Die Gartenlaube (1854)/Heft 5
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No. 5. | 1854. |
Illustrirtes Familienblatt. – Verantwortl. Redakteur Ferdinand Stolle.
Wöchentlich 1 bis 1 1/2 Bogen. Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 10 Ngr. zu beziehen.
Wie ein armer Apotheker doch noch glücklich wurde.
Zu Bray, einer kleinen Stadt in der Picardie, sieht man an der Vorderwand der am Marktplatz gelegenen alten Apotheke eine eigenthümliche Schilderei, welche das Haus berühmt gemacht hat und als Wahrzeichen der Stadt gilt. Das Gemälde selbst soll nachher beschrieben werden; vor der Hand genüge, daß sich daran eine sehr romantische und merkwürdige Geschichte kettet, die wir hier mittheilen.
Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebte in Bray ein reicher und gelahrter Rathsherr, welcher sogar Parlamentsmitglied der Provinz war und Michel d’Aubray hieß. Sein Ehegemahl hatte ihm eine einzige Tochter geschenkt, die sie mit Hülfe ihres Beichtvaters in großer Zucht und Frömmigkeit auferzogen hatten. Aber Madelaine d’Aubray war nicht nur das sittsamste und frömmste, sie war auch das schönste und liebenswürdigste Mädchen der ganzen Stadt, und alle Männer, die über den Markt gingen, machten die Schritte kleiner, wenn sie in die Nähe des hohen steinernen Hauses kamen, welches der Familie d’Aubray seit undenklichen Zeiten gehörte, um die schöne Madelaine am Fenster zu sehen und ehrerbietig zu grüßen. Madelaine dankte aber auf eine Weise, aus der die Herren nichts für sich hoffen durften. Wenn dagegen Niemand vorüber ging, und sie sich unbeobachtet glauben durfte, dann flog ein verstohlener freundlicher Blick über den Markt hinüber nach der Apotheke, wo ihn zuweilen ein junger hübscher Mann aufzufangen so glücklich war und schüchtern erwiederte. Es war dies der Provisor des alten Apothekers d’Ortous, Namens Jacques Senac. Er stammte aus der Normandie, stand erst seit kurzer Zeit in der Apotheke, hatte sich aber das Vertrauen seines Principals bereits in einem so hohen Grade erworben, daß dieser ihm die Besorgung der Apotheke ganz übergeben hatte. Der geschickte Provisor hatte kaum seine schöne und sittsame Nachbarin gegenüber kennen gelernt, als er auch schon sterblich in sie verliebt war. An Gelegenheit, ihr seine Leidenschaft merken zu lassen, fehlte es Herrn Senac keineswegs; denn Madelaine kam fast jeden Tag in die Apotheke, welche, wie zu jener Zeit gebräuchlich war, auch mit Material- und Specerei-Waaren handelte, um für den häuslichen Bedarf kleine Einkäufe zu machen. Man wollte bemerken, daß sie nach Verlauf einiger Wochen sogar öfter in den duftenden Laden kam, als früher. Junge Mädchen, die über das sechszehnte Lebensjahr hinaus sind, haben auch zu allen Zeiten für die Gefühle, Wünsche und Hoffnungen junger Männer eine höchst merkwürdige Divinations-Gabe besessen, und die frommen und sittsamen haben davon keineswegs eine Ausnahme gemacht. Genug, die beiden jungen Leute hüben und drüben am Markte zu Bray wußten bald vortrefflich, wie sie mit einander d’ran waren. Nun war aber Jacques Senac eine der edlen, tiefinnigen nordischen Naturen, die wenig Worte machen, aber ein gewaltiges Gefühl besitzen, und jede Sache mit heiligem Ernst und Eifer angreifen und betreiben. Ein ächter Nachkomme der Normannen und das Gegentheil eines leichtfertigen Franzosen, liebte Senac die schöne Madelaine mit einer an seinem Leben zehrenden Glut und Kraft, und diese Leidenschaft wühlte sich um so tiefer in sein Herz, je weniger er sich davon äußerlich merken lassen durfte. Denn er war blutarm, von geringem Herkommen, ohne Beschützer und Freunde, ein Fremdling in dieser Stadt. In seiner Bescheidenheit dachte er auch gar nicht an die Möglichkeit, die reiche und vornehme Madelaine d’Aubray für sich gewinnen zu können; er war nur selig im Bewußtsein, ihr nicht ganz gleichgültig zu sein, wovon sie ihm nicht selten kleine rührende Beweise gab. Dabei blieb es aber auch; zu einer eigentlichen Erklärung, zu einer heimlichen Zusammenkunft und Unterredung der beiden Liebenden kam es durchaus nicht.
Zu dieser Zeit kehrte der Sohn des reichsten und angesehensten Handlungshauses der Stadt, Philipp Dubois, von Paris zurück, wo er mehre Jahre auf einem der größten Comptoire gearbeitet hatte. Es waren die Zeiten der liederlichen und abscheulichen Regentschaft des nichtswürdigen Herzogs von Orleans, jener acht Jahre, die an Sittenlosigkeit und Lascivität der carikirten Maske der frechsten Heuchelei ihres Gleichen nicht haben in der neusten Geschichte.
Der junge Dubois hatte seine Schule in Paris mit um so größerem Vortheil gemacht da der Minister, welcher denselben Namen führte, einer der verworfensten Menschen, sein Verwandter war, in dessen Hause er stets Zutritt gehabt hatte. Er kehrte als ein vollendeter Wüstling und Heuchler in das Vaterhaus zurück. Auf einem Balle erneuerte der „aimable Roué“ die Bekanntschaft der schönen Madelaine, legte ihr sogleich sein Herz zu Füßen, und traf Veranstaltung, daß sein Vater schon in den nächsten Tagen Rücksprache mit dem alten Rathsherrn wegen einer Verbindung ihrer Kinder nahm. Weder die eine, noch die andere Partei, noch sonst irgend Jemand in der kleinen, vom moralischen Pesthauche des Pariser Lebens noch nicht berührten Stadt hatte eine Ahnung von der Sittenfäulniß des durch sein angenehmes Wesen sich Allen empfehlenden Liebhabers. Es stand ihm also von Seiten der Aeltern der Jungfrau nicht nur kein Hinderniß [48] entgegen, sie hielten die eheliche Verbindung ihrer Tochter mit dem jungen Dubois sogar für ein großes Glück für sie und hatten nichts Eiligeres zu thun, als ihr Jawort zu geben. Madelaine wagte als eine gehorsame Tochter keinerlei Einwendung zu machen, obgleich ihr Herz von Stund’ an von einem unbeschreiblichen Herzweh befallen wurde. Ihre reine Seele hatte eine Ahnung von dem ihr bevorstehenden Geschick. Die feierliche Verlobung war kaum vorüber, so fühlte sie erst recht, wie theuer ihr der stille Provisor war, der von diesem Tage an nicht mehr am Fenster und an der Thüre der Apotheke gesehen wurde. Sein Schmerz war so groß und so tief wie seine Liebe, aber er wurde so wenig laut wie diese. Senac verzehrte sich in stummem Gram und widmete sich seiner Kunst mit einem Eifer und einer Beharrlichkeit, die seinen Principal in Erstaunen setzte.
Noch war kein halbes Jahr seit der Hochzeit Dubois’ und Madelaine’s verflossen, als die Letztere bereits die ganze Tiefe ihres Elends erkannt hatte. Sie verachtete ihren liederlichen Mann, der dagegen ihren Umgang sehr langweilig fand und sich in der Gesellschaft unterhaltender Frauenzimmer entschädigte. Er reisete oft in die benachbarten größeren Städte und nach Paris und bald wohnten einige Damen in Bray, die er unterhielt. Madelaine’s stiller Gram wurde täglich größer, und steigerte sich durch den Tod ihrer Aeltern, die schnell aus Herzeleid, daß sie ihre geliebte Tochter in ein solches Unglück gestürzt hatten, dahin starben. Die arme Frau weinte seit dieser Zeit schier Tag und Nacht und machte sich dadurch ihrem lebenslustigen Manne nur noch unausstehlicher. Es kam zu heftigen Scenen, und die letzte derselben hatte den tragischen Ausgang, daß Madelaine eine Fehlgeburt machte und einige Stunden darauf an Schwäche starb.
Dubois, froh, „die Betschwester“, wie er sie nannte, los zu sein und die reiche Erbschaft anzutreten – im Ehecontract hatten sich die beiden Gatten ihr Vermögen gegenseitig vermacht – ließ sie schon am Abend des folgenden Tages in dem Familiengrabgewölbe ihrer Familie, welches sich unter der Salvatorkirche am Gottesacker befand, beisetzen.
Kaum war das Leichenbegängniß vorüber, als er nichts Eiligeres zu thun hatte, als jede Spur von der Verstorbenen in seinem Hause zu vertilgen, mit der Nacht Thüren und Läden zu schließen, seine Zimmer aufzuputzen und mit Kerzenlicht freundlich erhellen und ein leckeres Mahl bereiten zu lassen. In der Dunkelheit der Nacht führte er sodann seine Pariser jungen Freundinnen in’s Haus und hielt mit ihnen ein schwelgerisches Mahl, um sich für den Zwang zu entschädigen, den er sich zeither hatte anthun müssen.
Dem Provisor Senac war Madelaine’s Schicksal nicht verborgen geblieben, und die öftere Kunde, die er von einer Zofe der unglücklichen Frau einzog, vermehrte nur sein eigenes Leid. Als er ihren schnellen Tod vernahm, wurde er zwar von ungeheurem Schmerz fast niedergeworfen, aber er dankte doch Gott für die Erlösung der armen Dulderin. In seinen Mantel gehüllt, folgte er von fern dem Leichenzuge, und hegte jetzt für sein Leben nur noch einen Wunsch: Madelaine’s liebliche Hülle noch einmal zu sehen. Seit sie verheirathet war, hatte er ihren Anblick als sündhaft vermieden. Jetzt war sie Gottes Eigenthum, und das Verlangen, seine Seele noch einmal an den theuern, milden Zügen zu weiden, so groß, daß er ihm nicht widerstehen konnte. Er versah sich daher mit Geld und ein Paar Wachskerzen und begab sich zum Sacristan der St. Salvatorkirche. Das Gold öffnete die Hand des Mannes und die Hand die Thüren der Kirche und des Grabgewölbes. Es war noch lange nicht Mitternacht, als Senac mit einer brennenden Kerze in die schauerliche Gruft hinabstieg. Ohne Furcht und Grauen – die heiligste Liebe erfüllte ja sein Herz so ganz und gar, daß kein andres Gefühl darin Platz greifen konnte – schritt er an der Reihe der aufgestellten Särge vorüber bis zu dem vor wenig Stunden hierhergebrachten und nahm den Deckel ab. Da lag sie schön wie ein Engel im weißen Brautkleide, das höchste Gut seines Lebens und Seins, für dieses Leben verloren für ihn. Die Kerze, die er neben ihr Haupt gestellt hatte, beleuchtete die schönen verklärten Züge; er stand lange in ihr Anschauen versunken mit verschränkten Armen vor ihr, und große Thränentropfen rollten langsam über seine Wangen, ohne daß er es merkte. Endlich bog er sich zu ihr hinab; er that es unwillkürlich. Die Natur forderte ihr heiliges Recht. Nie hatte er auch nur an die Kühnheit gedacht, einen Kuß auf die keuschen Lippen der Geliebten drücken zu dürfen. Jetzt, da diese Lippen vom Tode kalt geküßt waren, konnte er es sich nicht versagen ihnen den einzigen, den ersten und letzten Kuß aufzudrücken. Und er küßte sie mit der Seele. Erschreckt fuhr er zurück. Was ist das? Das ist nicht die eisige Kälte des Todes! In diesen Lippen ist die warme Welle des Bluts noch nicht erstarrt. Barmherziger Gott, wär’s möglich? Sollte Madelaine nicht todt sein? Senac hat die ausgedehntesten ärztlichen und wundärztlichen Kenntnisse. Im Nu reißt er die Gewande hinweg und forscht mit kundiger Hand nach den Anzeichen des Lebens. Die Seele ist ihm in die Fingerspitzen getreten; der eigne Athem stockt ihm vor Erwartung. Er stößt einen Schrei der Ueberraschung aus; er hat die leise Wärme und Bewegung des Bluts entdeckt. Die Geliebte ist nicht todt. Rasch umschlingt er sie und trägt die köstliche Last aus dem Gewölbe, dem in der Kirche harrenden Sacristan seine Entdeckung verkündend. Die beiden Männer bringen die Scheintodte in des Sacristans Wohnung, legen sie in ein Bett, und der Apotheker giebt zweckmäßige Verordnungen auszuführen, während er selbst nach Hause eilt, die nöthigen Mittel herbeizuholen. Er fliegt und zurückgekehrt, reibt er den schönen Körper mit den kräftigsten Essenzen ein und tropft ihr andre zwischen die Lippen. Eh’ eine Stunde vergeht, athmet sie und ein leichter Schweiß tritt aus den Poren. Er öffnet ihr eine Ader: das köstliche Blut fließt in die Schale. Sie schlägt die Augen auf. Verwundert schaut sie um sich, und ihr Auge ruht mit stillem Entzücken auf dem geliebten Manne. Sie hält Alles für einen schönen Traum. Aber Senac’s Seligkeit bricht in Worten aus. „Gelobt sei Gott und alle Heiligen!“ ruft er. „Sie ist gerettet! – Könnt Ihr sprechen, theure Frau? Wie fühlt Ihr Euch?“
„Wohl! Sehr wohl! haucht sie ihm zu. Aber wo bin ich? Was ist mit mir vorgegangen?“
„Es ist Euch ein kleiner Unfall zugestoßen. Euer Zustand erlaubt nicht, daß ich Euch jetzt Alles mittheile. Ihr werdet es erfahren, wenn Ihr ganz genesen seid.“
„Aber warum bin ich nicht in meinem Hause, in meinem Zimmer, in meinem Bette?“
„Ein seltsamer Zufall hat Euch demselben entführt. Morgen sollt Ihr das Ereigniß kennen lernen. Jetzt ruht. Ein wohlthätiger Schlaf wird Euch erquicken.“
„Aber nicht hier. Die fremde Umgebung ängstigt mich. Ich bitt’ Euch, Herr Senac, bringt mich nach Hause. Hier kann ich nicht bleiben.“
„Bleibt nur bis morgen. Die Rückkehr in Euer Haus könnte Euerm Leben gefährlich werden.“
„Nein! nein! Ich beschwör’ Euch: laßt mich heim. Mir wird hier unwohl. Auch ist’s unziemlich, daß ich hier in Eurer Gesellschaft verweile. Ich gehöre in das Haus meines Gatten.“
Senac vermag ihren rührenden Bitten nicht zu widerstehen. Der Sacristan schafft eine Sänfte herbei, die Kranke wird wohlverwahrt hinein gesetzt, und die beiden Männer tragen sie durch die stille Nacht ihrer Wohnung zu, der Apotheker voll verzweifelten Schmerzes, daß er es ist, welcher das theure Kleinod seinem gewissenlosen Peiniger selbst überliefern muß. Einen Augenblick hat er daran gedacht, sich vor Madelainen niederzuwerfen, ihr Alles zu entdecken und sie zu beschwören, und mit ihr zu entfliehen. Aber der Streit in ihm ist bald geschlichtet. Er weiß, daß die gottesfürchtige Frau nicht einwilligen wird wider göttliche und menschliche Gebote zu handeln, und er schämt sich selbst seiner sündhaften Gedanken.
So langen sie bei Dubois Hause an und klopfen an die Thür. Nicht lange, und es wird geöffnet. Dubois tritt ihnen mit einer Kerze in der Hand selbst entgegen, berauscht und schimpfend ob der unwillkommenen Störung.
Stumm schreiten die Träger in das Haus und öffnen die niedergesetzte Sänfte. Madelaine erhebt sich. Dubois stößt einen furchtbaren Schrei aus und stürzt zu Boden. Die herbeigeeilte Dienerschaft flieht entsetzt. Ein wildes Geheul erschallt durch das Haus. Die leichtfertigen Pariserinnen rasen, wie von einem Engel mit dem Flammenschwert verfolgt, aus dem Hause. Senac und der Sacristan bringen die vom Tode erstandene Frau in ihr Zimmer, betten sie weich und gewähren ihr alle nöthige Hülfeleistung, da Niemand im Hause sich hören oder sehen läßt. Senac holt aus der Apotheke neue Medikamente herbei und giebt sie ihr ein. [49] Endlich versinkt sie in Schlaf. Nun wollen sich die Männer nach der geflüchteten Dienerschaft umsehen, da finden sie den gottvergess’nen Dubois auf der Hausflur liegen. Keiner seiner Diener, keine seiner Freundinnen hat sich um ihn bekümmert; Alle sind sie über ihn hinweggestürmt, um das Freie zu gewinnen. Die beiden Männer heben ihn auf und tragen ihn in sein Zimmer. Sie halten ihn für ohnmächtig, aber er ist kalt und steif. Die Medikamente, die Rettungsversuche werden nun bei ihm angewandt. Vergebens! Sie müssen sich bald überzeugen, daß er todt ist. Der Schrecken hat den betrunkenen Wüstling mitten in seinen Lüsten getödtet.
Senac trifft genaue Vorsorge, daß Madelaine durch nichts gestört werde. Mit einem seltsamen Gemisch von Freude und Schmerz holt er Aerzte und andere Leute herbei. Dann bewacht er ängstlich eifersüchtig Madelainen’s Schlaf.
Dubois ist und bleibt todt! Seltsamer Wechsel des Geschicks!
Am zweiten Tage nimmt er den Sarg ein, in welchem seine unglückliche Gattin gelegen. Sie erfährt nichts von ihrer wunderbaren Erlösung, nicht daß sie im Grabe gelegen und daß ihr unwürdiger Gatte nun ihre Stelle eingenommen hat. Aber sie erstarkt schnell unter des geliebten Senac’s sorgsamer Pflege. Nun erst berichtet er ihres Gatten Tod. Sie faltet die Hände und flüstert ein Gebet für das Heil seiner Seele. Aber ihr Auge leuchtet dankbar für die Befreiung von ihrem Peiniger.
Erst als sie vollkommen genesen, erfährt sie den ganzen Zusammenhang, und ihr feuchter Blick hängt dankbar an den selig lächelnden Zügen ihres Retters.
Madelaine wurde nun die Erbin des Mannes, der eben mit Frohlocken im Begriff gewesen war, ihr reiches Besitzthum als Erbschaft einzustreichen. Niemand lebte mehr, der ihr hinderlich sein konnte, der Stimme ihres Herzens zu folgen. Nach dem gesetzlichen Trauerjahre wurde sie die Gattin ihres geliebten glücklichen Senac, der unterdessen die Apotheke von seinem alten Prinzipal käuflich erworben hatte. Die ganze Stadt nahm freudigen Antheil an der Vereinigung des edlen Paares.
Die Wiedererweckung Madelainen’s durch Senac’s Hand hatte aber noch eine andere glückliche Folge, an die Niemand vorher gedacht hatte. Senac ließ an der Borderwand der Apotheke zum ewigen Angedenken an die wunderbare Begebenheit, die ihn zum glücklichsten Manne gemacht hatte, ein Gemälde anbringen. Man sah da die schöne Madelaine, wie sie noch halb in den Armen des knöchernen Sensenmannes liegend und halb daraus emporstrebend von Senac, der vor ihr stehend ihr die Hand und ein Heilkraut reicht, dem Tode entrissen wird.
Dieses Gemälde vollendete, was die Rettung selbst begonnen hatte, nämlich sie pflanzten der Bevölkerung der Stadt und der Provinz einen unerschütterlichen Wunderglauben an die Geschicklichkeit Senac’s und die Heilkraft seiner Medicamente ein. Niemand zweifelte daran, daß er die geliebte Frau wirklich vom Tode auferweckt habe. Er ließ sich zum Arzt promoviren, und der Zulauf zu ihm wurde weit und breit her ungeheuer, zumal er wirklich als geschickter Arzt glückliche Kuren machte. Man glaubte nun einmal steif und fest, in seinen Medikamenten sei eine größere Heilkraft als in andern. Er wurde dadurch zum steinreichen Manne, und seine blühende Nachkommenschaft wußte das günstige Vorurtheil der Menge für die Apotheke geschickt zu erhalten.
Ein Stiergefecht auf der Insel Madagaskar.
Nicht Spanien allein ist das Land der Stiergefechte, jener blutigen Schauspiele, welche unsere humane Zeit nachgerade in Acht und Bann zu thun begonnen hat; auf der ostafrikanischen Insel Madagaskar gehören sie ebenfalls zu den Belustigungen des Volks.
Ich hatte Gelegenheit, einem Stiergefechte in Mazangai beizuwohnen, nachdem mir von früherer Zeit her die spanischen nicht unbekannt waren. Ueber letztere würde ein Madagasse mitleidig lächeln, so ganz furchtbar anders ist bei ihm der Kampf.
Man kann sich nicht leicht etwas großartiger Wildes, grauenhaft Schöneres vorstellen. Da giebt es für den Toreador keine Schlupfwinkel, wohin er sich nöthigenfalls vor der Wuth seines Feindes retten kann, und kampflustig genug sind auch die madagassischen Stiere, um nicht erst wie die spanischen durch rothe Tücher gereizt werden zu müssen.
Der erste beste Madagasse, mit einem Wurfspieß und kurzem Beile bewaffnet, trat hervor und näherte sich schnell einer Heerde wilder Stiere, deren drohende Hörner und von Zorn geschwollene Nasenlöcher die Lust zum Kampfe verriethen. Das Auge des Madagassen suchte einige Augenblicke wählend unter den Thieren, bis er dasjenige, das ihm das stärkste und bösartigste schien, herausgefunden hatte.
Dann schleuderte der madagassische Toreador seinen Wurfspieß mit fester Hand auf den Feind, und das Gefecht begann. Nach kurzem Besinnen stürzte sich der verwundete Stier ungestüm auf seinen Angreifer, der, da sein Wurfspieß in den Weichen des Thieres sitzen geblieben, schon zur Hälfte entwaffnet war. Der Stier suchte schmerzlich brüllend seinen Gegner nach allen Seiten hin und wurde nur noch wüthender, als er statt diesen zu fassen, mit seinen Hörnern immer nur in die leere Luft stieß. Mit freudestrahlendem Auge und lächelndem Munde schlüpfte der behende Madagasse fortwährend rechts und links an den Seiten des Stiers vorüber, der durch diese muthwilligen Neckereien immer erboßter wurde. Bisweilen, wenn das grimmige Thier seinen Kopf zum furchtbaren Stoße senkte, glaubte ich den Madagassen unrettbar verloren. In demselben Augenblicke aber setzte er seinen Fuß auf die breite Stirn des Thieres, und flog dann mit einem fünfzehn Fuß hohen Sprung über dasselbe weg, um leicht wie ein Tiger wieder auf die Füße stehen zu kommen.
Nach und nach erhitzte sich jedoch der Toreador an dem wagehalsigen Spiele und kein Lächeln umspielte mehr seinen Mund. Seine Blicke nahmen einen wildern Ausdruck an, seine Muskeln schwollen straffer und ernstlicher begann der Kampf. Schnell und immer schneller umkreiste er den Stier, sein blankes Beil, das im Sonnenscheine ringsum Blitze warf, hoch in der Luft schwingend. Allmälig wurden die Kreise, die er beschrieb, enger, und endlich, als er den rechten Moment gekommen glaubte, stürzte er sich mit einem heisern Geschrei rasch auf seinen furchtbaren Feind, der plötzlich schwankte und wie vom Blitze getroffen hinstürzte. Der Madagasse hatte ihm mit einem Hiebe die Gelenke der beiden Hinterfüße durchhauen.
Es gewährte einen traurigen Anblick, wie jetzt das arme Thier, das eben erst noch so fürchterlich schön in seiner Wuth war, sich, eine lange Blutspur hinterlassend, mühsam fortschleppte und in ein klägliches, weithin hallendes Gestöhn ausbrach. Der Madagasse vervollständigte schnell seinen Sieg, indem er mit einem letzten Beilhiebe seinem Opfer den Kopf spaltete.
Einige dreißig Stiere wurden so auf die verschiedenste Art erlegt, und ich hoffte schon, dieses blutige Schauspiel, das mir, als bloßem Zuschauer, der an der Aufregung und Gefahr des Kampfes keinen Theil hatte, schließlich widerwärtig geworden war, beendigt, als ich plötzlich eine junge und sehr hübsche, böchstens sechszehnjährige Madagassin hervortreten sah, die ihrerseits den Kampf versuchen wollte. Ein Madagasse, vermuthlich ihr Geliebter oder Mann, begleitete sie.
Peinlich ergriff es mich bei dieser Scene; auf die ich nicht gefaßt gewesen.
Nachdem sich das junge Mädchen unter den Stieren einen Gegner herausgewählt, schleuderte es fröhlich jauchzend den Wurfspieß auf ihn ab. Der Stier, mitten in die Brust getroffen, stieß ein wüthendes Geheul aus und stürzte sich in mächtigen Sprüngen auf seine stolze und hübsche Feindin. Diese lies sich von diesem Angriff, auf den sie übrigens gefaßt sein mußte, nicht außer Fassung bringen, und schwebte leicht und anmuthig um das zornschnaubende Ungeheuer.
Dieses gefährliche Geplänkel, das mir das Herz zusammenschnürte, dauerte ziemlich lang. Durch einige ermuthigende oder vorwurfsvolle Worte, welche der Geliebte fallen ließ, angeregt, [50] griff endlich die junge Madagassin mit hocherhobenen Beile unerschrocken den Stier an. Allein, mochte ihr nun in diesem verhängnißvollen Augenblicke der Muth wanken, oder gebrach es ihr an Erfahrung, oder versah sie sich sonst wie, genug – ihr flüchtig blitzendes Beil verletzte nur leicht den nervigen Hals des riesigen Thieres.
Eine grauenvolle Scene folgte nun.
Bevor noch das Mädchen dem neuen Angriff ihres Feindes ausweichen konnte, hatte es derselbe schon mit seinen spitzen Hörnern gepackt und schleuderte es über dreißig Fuß hoch in die Luft. Zweimal fing der wüthende Stier das arme Kind mit seinen Hörnern auf, und immer wieder warf er es zornknirschend in die Luft zurück. Voller Entsetzen wandte ich mich von dem gräßlichen Anblick ab, während die Eingebornen in rasende Beifallsbezeugungen ausbrachen.
Der Madagasse, welcher während des ganzen Kampfes das junge Mädchen begleitet und angefeuert hatte, zögerte nicht, sie zu rächen, indem er den Stier tödtete.
Er machte jedoch, was übrigens leider auch ganz überflüssig gewesen wäre, nach seinem Siege keinen Versuch, um dem armen Kinde Hülfe zu leisten, sondern zuckte, als er an der Leiche desselben vorüberging, halb mitleidig, halb verächtlich die Achseln, wie wenn er ihr noch Ungeschicklichkeit vorwerfen wollte. Dann setzte er ruhig seinen Weg fort, ohne ein einziges Mal den Kopf zu wenden, ohne einen letzten Blick, ein letztes Wort Derjenigen zu schenken, die er vielleicht im Leben geliebt hatte und an deren Tod er sicherlich die Schuld trug.
Die Börse in Paris.
Die Börse! verhängnißvolles Wort, verhängnißvoll zumal in Paris, dessen Bevölkerung mehr oder weniger in das Börsenspiel mit allen seinen Schwindeln hineingerissen worden ist; geheimnißvolles Wort auch, da Börse und Politik immer enger verwachsen. Wird doch von vielen Seiten behauptet, daß die Regierung Ludwig Napoleon’s sich nur so lange halten kann, als an der Börse gespielt wird.
Dies bleibe dahin gestellt. Gewiß ist aber, daß dem Börsenspiel nur dann vorgebeugt werden könnte, wenn die Politik von den materiellen Interessen streng gesondert würde, wenn die Staatspapiere zum sichern und ungefährdeten Eigenthum würden, wie jedes andere Eigenthum, und die Nation nicht bei jedem Gerüchte ob ihres künftigen Verhängnisses erbebte. Das Land müßte außerdem hinlänglich Vertrauen in seine eigene Rechtlichkeit und Zahlungsfähigkeit besitzen, um nicht gleich bei dem geringsten Anstoß den Ruin zahlreicher Staatsgläubiger und Staatsbankrott selbst zu befürchten. Und dies könnte der Fall sein und würde der Fall sein von dem Tage an, wo die Regierungen das Soll und Haben des Staates genau feststellen, und ohne die Schuld zu vermehren, ihre Rückzahlung auf solider Grundlage anbahnen würden.
Bis dahin ist aber die Börse nur der Tummelplatz aller die Politik ausbeutender Leidenschaften. – –
Das getreueste Abbild dieses Treibens liefert die Börse in Paris. Schon unter der Regierung Ludwig Philipp’s wurde die Speculationswuth maßlos genährt, unter der Regierung Ludwig Napoleon’s aber hat sie alle Schranken überstiegen. –
Es schlägt 1 Uhr, die Börse wird geöffnet! Hunderte warten schon auf diesen Moment an den Eingängen; Wagen um Wagen rasseln heran, Alles drängt und eilt die breiten Freitreppen hinan dem großen Börsensaale zu, der über 2000 Menschen fassen kann. Schnell füllt er sich an. In den Mienen der Börsenmänner liest man häufig schon das Schicksal des Tages.
Das anfangs verworrene Geräusch der Stimmen wächst bald zu einem furchtbaren Lärme an, gegen welchen das Gewühl eines
[51]Leipziger Meßsonntags auf dem Roßplatz heilige Stille genannt werden kann. Man hört immer nur einzelne Phrasen heraus, allein, das Ganze gestaltet sich zu einem sturmvollen Gebrause. Wem die Börsenausdrücke nicht geläufig sind, der sieht wohl in dem Allen nur ein wirres Chaos vor sich.
„Ich nehme!“ – „Ich gebe!“ – „Ich kaufe!“ – „Ich [52] verkaufe!“ so hört man von jeder Seite schreien, „41/2 Procentige!“ – „Dreiprocentige!“ – „Spanische!“ – „Sardinische!“ – „Holländische!“ – „Mobiliarcreditbank!“ – „Nordbahn!“ – „Paris-Orleans!“ – „Paris-Straßburg!“ – „Canal!“ und wie die Effekten und Papiere alle mit Namen heißen. Dazwischen durch hallen die Stimmen der Ausrufer, die Course der abgeschlossenen Geschäfte verkündigend. Inmitten dieses von tausend Stimmen angerichteten Sturmes unterscheidet der Verkäufer oder Käufer genau Das, was er braucht oder sucht. Ein Geschäft, zwanzig Geschäfte, hundert sind in einer Minute abgeschlossen: „Ich nehme!“ „Ich gebe!“ ein Wink, ein Zeichen mit der Hand, eine Notiz mit dem Bleistift und das Geschäft ist gemacht. Und sehr selten kommt es darüber hinterher zu Zwistigkeiten. –
So geht es von 1 bis 3 Uhr ohne Unterbrechung im Parquet zu, wie der von Schranken umgebene innere Raum des Börsensaales genannt wird (s. das Bild). Hier im Parquet sind nur die privilegirten Wechselagenten die allein zum Kauf und Verkauf der Rente Berechtigten. Es gab deren früher nicht mehr als sechzig, die jetzige Regierung hat jedoch noch einige Dutzend hinzugefügt, in der That bilden sie aber mit ihrem gesammten Anhange, da zu einer Wechselagentur oft zwei, drei und selbst vier Theilhaber gehören, eine Zahl von nahe an dreihundert. Und diese feinen Herren, den höchsten Ständen angehörig, sind nun zwei Stunden lang dazu an verurtheilt, ihre Lungen anzustrengen. Und wie schwer ist es hier, sich vernehmbar zu machen! Es ist gewiß ein hartes Geschäft, ganz abgesehen von den Sorgen, den Hin- und Herkäufen u. s. w., allein für 100,000 Franks jährlich, wie hoch das Einkommen einer Wechselagentur durchschnittlich geschätzt wird, kann man wohl ein Bischen schreien und auch eine Reise nach Belgien, der Schweiz, Amerika, riskiren, was die Börsenleute einen Unglücksfall nennen.
Im Parquet befinden sich auch die Finanzbarone, die Noblesse der speculirenden Welt, die Fürsten der Börse. Um jeden dieser reichen Banquiers gruppirt sich eine Anzahl von Commis als Generalstab, und von vielen werden sie aufmerksam beobachtet, weil sich aus ihrer Haltung so Manches auf dem Börsenmarkte bemessen läßt. Vielleicht gehören sie zu den in die geheimen Absichten des Kabinets Eingeweihten, zu den Unterrichteten. Vielleicht ist eine bedenkliche Note von St. Petersburg eingelaufen, wird im nächsten Moniteur ein drohendes Circularschreiben erscheinen. Das Alles können diese Herren schon wissen! In einer Viertelstunde fallen vielleicht die Dreiprocentigen unter 70! Welche Pein, welche Angst! Und wenn nun gar versiegelte Depeschen an jene Bevorzugten gelangen! Welchen Inhalts mögen sie wohl sein?! Ob Baisse, ob Hausse! Ob Steigen oder Fallen? Ob Krieg oder Frieden! Ob die vereinigten Flotten wohl in’s schwarze Meer eingelaufen sind! Ob die Russen wohl Kalefat erstürmt haben! Wer da nur wissen könnte! Wohl oder Wehe, reich oder arm steht auf dem Spiele. In fünf Minuten kann ein recht wohlhabender Mann auf der Börse zum Bettler werden!
Oft bricht nur in Folge eines leeren Gerüchts solches Unglück herein, daher auch die immerwährende Angst, Unruhe und Pein der Börsenspekulanten, die nie in den ruhigen Besitz ihrer Habe gelangen. Es ist ein stets rastloses Treiben; heute handelt es sich um die 41/2 Procentigen, vor einigen Tagen waren es die Dreiprocentigen. Auf die Benennung kommt übrigens gar nichts an, in russischen Juchten wär’s ebenso; die Geschäftswuth wäre ganz die gleiche. Die wirklichen Besitzer der Rente nehmen an dem Börsenspiel sehr wenig Antheil und eigentlich sind die Staatspapiere meist in festen Händen. Bisweilen kommen sie allerdings massenhaft auf den Markt, doch sind dies seltene Fälle. Die wahren Börsenspieler kaufen und verkaufen Werthe, die nie in ihren Händen sind und nie in ihre Hände kommen, und die am Lieferungstage nur durch Auszahlung der im Stande der Course entstandenen Differenz ausgeglichen werden.
Man spricht viel gegen diese Agiotage, Differenzenspiel, – und das mit Recht. Gleichwohl läßt sich’s leichter darüber schimpfen, als der Sache abhelfen. Die Staatseffekten, Aktien, Bankpapiere u. dergl. haben nur unter der Bedingung Werth und Credit, daß sie zu jeder Zeit und schnell verwerthbar sind. Nur so ist der immer offene Handel der Renten und Effekten erklärlich. Wie aber will man die Spekulation, diese Seele des Handels hindern, sich hieran zu betheiligen? Vielleicht indem man das Lieferungsgeschäft verbietet? Aber man thut dies ja. Die Gerichte verurtheilen stets diese als Hasardspiele betrachtenden Geschäfte, daß sie aber gemacht werden, weiß alle Welt. Wenn die 80 Pariser Wechselagenten, von denen jeder im Durchschnitt 100,000 Franks jährlich verdient, nur auf die gegen baar gemachten Geschäfte angewiesen wären, so würden sie keine 10,000 Franks verdienen. In einzelnen Jahren wurden durch das Parquet und die Coulisse an 40 Millionen von den Operationen der Spieler erhoben. Man urtheile daraus auf den Umfang der Geschäfte! Denn die den Wechselagenten gesetzlich bestimmten Gebühren sind sehr mäßig, von 100,000 Franks der Papierwerthe beziehen sie beim Kauf wie Verkauf nur 50 Franks, und die Zwischenhändler in der Coulisse begnügen sich wohl auch mit der Hälfte. Wie viel mal 50 Franks, oder verkaufte, gekaufte und wiederverkaufte Rente bedarf es nun, um beim Rechnungsabschluß 20 Millionen zu machen.
Die zweitäglichen Geschäftsstunden in der Börse genügen dem wirklichen Bedarf so wenig, als der Wuth und den Launen der Spieler und den verschiedenen Eventualitäten, die jeden Augenblick mehr oder weniger auf die Rente einwirken können. Wie könnten den ächten Spekulanten zwei Stunden täglich befriedigen?! Die Rente ist eine Göttin, welche Dem, der sich einmal mit ihr eingelassen, keine Ruhe mehr läßt; Morgens und Abends, früh und spät, Tag und Nacht hat er mit ihr zu thun!
In Anbetracht dieser Nothwendigkeit muß die Coulisse dasein, dieses Parquet im Kleinen, ohne festen Sitz, ohne Cautionen, doch nicht ohne Rechtlichkeit und Mittel, und häufig zuverlässiger als das officielle Parquet.
Die Coulisse ist die Börse in ewiger Bewegung! Sobald der Morgen in Paris beginnt, d. i. etwa um 10 Uhr früh, vereinigt sie sich in ihrem gewöhnlichen Lokale, Passage de l’Opera. Dort bleibt sie bis zur Börsenstunde, begleitet das Parquet in die Börse, wo sie neben dem von Schranken umgebenen innern Raum des Saales verhandelt (s. das Bild), und bleibt selbst eine Stunde länger da, indem die kleine Börse (d. i. die Coulisse) bis vier Uhr dauert. Ohne sich kaum ein Mittagsessen zu gönnen, beginnt sie dann sofort wieder ihre Operationen in der Passage, und setzt sie gewöhnlich bis 11 Uhr oder Mitternacht fort. Während der Wintersaison, zur Zeit der Bälle, werden die ganze Nacht über Geschäfte gemacht; auf den Maskenbällen, bei Punsch und Champagner wird fortwährend gekauft und verkauft.
So ist die Coulisse rastlos thätig, beutet jede neue Nachricht aus, jedes Gerücht, während das Parquet gemeinhin nur diese Bewegung regelt. Parquet und Coulisse lassen sich nicht von einander trennen. In der Coulisse ist das gesetzlich verbotene Wettgeschäft an der Tagesordnung. Wie will jedoch das Gesetz diesen Leuten zu Leibe, die aneinander vorüber huschend mit einem Worte, Blicke, Zeichen, einer Geberde ihre Wetten abschließen? –
Die von den verschiedensten Elementen zusammengesetzte Coulisse ist für den Beobachter besonders interessant. Man sieht dort Leute, die sich lange im Parquet bewegten und wegen ein Paar unglücklicher Abschlüsse das Feld räumen mußten. Das im Parquet verlorene Vermögen gewinnt dann Mancher in der Coulisse wieder, die auch mit wenig Ausnahmen für so solid wie das Parquet gilt. In der Coulisse kann man auch am Besten das sonderbare Spiel der Hausse und Baisse studiren, wo ein Wort, ein Wink, eine Bleistiftnotiz, ein Nicken mit dem Kopfe zum Untergange wie zur Gründung eines kolossalen Vermögens werden kann. Hier auch äußert sich die Spielwuth in ihren gemeinern und häßlichern Formen.
Artikel I. des Reglements vom 15. Juni 1802, bezüglich der Börsenpolizei, besagt, daß die Börse jedem Franzosen und selbst jedem Ausländer zugänglich ist, und nur Frauen und Bankrotteurs ausgeschlossen sind.
Die Frauen spielen deshalb nicht desto weniger. Die den höhern Ständen Angehörigen wissen ihre Leidenschaft in den Schleier des Geheimnisses zu hüllen und verkehren, ohne Aufsehen zu erregen, mit den Börsenmäklern. Einen andern Schlag Frauen gewahrt man gegen ein oder zwei Uhr Nachmittag an der nordwestlichen Ecke des Eisengitters, welches das Börsengebäude umgibt. Es sind ältere Frauen in bescheidenen Anzügen; heiter oder niedergeschlagen, je nach dem Einflusse des Augenblicks. [53] In ihren Blicken spiegelt sich wechselnd Zorn und Freude, Entmuthigung und Hoffnung ab. Ein Hungernder kann nicht gieriger auf Brot warten, als sie auf die Berichte, welche ihnen von Minute zu Minute die Mäkler und Commis der Wechselagenten bringen. Dies ist die Frauenbörse.
Das Wetter mag sein, wie es will, sie sind da, mit immer entflammtem Gesicht, begehrlichen Augen, heftigen Geberden, aufgeregter Stimme. Die Sprache, die sie dabei sprechen, bewegt sich nicht immer in den Schranken strenger Etiquette. So wie der Mäkler sich an dem Eisengitter zeigt, bestürmen ihn hundert Fragen.
„Wie hoch die 41/2 Procentigen? Wie hoch die Dreiprocentigen? Wie Nordbahn? Haben Sie für mich verkauft?“
„Sie haben mir keinen Auftrag gegeben.“
„Wie? keinen Auftrag?“
„Gewiß nicht. Madame.“
„Ach. Sie schlechter Kerl!“
„Beruhigen Sie sich, Madame, ich werde auf der Stelle verkaufen.“
Ohne das ihn von seinen Kunden trennende Eisengitter würde der unglückliche Mäkler häufig in sehr unangenehme Verwickelungen gerathen. – So treibt es die Pariser Börse, dies ist das Spiel in dem, dem Gotte des Geldes geweihten Tempel, der zugleich das Handelsgericht in sich schließt. Der äußere Anblick des Börsenpalastes (s. das Bild) ist wahrhaft imposant. Bei 71 Metres Länge, hält er 49 Metres Breite; auf den vier Seiten erhebt sich in majestätischer Regelmäßigkeit eine Reihe stolzer korinthischer Säulen. Zu der Fronte des Palastes, der ganzen westlichen Seite entlang, führt eine Freitreppe von 16 Stufen, der den Anblick des Ganzen noch großartiger macht. Vier Statuen prangen an den Ecken des Eisengitters, mit welchem die Börse umgeben ist: die Gerechtigkeit, der Handel, die Industrie und der Ackerbau; … im Innern des großartigen Palastes haben aber andere Götter ihre Sitze aufgeschlagen.
Der neue Krystall-Palast in Sydenham bei London.
Die sieben alten Wunderwerke der Welt und die sieben alten Weisen Griechenlands bieten zusammen bei Weitem nicht so viel Wunder und Weisheit, als der einzige Krystall-Palast in Sydenham schon jetzt vor seiner Vollendung. Er enthält die Wissenschaften und Künste aller Zeiten und Nationen in lebendigen, wissenschaftlich geordneten körperlichen Bildern. Er ist eine Universal-Bibliothek in Gestalten, statt in Worten, und zugleich ein immerwährender kosmopolitischer Weltmarkt. Deutschland hat bereits für mehr als 1 Million Gulden Beiträge in Sculpturen, Bauwerken etc. geliefert. Unter den betreffenden Künstlern nennen wir nur Professor Rietschel in Dresden, Professor Schwanthaler, die Papiermaschee-Fabrik von C. W. Fleischmann in Nürnberg (welche z. B. eine vollständige Copie des Grabmals des heiligen Sebaldus, dieses größten mittelalterlichen Kunstwerks Deutschlands, das man bisher für unnachahmbar hielt, geliefert hat) eine große Masse Kunstwerke von Veit Stoß, das Denkmal Friedrichs des Großen in Berlin. Die Directoren des Kunst-Departements im Krystallpalaste, Digley Wyatt und Owen Jones, haben persönlich eine Reise durch Deutschland gemacht, um die besten und am Meisten charakteristischen Denkmäler der verschiedenen Kunstperioden auszuwählen und copiren zu lassen. Ueber 200 deutsche, französische und italienische Künstler sind seit Jahr und Tag im Krystall-Palaste thätig, um die Arten von Ausschmückung und Dekoration zu übernehmen, für welche die Engländer nicht Geschmack genug haben. – Abgesehen von der universellen, kosmopolitischen Bedeutung dieses neuen Tempels, der sich über die ganze Erde ausbreitenden Civilisation ist es also eine Art von persönlichem Interesse, welches Deutschland mit ihm näher verbinden mag.
Die Welt-Industrie-Ausstellung von 1851 war als erste Verdichtung der industriellen Intelligenz der ganzen Erde – als der erste Völker-Congreß auf dem Boden der Bildung – vielleicht das größte und segensreichste des Jahrhunderts, vielleicht auch in architektonischer Beziehung, denn auch das ungeheure Bauwerk, von Eisen und Glas gewoben, war ein Ereigniß. Das Parlament beschloß in aristokratischer Kurzsichtigkeit, dessen Zerstörung. Sofort erhob sich die ganze civilisirte Bevölkerung, „um ihr Vaterland von der Schmach zu retten, von welcher es durch den Verlust des herrlichen Baues bedroht war,“ und der Krystall-Palast erhob sich schöner, höher, majestätischer auf dem schönsten Hügel im Süden von London zu einem Zwecke, wie ihn die Welt bisher noch nie zu verfolgen gewagt hatte, und der doch mit einer Schnelligkeit und Sicherheit ausgeführt wird, wie er früher in Jahrhunderten nicht möglich gewesen wäre. Es vereinigen sich eben hier die ausgebildetsten künstlerischen und wissenschaftlichen, industriellen und technischen Kräfte aller Nationen zu dem Wunderbaue, der als der große Gegensatz des Thurmbaues von Babel angesehen werden kann.
Wir geben hier nur die nothwendigsten Thatsachen, wie sie zur Bildung eines vorläufigen, allgemeinen Begriffes von dem Baue und dessen Inhalte gehören mögen. Den 14. Mai 1852 bildete sich ein Verein zum Wiederaufbau und der architektonischen Vollendung des Krystall-Palastes zu einem dauernden kosmopolitischen Culturtempel unter dem Namen „Krystall-Palast-Compagnie.“ Schon nach 14 Tagen waren alle Actien abgesetzt und zwar auf den bestimmt dahin ausgesprochenen Zweck hin, „der Erziehung der großen Masse des Volkes und der Veredlung ihrer Erholungsgenüsse einen Universaltempel zu bauen.“
Der Park von Sydenham, etwa 11/4 deutsche Meilen südlich von London, auf dessen höchster Erhebung sich der Krystallpalast erhebt, bildet ein Parallelogramm von 300 Ackern, sich 1300 Fuß lang von der Brigthon-Eisenbahn hinziehend und sich nördlich bis 3000 Fuß ausbreitend. Hier ist der Krystall-Palast von London und viele Meilen weit von allen Seiten des Landes aus zu sehen und macht im Sonnenschein einen unbeschreiblichen, feenhaften Eindruck. Man wird sich die kühnsten Luftschlösser und Phantasie-Feenpaläste der Mährchen kaum so schön zu denken wagen. Der Zugang zu dem Krystall-Palaste wird durch drei Eisenbahnen und eine wunderschöne Landstraße vermittelt werden. Die eine Bahn hält unmittelbar unter einem großen Portikus des Gebäudes. Die neue Lage und der neue Zweck riefen architektonische Veränderungen hervor, die alle Fehler des alten zu Schönheiten erhoben. Der Neubau wurde um 240 Fuß verkürzt, um einen Totaleindruck für das Auge zu ermöglichen. Dabei stieg er um 44 Fuß höher, nämlich zu 194 im mittleren Hauptbogen (Transept), der die ungeheuere Spannung von 120 Fuß erreicht. An beiden Enden befinden sich zwei kleinere Transepte. Außerdem ist hier das ganze Dach gewölbt.[1]
Die Einförmigkeit im Innern des früheren Baues, die Wiederholung zweier Elemente, der Säule und Strebe, in gerader Linie ist jetzt durch alle 42 Fuß um 8 Fuß hervortretende Säulenpaare gehoben. Sie geben dem Auge Anhaltspunkte für die Maßverhältnisse. Das Hauptgebäude bedeckt mit den an beiden Seiten weit hinauslaufenden Flügeln 15 Acker Landes, welche terrassirte Gärten mit Springbrunnen (bis 200 Fuß Höhe) und Pflanzengruppen, wissenschaftlich geordnet, begrenzen. In diesen Gärten wird man außerdem viele Statuen, Wasserkünste, Tempel in ganz neuen Baustilen und in entsprechenden geologischen Formationen und Gebirgsbildern die lebensgroß ausgeführten vorsündfluthlichen Thiere“[2] finden. Der Winter ist hier auch außen durch immergrüne Baum- und Pflanzengruppen verwiesen. Zwei schlanke Glasthürme an beiden Endpunkten werden [54] eine fast unbegrenzte Aussicht über Städte und Dörfer, Flüsse und Wälder, über London hin bis zur Nordsee gewähren.
Von dem Weltreichthum im Innern können wir hier nur ein annäherndes Sachverzeichniß geben. In den Transepten und an den Seiten des Hauptschiffes treten die über die Erde verbreiteten Vögel, Pflanzen und Bäume zu lebendigen Vegetations- und Landschaftsbildern zusammen, an der nordöstlichen Seite historisch geordnete Sammlungen von Sculpturen und Bauwerken aller Zeiten und Nationen. In einem pompejanischen Zimmer und einer „Alhambra“ findet man Erfrischungen. Der nördliche und südwestliche Theil nehmen die Fabrikate aller Art (verkäuflich) in einer architektonisch künstlerisch erbauten immerwährenden Weltmesse auf. Die Lehr-Abtheilung enthält 1) eine ethnologische Sammlung, wie niemals in der Welt nur etwas Annäherndes versucht ward, nämlich alle Menschenracen mit ihrer Nationaltracht, ihren Waffen, Wohnungen, Fuhrwerken und sonstiger charakteristischer Umgebung, 2) die lebenden Pflanzen nach Klima und Boden geordnet, dazu 3) die entsprechenden Thiere noch mit Mollusken und Wasserthieren aller Art in gläsernen durchsichtigen Behältern, und 4) Geologie und physikalische Geographie in körperlichen Bildern, die Alterskrusten der Erde, die Millionen von Jahren repräsentiren, Modelle von Bergwerken, Erläuterungen von Erdbeben und Formationen zur Erläuterung von Brunnen, Wasserleitungen, Schachten etc. Als 5. und praktischster Theil wird sich die Ausstellung, Arbeit und Erklärung aller Arten von Maschinen, physikalischen und chemischen Processen geltend machen. Der Markt, wo verkauft wird, darf nur Waaren und Fabrikate enthalten, die sich durch Neuheit, Originalität und Vorzüglichkeit als Muster der jetzigen Industrie und Kunst auszeichnen. Jedem in jeder Nation steht es frei, sich um Vertretung zu bewerben und werden betreffende Anerbietungen unter der Adresse: „Krystal-Palace-Company, 3 Adelaide-Place, London Bridge, London“ entgegengenommen.[3] Endlich wird die „Halle für Erfindungen und Modelle“ in praktischer Beziehung für die Industriellen, Techniker und Künstler aller Nationen von dem höchsten Interesse sein. Man übersieht hier mit einem Blick alle bisher gemachten Erfindungen und was demnach für weitere Fortschritte noch übrig bleibt. Erfinder und alle Solche, denen es um Patente zu thun ist, werden hier nicht nur wissenschaftliche, sondern auch ganz speciell praktische Anweisung erhalten, wie sie ihren Zweck am Schnellsten und Billigsten erreichen können.
So viel für jetzt über die Weltmesse, den Völker-Bazar und den ersten universellen Friedenstempel aller Nationen.
- ↑ Die Maßverhältnisse sind genau folgende: größte Länge ohne die Flügel 1608 Fuß, größte Tiefe im mittlern Transept. 384 und der ganze überbaute Raum 542,592 Fuß oder 131/2 acres ohne die Flügel. Das große Dach erhebt sich 110 Fuß vom Parterre, unter welchem drei Stockwerke unter ein großes Gewölbe, in der Mitte die Heiz- Wasser- und Ableitungsröhren und unmittelbar unter dem Flur Erde für die Pflanzen etc. enthalten. Die größte Höhe im mittleren Transept (das Bild giebt blos die eine Hälfte des Ganzen) ist 194 Fuß. Der alte Krystallpalast bedeckte 19 acres und seine höchste Höhe betrug blos 108 Fuß.
- ↑ In einem derselben, dem Iguanodon, nahmen am 9. Januar 24 Künstler ein festliches Mittagsmahl ein.
- ↑ In sprachlicher Beziehung ist H. Beta, 18 Alfred Street, Tottenham Court Road, London, dem von Digley Wyatt die Uebersetzungen der Correspondenzen zwischen den deutschen Künstlern und der Krystall-Palast-Compagnie übertragen worden sind, bereit, Vermittelungen zu übernehmen, die ihm wegen persönlicher Bekanntschaft mit den beiden Direktoren der Kunst-Abtheilung sehr erleichtert werden.
Die Erschaffung unserer Erde.
So wunderschön wie jetzt, war es nicht immer auf unserer Erde. Es gab Zeiten, wo sie weder von Menschen, noch von Thieren und Pflanzen belebt war, auch wuchsen höchst wahrscheinlich einstens schon Pflanzen auf derselben, bevor noch Thiere hier ihren Wohnsitz aufschlugen, und Thier und Pflanze existirten ganz gewiß schon lange, und zwar in ganz anderer Gestalt als jetzt, ehe der Mensch zwischen ihnen erschien. Ja, man hat guten Grund zu vermuthen, daß die Erde bei ihrem ersten Entstehen vor Millionen Jahrtausenden nichts als ein Gasball aus dunstförmiger Nebelmasse war, der sich allmälig verdichtete, dadurch in Glut gerieth, so eine glühende Kugel darstellend, und, indem er an seiner Oberfläche langsam abkühlte, eine feste Rinde erhielt. Diese Rinde, welche dadurch, daß sich an derselben fortwährend neue Erdschichten an den alten anlagerten, immer dicker wurde und auf welcher nach und nach die verschiedenartigsten Mineralstoffe, Pflanzen, Thiere und Menschen zum Vorschein kamen, umgibt auch jetzt noch einen, das Innere unseres Erdballes bildenden, feurig-flüssigen Kern (das sogen. Centralfeuer) und hat zur Zeit eine Dicke von durchschnittlich etwa 15–20 Meilen erlangt. Dieses Centralfeuer theilt natürlich den untersten oder innersten Schichten der Erdrinde eine nicht unbedeutende Wärme mit, die aber nach der Oberfläche der Erde hin immer geringer werden muß, so daß sie von uns gar nicht mehr gespürt wird, denn die jetzige Erdoberfläche erhält ihre Wärme nur von der Sonne. Daher kommt es nun, daß je tiefer man in die Erde eindringt, die Schichten derselben und die zwischen diesen fließenden Wässer um so wärmer werden, und daß man endlich bei fortgesetztem Eindringen an einem Punkte ankommen muß, wo Alles schmilzt. Die 163 zur Zeit noch bestehenden Vulcane (s. Gartenlaube 1. Jahrg. No. 3 und 4) sind nichts anderes, als Abzugskanäle für den Erdkern, durch welche ein Theil des feurig-flüssigen Inhaltes desselben (als Lava) ausgebrochen wird, sobald im Innern der Erde solche Revolutionen zu Stande kommen, durch welche beim Mangel an Oeffnungen in der Erdrinde ausgebreitete, zerstörende Erdbeben hervorgerufen werden müßten. Insofern sind also Vulcane die Sicherheitsventile für unsern Erdball und verhindern das Zerplatzen desselben.
Ist die Erde wirklich aus einem Gasballe hervorgegangen, so mußte die erste Bildung auf derselben die einer festen Schale um den glühenden Kern sein; eine solche findet sich denn auch und zwar aus den härtesten Gesteinen (Granit und Syenit, Basalt, Porphyr, Grünstein etc.) und den schwersten Metallen gebildet. Wegen ihres Reichthums an Kieselgestein (Silicaten) wurde diese Schale der Silicatmantel genannt und die denselben zusammensetzenden, aus verschiedenen Gesteinsarten gemengten Gesteine, erhielten die Namen „Urgesteine, Massen- oder Gemenggesteine, plutonische Bildungen.“ Nach der Mantelbildung ging als Folge der Abkühlung ohne Zweifel eine Scheidung der Luft vom Wasser unter wolkenbruchähnlichen Regengüssen vor sich, so daß demnach die Erde in ihrer allerfrühesten Kindheit nur aus einem feurigen Kerne und einer festen glühend heißen Rinde um denselben, sowie aus siedend heißem, salzigem Wasser (Urweltmeer) und einer Atmosphäre aus glühend heißer Luft voll Kohlensäure und andern schädlichen Gasen bestand. Während der Luft- und Wasserbildung verdickte sich die Rinde allmälig immer mehr; sie berstete ferner in Folge ihrer Abkühlung an vielen Stellen, erhielt dadurch eine unebene Oberfläche mit bedeutenden Vertiefungen und Erhöhungen, und ein Theil des feurig-flüssigen Inhaltes des Erdkerns ergoß sich durch die Risse in der Rinde auf die Oberfläche derselben, mischte sich hier mit siedendem Wasser und bildete so eine Schicht von Gesteinen über dem Silicatmantel, welche sich durch ihr wellenförmiges, schieferiges Gefüge auszeichnen und deshalb auch Schiefergesteine (aus Gneiß, Glimmerschiefer und Talkschiefer) benannt wurden, auch vulkanisch-neptunische Bildungen genannt werden könnten. – Daß bei einem solchen Zustande auf der Erde noch keine Pflanzen, Thiere und Menschen existiren konnten, ist leicht einzusehen; auch finden sich nirgends Spuren dieser Organismen in den Ur- und Schiefergesteinen. Um die Erdoberfläche für lebende Wesen vorzubereiten, mußte vorher noch die Temperatur sinken und ein erdiger Boden geschaffen werden, auf welchem vor allen Dingen Pflanzen wachsen und Thiere alsdann durch diese Pflanzen ernährt werden konnten. Denn die Pflanze lebt von unorganischen Stoffen, von Wasser, Kohlensäure, Ammoniak und Salzen, das Thier braucht dagegen Pflanzen oder andere Thiere zu seiner Nahrung. Ein solcher Boden bildete sich nun allmälig aus den Ur- und Schiefergesteinen mit Hülfe des Verwitterungsprocesses (d. i. ein Zerstörungsproceß der Gesteine durch die Luft und das Wasser) und wurde von Wasserfluthen (großen Ueberschwemmungen) über die Erdoberfläche, hin verbreitet. Diese Verbreitung geschah theils so, daß das Wasser gewisse Mineralstoffe auflöste, die sich dann entweder als solche oder mit andern zu neuen Stoffen verbunden hier oder da wieder ausschieden, theils dadurch, daß es dergleichen nur mit sich fortriß und später an dieser und jener Stelle wieder fallen ließ. Weil man die Stoffe, welche sich aus dem Wasser und zwar gewöhnlich in Schichten über einander absetzen, Sedimente nennt,
[55][56] so erhielten alle die Erdschichten, welche sich über dem Schiefergestein allmälig auf unserer Erdrinde in Folge von großen Ueberschwemmungen und theils durch Zertrümmerung und Verwitterung des Ur- und Schiefergesteins theils aus Pflanzen- und Thierstoffen bildeten, die Namen „sedimentäre“ oder Schichtgebilde; auch nannte man sie neptunische Bildungen, weil vorzugsweise das Wasser zu ihrem Entstehen beitrug, oder Flötzgebirge (d. i. geschichtete Niederschlags-Gebirge). Erst in diesen Erdschichten findet man die Spuren und Ueberreste von Pflanzen und Thieren, niemals aber die von Menschen, denn diese bewohnten bis jetzt nur die Oberfläche der letzten oder obersten Erdschicht. Die wesentlichen Bestandtheile dieser Flötzgebirge sind Thonerde, Kieselerde und Kalkerde, sie bilden vorzugsweise Thonschiefer, Sandsteine und Kalksteine. Uebrigens lassen sich wegen der auffallenden Verschiedenheit der Pflanzen- und Thierarten in den obern, mittlern und untern sedimentären Schichten diese in 3 Abtheilungen trennen, in die untere oder erste (primäre), mittlere oder zweite (secundäre) und oberste oder dritte (tertiäre) sedimentäre Schicht, von denen aber eine jede wieder aus verschiedenartigen, über einander lagernder Schichten zusammengesetzt ist, so daß die Rinde unserer Erde, wie eine Zwiebel, aus um einander herum liegenden Schalen besteht, die aber an den verschiedenen Stellen unserer Erde von verschiedener Dicke und Form, auch hier und da verschoben und durchbrochen sind.
I. Die unterste oder erste sedimentäre Schicht, (primäre Formation oder primäre Flötzbildung) heißt deshalb, weil in ihr die Steinkohlen und Fische die bemerkenswerthesten Bildungen sind, auch die Steinkohlenperiode oder die Epoche der Fischorganisation. Die Gesteingruppen, welche man in dieser Schicht von unten nach oben über einander lagernd findet, sind:
- 1. Grauwackengruppe, das älteste Schichtgestein, besteht hauptsächlich aus thonigen und sandsteinartigen Gesteinen, welche mit Lagen von dichtem Kalkstein verbunden sind, nämlich aus Urkalk, Thonschiefer, Grauwacke und altem rothen Sandsteine. Man theilt diese Gruppe auch in eine untere (cambrische), mittlere (filurische) und obere (devonische) Grauwackenschicht.
- 2. Steinkohlengruppe, aus Steinkohlen zwischen Kalk-, Thon- und Sandsteinlagern. Es lassen sich zwei wesentlich verschiedene Abtheilungen in dieser Gruppe unterscheiden, die untere aus dichtem Berg- oder Kohlenkalk mit viel Meerorganismen und die obere aus Kohlensandstein, Kohlenschiefer und Steinkohlen, mit wenig Resten von Organismen des süßen Wassers.
- 3. Rothliegendes oder Rothtodtliegendes (jüngerer rother Sandstein), darüber thoniges Grau- und Weißliegendes; ohne Metallgehalt (deshalb todt); die Unterlage des Kupferschiefers.
- 4. Zechsteingruppe mit dem Kupferschiefer, aus welchem viel Kupfer gewonnen wird und die viel Fischreste enthält. Der Zechstein ist ein thoniger Kalkstein, auf welchem gewöhnlich Gyps, Dolomit (Rauhkalk, Rauhstein, Rauhwacke) und Stinkstein (ein erdiger, theerartigriechender Kalk) lagert.
Von Pflanzen wuchsen in dieser primären Periode, in welcher die Wärme des Wasser, des Erdbodens und der Luft über die ganze Erde noch eine sehr bedeutende war und die Luft sehr großen Reichthum an Kohlensäure besaß, theils üppige Meerpflanzen (Tangen), theils riesenhafte Landpflanzen, wie baumartige Farrenkräuter und Bärlappe, Schachtelhalme, palmähnliche Schuppenbäume, und zwar größtentheils ohne Blüthen und Früchte. Alle diese Pflanzen konnten aber deshalb sehr gut gedeihen, weil ihre Hauptnahrung, die Kohlensäure, in so großer Menge in der Luft vorhanden war. Indem sie nun dieses, für Thier und Mensch so schädliche Gas aufzehrten und anstatt dessen Sauerstoff (d. i. die Lebensluft für Thiere und Menschen) von sich gaben, veränderten sie die atmosphärische Luft allmälig so, daß endlich Thiere in derselben leben konnten. Die Meerpflanzen machten das Meer früher für seine Bewohner bewohnbar, als die Landpflanzen das Land, denn Meerthiere gab es weit früher als Landthiere. Aus den Pflanzen dieser primären Epoche sind übrigens durch Verkohlung (wahrscheinlich auf ähnliche Weise wie dies in Kohlenmeilern geschieht) oder durch Vermoderung und durch gewaltigen Druck der Gesteine die Steinkohlen entstanden, in denen man auch jetzt noch die damaligen Pflanzen deutlich wiederfindet. – Unter den Thieren der primären Periode nehmen die Fische den obersten Rang ein, denn Landthiere existirten so gut wie noch gar nicht. Diese Fische hatten meistenn eine eigenthümliche (haifischartige) Form und ein knorpliches Skelet, waren groß, plump und mit eckigen oder ohne alle Schuppen, aber mit Panzern. Es gab ferner noch eine große Menge von Muscheln, Polypen, Schnecken, gestielte Haarsterne, und krebsartige schwimmende Thiere (Trilobiten). Die ersten Ueberreste eines Reptils (Proterosaurus) finden sich im Kupferschiefer. – Die organischen Reste des Grauwackengebirges gehören ausschließlich Meeresbewohnern von sehr unvollkommener Organisation an, es sind Korallen, gestielte Haarsterne, die krebsartigen Trilobiten und gepanzerte Fische. In den Steinkohlen zeigen sich schon einzelne Insecten, ein scorpionartiges Geschöpf und die Flügel von Schaben. Im Kupferschiefergebirge finden sich der eidechsenartige Proterosaurus und schmelzschuppige Fische, während die gepanzerten Fische und die Trilobiten verschwunden sind.
NB. Die primäre Periode wird von den Gelehrten auch noch so eingetheilt: 1. Paläozoische Gruppe, die unterste Schicht aus stark thonigen, feinkörnigen und sehr harten Gesteinen, welche mit ähnlichen Kalken oder thonigen Sandsteinen wechselt. Sie entspricht der Grauwackengruppe und wird zertheilt: in das kambrische System (oder azoische Gruppe), ohne Versteinerungen, aus Thonschiefer: in das Silurische System aus Thonschiefer und grauem Sandstein (Grauwacke), welches sehr reich an Versteinerungen ist, und in das Devonische System aus altem rothen Sandstein, mit vielen Versteinerungen. – 2. Steinkohlengruppe, aus verkohlten Pflanzensubstanzen zwischen Kalk-, Thon- und Sandsteinen (Bergkalk, Kohlenschiefer, Schieferthon, Kohlensandstein). – 3. Perm’sches System aus dem Rothliegenden, Kupferschiefer und Zechstein, mit Dolomit, Gyps und Stinkstein.
II. Die mittlere oder zweite sedimentäre Schicht, secundäre Flötzformation, wird auch ihres Reichthums an Kalkgesteinen halber, sowie wegen des ersten Auftreten der Amphibien die Periode der Kalkgebirge oder der Amphibienorganisation genannt. Die Gesteinsgruppen folgen hier von unten nach oben so aufeinander:
- 1) Trias- oder Steinsalzgruppe aus einer Sandstein-, Kalk- und Mergelformation, nämlich aus buntem Sandsteine, Muschelkalk mit Steinsalz und Keuper (mit der kohlenarmen Lettenkohle). Jede dieser drei Gesteinsarten besteht wieder aus mehreren Gliedern; die ersten und letzten sind hauptsächlich aus Sandsteinen und Mergel zusammengesetzt, während in der zweiten Kalkstein mit vielen Muschelresten vorherrscht.
- 2) Juragruppe (weil das Juragebirge viel davon enthält) oder Oolith-Formation (wegen der kuglig-schaligen Form des Kalkes) besteht im Allgemeinen aus Thon, Mergel, Sand- und Kalksteinen und zerfällt: in den untern oder schwarzen Jura (Lias-Schiefer), in den mittlern oder braunen Jura (mit Eisengehalt) und in den obern oder weißen Jura (mit lithographischem und Korallenkalk).
- 3) Kreidegruppe enthält in ihrer obersten Schicht die weiße Kreide und Quadersandsteine mit Plänerkalk und Mergel, sonst besteht sie aus Mergel- und Sandstein-Ablagerungen, Hilsthon, mit vielen Meer- und Süßwasserbildungen. Die unterste Schicht der Kreidegruppe heißt auch die Wälderformation oder das Wäldergebirge und besteht aus vielen Muschel- und Schneckengehäusen, Mergel- und Sandsteinen.
Die Pflanzen der secundären Epoche sind außer Pilzen und Flechten vorzugsweise Farren, Schachtelhalme, Palmen, Nadelholz- und Laubholzbäume, während die Schuppenbäume und die baumartigen Bärlappe der früheren Periode untergegangen sind und die Kryptogamen sich bedeutend verringert haben; weiden- und ahornähnliche Pflanzen finden sich in geringer Anzahl vor. Durch die Flora dieser Epoche wird ein Uebergang von den Pflanzen der primären Periode zu denen der tertiären vermittelt. – Von den Thieren der Secundärschicht nehmen die merkwürdig gestalteten, meist krokodil- und eidechsenartigen und selbst fliegenden (fledermausartigen) oder schwimmenden (wallfischartigen) Amphibien die erste Stufe der Organisation ein, denn Säugethiere giebt es noch nicht. Diese Amphibien sind riesenhafte Eidechsen, Krokodile, Schildkröten, sowie Gemische von allen diesen (Saurier: Ichthyo-, Enalio-, Plesio-, Mosa-, Mystrio-, Mastodon-, Notho-, [57] Simo-, Ptero- und Dinosaurier; Labyrinthodonten). Neben den Amphibien existirten noch Knochenfische, viel Muscheln und Schnecken, Ammoniten und Belemniten. Polypein (mit Korallenstöcken), Haar- und Seesterne u. s. w. – In der Triasgruppe zeichnen sich langschwänzige Krebse, die Enaliosaurier und Labyrinthodonten aus. Im Jura finden sich Korallenpolypen, viele Muscheln und Schnecken, freie Seesterne und Seeigel, Tintenfische, Belemniten und Ammoniten, Krebse, Ichthyosaurier, Plesiosaurier und Pterosaurier. In der Kreidegruppe, in welcher zuerst Weiden, Birken und Nadelhölzer auftreten, zeigen sich ächte Knochenfische, Krokodile, Eidechsen und Schildkröten.
III. Die oberste oder dritte sedimentäre Schicht, tertiäre Flötzformation, oder die Periode der Säugethierorganisation und Sandgebirge, besteht hauptsächlich aus Sandsteinen, Thonflötzen, Braunkohlen, Mergel und Molasse. Die Gesteinsarten bilden hier drei Schichten:
- 1) Die unterste Tertiärschicht (Eocen-Formation), im Pariser und Londoner Becken, aus Nummulitengesteinen und sogenannten Flysch, enthält Thon und Sand mit einigen Braunkohlen-Ablagerungen, mit Bernstein, Erdöl und Erdpech, Grobkalk.
- 2) Die mittlere Tertiärschicht (Miocen-Formation), im Mainzer und Wiener Becken, aus den Molassenbildungen der Alpen und dem Hauptlager der norddeutschen Braunkohle (d. s. verkohlte Pflanzen, und zwar Palmen, Cypressen und Nadelhölzer). Der Bernstein ist das Harz dieser Waldbäume; eben daher stammt das Erdöl und Erdpech (Asphalt).
- 3) Die obere Tertiärschicht (Pliocen-Formation) oder Molassenformation, enthält viel Süßwasserkalk und als Reste von Infusorien den Tripel, das Bergmehl, Kieselguhr und den Polirschiefer. Man nennt die obere Gruppe auch die Tegelformation, die untere die subappenninischen Gebilde.
Die Pflanzen der Tertiärschicht gleichen so ziemlich denen, welche jetzt wachsen, nur giebt es weniger Arten von denselben, auch sind sie etwas einfacher gebaut. – Von Thieren giebt es jetzt, nachdem die Kohlensäure in der Atmosphäre durch die Pflanzen zum größten Theile entfernt worden ist, eine große Menge von Säugethieren. Im Meere herrschen Wallfische, Potfische, Delphine und Seekühe; ihnen schließen sich zwei ganz untergegangene wallfischähnliche Thiere, der Ziphius und das Metaxytherium, sowie die Robben und das Wallroß an, zu deren Familie auch das Zeuglodon oder Hydrarchos (eine Art von Wallfisch mit Seehundskopf), das Dinotherium und Toxodon gehören. Unter den Pflanzenfressern auf dem Lande zeichneten sich das elephantenartige Mastodon, das pferdeartige Hippotherium, colossale Elephanten und Nashörner aus. Außerdem finden sich jetzt Schlangen, sowie Frösche und Kröten (zum Theil ungeschwänzt). Die Reste eines Riesensalamanders dieser Zeit hielt man früher für die eines Menschen (des Sündfluthmenschen, Andrias Scheuchzeri). Von Vögeln kennt man besonders Falken, Eulen, Wasserhühner, Riesenstrauße.
Ueber diesen drei sedimentären Schichten folgt nun eine Lage von Sand, Kies, Gruß, Geröllen und Geschieben, mit etwas Lehm und Löß, welche aus den Schichtgesteinen hervorgegangen ist und sich mit Hülfe einer großen allgemeinen Ueberschwemmung (Diluvium) über die ganze oberste Tertiärschicht verbreitet haben soll, weshalb sie Diluvial-Formation, ausgeschwemmtes Land, Schwemmland der Vorzeit genannt wird. In dieser Erdschicht trifft man Reste von (diluvianischen) Thieren, die theils jetzt noch leben, wie Hirsche, Pferde, Ochsen, Nashörner, Flußpferde, Bären und Hyänen (in Höhlen), theils untergegangen sind, wie riesenhafte Katzen, das Mammuth, Mastodon und Mylodon. Das Klima muß zu jener Zeit überall auf der Erde ein höheres (tropisches) gewesen sein, wie die Pflanzen von damals beweisen. Erst später sank die Temperatur, wie und wodurch ist noch nicht erforscht, und es bildete sich der jetzt bestehende Zonenunterschied und mit diesem das Eis, welches die sogen. erratischen Phänomene (das Fortschaffen von Felsstücken nach entfernteren Gegenden d. s. die sogen. erratischen Blöcke oder Wander-Blöcke) hervorrief.
Ueber der Diluvialschicht befindet sich nun die oberste Lage unserer Erdrinde und auf dieser leben wir Menschen mit den uns bekannten Pflanzen und Thieren. Diese oberste Lage erhielt den Namen Alluvialschicht, Angeschwemmtes, Schwemmland der Jetztzeit, und besteht vorzugsweise aus lockern Massen, deren Bildung immer noch fortdauert. Zur Bildung des Alluviums tragen bei: Sand- und Schuttlager (Tuffe), abwechselnd mit Lehm- und Mergelschichten, sowie Reste von Infusorien (Trippel, Polirschiefer, Bergmehl); über diesen lagern Schichten verwitterter Pflanzen (Moorland, Torf als Wald-, Wiesen-, Haide- und Moostorf) und Ackererde. Diese Massen sind theils Anschwemmungen der Flüsse (Sand, Schlamm, Geschiebe und Gerölle) und Ablagerungen des Meeres (Sandbänke, Dünen), theils Niederschläge aus Wasser, besonders der Quellen, (Kalktuffe, Kieseltuffe, Raseneisenstein, Steinsalz, Asphalt), und Anhäufungen organischer Massen (Infusorienlager, Riffe, Koralleninseln, Torf). Das jüngste Gebilde des Alluviums ist die Dammerde, ein Gemenge von organischen und unorganischen Materien, hervorgegangen aus der Zertrümmerung und Verwitterung der verschiedenartigsten Gesteine und der Zersetzung organischer (pflanzlicher, thierischer und menschlicher) Substanzen. In den Alluvial-Gebilden hat man auch schon incrustirte Menschenknochen, sowie Produkte des menschlichen Kunstfleißes, wie Waffen, Werkzeuge, Geräthschaften etc. gefunden. Uebrigens spricht alles dafür, daß erst mit dem Eintritte der Alluvial-Formation das Erscheinen der Zonenunterschiede und des ersten Menschen auf der Erde stattfand. Dies geschah aber nach den Forschungen der Gelehrten vor etwa 70 bis 100 Tausend Jahren und nicht, wie die jüdische Aera will, vor 6000 Jahren.
Blätter und Blüthen.
Brief aus Afrika von E. Vogel an Ritter Bunsen in London. – Eduard Vogel reiste bekanntlich dem berühmten Forscher im Innern Afrika’s, Barth, durch die große Wüste Sahara zu Hülfe, um mit ihm weiter zu vollenden, was der Engländer Richardson und der Deutsche Overweg (welche beide ihrem Wissenstriebe zum Opfer fielen) und am meisten Barth selbst so wunderbar weit gefördert, daß Herr G. Petermann in London, aus dem gesammelten wissenschaftlichen Stoffe bereits eine brillante Karte von dem bisher völlig unbekannten Innern Afrika’s auf Kosten der englischen Regierung auszuführen im Stande war. Die Karte, welche das Innere Afrika’s etwa vom 5ten bis zum 18ten Grade nördlicher Breite um den großen, romantischen Tsad-See herum – bisher auf den Karten eine leere Stelle – mit seinen vielen dichtbevölkerten und in ihrer Weise blühenden Staaten darstellt, wird in einigen Wochen mit Text erscheinen, unter Anderem auch mit dem Inhalte des Briefes, den wir hier auszugsweise mittheilen, da der Preußische Gesandte in London ihn an Herrn Petermann zu dem Zwecke geschickt hatte, daß für die englische und deutsche Presse beliebiger Gebrauch davon gemacht werden möge. Der Einsender copirte die interessantesten Stellen für die Gartenlaube daraus gerade an dem Tage der Ankunft. Zum Verständnisse derselben gehört noch, daß E. Vogel auf seiner Reise von Tripolis aus durch die Wüste nach dem Tsad-See, in dem muhamedanischen Staate Fezzan mit der Hauptstadt Murzuk, und der nächst größten Tedgerrhi, Monate lang aufgehalten ward, da es ihm Behörden und Privatleute mit muhamedanischer Saumseligkeit so schwer machten, die nöthigen Mittel, Führer und Hülfstruppen, die zu einer Reise durch die wilde Natur voll brennenden Sandes oder wilder Menschen gehören, zu beschaffen. Murzuk liegt etwa 150 geographische Meilen von der Küste des mittelländischen Meeres nach dem Innern hinein, Tedgerrhi 20 Meilen südlicher. Von da bis zum Tsad-See hatte er noch etwa 200 Meilen durch die Wüste zurückzulegen. Die im Briefe noch vorkommenden Orte Bornu und Kano sind Hauptstädte großer muselmännischer Staaten um den Tsad-See herum.
„Excellenz!
„Endlich kann ich Ihnen melden, daß ich, mit allem Zubehör ausgestattet, auf dem Wege meiner Bestimmung flott geworden bin. Nachdem ich unter Protection des Sultans von Fezzan in Tedgerrhi angekommen war, schloß ich mich einer nach dem Tsad-See bestimmten Sklavenkarawane an. Und ich weiß nun schon, was Sklavenhandel ist. Unterwegs stießen wir unzählige Male auf Gebeine, größtentheils vom Fleische entblößt, die alle menschlichen Wesen zugehörten. Es waren Sklaven, die unterwegs liegen geblieben und so in der Sonnenhitze verhungert und verdorrt oder noch lebendig von Schakals aufgefressen worden waren. Eine dieser so [58] benagten Leichen, die uns eines Tages gerade im Wege lag, bestattete ich in ordentlicher muhamedanischer Weise und sprach mit gewiß mehr als priesterlicher Würde einen Segen über sie, denn des Herzens innerste Erregung war dabei. In Tedgerrhi sah ich die Karawane, etwa 500 Personen, größtentheils Knaben und Mädchen von 10–15 Jahren, ankommen. Ich werde den Anblick nie vergessen. Sie waren am Halse in Eisenringe geschmiedet und an diesen Ring noch die rechte Hand gefesselt. Die Ringe und Köpfe laufen zwischen zwei Eisenstangen hin, so daß sich auf diese Weise Linien von 20 und mehrern bilden. Sie gingen fast alle nackt oder nur spärlich mit jämmerlichen Lumpen bedeckt, obgleich der Sultan von Fezzan befohlen hat, daß jedem Sklaven ein Hemd und eine Kopfbedeckung gehalten werden solle. Man hatte ihnen nicht einmal ihre natürliche, das Haar, gelassen, da Jeder (selbst Kinder von 10 Jahren) auf den entsetzlichen Märschen durch brennenden, salzigen Sand noch bis 25 Pfund Gepäck auf dem Kopfe tragen muß, um die Kameele zu schonen. Dadurch war ihnen das Haar bis auf die wunde Haut thatsächlich abgerieben worden. Unter den Sklaven machten besonders eine Gruppe junger Mädchen von 10–15 Jahren durch den Ausdruck einer tiefen Melancholie einen erschütternden Eindruck auf mich, besonders als sie mich mit herzzerreißendem Flehen baten, ich möchte sie kaufen. Ich machte ihnen deutlich, daß mir meine Religion verböte, Sklaven zu halten, worauf sie mit der Miene rührender Ueberzeugung antworteten, daß meine Religion besser sei, als die Ihrer Tibubs (Sklavenhändler). Ich sah, wie sie vor Hitze und Ermüdung zusammenfallend noch 3 Stunden lang eine Art Getreide zermalmen und sich davon ihr einziges Mahl im Tage bereiten mußten. Das Mehl wird mit Wasser und Salz geknetet und gebacken. Davon müssen sie sich auf je 24 Stunden satt essen. – Ich habe diesen schrecklichen Scenen gegenüber die Erinnerung an eine noch entsetzlichere. Auf unserer Reise hierher stießen wir auf ein menschliches Gerippe, das noch lebte. Ich flößte ihm etwas Fleischbrühe ein und fuhr allmälig mit stärkeren Gaben fort, bis der Mann einigermaßen so weit zu sich kam, daß er erzählen konnte, er liege hier seit langer Zeit, nachdem man ihm im Sklavenzuge (einem andern) schon 3 Tage jede Nahrung vorenthalten habe, um ihn durch Hunger zu tödten, da er als älterer Mann nichts werth sei und die Sklavenpreise in Bornu überhaupt sehr niedrig ständen. Ich brachte ihn hier unter und bezahlte eine hübsche Summe für dessen Verpflegung. Der Sultan von Fezzan nimmt für jeden aus- oder eingeführten oder durchpassirenden Sklaven einen Zoll, so wie er überhaupt das Nehmen versteht. Er hat in Murzuk ein Zollhaus bauen und für 1000 Pfd. Sterling jährlich verpachten lassen. (Folgt ein Verzeichniß verschiedener Landesartikel und Zollsätze.) Sein Land soll 54,000 Einwohner haben. Unter den eingeführten Artikeln ist besonders Zink im Begehr, da sich die Damen der Fezzaner Residenz und die Damen überhaupt gern reichlich mit Zinkschmuck behängen. Der Boden ist reich an mannichfachen Mineralien, besonders Natron. Das ganze Land ist gleichsam auf Salz gebaut, nicht minder auf eine ziemlich alte Cultur, die in Ruinen umherliegt. Ich muß hier den Irrthum in meinem letzten Schreiben berichtigen, in welchem ich die entdeckten Ruinen von Mauern und Schlössern als römische bezeichnete. Nach näherer Untersuchung fand ich deutliche Spuren ehemaliger Gestalt mit dreieckigen Fenstern, lauter Ueberbleibsel des zwischen 800 und 1000 nach Chr. Geb. hochblühenden Staates Fezzan. –
Vor meiner Abreise mit einer gut geschulten und wohlbewaffneten kleinen Armee von 20 Mann und 60–70 Freiwilligen bekam ich noch die angenehme Nachricht, daß mir die Tuariks (ein Räubervolk weiter im Süden) bereits auflauerten, um mir die Geschenke, die Sie für den Sultan von Bornu bestimmt haben, abzunehmen. Die Lust soll ihnen theuer zu stehen kommen, wenn sie sich nicht in ehrerbietiger Entfernung von unsern Läufen halten. Der Sultan von Bornu kann uns nämlich keine Protection entgegenschicken, da er mit dem Sultan von Kano um drei Städte Krieg führt. So lautete die letzte mit dem Courier-Postkameele aus Kuka angekommene Nachricht. Doch wurde mir zugleich die Versicherung gegeben, daß solche Kriege nie lange dauerten, und er wohl noch Zeit und Leute finden werde, uns und seine Geschenke in Schutz zu nehmen, ehe wir in das Bereich der wilden Tuariks kämen.“ (Folgen noch Privatsachen.)
Der Brief giebt besonders ein drastisches Bild des innern Sklavenhandels in wenig starken Zügen. Mögen wir uns deshalb um so mehr freuen, daß die Civilisation durch Engländer und Deutsche jetzt rasch und mit zunehmender Bedeutung auch für den Handel in das Innere Afrika’s eindringt, nachdem 23 große Expeditionen (von 1769 bis 1852) allmälig die ersten Culturstraßen von allen Seiten angelegt haben. Die Hauptbedeutung Afrika’s und die Quelle der Civilisation wird besonders an der Westküste von Senegal und Gambia bis nach dem Golf von Guinea (englische Besitzung) hinlaufen, an dem Chaddaflusse hinauf und von der Republik Liberia aus (dessen Präsident Robert sein Parlament am 19. Decbr. unter guten Aussichten eröffnete) nach dem Tsad-See, von da hinüber nach dem Nil und an diesem herunter durch Aegypten. Der Verkehr im Innern ist jetzt auf „Schiffen der Wüste“, Kameelen, und in großen Handels-Karavanen, die oft ein ganzes Volk enthalten, schon ungemein lebhaft und großartig.
Rennes, den 20. Dezbr. 1853. Ich gebe Ihnen nachfolgenden Bericht über eine Sitzung der hiesigen Assisen, welche am 14. d. Mts. stattfand, und in welcher die Details eines schrecklichen Dramas, wie es Gott sei Dank – selten vorkommt, vor mir entrollt wurden.
Auf der Anklagebank erschien Jules François Verger[WS 1], ein Mann in der Blüthe der Jahre, dessen schöne, männlich edle Züge den Ausdruck des tiefsten Schmerzes trugen. Vor seiner Verhaftung hatte er zu Nantes, rue de Gorges[WS 2] Nr. 5 gewohnt. Am 9. September d. J. befanden sich mehrere Bewohner dieses Hauses auf dem daran stoßenden Hofe, als aus der dritten Etage des Hauses die entseelten Körper zweier kleiner Kinder herabgeflogen kamen, welche durch den Sturz auf das Pflaster die entsetzlichste Verstümmelung erlitten. Es waren die beiden Kinder Berger’s. Ihr eigener Vater hatte sie erst erdrosselt, dann mit eigener Hand aus dem Fenster des dritten Stockes in den Hof hinabgeworfen. Die Justiz begab sich alsbald an Ort und Stelle, um den Mörder zu verhaften. Man fand ihn ganz mit Blut bedeckt und er zeigte eine breite klaffende Wunde an der Gurgel, welche er sich selbst beigebracht hatte. In einer Art von Raserei rief er den Beamten sogleich entgegen: „Ja, ich selbst habe meine Kinder getödtet und sie dann zum Fenster hinaus geworfen; ich werde mit ihnen wieder vereinigt werden; ich fürchte das Schaffot nicht!“ Als man ihn nach dem Gefängniß führte, schrie er zu wiederholten Malen laut auf: „ich bin gerächt, ich habe mich gerächt!“
Berger war seit ungefähr vier Jahren mit Jeanne Rivet verheirathet. Die Frucht dieser Ehe waren drei Kinder, von denen das älteste, Jeanne, drei Jahre alt, und das jüngste, Alexander, zehn Monate alt, von ihrem Vater ermordet waren.
Die Familie Rivet befand sich in großem Wohlstande, während Berger im Gegentheile nichts als Schulden hatte. Das gute Einvernehmen zwischen ihm und den Rivet’s bestand nicht lange nach der Hochzeit. Berger überhäufte seine Frau und seine Schwiegermutter täglich mit Beleidigungen, er ging sogar soweit, sie zu schlagen und wurde deshalb schon im Frühjahr d. J. vom Corrections-Tribunal zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt. Seit dieser Zeit drohte er den beiden Frauen öfters, daß sie von seiner Hand sterben müßten und daß er sich jedenfalls rächen werde. Er schien indessen seine Kinder und namentlich das älteste Mädchen sehr zu lieben, das ihn fast beständig auf seinen Spaziergängen begleiten mußte. Er war stolz auf seine Kinder, wie er sich selbst nicht selten ausdrückte.
Nichtsdestoweniger hatte die verbrecherische Idee, sich an der Mutter in der Person dieser Kinder zu rächen, sich seines Geistes bemächtigt. Er scheute sich mitunter gar nicht, diesen gräßlichen Gedanken sogar Worte zu geben. „Meine Kinder werden vor mir oder mit mir in’s Grab stürzen,“ sagte er. „Ihr werdet weinen, aber es wird zu spät sein; Ihr wißt nicht, was es heißt, einen Menschen zur Verzweiflung bringen.“
Am Tage der That war Berger um 6 Uhr früh ausgegangen, um in mehreren Häusern zu arbeiten. Um 10 Uhr zurückgekehrt, war er ruhig und man merkte nicht, daß er vielleicht getrunken gehabt hätte. Nachdem er seine Frau umarmt und über häusliche Angelegenheiten mit ihr gesprochen hatte, wünschte er zu frühstücken. Die Speisen, die ihm vorgesetzt wurden, gefielen ihm nicht; mit einer Geberde des Zorns warf er Brot und Messer von sich, stand auf, steckte Geld ein und erklärte, daß er bei einem Restaurateur sein Dejeuner einnehmen wolle. Seine Frau widersetzte sich seinem Fortgehen, hielt ihn an der Blouse zurück, schloß die Thür ab und steckte den Schlüssel in die Tasche. Als Berger dies bemerkte, malte sich Zornesröthe in seinem Gesicht; er ergriff seine Frau am Arme, zog sie in die anstoßende Küche und schlug sie mit einem irdenen Topfe, den er dort fand, dergestalt auf den Kopf, daß der Topf in Stücke brach; dann ergriff er ferner eine Glasflasche, mit welcher er unbarmherzig auf das Gesicht seiner Frau losschlug. Letztere, halb betäubt von den empfangenen Schlägen, lief zur Küchenthür hinaus, welche offen geblieben war, und rief den Bewohnern der unteren Etagen zu: „ich bin eine verlorene Frau! Retten Sie meine Kinder!“
Das Dienstmädchen Jeanne Biron war Zeugin dieser Scene gewesen. Sie sah, wie Berger, nachdem er seine Frau verfolgt, mit Zornesröthe im Gesicht in die Küche zurückkehrte und hörte ihm sagen: „die Rache kann nicht verschoben werden.“ Dann ergriff er ein Messer, begab sich in’s Zimmer zurück, wo sein jüngstes Kind und das kleine Mädchen sich befanden. Letzteres ergriff er am Halse und das Dienstmädchen floh erschreckt mit dem dritten Kinde, das sie auf dem Arme trug.
Berger blieb jetzt mit seinen Kindern allein im Zimmer und stieß einige Personen zurück, welche einzudringen versuchten und schloß hinter ihnen die Thür, indem er den innern Riegel ebenfalls vorschob. Dann ergriff er sein kleines Mädchen aufs Neue und stieß ihr ohne ein Moment den Verzuges das Messer in die Kehle, dann schlug er seinen kleinen Jungen, der spielend in der Mitte des Zimmers saß und stieß auch diesem dan Messer in die Kehle, welches noch von dem Blute seines andern gemordeten Kindes rauchte. Hierauf ergriff er die beiden unglücklichen Kinder, in denen das Leben noch nicht entflohen war, und stürzte sie aus dem Küchenfenster in den Hof hinab. Man sah ihn von unten, wie er sich über das Fensterkreuz hinauslehnte, die Kinder erst eine Zeit lang hin- und herschwenkte, dabei seine Frau rief und endlich mit den Worten: „Du wolltest Deine Kinder, hier hast Du sie!“ fallen ließ.
In der Voruntersuchung hat Berger sich darauf beschränkt, zu behaupten, daß ihm von Allem, was vorgefallen, so gut als gar nichts erinnerlich sei. Er wisse nur, daß er von seiner Frau in’s Gesicht geschlagen worden wäre, in Folge davon er geblutet habe, und daß er durch den Schmerz und den Anblick des Blutes seiner Vernunft völlig beraubt worden sei. Er hat das größte Bedauern über den Tod seiner Kinder geäußert und sich energisch dagegen verwahrt, jemals die Absicht eines Attentats auf ihr Leben gehegt zu haben.
Die Wunde, welche Berger sich selbst am Halse beigebracht, hat keine nachtheiligen Folgen von Bedeutung für ihn gebabt. Auch in der Audienz machte er keine weiteren Ausflüchte, als daß er im Momente der That sich nicht im zurechnungsfähigen Zustande befunden habe.
Das Resultat der Beweisaufnahme war jedoch nicht geeignet, den Geschwornen die Ueberzeugung von der Richtigkeit dieses Einwandes zu gewähren. Sie erklärten Berger schuldig, ohne ihm mildernde Umstände zuzugestehen. Der Gericht-Hof verhängte den Verdikte gemäß die Todesstrafe über ihn.