharf im Auge, gab ich das Tempo an. So müheten wir uns eine Stunde – auch das war vergeblich.
Ein leises Wort zu Ingeborg, und sie eilte in die angrenzende, räucherig finstere Küche, wo eben ein gebücktes Mütterchen die Kohlengluth anblies. Sanft schob sie die Alte bei Seite. Ihre weißen Hände schürten schnell die Gluth, und setzten auf den Dreifuß den irdenen Topf mit Wasser. Die helle Flamme bestrahlte ihr schönes ernstes Gesicht, während sie aus dem ärmlichen Hausrath zusammensuchte, was ich haben wollte.
Nun brachte sie schnell herbei, was ich in Ermangelung einer galvanischen Batterie gebrauchte, um durch Elektricität auf die erstarrten Lebensfunctionen einzuwirken. Da die Voltasäule von Doppelplatten mir in der Geschwindigkeit zur Elektropunctur fehlte, stach ich eine feine Acupuncturnadel in die Gegend des Herzens zwischen die Rippen einen halben Zoll tief ein und befestigte daran einen silbernen feinen Draht, den Ingeborg im Schlosse aus einer venetianischen Filigranarbeit gebrochen hatte; hieran fügte ich einen silbernen Löffel, den ich in ein Glas mit Salzwasser brachte. Noch eine zweite Nadel stach ich in die Herzgrube, befestigte daran einen andern feinen Draht, woran sich ein Stück Zink befand, und legte dieses in ein Glas mit warmem Wasser und Asche. Beide Gläser stellte ich nun nahe an einander und schloß abwechselnd die galvanische Kette durch einen feinen, polirten, trocknen Draht, den ich mit meinem seidenen Taschentuche anfaßte.
Mit aufmerksamem Auge war Ingeborg jeder meiner Bewegungen gefolgt. Ich glaube, daß das Interesse an dem wissenschaftlichen Experimente sie eine Secunde sogar ihren Schmerz überwinden ließ. Mit angehaltenem Athem folgten wir gespannt der Wirkung dieses letzten einfachen Mittels.
Gott im Himmel, in der elften Stunde hattest du Erbarmen mit diesem jungen zu früh gebrochenen Dasein.
Leise Erschütterungen erfolgten nach einer Weile. Die fahlen Lippen rötheten sich schwach. Nach zwanzig Minuten vernahm mein tief über Malte gebeugtes Ohr einen zartsäuselnden Laut, schwach wie ein Hauch, dann leises Athmen, der Anfang wiederkehrender Respiration, die mehr zu errathen, als wahrzunehmen war.
Noch eine Viertelstunde und in das Todtengesicht tritt matte Färbung; die steifen Muskel werden schlaff, dann die erschlafften allmählich gespannt. Mit einem tiefen Seufzer schlägt der dem Leben Zurückgegebene klar bewußt die dunkelblauen Augen groß auf, und läßt sie von Einem zum Andern wandern.
Aus der angrenzenden Kammer ist eine weiße Mädchengestalt scheu auf die Schwelle getreten. Keiner hat sie im Eifer angestrengtester Erwartung gesehen, Keiner sie beachtet.
[564] O welch ein jubelnder Schrei hallt durch das niedrige Zimmer, welch Jubeln und Weinen zugleich, als sie hinstürzt zu ihm und, seine Kniee mit beiden Armen umklammernd, vor ihm niedersinkt! Die Sichzurueckgegebenen halten sich fest, fest als könnten sie sich nimmer lassen, in wortlosem Jubel umschlungen.
Still war Ingeborg hinausgeschritten in die Küche und hatte die Thür sacht hinter sich zugezogen. Ich ging ihr nach. Die gefalteten Hände auf den rothen Backsteinherd gestützt, stierte sie in die Kohlengluth. Große Thränen rannen ihr über das Gesicht. Das bisher so besonnene, stillgefaßte Mädchen weinte hier in der Verborgenheit ihre Freude aus. Als sie meinen Schritt hörte, wandte sie den Kopf und griff stumm nach meinen beiden Händen; sie preßte sie an ihr Herz und dann in überströmender Dankbarkeit an ihre Lippen.
Tief ergriffen, zog ich sie leise an mich. „Ingeborg, nur gemeinsam konnten wir so wirken,“ raunte ich ihr zu. Dann entwand sie sich hocherröthend meinen Armen und verließ die Hütte.
Ich gab meine Anordnungen. Erst wenn der Patient zu vollen Kräften gekommen, sollte die Schloßherrschaft von dem unerhörten Glück benachrichtigt werden. Inzwischen sollten Vater Steffens, die alte Muhme und Leonore den Kranken pflegen. Als ich den glücklich lächelnden jungen Mann in Vater Steffens' hohem rothwürfligem Federbett verschwinden sah, ihm vorsichtig ein wenig Wein mit warmem Wasser eingeflößt und Leonore beauftragt hatte, ihm später geringe Quantitäten schwachen Kaffees zu geben, trat ich aus dem schwülen kleinen Raum hochaufathmend hinaus in Gottes freie Natur.
Der Seewind fächelte mir die heiße Stirn und lockte mich die Eichen-Allee hinab dem Meere zu.
Ueber der Erde lag der dämmende Tag. Roth schwebte der Morgenhimmel über dem wie Silber schimmernden Element, und rosig hauchte der gluthroth hinter dem Meeresspiegel auftauchende Feuerball den riesigen Schuppenpanzer an, zu dem der leise Morgenwind die Meeresfläche kräuselte. Auf dem Steg erblickte ich Ingeborg. Ihr aufgegangenes Haar warf der Morgenwind wie einen strahlenden Kaisermantel um die hohe Gestalt. Sie blickte sinnend in die Fluth.
„Darf man fragen, Fräulein Ingeborg, worüber Sie nachdenken?“
Ich stand neben ihr auf der Brücke. Ernst lächelnd blickte sie zu mir auf und deutete mit dem Finger auf einen Raubfisch, der in der Tiefe einen kleineren beharrlich verfolgte.
„Es ist so viel Frieden in der Natur – warum bekämpfen sich in mörderischer Fehde alle organischen Wesen in ihr, weshalb ist es Naturgesetz, daß überall die rohe Kraft die schwächere aufzehrt? Weshalb Kampf, Kampf unter Mensch und Thier, wohin man blickt?“
„Ich kenne ein Verhältniß, das im Leben diesen Kampf aufhebt, ein Mittel, das –“
Fein lächelnd fiel sie mir in's Wort. Wieder hatte sie mich errathen und durchschaut, ehe ich ausgesprochen.
„Sie vergessen, daß auch das Verhältniß der beiden Geschlechter zu einander nur ein Kampf um die Herrschaft ist. Nie, nie könnte ich mich zu der Rolle des Ambos herabwürdigen lassen.“
Voll Bewunderung sah ich sie an. Wohin war mein Ideal vom Weibe: Zartheit, Demuth, Kindlichkeit? Die Ahnung dämmerte in mir auf, daß neben den starken Mann das starke Weib gehört, nicht unter, nicht über ihn, aber ihm gleichberechtigt an die Seite gestellt.
„Ingeborg,“ sagte ich, mich tief über sie beugend, „es giebt doch einen Ausgleich in dem Kampfe: die Liebe; sie läßt an eine Ewigkeit glauben.“
Ingeborg schwieg. Nur ihr Auge blickte warm und offen zu mir auf. Und da lehnte sich ihr schönes Haupt vertrauensvoll zurück an meine Schulter, und Friede – der Friede nach dem Kampfe – ruhte auf ihrer Stirn.
Um uns rauschte das Meer – –
Der Freudentaumel des Wiederfindens war unter Scenen lebhaftester Erregung verraucht. Mein Erstes war, dem glücklichen Vater zu erklären, daß ich jede Verantwortung von mir ab auf ihn schieben müsse, wenn in der schnellfortschreitenden Genesung sich ein Stillstand oder gar ein Rückschritt zeigen sollte, Erscheinungen, die ich dann nur der schädlichen Einwirkung geistiger Erregung zuschreiben könnte. Ohne daß ich bisher die einzelnen Fäden kannte, durchschaute ich längst den kleinen Roman, der sich zwischen Malte und Leonore abgespielt, und benutzte die weiche Stimmung des Barons zu Gunsten des jungen Paares, indem ich versicherte, daß eine durch nichts unterbrochene Gemüthsruhe und die umsichtige Pflege eines ihm mit jedem Gedanken ergebenen Menschen für seinen Stammhalter das beste Mittel sein würde, binnen Jahresfrist das drohende Gespenst der fürchterlichen Krankheit für immer zu bannen. Ungern, aber der Macht der Verhältnisse sich fügend, gab der Baron nach, und Leonore Steffens durfte als die Braut des Junkers mit auf das Schloß ziehen und dessen Pflege übernehmen.
Eine lange im Flüsterton gehaltene Unterredung hatte es vorher in der Küsterwohnung zwischen Vater und Sohn gegeben, während das arme Mädchen einem verschüchterten Vöglein gleich, das mit ängstlich zusammengezogenen Schwingen sich verborgen hält, im dunkelsten Winkel der Küche sich zusammenduckte. Zum Schluß küßte der junge Baron ehrerbietig und mit gerührter Dankbarkeit die Hand des Vaters; Leonore wurde herbeigerufen, und der ältere Baron berührte in etwas zurückhaltender Förmlichkeit mit den Lippen flüchtig die holde Wange. – – –
Mit Ausnahme des Haushofmeisters, der mir ein feines Frühstück mit in krystallner Caraffe funkelndem uraltem Madeira auf mein Zimmer geschickt, hatte sich keiner der Schloßbewohner den langen Vormittag um mich bekümmert. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan,“ sagte ich mir. „Darf ich jetzt gehen und den Genesenden sich selbst überlassen?“
Ich zog mein Notizbuch hervor, um mir meine ärztlichen Pflichten daheim zu vergegenwärtigen und nachzusehen, ob ich es verantworten könne, hier noch einen Tag in halber Müßigkeit zuzubringen. Dabei flatterte ein vergilbtes Papierblättchen aus einer der Seitentaschen des Buches.
„Du bist wie eine stille Sternennacht;
Ein süß Geheimniß ruht auf deinem Munde,
In deines dunklen Auges feuchtem Grunde –
Ich weiß es wohl und hab' es wohl in Acht.! – –
las ich kopfschüttelnd. Wie fern, wie schattenhaft fern lag die Zeit, wo ich in jugendlicher Schwärmerei dem verschleierten Blick von Ina's veränderlichen Augen diese Verse gewidmet hatte! Eine Sphinx, ein lebendes Räthsel war sie mir heute mehr als jemals, aber ich ahnte schon: wenn sich der Schleier von dem Bilde zu Sais heben werde – o, dann werde auch nicht der geringste Bruchtheil von meinem Jugendideal stehen bleiben; ich fühlte im Voraus, daß nicht alle Geheimnisse dieser unergründlichen Sirene „süß“ seien.
Ein Anderer, der nach scharfem Klopfen mit umwölkter Stirn und düsterem Auge, kurz grüßend, zu mir eintrat, mußte das auch bereits wissen.
„Haben Sie eine Stunde Zeit für mich?“ sagte Baron Bassowitz mit militärischer Kürze, die eine Hand in den Brustausschnitt seines Rockes geschoben, ohne in dem Sessel Platz zu nehmen, den ich diensteifrig herbeirollte.
„Sie stehen der Baronin nah …“ sagte er, und dabei zuckte es ironisch um seine Nasenflügel. Er wußte also von Ina's Nachtbesuch und deutete ihn, wie ihn Jeder gedeutet hätte, nicht zu meinen Gunsten.
„Ich stand Fräulein von Maltiz nahe,“ erwiderte ich. „Sie war meine Jugendfreundin und mir im Stillen verlobt bis zu dem Augenblick, wo sie – Ihre Braut wurde, Herr Baron.“
„Trage ich die Schuld, daß Sie nicht der Begünstigte waren?“ fragte er unbeschreiblich wegwerfend. Um seine Lippen zuckte es boshaft.
„Herr Baron!“ Das Blut schoß mir in's Gesicht. „Ich mache Niemandem den Vorzug streitig, in dem Herzen der Frau Baronin obenan zu stehen. Ich habe die Ehre, Sie – um Fräulein Ingeborg's Hand zu bitten.“
Er fuhr überrascht auf und sah mich groß an. „Sie kennen Ingeborg kaum,“ meinte er. In seinem Ton lag beinahe eine abschlagende Antwort.
„Ich habe mit Ingeborg eine ganze Nacht am Krankenbett gewacht, Zeit genug, um einen solchen Charakter würdigen zu lernen. Sie wissen, Herr Baron, was der Dichter sagt:
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‚Zwei kennen sich schon manches Jahr
Und kennen doch sich nicht am Ende;
Zwei reichen einmal sich die Hände
Und kennen sich schon manches Jahr.‘“
Beschämt reichte er mir die Hand. „Vergeben Sie mir, Herr Professor! Ich habe allen Grund Ihnen dankbar zu sein. Es ist in den letzten Stunden so Vieles, so Unerwartetes, so Fürchterliches auf mich eingedrungen, daß es mich völlig verwirrte. Vergeben Sie mir!“ wiederholte er dringend in schöner Wärme, „und ich will Ihnen dankbar sein. Für das Leben meines Sohnes will ich Ihnen das Beste geben, was ich habe: Ingeborg, den einzigen Schatz von meiner Brust reißen, der mir unvergänglich werthvoll ist. Ich hoffe, Sie werden diese reine echte Perle, die mir das Meer schenkte, zu schätzen wissen, Sie werden sie in die würdige Fassung bringen.“
Gerührt schüttelten wir uns die Hände. Ich wollte ihm von meinen Verhältnissen meiner nicht ungünstigen Lebensstellung sprechen. Er wehrte mir mit einem ungeduldig düsteren: „Nachher, nachher! Alles Geschäftliche wollen wir von beiden Seiten später feststellen.“
Nach einer Pause sagte er: „Ich muß Sie nun bitten, daß Sie Zeuge einer Unterredung mit der Frau Baronin werden.“
„Ich?“ fragte ich betreten.
„Sie gefälligst! Ich möchte einen Unbetheiligten, lieber noch einen für meine Frau parteiisch Gesinnten zwischen ihr und mir stehen haben, während – während – ich Gericht halte,“ sagte er furchtbar ernst.
Wir stiegen in die untere Etage hinab; stumm voranschreitend und nur an den Thüren mir artig den Vortritt lassend, führte er mich im linken Schloßflügel durch eine Reihe sehr einfach und stilvoll gehaltener Herrenzimmer: es waren Waffensäle, Rauch- und Arbeitszimmer und eine werthvolle Bibliothek. Dann kamen wir in das mit gediegener Pracht ausgestattete Schlafgemach, weiter in ein kleines mit äußerster Koketterie decorirtes Toilettezimmerchen, das die Verbindung mit den Wohnräumen der Baronin bildete – und an die Thür des Zimmers klopfte er gebieterisch.
Portraits vom französischen Parlament.
Das lehrreichste Haus von Paris ist ohne Frage der moderne Griechentempel, der mit seiner giebelgekrönten Säulenfront am Ufer der Seine und just dem Platze gegenüber steht, wo Ludwig der Sechszehnte hingerichtet wurde. Mancher Bau mag älter und schöner sein, aber dieser da hat Geschichte gemacht.
Vom Duodi, dem zweiten Pluviose des Jahres VI (Sonntag, 21. Januar 1798) an hat sich hier fast die ganze revolutionäre Aera Frankreichs abgespielt. Hier wurden Verfassungen gegeben und umgestürzt; hier berieth man das vollständigste Gesetzbuch seit der Römerzeit und tagten die Repräsentanten von neun verschiedenen Regierungen, von deren Häuptern einzig Ludwig der Achtzehnte im Vollbesitze der Macht gestorben ist. Die classische Freitreppe wurde nur einmal, aber von einem Riesen überschritten, von Napoleon dem Ersten, der zur Eröffnung des Gesetzgebenden Körpers kam. Zwei Kaiser und drei Könige hielten hier ihre Thronreden, und drei Revolutionen trieben die Erwählten des Volkes aus einander.
Nach dem letzten Sturme von 1870 glich das Haus neun Jahre lang einem Sarkophage; denn die Vertreter Frankreichs tagten unterdessen in Versailles, ohne daß die Atmosphäre dieser Königsstadt, wie die Gegner der Republik ohne Zweifel gehofft, sie hätte umstimmen können. Erst nach der reactionären Verschwörung von 1873, wo die Wiederherstellung der Monarchie blos an der Principientreue des „legitimen“ Kronprätendenten (Graf von Chambord) scheiterte, und nach dem 16. Mai 1877, als der Präsident Mac Mahon vor dem schon eingeleiteten Staatsstreiche zurückschreckte, zog die nationale Souverainetät am 27. November 1879 still und ohne den unter monarchischem Regiment üblichen Pomp wieder in die Hauptstadt des Landes ein.
Der neue Sitzungssaal bildet einen Halbkreis, worin die Bänke der Abgeordneten fächerartig aufgestellt sind; die Sitze sind schmal und die Gänge dazwischen eng. Man merkt, daß der Architekt, welcher statt der 429 Mitglieder und 483 Zuschauer des kaiserlichen Gesetzgebenden Körpers nunmehr 563 Deputirte und 700 Gallerienbesucher unterzubringen hatte, gewaltig in die Enge kam, wenn er die Grundmauern nicht erweitern wollte. Vor dem goldbeschlagenen Präsidentenstuhl, doch einige Stufen niedriger, stehen die Sitze der acht Secretäre und die Rednerbühne mit dem schönen Basrelief der Geschichte, das von der Tribüne von 1798 herrührt. Darüber schaut Rafael’s „Schule von Athen“ in prachtvoller Tapetenwirkerei zwischen den Standbildern der Ordnung und Freiheit hoch herab von der Wand und bildet einen angenehmen Gegensatz zur rothsammetenen Draperie des Saales. An den Wänden des Halbkreises entlang läuft ein stilvoller Säulengang von weißem Marmor, der zwischen sich auf zwei Stockwerken die diplomatischen und gemeinderäthlichen Logen die Damengallerie, die Journalistenpferche und die Räume für das große Publicum hat.
Von den Mitgliedern des sogenannten „Bureaus“, das aus dem Vorsitzenden, vier Vicepräsidenten, acht Secretären und drei Quästoren besteht, gebührt Leon Gambetta in seiner Eigenschaft als Präsident der Kammer auch hier die erste Stelle. Er ist in den letzten Jahren alt, dick und elegant geworden. Seine langen pomadeglänzenden Haare, die an der Stirn und auf dem Wirbel einem schüchternen Mondschein Platz machen, spielen leicht in’s Graue. Sein Gang wird in Folge seines stets kecker vorspringenden Schmerbauches bedächtiger, mühsamer, doch auch gravitätischer. Er präsidirt weniger kühl, methodisch und correct, als sein Vorgänger Grévy, das jetzige Staatsoberhaupt, ist aber doch mit durchgängigem Erfolge bemüht, sein südliches Temperament zu bemeistern und über den Parteien zu stehen. Freilich, wenn die Lärmer von der Rechten einen Tumult in Scene setzen, bricht manchmal die ganze vulcanische Natur des Genuesers hervor. Dann verliert er das Gefühl seiner Würde; all sein dickes Blut schießt ihm in den Kopf; die innere Gluth scheint durch sein gläsernes Auge zu leuchten; die Wildheit, mit der er sein Lineal schwingt, erinnert plötzlich an den Bierbankpolitiker vom Café Procope, und seine Stimme, die in guten Stunden erquickenden Wohllaut und hinreißende Kraft entfaltet, gurgelt wüste und rauhe Töne hervor, womit er seine Gegner in noch größere Wuth versetzt. Immerhin steht er als Redner wie als Vorsitzender thurmhoch über seinen vier Stellvertretern, dem charakterfesten, feurigen Brisson, dem eleganten Vertheidiger Bethmont, dem energielosen Legitimisten Grafen Durfort de Sivrac und dem pedantischen Sénard, der an die Stelle des zum algerischen Generalgouverneur ernannten Albert Grévy, Bruder des ersten Präsidenten, gewählt worden ist. Dieser gesammte Vorstand hat seine liebe Noth, die französisch lebhaften Gemüther zu regieren. Die silberne Präsidentenglocke, ein Geschenk Napoleon’s des Dritten, läutet manchmal unterbrochen den halben Tag lang, und die bewehrten Saalpolizisten rufen sich heiser mit ihrer höflichen, aber eindringlichen Ermahnung:
„Silence, Messieurs, faites silence, s’il vous plaît!“
Verlorene Liebesmühe! Die Privatunterhaltung und die freilich auf dem dicken Fußteppich geräuschlosen, aber doch nicht weniger störenden Spaziergänge dauern lustig fort. Nur wenn ein beliebter und einflußreicher Parteigänger die Tribüne besteigt, giebt es einigermaßen Ruhe; allein die Plauderei macht alsdann meist den tobenden Aeußerungen des Lobes oder Tadels Platz. Diese berechtigte Eigenthümlichkeit französischer Versammlungen ist guten Rednern nicht selten so erwünscht, daß sie sie gewaltsam herausfordern und auf der Stelle beantworten. Einige Leisesprecher haben sogar bestellte Helfershelfer, welche die fehlende Aufmerksamkeit durch eine heftige Unterbrechung zu erregen suchen, während Anfänger, die sich in ihrem Periodenbau verirren, nach der rechten Seite hin blos Napoleon’s Staatsstreich oder nach links die Proclamation der Republik ein Verbrechen zu nennen brauchen, um augenblicklich einen Tumult heraufzubeschwören, welcher den ehrenvollen Rückzug und die stolze Erklärung ermöglicht:
„Ich constatire, daß die Tribüne nicht frei ist, und verzichte auf’s Wort.“
[567] Besonders groß im Scandalmachen ist der Journalist Paul de Cassagnac, ein gewandter Klopffechter mit Feder, Wort und Degen. Er hat eine unsagbar verächtliche Art, seine hohnvollen Reden mit einer Bewegung des rechten Armes zu begleiten, als wollte er jede Phrase, sobald sie gesprochen, wie eine Hand voll Koth der Linken entgegenschleudern. Ist er zu Ende, so stürmt er von der Bühne herunter, provocirt vielleicht zu alten Duellen noch ein neues, hält wohl auch zur Abwechslung den Ministern die Faust unter die Nase und organisirt ein bonapartistisches Concert, das in der Nachahmung von Katzen-, Esel- und Hundestimmen sowie in der geschickten Handhabung von Falzbeinen und Pultdeckeln eine seltene Virtuosität erreicht. Eine Zeitlang wurden solche Ruhestörungen von der reactionären Minorität systematisch und offenbar in der Absicht betrieben jede fruchtbringende Thätigkeit zu verhindern und die republikanische Kammer in der Achtung des Landes herabzusetzen. Man wußte sich jedoch durch parlamentarische Polizeiparagraphen zu helfen. Ein sogenanntes „Kleines Local“ wurde als Arrestzimmer eingerichtet und die unanständigsten Heulmeier, wie kürzlich der Pariser Abgeordnete Godelle, zeitweise ausgeschlossen. Seither wurde der „polnische Reichstag“ wenigstens zu einem französischen, aber auch das ist manchmal noch zu viel.
Derlei Vorgänge rauben natürlich dem monarchistischen Anhange die Achtung des Landes, deren die arg zersplitterte bonapartistische Partei, wo das Schisma in der Dynastie selbstverständlich nachwirken muß, am dringendsten bedarf. Hier wie dort fehlt es an einem unbestrittenen Haupte. Einige halten zu „Plonplon“, Andere zu seinem ältesten Sohne, und der Rest erkennt den Cardinal Lucian oder seinen Bruder, Prinzen Charles, als Chef der Familie an. Von den fünfzig Senatoren und neunzig Abgeordneten sind aber Baron Haußmann und Rouher die einzigen Autoritäten und auch die alten Nebenbuhler geblieben. Namentlich Letzterer, der ehemalige Vicekaiser, hat kürzlich wieder in seiner großen Rede zu Gunsten des Freihandels bewiesen, daß er im französischen Parlamente noch immer „der erste Tenor“ oder wenigstens einer der ersten ist. Da er jedoch mit dem Prinzen Jérome seit Jahrzehnten gründlich zerfallen ist und nur noch Bonapartismus ohne Bonaparte, das heißt mit Ausschluß aller dynastischen Fragen treibt, so entbehre seine Politik des Haltes, wie seine Beredsamkeit der Wirkung, obgleich er von dem talentvollen Jolibois, seinem ehemaligen Geheimagenten Gavini und den wilden Corsicanern Abbatucci, Casabianca, Cunéo d’Ornano und dem jüngst gemaßregelten Arrighi de Casanova Herzog von Padua secundirt wird.
Schlimmer steht es mit der Vertretung des Königthums, obgleich Orleanisten und Legitimisten jetzt brüderlich vereinigt scheinen. Eine rein ultramontane Fraction, welche die ausschließlichen Interessen des Papstthums vertritt, fehlt in der Kammer gänzlich, doch ist vor Kurzem der elsässische Preußenfeind Freppel, Bischof von Angers, gewählt worden, dessen bekanntes schroffes Wesen der jesuitischen Sache aber nur schaden dürfte.
Vorläufig liegt der Schwerpunkt der reactionären Opposition im Senate, und wenn dieser nicht ab und zu sein Vetorecht ausüben würde, so lägen die Geschicke Frankreichs ganz in der Hand der republikanischen Kammermehrheit, die ebenfalls in verschiedene Gruppen zerfällt. Die Staatsverwaltung wurde bisher aus dem liberal-conservativen Centrum gewählt, woraus hervorragende Talente wie der geschäftskundige Dufaure, der unzuverlässige Jules Simon, der ehemalige Orleanist Say, Léon Renaut, Cochery und Andere an’s Ruder gelangten. Jetzt hat sich das Uebergewicht mehr nach links und der größten Gruppe zugewendet, die man officiell den Opportunismus nennt, weil er jahrelang eine gemäßigte und schmiegsame Gelegenheitspolitik verfolgte. Ironisch heißt man sie auch die „Partei Gambetta“ und zwar mit vollkommenem Rechte; denn der Kammerpräsident steht rathend und befehlend hinter den Ministern und Deputirten. Die ganze jüngste Politik Frankreichs ist die Ausführung seines am 19. September 1878 in Romans aufgestellten Programms. Zuerst erfolgte die Reinigung der Armee und Verwaltung von allen der Republik feindlichen Elementen, was um so wichtiger ist, als noch vor Kurzem die Obercommandos und höchste Richterstellen im Besitze widerspenstiger Bonapartisten waren. Hierauf gewann man sich die Sympathie der Mittelclassen durch die Conversion der fünfprocentigen Rente, und endlich wurde der Kampf gegen die staatlich nicht anerkannten Congregationen und die Verpfaffung der Volksschule und Universität eröffnet. Kurz, Gambetta selbst inspirirt den gegenwärtigen Conseilpräsidenten de Freycinet – unter Napoleon dem Dritten officieller Candidat für den Gesetzgebenden Körper! – und namentlich den energischen Unterrichtsminister Ferry.
Jules Ferry ist ein breitschulteriger, muskulöser Sohn der Vogesen mit langer Schnüffelnase und sinnlich aufgeworfenen Lippen. Haar und Bart schillern schon in’s Graue. Verläßlicher als an dem nach französischer Advocatenart wegrasirten Schnurrbarte erkennt man den ehemaligen Sachwalter an seiner Beredsamkeit und seiner vom Talar herrührenden Gewohnheit, in der Hitze des Wortkampfes die Aermel zurückzustreichen. Leider hat er wenig echt parlamentarische Rednergabe, die zu erwärmen und zu überzeugen versteht; er plaidirt mit erstaunlicher Gewandtheit, aber er plaidirt eben nur. Es kommt ihm deshalb sehr zu Statten, daß er von dem kenntnißreichen Camille Sée, vom gelehrten Jesuitenfeinde Professor Paul Bert, vom buckligen Apostel der Ehescheidung Alfred Raquet, von Charles Floquet, dem heißblütigen Pyrenäer, der 1867 bei einem Besuche des Kaisers Alexander im Justizpalaste ein Hoch auf Polen ausbrachte, von dem Elsässer Dr. Bamberger, dem fleißigen Malézieux Dréo und den praktischen Geschäftsmännern Pascal Duprat und Allain-Targé besonders wirksam unterstützt wird.
Das bedachtsame liberal-conservative Centrum verhält sich freilich, zumal den anticlericalen Maßregeln gegenüber, auffallend kühl, wobei auch etwas persönliche Gereiztheit mit im Spiele sein mag, denn die sogenannten Centre-gauchers zählen mehrere republikanische Exminister, die wie Bardoux, Lepère und de Marcère gerade von der republikanischen Linken gestürzt worden sind. Eine Ausnahmestellung nimmt der hervorragende Journalist Emile de Girardin ein, der zum Dank für seine rücksichtslose Bekämpfung des 16. Mai-Attentats zum Pariser Abgeordneten an die Stelle Grévy’s gewählt wurde. Er ist mehr als ein Parteiführer; er ist eine Partei ganz allein für sich. Bald stimmt er mit der Rechten und bald mit der Linken, je nach seiner vielgestaltigen Ueberzeugung, die seit einiger Zeit wieder einmal stark in’s Monarchische sticht. Da ihm alles Rednertalent abgeht, so erscheint sein durchgeistigter Kopf mit den hermetisch verschlossenen, feinen Lippen, der Napoleonslocke tief in der Stirne und dem Zwicker sattelfest auf der Nase nur selten neben dem begeisternden Glase Zuckerwasser; seine einzige Tribüne ist sein Blatt „La France“, das er täglich mit seiner schneidigen und phrasenhaften Prosa versieht. Dieser „Wilde“, der aller Parteidisciplin spottet, dürfte wohl nicht wieder gewählt werden. Auch Gambetta’s Vertrauter und Reisegefährte vom Luftballon Spuller gehört als Redacteur der „République Française“ zur Journalistik. Blaue Augen und blonder Bart verrathen seine deutsche Abstammmung, die er freilich gerne verheimlichen möchte. Sein Vater war ein nach Frankreich ausgewanderter Schwarzwälder, und darum wird Gambetta’s Freund von den reactionären Blättern spöttisch nur „le Badois“, der Badenser, genannt.
Doch vom Generalstabe des Volkstribunen hat sich eine lärmvolle Republikanerpartei abgefedert, die nach ihrem Sitz in der Kammer die äußerste Linke geheißen wird. Wenn man nach echt französischer Manier die Vorbilder für die politischen Zwerge von heute in der große Revolution sucht, so vergleicht man die Männer vom linken Centrum gerne mit den gemäßigten Feuillants, die Opportunisten mit den Girondins und die Radicalen oder Unversöhnlichen mit den Jacobinern.
Aber auch die moderne Bergpartei hat mannigfaltige Gruppen. Raquet und Floquet konnten wir bereits mit Fug unter die Gambettisten zählen. Der Abgeordnete des Seinedepartements Barodet ist schon um eine Schattirung rother, und der dunkle Ehrenmann Bonnet-Duverdier ehemals Gemeinderathspräsident von Paris und in der Kammer zur Demission gezwungen, die er schamlos wieder zurückzog, von einer gar nicht zu beschreibenden Farbe. Die namhaftesten Verfechter der vollständigen Commune-Amnestirung waren der jüngere Raspail, Madier de Montjau und Edouard Lockroy, welcher Victor Hugo’s verwittwete Schwiegertochter geheirathet hat. Aber all diese Anhänger der Pöbelherrschaft zerfallen wieder in Radicale und Socialisten, deren grundverschiedenes Endziel aus einer Vergleichung ihrer beiden Führer am klarsten hervorgehen dürfte.
Das Haupt der Unversöhnlichen, Georges Clémenceau, [568] ist eine der interessantesten Erscheinungen der Deputirtenkammer. Wenn der erst neununddreißigjährige Vertreter des Montmarte-Viertels die Tribüne besteigt, so wird es plötzlich mäuschenstill in dem menschenerfüllten Riesensaale, sobald aber die Scandalmacher ihr störendes Werk beginnen, dann bedroht er sie mit einem so schneidigen: „Sie haben nicht das Wort,“ daß sie sich am liebsten gleich unter ihre klappernden Pultdeckel verkriechen möchten. Das hagere Bleichgesicht mit den kurzgeschorenen Haaren, starken Backenknochen und phosphorescirenden Augen hat schon manchen Sturm der ganzen sich aufbäumenden Kammer bemeistert, aber weniger durch die Gewalt der Rede, als durch die der Persönlichkeit. Man erkennt an Clémenceau’s praktischem und knorrigem Wesen, daß er längere Zeit in der Union gelebt hat, aber auch sein ärztlicher Beruf verräth sich in seiner Rede; denn wenn er die socialen und politischen Schäden bloßlegt, braucht er die Feder und das Wort wie ein Scalpell. Obendrein führt er die gefürchtetste Klinge des Parlaments, und sogar dessen privilegirter Raufdegen Paul de Caffagnac duckt sich kläglich vor ihm. Clémenceau ist kein Freund gewaltsamen Umsturzes, wie sehr er nachträglich für die Commune, und die Amnestirung ihrer Mitglieder eingetreten. Sein Plan besteht vielmehr darin, die Commune zu discipliniren und mit erlaubten Mitteln zur Herrschaft zu führen. Obgleich ein Freud Gambetta’s, dem er in seinem Duell mit Fourtou als Secundant gedient, bekämpft er den jetzt am Ruder stehenden Opportunismus. Zwar greift er den Kammerpräsideten noch nicht direct an, aber an zarten Winken mit dem Zaunpfahl läßt er es nicht fehlen, wie z. B. schon bei der Wahl desselben, wo Gambetta das absolute Mehr mit nur neun Stimmen überschritt, weil die äußerste Linke ihre vierzig Zettel unbeschrieben in die Urne gelegt hatte. Von erstaunlicher Taktik sind seine Angriffe auf die Minister. Die Keulenschläge der Logik und Dolchstiche des Sarkasmus werden nicht gespart, aber er hütet sich wohl, dorthin zu treffen, wo die Wunde tödtlich wäre; denn er will ein geschwächtes Cabinet, das gleich dem Thurme von Pisa sich nach einer Seite – und zwar der seinigen – neigt und doch nicht fällt. Ebenso unterstützt er keineswegs die gemäßigten Republikaner und Reactionäre, welche Gambetta ein Portefeuille aufdrängen wollen; denn er ist fest überzeugt, daß dieser in seinem neben dem Abgeordnetenhause gelegenen prachtvollen Präsidentschaftspalaste, der Wohnung des Staatsstreichshelden Morny, alle Liebe seiner demokratischen Wähler einbüßt, ohne das ganze Vertrauen des dritten Standes zu erringen, während sich seine Adjutanten einer nach dem andern, als Minister abnützen. Erst wenn der Opportunismus verbraucht, glaubt er seine Zeit gekommen, wo es keine Bureaukratie, keinen Senat und keinen Präsidenten der Republik mehr geben soll. Der Nationalconvent wird zur obersten Macht, die Clubs gelangen wieder zum „souveränen Einfluß“, und die Commune tritt an die Stelle der administrativen Organisation. Und dann? Darauf antwortet Clémenceau wohlweislich niemals; denn er weiß zu gut, daß noch jeder Radicale einen Radicaleren gefunden hat. Bedeutsam genug heißt ja sein Nachbar: Louis Blanc.
Dieser ist noch immer der einzige hervorragende Repräsentant des revolutionären Proletariats. Man denke sich eine kaum die sprüchwörtlichen drei Käse hohen Mann, der von Weitem mit seinem bleichen glattrasirten Gesichte aber dem bis unter’s Kinn zugeknöpften schwarzen Rocke wie ein hungriger Candidat der Theologie aussieht. Erst in der Nähe wird das vermeintliche Bürschchen zu einem noch ziemlich rüstigen Greise. Seine gelblichen Hängebacken sind schlaff; die kleine Nase ist schwammig, und der weit geschlitzte Mund, den er bei jedem Worte zu einem klaffenden Viereck aufreißt, droht fortwährend ganz aus den Fugen zu gehen. Seine Reden entbehren Gambetta’s elementarer Gewalt, Rouher’s akademischer Schönheit und Clémenceau’s überzeugender Logik; sie sind im correctesten Periodenbau durchaus druckfertig und voll sorgsam auswendig gelernter Salbung. Allein dennoch elektrisirt er das Volk, wie jüngst in Marseille, wo sich die Menge vor seinen Wagen spannte, und wie damals, vor zweiunddreißig Jahren, als eine disciplinirte und zu Allem entschlossene Armee von 200,000 Arbeitern dem Agitator die Führung anbot. Seine Gewalt rührt daher, daß er voll von dem Hasse und der Leidenschaft ist, die den vierten Stand Frankreichs beseelt. Er nennt sich mit Vorliebe das „unglücklichste Kind des Volkes“, obgleich er schon in jungen Jahren weltberühmt und durch den Erlös seiner Geschichtsbücher zu bedeutendem Reichthume gelangt war. Bei Louis Blanc ist eben Alles und sogar seine tiefste Ueberzeugung Declamation, und so erklärt sich der geringe Erfolg seiner Reden im Parlamente und wahrhaft Gebildeten gegenüber. Das Volk läßt sich leichter überumpeln und bethören, namentlich die vom Elend und Alkohol aufgeregten Bewohner der Pariser Vorstädte. Und doch ist nicht zu leugnen, daß der bald siebenzigjährige Apostel des Socialismus mit seinen unpraktischen Theorien von der Organisation der Arbeit sowie durch die tolle Invasion seines Gassenheeres die zweite Republik wider Willen den „Gesellschaftsrettern“ vom Staatsstreiche in die Hände gespielt hat. Und wenn er auch gegen die Commune war, weil er den Zeitpunkt für ungünstig hielt, so ist es doch sein hohles, aber gemeinfaßliches Staats- und Gesellschaftsideal, welches das arme Volk von Belleville und der Vorstadt Saint-Antoine zur Vertheidigung der Rothen Conföderation mit Pulver und Petroleum begeisterte und verschuldete, daß die blinde Reaction nachher wieder ihr Haupt erheben konnte, um der gegenwärtigen Staatsverfassung in der Wiege den Garaus zu machen. Dies verhindert und die Sache der Freiheit durch schwere Jahre, wo die demokratische Staatsform nur dem Namen nach bestand, siegreich hindurch geführt zu haben, ist vor Allem das Verdienst des jetzigen Präsidenten der Abgeordnetenkammer. Von seiner Mäßigung hängt die Zukunft der Republik ab. Ist doch seit seiner großen Rede zu Gunsten der Amnestie sein Einfluß wie sein Ansehen in einer Weise gestiegen, daß er bereits von allen Parteien als das eigentlich leitende Haupt der französischen Nation betrachtet wird.
Für die Schifffahrt der Gegenwart wie wohl auch der Vergangenheit spielen die Priele eine wichtige Rolle, da sie ein tieferes Fahrwasser als das Haff des Wattmeeres haben. Durch das Ab- und Anschwemmen der Fluthen sind sie aber auch unausgesetzt einer steten Veränderung und Verschiebung unterworfen, und um sie für die Schifffahrt nutzbar zu erhalten, werden sie jährlich „ausgebakt“, das heißt durch eingegrabene Birkenreiser gekennzeichnet, und zwar so, daß diese auf deutschem Gebiete für den von Nord nach Süd bis West Steuernden zur Rechten, auf holländischem Gebiete zur Linken der Fahrstraße stehen.
Die eigentlichen für die Fahrt auf den Watten bestimmten Schiffe müssen flach gehend und glatt gebaut sein und dürfen nicht mehr als ungefähr sechs Fuß Tiefgang haben. Die Fahrt im Watt ist halb See-, halb Binnenfahrt; denn im Schutze der vorliegenden Inselkette können die verschiedenen Küstenfahrzeuge mit größerer Sicherheit zwischen den einzelnen Nordseehäfen verkehren, ja selbst Flußschiffe haben die Fahrt gewagt, sind aber dabei manchmal übel angekommen. Alle Arten von Küstenfahrern beleben die See, Ewer, Tjalken, Kuffs und wie sie alle heißen. Namentlich die holländischen sind originelle Erscheinungen; das Fahrzeug bildet das einzige Besitzthum, die Geburtsstätte, die Heimath und oft genug auch die Todesstätte des Schiffers, der mit seiner ganzen Familie darauf lebt, von Holland bis Jütland immer unterwegs ist und im Winter in einem der Nordseehäfen Unterkommen findet, wo wir dann den Rauch seines Schiffsherdes behaglich in den Fleeten oder Binnenhäfen aufsteigen sehen.
Einen anderweiten Gewinn sucht der Mensch in den ausgedehnten Muschelbänken des Watts, wo er das sogenannte „Schillen“ betreibt, indem er mit Wagen oder weiter draußen mit Schiffen sich an eine solche Bank festlegt und die Muscheln mit einem einer Mistgabel ähnlichen Instrumente ausgräbt, sie in den Prielen rein wäscht und dann nach Hause schafft, wo sie an
[569] Kalkbrennereien verhandelt werden, welche den sogenannten Muschelkalk daraus fabriciren.
Fragen wir nun, ob das Watt den Menschen sonst noch irgend welche Gelegenheit zur Ausnutzung bietet, so ist wohl zunächst die Fischerei zu nennen, doch ist dieselbe, wenn man von dem Schellfischfang und der Austernfischerei absieht, eine geringe und beschränkt sich wesentlich auf den Fang der Granaten und des Butt. Früher wurde dieser, und wird im Einzelnen noch jetzt hier und da auf die Weise betrieben, daß die Leute, oft bis an den Leib im Wasser watend, ein Netz vor sich herschoben, den Fang so bewerkstelligend. Jetzt hat man ihn da, wo man ihn für den Versand betreibt, praktischer organisirt, indem man die Netze, an Pflöcke befestigt, in die Mündung von Prielen legt: wenn nun die Fluth sich in letztere ergießt, spült sie die Granaten in die offenen Netze hinein. Dieselben werden alsdann mit Kähnen eingeholt und auf Schleifen über den weichen Schlamm an’s Ufer befördert.
Die Fischerei im Großen wird vielmehr von den geflügelten Bewohnern der Luft betrieben, welche, sobald die eintretende Ebbe ihnen den Tisch servirt, zu Tausenden und aber Tausenden das Watt bedecken, Möven, Kibitze, Strandläufer, Regenpfeifer etc. – hier läßt sich eine Schaar nieder, dort hebt sich eine andere empor, um nach einigen Minuten Geflatters wieder einzufallen – ein buntes, aber auch das einzige Leben im Watt, ausgenommen freilich alles, was da im Schlamme und in den Prielen schwimmt und kriecht und für jene Vogelschaaren die leckere Mahlzeit darbietet.
Noch eines Geschöpfs dürfen wir nicht vergessen: des Seehundes, der das Wattmeer in ziemlich großer Zahl belebt und bei stillen sonnigen Tagen sich auf dem Watt da sonnt, wo die Fluthen noch in der Nähe heranlecken. Der Seehund hat eine außerordentlich feine Witterung, und man muß ihn mit großer Vorsicht unter dem Winde beschleichen, wenn man zum Schuß gelangen will. Früher war er noch häufiger, und die Marschbewohner schlugen ihn im Schlafe mit Knüppeln todt. Die dicken Köpfe des Seehundes mit den glotzenden Augen, sowie die Purzelbäume des grotesken Tümmlers mögen wohl vielfach bei den römischen Soldaten die Veranlassung gegeben haben, an fabelhafte drohende Wesen in der Nordsee zu glauben, wenn ihre Urtheilskraft schon durch die Schrecken des Sturmes beeinträchtigt war.
Wer sich aber bei der Jagd oder sonstwie zu weit in das Watt hinauswagt, ohne den Fluthkalender, die Windrichtung und die Jahreszeit in Rechnung zu ziehen, der ist rettungslos verloren, wenn er von der Fluth überrascht wird, und kaum ein Jahr vergeht, wo die See nicht hier oder da an der Küste ihr Opfer hinwegholte – und wen erst die zweite mächtigere Welle erfaßt hat, den nimmt sie auch unbarmherzig mit hinaus, um ihn erst als Leiche wieder an den Strand zu werfen. Namentlich kommt es öfter vor, daß ein leichtsinnig befestigtes Boot abtreibt und die Insassen ihrem Schicksal überliefert.
Auch bei der Fahrt mit Wagen über das Watt hin muß man stets Jahreszeit und Wind in’s Auge fassen, deshalb nämlich, weil, wenn der Wind von der See hersteht, die Fluth oft früher eintritt, als der Kalender angiebt.
Nie darf man bei Nebel das Watt betreten; einmal in der Richtung unsicher geworden, würde man der Fluth direct in die Arme laufen; in einer ebenso verzweifelten Lage ist derjenige, der weit draußen im Watt von einem jener von der See her sich plötzlich heranwälzenden Nebel überfallen wird; denn ein Wunder ist es zu nennen, wenn er in diesem Falle dem Ertrinken entgeht.
Dies sind nun freilich Gefahren des Watt, die den Einzelnen, Unvorsichtigen allein treffen – sie verschwinden neben der furchtbaren Großartigkeit der Gefahren, mit denen die Watten unserer Nordseeküste die gesammte schifffahrende Welt bedrohen. Grauen erfaßt den Schiffer, der sich bei Sturm in ihrer Nähe weiß; stundenweit bietet das Watt bei Sturm das Bild einer einzigen
[570] schäumenden Masse; eine furchtbare Brandung steht an jenen Bänken, welche theils weit hinaus in die See ragen, theils tiefer hinein die Einfahrt der in die Nordsee mündenden Flüsse verlegen und die Küstengebiete von Jütland bis Holland unnahbar, ja zu Stätten der Vernichtung machen, denen schon manch stattliches Schiff verfallen ist.
In der Elbmündung heißen jene Wattbänke „Sande“, z. B. der Marner Sand, vor den Dithmarschen, der Vogel-Sand, in der Mitte der Einfahrt, und andere. Schaarhörn, dem das auf S. 549 gegebene Bild entnommen ist, soll „steile Kante“ bedeuten, friesisch „Skorhörn“; der anderen Erklärung nach ist es eine Abkürzung von „St. Ausgarius-Bank“, was bei der halsbrechenden Geschicklichkeit des Plattdeutschen in volksetymologischen Verdrehungen durchaus annehmbar ist. In der Weser dagegen führen die Bänke meist den Namen „Plate“, z. B. Tegeler Plate, Luhne-Plate, doch kommen auch Sande, wie Lang-Lütjen-Sand, Ewer-Sand, vor. Namenlich sind Schaarhörn, Wittsand, Tegeler Plate, die alte Mellun und noch einige andere gefürchtet. Es giebt wohl kaum ein Meer von der Ausdehnung und Bedeutung der Nordsee, das so viele Opfer fordert, so viel Fahrzeuge verschlingt, wie diese. Wie in der Sahara die Karawanenstraßen von Gerippen umgekommener Thiere bezeichnet werden, so könnten wir in den Sandbänken und Wattgründen Wrack an Wrack finden, wenn nicht der größte Theil tief gesunken oder von den Fluthen nach und nach weggespült worden wäre. Es ist vorgekommen, daß in einer Nacht auf einem Raume von kaum einer Seemeile drei große Schiffe auf dem Watt scheiterten. Merkwürdig ist es, mit welcher Schnelligkeit ein auf Triebsand gerathenes Wrack von diesem eingesogen wird – ein stolzer Dreimaster ist binnen einer Woche, ja noch eher verschluckt. An manchen Bänken halten sich die Wracks lange, ja werden manchmal wieder flott und treiben an andere Stellen, wo sie ihrer Auflösung entgegengehen. Diejenigen, welche nicht ganz versinken, sondern unter dem Fluthniveau aus dem Wattgrund hervorragen, müssen durch sogenannte Wracktonnen gezeichnet werden, um andere Schiffe vor ihrer Berührung zu warnen; den Fischern, namenlich den Schellfischfängern, ruiniren sie oft ihre „Backs“, ihre Angelleinen, welche sich um die Trümmer schlingen und mit den sämmtlichen daran hängenden Fischen über Bord gehen.
In frühesten Zeiten war es eine Sache des guten Glückes, wenn man ungefährdet die Watten und Flußmündungen passirte. Zwar wird uns schon aus alter Zeit, aus dem Jahre 40 n. Chr., die Aufrichtung eines Leuchtfeuers an der Nordseeküste überliefert. Sueton berichtet, daß Caligula nach einem seiner wahnsinnigen Streiche als Siegeszeichen einen sehr hohen Thurm errichtet habe, von welchem herab, wie aus dem Thurme von Pharos, in der Nacht Feuer leuchten sollte, um den Lauf der Schiffe zu lenken. Es geschah dies aller Wahrscheinlichkeit nach im Bataverlande, also an der Rheinmündung.
In den folgenden Jahrhunderten gab es natürlich keinen Wegweiser in der Wattwüste; als schon das Binnenland zunächst der Küste sich einer fortgeschrittenen Cultur erfreute, ja selbst als die Hansastädte schon Bedeutung und Macht gewonnen hatten, sahen die Strandbewohner noch das Strandgut als einen wesentlichen Theil ihres rechtmäßigen Einkommens an, und erst nach wiederholten Kämpfen und Vertragsschlüssen mit den Hansastädten wurde der Strandräuberei ein Ende gemacht; noch 1296 belobt Papst Bonifacius der Achte die Stadt Hamburg für ihre Bemühungen in dieser Richtung. Ganz glatt scheint es aber trotzdem nicht gegangen zu sein; denn ein ganzes Jahrhundert später finden wir die Hamburger in weiteren Verhandlungen mit den Wurstfriesen wegen Beschützung und Freiheit der Handelsschifffahrt.
Die ersten Nachrichten über Einrichtungen für die Sicherheit der Schifffahrt in den Watten finden wir in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, wo z. B. auf Neuwerk ein Thurm erbaut und zu diesem Zwecke eingerichtet, auch eine „Feuerblüse“ aufgestellt wurde; eine eben solche stand auf Helgoland.
Neben den wenigen Seezeichen der alten Zeit galten überall an der Küste noch alle diejenigen Erhöhungen, die sich nur einigermaßen über dem Horizont erhoben, als Führer durch die Klippen des Watts, so z. B an der Elbmündung ein uralter mächtiger Hünenwall, der Galgenberg, an der Wesermündung der Kirchthurm von Blexen u. a. m.
Gegenwärtig bietet uns ein ziemlich vollständiges System von Seezeichen der verschiedensten Art eine so große Sicherheit der Fahrt, wie es die „höhere Gewalt“ zwischen Himmel und Erde gestattet.
Die Beleuchtung in der Nacht wird durch die Leuchtthürme, durch kleinere Signallichter auf den Deichen und durch sogenannte „Feuerschiffe“, welche Signallichter zeigen, besorgt.
Gestalt und Einrichtung von Leuchtthürmen sind ziemlich bekannt; auch würde die Darstellung der verschiedenen Arten, als: feste Feuer, Blinkfeuer, Drehfeuer, Funkelfeuer hier zu weit führen. Weniger verbreitet ist die Kenntniß des für die Fahrt am Tage nicht minder wichtigen Baaken-Systems, das überdies in seinen einzelnen Exemplaren eine bunte Mannigfaltigkeit ausweist und auch vom malerischen Standpunkte aus dem Küstenbilde oft ein sehr interessantes Profil verleiht. Diese Baaken sind mächtige schwarz angestrichene Gerüste von Eichenholzbalken, die bei den größeren bis zu sechszig Fuß Höhe aufsteigen; sie stehen meist auf einem fest gemauerten Unterbau von Quadern, der seinerseits auf einem starken Fundament von Steinen ruht, die zum Theil noch mit eisernen Klammern zusammengeschlossen sind.
Dreierlei Gesichtspunkte bedingen ihre eigenthümlichen Formen – erstlich, daß sie dem riesigen Luftdrucke des Sturmes einerseits ein stark gefügtes Gerüst, andererseits wieder keinen allzu großen Widerstand in den oberen, ihre eigenthümlichen Formen ausdrückenden Flächen entgegensetzen – diese letzteren sind daher Sparrenwerk, aus Brettern mit luftigen Zwischenräumen zusammengesetzt; der zweite Gesichtspunkt ist der, daß sie, von allen Seiten gesehen, immer ein und dieselbe Figur zeigen – würde man z. B. ein irgendwie geformtes Brett aufrichten, so sähe man von vorn allerdings deutlich seine Form, von der Seite, in der Richtung seiner Längsachse gesehen, schrumpfte es aber zu einem schmalen Streifen zusammen; deshalb hat man die beabsichtigten Formen, doppelt über’s Kreuz wiederholt, in rechtem Winkel zu einander gestellt. Endlich der dritte Gesichtspunkt: daß jede Baake sich von der andern auf das Deutlichste und leicht erkennbar unterscheidet; wir geben hier beispielsweise die Formen einiger Baaken
der Elbe und Weser. Diejenige, welche unser großes Bild auf Seite 569 zeigt, ist die Kugelbaake bei Cuxhaven, und der Leser kann an ihr mit Leichtigkeit die soeben ausgeführten charakteristischen Eigenschaften erkennen.
Auch auf unserem Bilde von Schaarhörn in der vorigen Nummer erblickt man in der Ferne die Schaarhörnbaake, eine der größten und wichtigsten; bei dieser ist noch eine besondere Einrichtung getroffen: in ihrer Mitte befindet sich eine Art kleine hölzerne Stube, und darin Stroh, Schiffszwieback, Wein und eine Signalflagge – Strandungen sind gerade in dieser Gegend häufig, und die Mannschaft eines verlorenen Schiffes kann, hat sie sich bis hierher zu retten vermocht, solange Unterkommen finden, bis Hülfe von der Küste kommt. Es wäre zu wünschen, daß auch auf einigen anderen besonders gefährlichen Stellen die Baaken mit den gleiche Einrichtungen versehen würden.
Während diese Baake mit stolzer Ruhe von ihrer Höhe herab in das Wogengetümmel hinausschauen, giebt es noch eine dritte Gattung ruheloser Seezeichen, welche mit den Wellen zusammen einen ewigen Tanz aufführen. Derjenige, welcher zum ersten Male eine Flußmündung passirt, wird plötzlich auf den
[571] Wellen ein unbestimmtes Etwas, wie ein kleines See-Ungeheuer, auf- und niedersteigen sehen – nur bewegt es sich nicht vom Flecke, und beim Näherkommen erkennt er eine Tonne. Da nämlich, wo mit dem Watt und seinen drohenden Bänken die Flußmündung beginnt, viele Meilen weit draußen in See, wo andere Seezeichen, Baaken z. B., nicht mehr angebracht werden können, tritt die Tonne oder „Boje“ in ihr Recht. Drei namentlich bekannte Tonnen sind es – gar nicht weit aus einander liegend, welche die Mündung von Jahde, Weser und Elbe bezeichnen: die Adlertonne vor der Jahde, die Schlüsseltonne vor der Weser und die rothe Tonne vor der Elbe (bei welcher, wie man zu sagen pflegt, „die Seekrankheit anfängt“).
In früheren Zeiten benutzte man statt der Tonnen einfach Klötze oder Stücken von Masten, welche mit Stricken am Grunde befestigt waren. Tonnen müssen aber schon in sehr früher Zeit eingeführt worden sein, denn ein Document aus dem fünfzehnten Jahrhundert giebt an, daß die Tonne schon seit Menschengedenken an der Wesermündung gelegen hätte. Jetzt hat jeder Fluß an seinem unteren Laufe ein vollständiges Tonnensystem; die Elbe hat zwischen 130 und 140, die Weser 159 Stück Tonnen – und zwar bezeichnen schwarze Tonnen die rechte, weiße die linke Seite des Fahrwassers; außerdem hat noch jede Tonne eine specielle Bezeichnung, und zwar die schwarze einen Buchstaben, die weiße eine römische Ziffer, in aufsteigender Reihe von der Flußmündung beginnend, indem jede der drei oben genannten ersten als Null gilt. Die Tonnen zerfallen ihrer Form nach in zwei Classen: in spitze und stumpfe, von denen die ersteren aus der Elbe, die letzteren aus der Weser in Gebrauch sind. Sie bestehen aus Eichenholz, das durch starke eiserne Bänder zusammengehalten wird; verankert sind sie durch viereckige Sandsteinquadern (früher nahm man einfach erratische Blöcke), deren Umfang mit dem der daran befestigten Tonne in gleichem Verhältniß steht – z. B. wiegt der Stein, an welchem die Schlüsseltonne befestigt ist, zweitausend Kilo. Es läßt sich denken, daß diese Tonnen, namentlich bei schwerem Sturme und Eisgang, sehr gefährdet sind, und sie werden auch in der That in schlimmen Wintern oft zu Dutzenden abgetrieben und allenthalben an die Küsten verstreut. In alten Zeiten sind sie öfter geraubt worden, um im Interesse des Strandraubes das Zeichen verschwinden zu lassen, oder auch um ein Bergegeld zu erlangen. Außer dieser Gefährdung ihrer Existenz durch die Elemente ist aber auch noch ihr reputirliches Aeußere durch den langsam wirkenden Angriff von Seegethier und Seepflanzen bedroht, welche sich allmählich wie eine feste Kruste ansetzen und da auch die Seevögel sich gern auf der tanzenden Tonne niederlassen und sie als Ablagerungsstätte für Guano ansehen, so gleicht dieselbe schließlich eher einem grauen Schalthier, als einem Seezeichen in Amt und Würde. Endlich verändern die Sande und Platen auch ihre Lage und machen dann eine Umsetzung der Tonnen nöthig.
Diese Umstände erheischen bei der Wichtigkeit der Sache für die Schifffahrt eine stete Aufmerksamkeit und Abhülfe – und es sind mit der Aufsicht über die Tonnen Beamte betraut, die oft Wochen, ja Monate lang in ihren mit allen möglichen astronomischen und Hebe-Apparaten versehenen Schiffen zwischen den einzelnen Tonnen umherkreuzen; alljährlich wird ein vollständiger Umtausch vorgenommen, die ausliegenden Tonnen werden eingeholt, um sie von dem daran festgesetzten Unrath zu reinigen, und andere frisch angestrichene Tonnen, welche in einem kleinen Arsenal in den betreffenden Hafenstädten vorräthig liegen, werden an ihre Stelle gelegt. Die Kosten für Erhaltung der Seezeichen werden zum Theil durch die von den Schiffen zu erhebenden Baaken- und Tonnengelder gedeckt.
Außer diesen gewöhnlichen Bojen hat man an wichtigen Punkten noch solche mit Glocken versehene angebracht, welche, durch die Wellen bewegt, ein unausgesetzt tönendes Seezeichen darstellen. Gegenwärtig sind, vor der Hand jedoch nur vor Wilhelmshaven, zwei neue Erfindungen zur Verwendung gekommen, welche einen wesentlichen Fortschritt bezeichnen: die automatische Signalboje und die Gasboje. Die automatische Signalboje beruht auf dem Princip der Verwendung comprimirter Luft zur Schallerzeugung, indem die Luft beim Steigen der Welle in einer Röhre comprimirt wird und beim Fallen der Boje tönend ausströmt, sodaß der Schiffer da, wo ihn alle anderen Seezeichen im Stiche lassen, durch das Gestöhn der automatischen Boje weithin gewarnt wird.
Ist diese Boje für das Gehör, so ist die Gasboje für das Gesicht berechnet und löst die Aufgabe, weit draußen in See, ohne den umständlichen Apparat des Feuerschiffes, Leuchtsignale zu geben. Diese Boje enthält in ihrem Bauche eine für mehrere Monate ausreichende Quantität Gas, das in eine über den Wellen hervorragende Laterne strömt.
Im Ganzen erreicht die Summe der an der deutschen Küste, und zwar der Nord- und Ostseeküste, vorhandenen Seezeichen die respectable Höhe von 5131 Zeichen, nämlich 138 Leuchtthürme, 20 Leuchtschiffe, 177 Baaken, 1889 schwimmende Seezeichen, 2856 in den Boden gesteckte Zeichen und 51 Landmarken.
Hier schließen wir unsere Schilderung. Zwar bildet der Inselkranz, der sich parallel unseren Küsten außerhalb und innerhalb der Watten hinzieht, einen charakteristischen Bestandtheil der ganzen Landschaft, aber er bietet zugleich auch den und zwar sehr reichen Stoff zu einer selbstständigen Schilderung, sodaß wir seiner hier nur erwähnen, um das Bild des Watts zu vervollständigen. Wir haben dem Leser da, wo die heimische Küste scheinbar abzuschließen scheint, noch eine fremde seltsame Welt vorgeführt; wir konnten aus der feuchten Tiefe Schatten und Geister längst verschollener Zeiten heraufbeschwören und Vergangenheit und Gegenwart im Rahmen eines eigenartigen Landschaftsbildes vereinigen, aber freilich war es keine freundliche Idylle, keine anmuthige Scenerie, welche wir dem Auge des Lesers zeigten, sondern ein düsteres, aber großartiges Küstengemälde voll finsteren, fast drohenden Ernstes; doch ihm zur Seite konnten wir an den Schluß ein anderes lichteres Bild stellen, das uns zeigt, wie ein höheres Culturleben zwischen Klippen und Untiefen freundliche Warner und gastliche Leuchten errichtet, und wie der Mensch dem Menschen über den Kampf der Elemente hinaus die Hand reicht.
„Geschichtliche Denkwürdigkeit wird in lebendigem Anschauen männlicher Kraft erneuert und die Ehrenthat der Altvordern verjüngt sich im Wettturnen. Wo sich allerlei Leute als müßige Eckner mit dem Bahgesicht angaffen können, da stehen sie einander im Wege, müden sich freudenlos ab, weil die festliche Würze fehlt.“
„Wo etwas Wichtiges geschehen, das dem Andenken lebendig bleiben soll, trete die Turnkunst als Turnfest auf und fördere die allgemeinen Volksfeste; vom Schmausen ist hier nicht die Rede, sondern von Anregung vaterländischer Gesinnung und von lebendiger Ueberlieferung des Geschehenen.“
Mit dem „Ruf zur Sammlung“ von Georgii und Kallenberg 1860 wurde die Reihe der großen deutschen Turnfeste eingeleitet. In Coburg fand im selben Jahre ein solches vom 16. bis 19. Juni statt, an den Tagen von Waterloo, an welchen einst Ehre und Unabhängigkeit des gemeinsamen Vaterlandes gegen fremden Uebermuth siegreich gewahrt worden sind. Der Festzug, aus kaum tausend Theilnehmern bestehend, ordnete sich nach Stämmen: die Schwaben mit schwarz-roth-goldenem Banner voran, die einst des Reiches Vordertreffen zu führen hatten, dann Baiern, Sachsen, Preußen, Märker, Hessen, Friesen; die blau-weiß-rothe Fahne Schleswig-Holsteins wurde noch umflort mitgetragen. Was der Präsident Georgii 1860 gesagt, ist erfüllt: „Die turnende Jugend wird an ihrem Theile ehrlich beitragen, daß Deutschland, mit dem Staate voran, der der mächtigste ist, groß und frei wird.“
Schon im nächsten Jahre, 1861, fanden sich die deutschen Turner wiederum zusammen, in Berlin am 10. bis 12. August zur Feier des Geburtstages von Fr. L. Jahn und zur Grundsteinlegung des für ihn zu errichtenden Felsendenkmals. Damals schrieb der Kronprinz des deutschen Reiches unter dem 22. Juli [572] von Osborne auf der Insel Wight nicht minder prophetisch an den Berliner Turnrath: „Ich begrüße das allgemeine deutsche Turnfest als eine neue willkommene Gelegenheit, Genossen aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes zu vereinen und eine Kunst zu fördern, deren nutzbringende Thätigkeit von mir schon in früher Jugend geschätzt ward und die, gegenwärtig mit neuem Eifer erfaßt, sicherlich bei richtiger Handhabung die Söhne des Vaterlandes zu thatkräftigen Stützen seiner Schicksale anleiten muß.“
Eine Perle im Kranze glänzender nationaler Feste war das dritte allgemeine deutsche Turnfest zu Leipzig am l. bis 5. August 1863, zur fünfzigjährigen Feier der Erinnerung an die glorreichen Tage der Völkerschlacht bei Leipzig im October 1813. Selten verlief wohl ein Fest so ungestört, so friedlich unter 20,000 Theilnehmern. Selbst der Himmel wartete mit seinem Regenschauer und Donnerwetter, bis am letzten Tage des Festes die zündenden, begeisterten und begeisternden Worte des damaligen Privatdocenten von Treitschke von der Einigung der Nation verklungen waren, und es war dann fast wie eine großartige Manifestation höherer Mächte, als an die Stelle des projectirten Feuerwerks ein gewaltiges Gewitter trat.
Das für Nürnberg geplante Turnfest unterblieb des österreichischen Krieges wegen. Zur Feier der Wiederausrichtung des deutschen Reiches, zur Erinnerung an die denkwürdigen Tage von Wörth und Spichern wurde vom 4. bis 6. August 1872 in Bonn das vierte Turnfest gefeiert. Leider kleidete hier der unaufhörliche Regen die Feststimmung in ein so abscheuliches Grau, daß die große Masse der Turner – wir möchten nicht zu viel sagen – ohne rechte Befriedigung heimkehrte.
In Frankfurt am Main feierte vom 25. bis 29. Juli 1880 das volksthümliche Turnen seinen siebenzigsten Geburtstag. Der Reiz der ganzen Festlichkeit, eine billige und angenehme Reisegelegenheit, die Anziehungskraft einer herrlichen, culturhistorisch und weltgeschichtlich bedeutsamen Gegend, der herzliche Festgruß einer gastlichen Großstadt, Alles vereinigte sich, um ein in allen Theilen gelungenes Fest zu versprechen. So regten sich denn schon mehrere tausend fleißige Hände seit Beginn des Frühjahres nicht nur in der Feststadt, auf dem Festplatze, nein auch im weiten Deutschland auf allen Turnplätzen und in allen Hallen.
Es wurde geturnt, gespart und verhandelt, Pläne und Führer für Frankfurt wurden studirt und wohl auch weitere Ausflüge nach dem Rhein, in den Taunus und nach Lothringen mit in das Programm aufgenommen.
Die Excutormarken, soll heißen die roth-weißen runden Festabzeichen, trafen in der letzten Woche vor dem Feste ein. Mehr als acht Extrazüge beförderte fast an einem Tage aus allen Himmelsgegenden Tausende von Turnern nach dem einen großen Brennpunkt. Während des Empfangstages, Sonnabend den 24. Juli, hatten die Mitglieder der Unterausschüsse vollauf am Ostbahnhofe, wie an den Westbahnhöfen und in Sachsenhausen zu thun, um die ankommenden Festgenossen zu begrüßen, mit Musik in die Stadt zu geleiten und in die Quartiere zu führen. Aber nicht nur in der Feststadt war alles in freudiger Aufregung, schon auf allen dem Festorte mehr oder minder nahegelegenen Stationen Thüringens, Hessens, Sachsens herrschte eine begeisterte Stimmung.
Während noch immer neue Schwärme von Turnern herangezogen kamen, mußte man schon an den Beginn der Abwickelung des Programmes denken. Abends acht Uhr fand die Begrüßung der Turner auf dem Festplatze und die Ueberreichung der Bundesfahne statt, die der deutschen Turnerschaft von Frankfurter Frauen und Jungfrauen gestiftet ist als ein Symbol der lange erstrebten, jetzt erreichten Zusammengehörigkeit. Die Fahne, in Form einer Kirchenfahne nach dem preisgekrönten Entwurfe des Herrn O. Lindheimer durch die Firma Staudt und Jung ausgeführt, zeigt auf der Vorderseite im Mittelfelde den Reichsadler von einem Eichenkranze umgeben, während die rothseidenen übrigen Felder und die blaue Friese von Sammet mit reicher stillvoller Goldverzierung bedeckt sind. Die Rückseite zeigt im Mittelfelde das Turnerwappen.
Leider war es nicht Allen vergönnt, an diesem Theile des Festes theilzunehmen, doch sah man die neue Bundesfahne im Festzuge erglänzen.
Der 25. Juli brach an, ein Sonntag. Es lachte ein heiterer Morgen, was nicht wenig dazu beitrug, die festliche Stimmung zu erhöhen.
Sonnenschein, Festesfreude und Zufriedenheit mit den Leistungen des Wohnungsausschusses harmonirten prächtig. Der erste Morgenimbiß am Kaffeetisch der Frankfurter Familie machte den Fremdling heimisch, und [573] froh eilte der Turner am Morgen um 8 Uhr hinaus, um rechtzeitig den Sammelplatz seines Kreises zu erreichen. Da sah man Schwaben, Sachsen, Baiern, freudig sich begrüßend, in kleineren und größeren Trupps durch die Straßen ziehen; auf den großen Plätzen der Stadt wimmelte es von Turnern, von denen einige sich erst jetzt ihr Fest- und ihr Ortsabzeichen auf der Brust befestigten. Aus langem Hin- und Herwogen gestaltete sich in der Zeit bis 10 Uhr einer der glänzendsten Festzüge, die Deutschland je gesehen hat. Seine Aufstellung in Sachsenhausen, am Affenthor, nahm verhältnißmäßig nur geringe Zeit in Anspruch. Muntere Knaben, die mit Stolz die Vereinstafeln trugen, dienten Vielen zur Richtschnur, und es war fast auffällig, mit welcher Schnelligkeit und Gewandtheit sich eine Zugmasse in die andere einschob und einordnete.
Kurz nach zehn Uhr setzte sich die unabsehbare Menge, geführt von dem Ausschuß für den Festzug, in Bewegung, und durchschritt die Ehrenpforte bei dem Affenthor. Zweiundzwanzig Musiker ritten an der Spitze, ihnen folgten ungefähr vierzig Herrenreiter, dann ein hochbeladener Fulder Erntewagen, von vier Pferden gezogen; auf ihm saß oben ein Michel in scharlachrothem Kittel, und neben ihm marschirten verlegenen Antlitzes sieben Fulderinnen; den Frankfurter und Bornheimer Schützen schritten drei „Zeiger“ in blutrothem enganliegendem Costüm voraus.
Der nun folgende Kern des Festzuges war im Allgemeinen so geordnet, daß die fremden Turner und Ehrengäste voranschritten und hinter der neuen Bundesfahne der Ausschuß der deutschen Turnerschaft und der Central-Ausschuß des Festes folgten. Daran schlossen sich in der Reihenfolge, die durch das Loos bestimmt war, die Turner der siebenzehn Kreise, getrennt durch Unter-Ausschüsse und nichtturnerische Vereine Frankfurts; dabei waren im Ganzen vierzehn Musikcorps thätig. Am zahlreichsten waren von den Ausländern vertreten die Amerikaner, durch siebenzig Turner mit zwei Sternenbannern und zwei Tafeln: Gut Heil California; Gut Heil Baltimore; dann die Engländer, Holländer, Italiener und Schweizer. Von akademischen Turnvereinen waren vertreten Göttingen, Gratz, Breslau, Tübingen; der Berliner „Akademische Turnverein“ hatte allein fünfundzwanzig Mann entsendet. Den Beschluß des turnerischen
Theils im Zuge machten mit mehr als hundert Fahnen die Mitglieder des turnerischen „Mittelrheinkreises“, die Gastgeber, worunter die Frankfurter und Sachsenhäuser Turner die Hauptmasse ausmachten. Den Turnern folgten die Frankfurter Gesangvereine, zuletzt Frankfurter Feuerwehr.
Man hat die Anzahl der Theilnehmer auf 16,000 berechnet und ungefähr 450 Fahnen gezählt, unter denen wenige die Jahreszahlen 1848 und 1849 trugen, die meisten aus der Zeit nach 1860 datirten. Unter den nicht turnerischen Vereinen fuhren die Rudergesellschaft „Germania“ und der Frankfurter „Ruderverein“ ihre auf einem staffelförmigen Postament ausgestellten Preise, die sie früher gewonnen, und letzterer ein zweimastiges Segelboot auf großen prachtvoll decorirten Rollwagen einher.
Die Ausschmückung der Straßen war eine planmäßige und wirkte mehr durch die Fülle gleichartiger Dinge, wie Fahnen und Guirlanden, als durch die Mannigfaltigkeit der Einzelnheiten. Es gab Strecken in einigen der engeren Straßen, wo man auf einige Zeit buchstäblich den Himmel vor Fahnenschmuck nicht sehen konnte. Wer sein Haus nicht durch eine mächtige Fahne bemerkbar gemacht hatte, suchte den Eindruck durch gleichartige Ausschmückung sämmtlicher Fenster mit Fähnlein und Kränzen hervorzurufen. Gartenzäune, Mauerzinnen, Thorwege mußten Raum zu fliegenden Tribünen abgeben. Mehrfach aber ist hervorgehoben worden, daß der beste Schmuck der Fenster in den freudestrahlenden Mienen der schönen Frankfurterinnen im Feierkleide bestanden habe. Oft schien uns die Wirkung solcher malerisch geordneten Gruppen in Fensternischen und auf Balcons beabsichtigt. Hier und da verschenkten die Schönen Blumen, mit denen sie sich selbst geschmückt hatten. Wer nicht Kränze gab und Blumen, der reichte Bier und Wein, ja sogar – der selige Turnsenior Marggraff würde sich freuen – Milch. Als der Vorrath an frischen Blumen und Kränzen zu Ende gegangen war, löste man die Kränze von den Guirlanden an den Fenstern und überreichte sie den Fahnenjunkern, die sie erfreut auf die Spitze ihrer Fahne steckten. Es ist zweifelhaft, wer mehr turnerische Ausdauer gezeigt hat beim Festzuge, ein Fahnenträger, der vierthalb Stunden in der Sonnenhitze die Fahne getragen hat und oft durch einen Trunk gestärkt wurde, oder Damen, die in der gleichen [574] Zeit ihre Tücher geschwenkt und angesichts der uniformen, in strammem Schritt einherschreitenden Turner unaufhörlich: „Gut Heil!“ gerufen haben. Es war wohl natürlich, daß Turner, an deren Land irgend welche nationale Erinnerungen geknüpft wurden und die sich durch ihre stramme Haltung oder durch die große Zahl der Vertreter auszeichneten, besonders freudig begrüßt wurden. Die Landsleute Frankfurts, die leutseligen Sachsen, die Schwaben, die lustigen Berliner, die Deutsch-Oesterreicher, die freien Schweizer und die befreiten Lothringer erfreuten sich einer allgemeinen Aufmerksamkeit. Der etwas massive Klang unseres dreifachen „Gut Heil!“ als Gruß und Glückwunsch war Vielen befremdlich und wird sich erst noch in den Herzen der Volksangehörigen Bürgerrecht erwerben müssen. Die beiden schweren Silben wirken entschieden markiger und drastischer, als das aufhüpfende, jubelnd emporsteigende „Hurrah“ mit angehängtem, lang austönendem â.
Der Festzug bewegte sich über die Wall- und Schulstraße in Sachsenhausen, aber den Schaumainquai und die neue Unter-Mainbrücke, über die neue Mainzerstraße nach dem Bodenheimer Thor, durch die Bodenheimergasse über den Goethe-Platz und Roßmarkt, durch die Kaiserstraße bis zur Kühlung spendenden Fontaine des Herrn von Erlanger. Hier fand zu großer Freude der Betheiligten ein freilich nicht langer Gegenzug statt, sodaß Jeder seine nächsten Vorder- und Hintermänner begrüßen konnte. Der an der Fontaine vor dem „Frankfurter Hofe“ angebrachte Denkspruch ist werth hier verzeichnet zu werden:
„Das Wasser macht die Menschen dumm,
Die Jungen und die Alten,
Drum geht der Zug hier drum herum.
Wenn’s Wein wär’, blieb er halten.“
Sodann ging es wieder zum Roßmarkt, die Zeit, die Fahrgasse, Brückhof-, Fischerfeld- und Langestraße hinab, weiter die Allerheiligen-, große Friedberger- und Altegasse entlang.
Die engen alten Straßen, Großmütter gegenüber den neuen stattlichen Landstraßen, hatten durchschnittlich ein bescheideneres Gewand angelegt, aber meinten es nicht minder herzlich.
Am Triumphbogen der Alten Gasse stand:
„Wo freie deutsche Herzen walten,
Da läßt’s die Altegass’ beim Alten;
Wird Friede alle Welt erfreuen,
Hält’s auch die Alt’gass’ mit dem Neuen.“
Durch die Bleichstraße gelangte man zum Friedbergerthor, und durch die Friedberger Landstraße nach der „dicken Oede“ des Barons M. E. von Rothschild und nach dem Festplatze.
Nun, kein Frankfurter kann sich darüber beklagen, daß ihm nicht hinreichende Gelegenheit geboten worden sei, den Festzug zu sehen. Ja, es haben ihn alle Frankfurter so gut gesehen, daß die Tribüne auf dem Festplatze als überflüssig – leer stehen blieb.
Nach etwa dreieinhalbstündigem Marsche traf gegen zwei Uhr der Zug auf dem Festplatze ein und wurde von dem Centralausschuß und den Behörden begrüßt. Nachdem die Spitze des Zuges den Uebungsplatz bis zur Festhalle, vor der Bundesfahne vorbeidefilirend, umzogen hatte, ordneten sich die Freiübungsturner zu Achterreihen, welche bis an den Eingang zu dem Freiübungsplatze geführt wurde. Vermittelst der aufgestellten Richtfähnchen gelangten die 2016 Freiübungsturner in 311/2 Reihen von je 64 Mann zur Aufstellung. Als die Reihen gerichtet waren, übergab der Vorsitzende des Festausschusses, Franz Fabricius, den Festplatz den Turnern mit folgende Worten, die laut und vernehmbar vom Steigerthurm erklangen:
„Deutsche Turner, Gäste und Freunde aus dem Auslande! Willkommen, herzlich willkommen, alle Ihr Brüder! Euch deutschen Turnern mag wohl jetzt das Herz höher schlagen in dem Bewußtsein, daß das Auge der gesammten Nation nicht allein auf Euch ruht, sondern daß die Blicke des ganzen Auslandes, das den gleichen Bestrebungen huldigt, wie Ihr, auf Euch gerichtet sind. Nun denn, Ihr Turner, in diesem Bewußtsein thut Euer Bestes! Tretet frisch heran zum Wettkampf! Seid fromm und blickt ohne Neid auf den Sieger, gebt keinem andern Gedanken in Eurem Herzen Raum, als dem: ‚Ich will mir Mühe gebe, es ebenso gut zu machen suche, wie Du!‘ Seid fröhlich, daß es Euch vergönnt ist, an einem solchen nationalen Feste theilzunehmen, und daß Ihr hier Euren Freunden aus dem Auslande die Bruderhand drücken könnt. Wenn Ihr diese drei Worte Eures Wahlspruches wahr macht, Ihr Freunde, dann könnt Ihr frei vor Jeden hintreten, die Hand auf’s Herz legen und sagen: Ich bin stolz darauf, ein Turner zu sein. Und so denn, Ihr Männer, so denn, Ihr Turner, übergebe ich Euch im Namen des Centralausschusses diese Stätte zum schönsten Wettkampfe. Tretet an, kämpft dem Vaterland zur Freude, der gesammten Turnerschaft zur Ehre! Und daß dieses Fest gelinge, daß wir unseren Zweck erreichen und dadurch die Turnerschaft immer mehr zur Ehre und Anerkennung bringen, Ihr Brüder, darauf bringt ein dreifaches Gut Heil!“
Nach diesen mit jubelndem Einstimmen aufgenommenen Worten übernahm der Festturnwart Gottlob Danneberg das Commando für die sechszehn mit vier größeren Pausen auszuführenden Freiübungen. Zweimaliges Läuten mit dem um den Freiübungsraum gelegten elektrische Apparat verkündete Anfang und Ende einer größern Pause. Die Ausführung der Freiübungen wurde durch Fahnenschwenken und durch einfache Glockenschläge geregelt. Trotz einiger Schwankungen erscholl mehrfach von den Lippen der ringsum gelagerten Zuschauer ein allgemeines Bravo. Es wird stets ein überwältigender Anblick sein, Tausende augenblicklich dem Winke eines Einzigen folgen zu sehen.
Der Himmel war diesem Theile des Programms günstig. Ein Gewitter, das im Anzuge war, hatte sich verzogen. Ein scharfer Nordwest wehte, und der Himmel war mit schwarzen Wolken bedeckt, aber es kam vorläufig nicht zu störendem Regen.
Den Schluß der Freiübungen verkündete ein Böllerschuß. Der Abmarsch der Freiübungsturner erfolgte Arm in Arm durch Umzug in Achtercolonne vom rechten Flügel. Freudig stimmten die Turner ein in den Gesang des Liedes: „Deutschland, Deutschland über Alles“, vollendeten den Abmarsch und eilten, die Reihen auflösend, den Erquickung spendenden Hallen zu.
Die Uebungen der Musterriegen in Kreisen, Vereinen und Gauen begannen am Sonntag bald nach den Freiuebungen, wurden aber des Regenwetters wegen eingestellt und erst am Montag Morgen um acht Uhr wieder aufgenommen.
In den spätesten Nachmittagsstunden des Montags führte eine Riege aus Birmingham auf dem für die auswärtigen Gäste abgesteckten Raum das Keuleschwingen vor und legte darin eine solche Fertigkeit an den Tag, daß allgemeiner Beifall sie belohnte. Die birkenen, drei Fuß lange Keulen haben die Gestalt von Flaschen, deren ausgezogener Hals die Länge des Bauches hat.
Ein dichter Kreis von Zuschauern endlich, den zu durchbrechen selbst Kampfrichtern und Obmännern mit Mühe nur vermöge ihrer Amtsinsignien gelang, umgab diejenigen englischen Turner, welche den deutschen Genossen ein Probestück ihres nationalen Sports, des Boxens, vorzeigen wollten. In enganschließender wollener Bekleidung traten die Gegner paarweise auf, die Fäuste bewaffnet mit dicken, weichledernen, fettgepolsterte Handschuhen, und die regste Aufmerksamkeit verfolgte ihre Uebungen.
Zu allgemeiner Befriedigung verlief das erste große Feuerwerk am Montag Abend, veranstaltet von dem königlichen Hofkunstfeuerwerker Bidacowich aus Höchst. Noch größeren Eindruck machte und von ergreifender Wirkung war das dem Feuerwerk vorangehende Nachtmanöver der freiwilligen Feuerwehr an dem drei Stockwerke hohen Steigerthurme. Fingirt war für die Uebung die Unbenutzbarkeit der Treppe bis zum zweiten Stocke in Folge eines ausgebrochenen Feuers.
Das Festbanket am Montag für die beinahe dreitausend Personen hat der gewaltigste Despot, der Hunger, und die Macht der Elemente, die das Gebild der Menschenhand hassen und das Dach der Festhalle zu durchbrechen drohten, leider nicht so glänzend verlaufen lassen, wie es sicherlich angelegt und vorbereitet war. Eine große Anzahl von Gästen konnte nicht bedient werden, weil noch vor Thoresschluß, das heißt wenige Stunden vor dem Beginn des Festmahles, aus Nachgiebigkeit des Comités Anmeldungen in Menge angenommen worden waren, trotz der Ankündigung, daß am Vorabend die Theilnehmerliste geschlossen werden sollte. Während eines grausen Gewirrs von Messerklappern, Gläserklingen, Trompetenstößen erhob sich ein Nordoststurm, der einen wahren Wolkenbruch mit sich brachte. Der Regen ergoß sich in Strömen durch die Fugen des Daches auch in die Gläser auf den Tischen. Da bewahrte nebst manchen anderen fröhlichen Leuten der akademische Turnverein aus Berlin eine wünschenswerthe Kaltblütigkeit und sang, was der Festausschuß durchzusetzen nicht im Stande war, zwar nicht an seiner Tafel, aber um einen Hallenpfeiler gedrängt, zur Freude aller Umstehenden die programmmäßigen Tischlieder ab.
[575] Die ersten Redner wurden noch allgemein verstanden. Kaiser Wilhelm, welchem nach einem dreifachen Hoch ein Telegramm nach Gastein gesendet ward, antwortete mit seinem Dank und einem Wunsch für das fröhliche Gedeihen „des mit der körperlichen Bildung zugleich den nationalen Sinn belebenden Turnwesens“. Eine persönliche Theilnahme am Feste hatten er sowohl, wie der Kronprinz, Fürst von Bismarck und die Minister des Innern und des Krieges unter Danksagung abgelehnt.
Am Dienstag Morgen gegen zehn Uhr begann das Wettturnen der sechs Riegen zu je fünfzig Mann, des Regens wegen in zwei Hallen. So konnte leider des beschränkten Raums halber an ein Zuschauen von Turnfreunden nicht gedacht werden.
Beim Stabhochspringen nahm der Turner Meller aus Bockenheim ohne Sprungbrett die übernormale Höhe von zwei Meter achtzig Centimeter. Auch an den Geräthen wurde, besonders in den Kürübungen, Vortreffliches geleistet. Je zwei Pflichtübungen und eine Kürübung (das heißt zwei vorgeschriebene Uebungen und eine solche, bei der die Wahl freistand) am Reck, am Barren und am Pferd waren gefordert, dazu Betheiligung am Stabhochsprung, am Steinstoßen und am Weitsprung. Bis Mittwoch Mittag wurde das Wettturnen in den Hallen und theilweise aus dem Festplatze fortgesetzt, während der Berechnungsausschuß tapfer arbeitete und innerhalb weniger Stunden von mehr als dreihundert Turnern zwanzigtausend Resultate zu constatiren, zuzustellen und zu berechnen hatte.
Das Schaufechten (Säbelschlagen) von beinahe hundert Personen, am Dienstag mehrmals durch das Unwetter gestört, wurde am Mittwoch nach neun Uhr fortgesetzt. Am Ringkampf, der darauf Nachmittags gegen fünf Uhr begann, betheiligten sich über fünfzig Paare.
Nach Abwickelung des officiellen Programms winkten dem Turner Genüsse aller Art. Er konnte auf einem der beiden Tanzsäle eine und die andere der vielen anerkannt schönen Frankfurterinnen zu Tanze führen; er konnte auf dem „Dultplatze“ sich den harmlosen Volksbelustigungen hingeben, vom Caroussel und Amboßschlagen bis zum Tauchen und zum Kasperltheater; er mußte wenigstens einmal gegen Vorzeigung der Festkarte die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein nehmen, und schließlich stand ihm frei, auf dem Festplatze das Concert anzuhören, dessen wirksamsten Theil der mit bewundernswerther Reinheit und Sauberkeit vorgetragene Massengesang der vereinigten 1200 Sänger Frankfurts von der großen Tribüne aus unter Leitung des Capellmeisters Freund und des Musikdirectors Gellert bildete. Ein zweiter Theil des Concerts spielte sich in der Festhalle ab. Von privaten geselligen Zusammenkünften, welche sich an das Fest schlossen, erwähnen wir nur zwei. Am Sonntag Abend versammelten sich etwa 700 Personen aus Oesterreich-Ungarn im Saal des Cafés zur neuen Börse, am Mittwoch Mittag 200 Amerikaner in der Festhalle auf Anregung des amerikanischen Generalconsuls A. Lee.
Die Verkündigung der Sieger geschah durch den Vorsitzenden der deutschen Turnerschaft, Rechtsanwalt Th. Georgii, von den Stufen des siebenzehneinhalb Fuß hohen Kolossalstandbildes der Germania herab. Die Statue war von dem Frankfurter Bildhauer Anton Karl Rumpf in Gyps massiv modellirt und von den Herren Anton und Moritz Hahn dem Central-Ausschuß gestiftet. Es hat sich ergeben, daß der erste Preis von dem Frankfurter Turner Christian Meller mit 69,2 bei 75 möglichen Punkten errungen ist. Der letzte, zweiundzwanzigste Preis ist zufällig auf den Bruder des ersten Siegers, Michael Meller, dem siebenten Verein zu Nürnberg angehörig, mit 45 Punkten gefallen. Die acht Mann starke Riege aus Milwaukee nimmt sechs Turnpreise und einen Ringpreis mit über den Ocean zurück. München hat drei Turn- und einen Ringpreis erworben, Frankfurt drei Turn- und sieben Fechtpreise, Birmingham einen Turn- und einen Ringpreis. Die Berliner, sei es durch den Regen abgeschreckt, oder von Zeit und Ort des Wettturnens nicht genügend oder nicht rechtzeitig benachrichtigt, turnten größtentheils nicht mit, gingen daher leer aus und würden einen größeren Schmerz empfinden müssen, wenn sie nicht überzeugt sein dürften, daß sie in den Tagen zuvor beim Kür- und Musterturnen Vorzügliches gezeigt hätten. Uebrigens waren nach der neuen Turnfestordnung nur die besten Durchschnittsturner zu krönen; die höchsten Leistungen an den einzelnen Geräthen sind nicht zur Geltung gekommen.
Während die deutschen Fechtlehrer in der Adlerflychtschule saßen und das Wohl des Fechtens beriethen, strebte der bei weitem größere Theil der Festgenossen am Donnerstag in das Weite und betheiligte sich an den Turnfahrten, die nach dem Taunus, dem Rhein und nach der Bergstraße unter dem Schutze von Ausschußmitgliedern unternommen wurden. Noch acht Tage nach dem Feste erscholl von der Spitze des Lurleyfelsens, wie von der Brücke der Wartburg, vom Feldberge, wie vom Heidelberger Schlosse herab ein kräftiges: „Gut Heil!“
Wenn auch das beklagenswerte Unglück beim letzten Feuerwerk wie eine finstere Wolke den Glanz des Festes schließlich verdunkelt hat, so wird doch sonnenhell leuchtende Wahrheit bleiben, daß manche nationale Anregungen von der alten Krönungsstadt ausgegangen, internationale Freundschaften geschlossen sind, daß der patriotische Sinn belebt und durch das Fest ein neuer Markstein für die Geschichte des Turnwesens aufgerichtet worden ist.
Unvergeßlich aber wird es allen bleiben, mit welcher Opferwilligkeit Jung und Alt, Hoch und Niedrig in Frankfurt sich bemüht hat, das Fest zu verschönern mit welcher Freigebigkeit und Aufmerksamkeit Jedermann in den Häusern bewirthet und bedient ist, mit welcher Bereitwilligkeit der Frankfurter Bürger dem deutschen Turner Haus, Herz und Hand geöffnet hat. Länger als an den Anschlagsäulen in Frankfurt wird in allen Landen, deren Vertreter die schöne Mainstadt gesehen, in den Herzen der Betheiligten das aufrichtige Gefühl des Dankes und eine angenehme Erinnerung wach bleiben.
„Zierlich denken, süß erinnern
Ist das Leben im tiefsten Innern.“
Goethe.
Noch einmal die französischen Pendulen und die deutschen Soldaten. Von dem Herrn Stabsarzt Dr. Leopold Glaser in Mönchberg geht uns die nachfolgende Mittheilung zu. „Die Gartenlaube“ berichtete vor einiger Zeit (vergl. Nr. 40 von 1879 unter ‚Blätter und Blüthen‘!) zur Rettung deutscher Soldatenehre über eine von der Pariser Zeitung ‚Soleil‘ mitgetheilte Gerichtsverhandlung. Am Schlusse des Berichts, welcher über die Unschuld der fälschlich großer Rohheit bezichtigten deutschen Soldaten keine Zweifel läßt, heißt es sodann: ‚Wie manche der angeblich von diesen „Prussiens“ verübten Unthaten mögen auf solche Weise ihre Erklärung finden!‘ Bei diesem Ausrufe fiel mir Folgendes ein.
Das baierische Regiment Prinz Otto-Chevauxlegers, bei welchem ich im französischen Feldzug 1870 und 1871 diente, lag vom 19. September ab in Villegénis, einem einzeln stehenden Schlosse zwischen Verrières und Longjumeau, das der alte König ‚Luschtik‘ erbaut und der folgende Besitzer, der weltbekannte Spielwaaren- und Phantasie-Artikel-Fabrikant Alphons Giroux mit wahrhaft feenhaftem Luxus ausgesattet hatte. Am 13. December erhielten wir plötzlich Befehl zum Abmarsche nach Orleans, um dort ein anderes baierisches Reiterregiment zu ersetzen, das schwer gelitten hatte. Der Aufbruch sollte möglichst schnell erfolgen. Als aber unsere Schwadronen auf dem Sammelplatze erschienen, verkündete uns der Regiments-Commandeur die inzwischen erfolgte Gegenordre, worauf wir in die Quartiere zurückkehrten.
Am nächsten Morgen hörte ich lautes Schelten auf dem Corridor und erfuhr, daß die Zeit unserer Abwesenheit dazu benützt worden sei, aus dem Zimmer des Rittmeisters K. eine Pendule zu entfernen, die durch ihre Größe und Schönheit die Bewunderung aller unserer Gäste auf sich gezogen hatte. Daß sie Niemand von der Mannschaft zum Andenken mitgenommen hatte, war sofort uns Allen klar. Was sollte er damit auf dem Pferde? Zum Schutze der gesammten Schloßräumlichkeiten war von der Herrschaft eine Anzahl Dienstpersonen zurückgelassen worden. Auf sie fiel selbstverständlich unser erster Verdacht. Mit der Inquirirung dieser Personen wurde denn auch sogleich begonnen; sie betheuerten jedoch allesammt ihre Unschuld mit so beredten Worten in Französisch, Deutsch und Halbfranzösisch – Einige von ihnen waren von der französisch-schweizerischen Grenze – daß wir die hartgesottenen Bösewichter Freund W., dem Langen, zum Inquiriren übergaben, und ihm gestanden die Schelme, daß sie die werthvolle Uhr entwendet hatten.
Ganz richtig hatten sie angenommen, daß der Verdacht des Diebstahls auf die abziehenden deutschen Soldaten fallen würde, und es läßt sich nicht bezweifeln, daß sie, wenn sie Zeit gehabt hätten – Alles in Allem gerechnet betrug unsere Abwesenheit etwa eine und eine halbe Stunde – auch noch die anderen Werthgegenstände, eine Anzahl von Uhren, an sich genommen hätten. Unser definitiver Abzug vom Schlosse ging am 18. März vor sich. Sollte nach demselben nicht eine Wiederholung des Vorganges vom 13. December stattgefunden haben?
Zum Schlusse möge noch ein anderer Vorfall Erwähnung finden,
[576] der sich auf dem Hinmarsche nach Paris zutrug. Nach dem Uebergange bei Corbeil über die Seine waren wir in Ris Orangis einquartiert. Ein Officier unseres Regimentes hatte sein Quartier in einem niedlichen Landhause erhalten. Das Haus war vollständig möblirt, den sonstigen Hausrath aber hatte der Besitzer mitgenommen. Wie erstaunte nun Rittmeister K. – derselbe, aus dessen Wohnung in Villegénis die Uhr entwendet worden war – als er eine Commode zum Einlegen seines Revolvers öffnete und dieselbe mit den werthvollsten Schmuckgegenständen angefüllt sah! Die Sachen waren jedenfalls in der Hast der Flucht vergessen worden. Der Rittmeister erstattete sofort Anzeige bei dem Oberst, der in Abwesenheit des gleichfalls davongelaufenen Maire nichts Anderes thun konnte, als den reichen Fund dem im Hause wohnenden Gärtner zur Aufbewahrung zu übergeben. Ob dieser nun den Schatz bis zur Rückkehr der Herrschaft treulich gehütet und ungeschmälert zurückgegeben, oder ob nicht auch die ‚Prussiens‘ als Diebe herhalten mußten? Wer weiß es?“
Im Grünen. (Vgl. das Bild auf S. 565.) Eine Sommeridylle, „wie sie im Buche steht“! möchte man im Anschauen unseres Bildes sagen, dem wir obige Unterschrift gegeben – denn wenn man schon längst gewohnt ist, den Mai der Poeten nicht mehr von der Wirklichkeit zu verlangen, so, scheint es, wird man zum mindesten in diesem Jahre auch auf eine Landschaft mit echter Sommerstimmung in der Wirklichkeit verzichten und sich mit einer solchen auf dem Papier entschädigen müssen. Und ach! welch ein Zauber liegt in dem Genusse eines echten Sommertages, mit seiner reinen, flimmernden, sonnedurchglühten Luft, mit der tiefen, klaren Bläue seines Himmels, welchen nur zuweilen ein weißes Wölkchen langsam wie ein Schwan durchsegelt und in dem sich singende Lerchen verlieren, mit der gilbenden Saat, welche so zukunftssicher die schweren Aehren wie im Traume senkt, mit den zitternden Lichtern auf blumengesticktem Rasen und den leuchtend durchsichtigen Waldesschatten, in denen sich so wonnig ruhen läßt! Die Schmetterlinge flattern und die Bienen, die blauen und stahlgrünen Fliegen summen – Alles athmet tiefstes Behagen und jene Gewißheit der Beständigkeit in der Natur, ohne welche – die Welt empfindet es schmerzlich genug im Jahre des Heils 1880! – der volle beglückende Naturgenuß zur Unmöglichkeit wird. Möchte unser Bildchen dastehen als eine Prophezeiung auf das baldige Kommen einer besseren Zeit, wo sich’s mit den Gestalten desselben heiter und beruhigt genießen läßt – „im Grünen“!
Kriegskämpfer und -Invaliden in Bedrängniß. Zweite Folge.
Im ganzen deutschen Reiche wird es wenige Orte geben, in welchen nicht die diesjährige, zehnte Feier des Sedanfestes mit Begeisterung begangen werden und zumeist, was das „Gelingen“ betrifft, „nichts zu wünschen übrig lassen“ wird; denn im Festefeiern sind wir ja stark. Wird man es uns verargen, wenn wir, um die Freude des Tages durch eine ernste Zugabe zu heben, gerade diesen Augenblick wählen, um einmal wieder an unsere armen, verlassenen Kriegs-Invaliden zu erinnern?
Das Sedanfest hat eine doppelte Bedeutung: wir feiern mit ihm den Sieg über Frankreich und die Wiedergeburt des deutschen Reiches. Sind zur Theilnahme an letzterem alle Deutschen verpflichtet, so wären doch wohl zur Mitfeier des Siegesfestes als solchen vor Allem alle Miterkämpfer jenes Sieges berufen. Vom kleinsten Orte bis zur größten Stadt sollte es keine Ausnahme von der Dankes- und Ehren-Verpflichtung geben, an diesem Tage Alle zur Mitfeier zu laden, welche in dem großen Kriege mitgekämpft haben. Wollen wir aber uns an die bis jetzt gefeierten Sedanfeste erinnern, so wird uns die Wahrheit beschämen, daß die Zahl Derjenigen, welche, mit dem Feldzeichen, ja mit dem Eisernen Kreuz auf der Brust, dem Festjubel zusehen mußten, weil sie zur Mitfeier zu arm waren, leider an vielen besonders größeren Orten, keine geringe war.
Wäre dies nicht traurige Thatsache, wie könnte es möglich sein, daß heute, nach zehn Jahren, die Noth so vieler Mitkämpfer und ganz besonders so vieler Invaliden jenes Krieges noch so groß ist? Es vergeht keine Woche, wo nicht der Redaction der „Gartenlaube“ die oft bittersten, von Obrigkeiten, Pfarrämtern und Aerzten als berechtigt anerkannten Klagen armer Invaliden zugehen, für die wir keine andere Hülfe, als die öffentliche Bitte haben.
Möchten doch alle Veranstalter und Theilnehmer an dem diesmaligen Sedanfeste sich der Pflicht der Dankbarkeit gegen die durch jenen Krieg um Gesundheit und Lebensglück gekommenen Mitkämpfer erinnern! Wenn sie sich bemühen, diese Männer aufzuspüren und ihnen die Theilnahme an dem Feste zu ermöglichen, so werden sie sich auch überzeugen, wo und wie sehr noch, aber auch wie leicht oft ihnen zu helfen ist. Die meisten der armen Invaliden suchen Arbeit, suchen eine Stelle, freilich in bedingter Wahl, wie sie die Rücksicht auf ihren körperlichen Zustand umgrenzt. Auch solche geeignete Stellen werden sich leichter finden, wenn man die Männer selbst kennen wird. Gewiß würde dann nicht so manche Familie durch die Noth aus einander gerissen – weil der Mann für das Vaterland seine Pflicht erfüllt hat.
Wir waren im Stande, an die Neun, für welche wir jüngst in Nr. 20 der „Gartenlaube“ gebeten, die Summe von 708 Mark als für sie uns zugekommene Gabe zu verteilen. Dagegen sind die Bitten um „Stellungen“ von wenig Erfolg gewesen. In der Hoffnung auf die herzerwärmende Wirkung des Sedanfestes legen wir eine neue Folge solcher Bitten dem deutschen Volke an’s Herz.
10) Ein Opfer der Belagerung von Paris. Mit dem Anhaltischen Infanterie-Regiment zog ein kerngesunder Reservist, Schuhmacher seines Gewerbes, 1870 nach Frankreich, focht vor Toul, bei Beaumont und Sedan und vor Paris (bei St. Denis), dann bei Orleans und Le Mans, von wo er abermals vor Paris kam. Hier packte ihn, noch im Januar 1871, zum ersten Male die Gicht so stark, daß er im März nach dem Wiesbadener Lazareth und von da in das Dessauer Reservelazareth geschafft werden mußte. Seine kräftige Natur schien über die Krankheit Herr geworden zu sein, und so heiratete er 1873 und betrieb sein Handwerk mit Glück. Erst 1875 brach das Leiden wieder aus, aber so heftig, daß er zwei Jahre lang arbeitsunfähig blieb und mit Frau und zwei Kindern total verarmte. Sein Handwerk kann er nun nicht mehr – eine Wächterstelle, die ihn oft von Nachmittags vier Uhr bis Morgens sechs Uhr auch im Winter an den Dienst im Freien fesselte, und durch deren Annahme er die ihm gewährte Pension der „Kaiser Wilhelm-Stiftung“ wieder verlor, drohte die Krankheit auf’s Neue hervorzurufen. Der Mann, der sich durch angenehmes Aeußere, Biederkeit und Solidität auszeichnet, könnte seiner Familie recht gut noch lange erhalten werden, wenn man ihn mit einer Stelle beglücken wollte, die ihm Bewegung im Freien und doch Schutz vor Ueberanstrengung und Erkältung böte. Man denkt bei Besetzung solcher Posten nur gar zu wenig an unsere Invaliden.
11) Durch den Krieg bis vor das Armenhaus gebracht. Ein baierischer Infanterist (vom 14. Regiment) zog als Sohn einer ziemlich wohlhabenden Bauernfamilie 1870 mit aus. Er war der Aelteste von noch neun meist unmündigen Geschwistern. Während des Feldzugs richteten Feuersbrunst, Hagelschlag sowie Krankheiten der überangestrengten Elten die Familie zu Grunde – und 1871 kehrte der Sohn, der die letzte Hoffnung und einzige Stütze des Hauses war, als ein Ganz-Invalide aus dem Kriege zurück und brachte nichts als – den Typhus mit in das Haus. Nun bezieht der junge Ganz-Invalide allerdings einundzwanzig Mark Pension – gewiß recht dankenswerth unter den nun einmal bestehenden deutschen Pensionsverhältnissen – aber die Rechnung bleibt dieselbe: daß dies für den Tag 70 Pfennig ausmacht, wenn der Monat nicht unglücklicherweise 31 Tage hat. Ein total Arbeitsunfähiger kann dabei nur das armseligste Leben fristen – und was wird aus der nicht durch seine Schuld, sondern durch sein Schicksal hülflosen Familie? Sie steht mit ihm – vor dem Armenhaus. Hilft Niemand?
12) Mit schwerem Brustleiden heimgekehrt, jetzt 35 Jahre alt und ebenfalls Pensionär von 21 Mark. Heimathbehörde und Arzt bezeugen dem Manne, daß eine Badecur ihm Linderung bringen kann – aber woher die Mittel nehmen? Er war ein geschickter Goldarbeiter; unser großer siegreicher Krieg hat ihn arm und elend gemacht.
13) Um ein Auge ärmer geworden. Für diesen Tapfern, der durch seine Verwundung bei Champigny, wo er als Artillerist im Feuer stand, das rechte Auge verloren, bittet sein eigener Bezirksfeldwebel nun eine Anstellung, welche ihm eine Beschäftigung gewährt, die er mit dem einen Auge ausführen kann, ohne es durch Erkältung ebenfalls zu gefährden, eine Stellung etwa als Fabrikaufseher. Der Mann hat Realschulbildung, kann also auch für schriftliche Arbeiten verwendet werden.
14) Auch Einer von Belfort, für den seine unglückliche Frau bittet. Kaufmann und jetzt zweiunddreißig Jahre alt, hat er sein kostbarstes Gut, seine Gesundheit, dem Vaterlande zum Opfer gebracht. Wie so viele unserer Bravsten, die in dem furchtbaren Winterfeldzuge und in der dreitägigen deutschen Thermopylen-Schlacht an der Lisaine Süddeutschland vor den Schaaren Bourbaki’s gerettet, hat auch er sich dort den Keim zu den heftigsten Rheumatismusleiden geholt. Gute Stellungen, ein eigenes Geschäft, das ersparte Vermögen – Alles fraß die Krankheit, und jetzt, wo die Anfälle ihm Ruhe lassen, seine Gesundheit hergestellt scheint, sind alle seine Bemühungen um eine Erwerbsstellung, bei Privaten und Behörden, vergeblich. Mit Lohnschreiberei muß der Arme sein und seiner Familie Leben zu fristen suchen. Und das ist auch Einer von Belfort – welches „Sedanfest“ wird er zu feiern haben?
15) Ein Mann mit Frau und drei Kindern. Bei Wörth durch einen Schuß in das linke Fußgelenk als „temporär ganz erwerbsunfähig“ Ganz-Invalide geworden, erhielt der Mann eine Pension von vierundfünfzig Mark. Da derselbe bei der zweiten „Superrevision“ nicht mehr an zwei Krücken, sondern an Stöcken gehen konnte, so wurde seine Pension um achtzehn Mark herabgemindert. Er bittet nun dringend, da er Weib und Kinder mit sechsunddreißig Mark monatlich unmöglich ernähren kann, um eine Stellung – „bei der er nicht viel zu gehen braucht“.
16) Der Letzte von Dreien. Im Westfälischer lebt ein greiser, fast erblindeter ehemaliger Bergarbeiter, welcher vor 1866 drei rüstige Söhne hatte. Der älteste war verheirathet und erfreute sich eines Kindes. Da bricht der Krieg von 1866 aus – der älteste und der zweite Sohn ziehen mit, und der erstere stirbt während des Feldzuges an der Cholera. Zurückgekehrt, heiratet der Zweite, um die nachgelassene Familie des Bruders zu versorgen, dessen Wittwe. Der Feldzug von 1870 ruft ihn mit dem jüngsten Bruder zusammen in’s Feld – er bleibt in einer Schlacht, und nun heiratet der anscheinend wohlbehalten zurückgekehrte dritte Bruder die zum zweiten Mal Verwittwete, deren Kinderzahl jetzt auf drei angewachsen ist. Da stellt sich bei dem Manne Krankheit als Folge der Kriegsstrapazen ein, und er ist unfähig, die Familie zu ernähren, welcher nun der alte, halb blinde Vater kärglich mit dem aushilft, was er mühsam genug durch Steineklopfen erwirbt – wahrlich, eine Familientragödie, wie sie so erschütternd die letzten Kriege nicht viele im Gefolge gehabt haben dürften.
17) Mit der Neigung zu Podagra-Anfällen aus dem letzten Kriege heimgekehrt, welche ihn zuweilen auf Monate für seinen Beruf untauglich machen, bittet ein Geometer um dauernde Verwendung. Er hat das Gymnasium absolvirt, auch kurze Zeit Chemie studirt. Nun liegt er seiner Mutter zur Last, nachdem er, auf Pensionirung untersucht, momentan gesund befunden und deshalb von der Unterstützung ausgeschlossen worden ist.
Berichtigung. In dem Artikel: „Der österreichische Touristenclub“ (in „Blätter und Blüthen“ unserer Nummer 32) ist in Folge eines Druckfehlers irrthümlich mitgetheilt worden, daß die Zahl der Mitglieder des Clubs sich auf 250 belaufe. Der österreichische Touristenclub zählt heute mehr als 3200 Mitglieder. Dies zur Berichtigung!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Deuschlands