Die Eiche von Wörlitz
[628] Deutschlands merkwürdige Bäume. Die Eiche von Wörlitz. (Mit Abbildung S. 613.) In Nummer 47 des Jahrgangs 1888 brachte die „Gartenlaube“ in Wort und Bild die Beschreibung einer Rieseneiche aus Deutschlands Wäldern, der Königseiche zu Peisterwitz im Kreise Ohlau (Schlesien). Diese Eiche galt damals noch als die größte unter den auf deutschem Boden wurzelnden Schwestern; nun aber hat sich herausgestellt, daß es doch noch eine größere giebt. Es ist eine Eiche im Forstreviere von Wörlitz, nicht gar weit entfernt von Dessau, der Hauptstadt des Herzogthums Anhalt. Sie steht auf der sogenannten „Rosenwiese“ dicht an der Elbe und hat einen unteren Stammumfang von 12½, einen obern von 9¾ Metern, während sich ihre Höhe auf 26 Meter beläuft. Ihr Alter wird auf 500 bis 600 Jahre geschätzt; aber sie zeigt bis heute noch keinerlei Spuren von abnehmender Lebenskraft. Noch sei erwähnt, daß das Riesenkind keineswegs allein steht in dem Wörlitzer Walde; es hat gewaltige Gespielen um sich, die ihm an Stattlichkeit des Wuchses nur wenig nachgeben. Von einem der Riesen, der im Jahre 1888 gefällt wurde, berichtet die Wörlitzer Oberförsterei, man habe von ihm 30,57 Festmeter Nutzholz, 21 Festmeter Brennholz, 25 Stück Kahnkniee und noch 4 Festmeter Abraum gewonnen. Man mag sich demnach einen Begriff machen von den gewaltigen Erscheinungen in den Wörlitzer Forsten, und es dürfte sich wohl verlohnen, ihnen einen Besuch abzustatten. Wörlitz bietet ja mit seinem schönen herzoglichen Parke, einer Schöpfung des hochgebildeten und feinsinnigen Fürsten und späteren Herzogs Leopold Friedrich Franz (1758–1817), noch einen weiteren Anziehungspunkt, der auch in der „Gartenlaube“ (1880, Nr. 3) schon seine Würdigung gefunden hat.
Unsere Zeichnung des Baumes ist nach einem im Jahre 1859 aufgenommenen, durch seine Staffage merkwürdigen Bilde ausgeführt. Der Mann, welcher unter der Eiche steht, ist der verstorbene Herzog Leopold IV. von Anhalt, links von ihm und dem Baume hält sein Wagen. Uebrigens hat sich der Baum in seinem Aeußeren bis heute um nichts verändert.