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Die Bläsjungfer

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gottschalck
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Titel: Die Bläsjungfer
Untertitel:
aus: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen, S. 300-303
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1814
Verlag: Hemmerde und Schwetschke
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Erscheinungsort: Halle
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Die Bläsjungfer.

In einem einsamen Hölzchen bei Bernburg verwittern, vom Dunkel belaubter Bäume verhüllt, die öden Mauern des Klosters Sanct Blasii. Still und heimlich ist’s umher, und selten betritt ein menschlicher Fuß die einsame, sonst stiller Andacht geweihte Stätte, denn – die böse Bläsjungfer treibt hier ihr Wesen.

Als noch nicht des Ortes Unheimlichkeit bekannt war, kamen einmal ein Paar alte arme Weiber aus Bernburg in dieß Hölzchen, um abgefallene dürre Aeste zur Winterfeuerung zu sammeln. Sie waren bis zu den öden Klostermauern vorgegangen, als plötzlich die weiß gekleidete Bläsjungfer hinter den Ruinen vortrat. Entsetzen ergriff die alten Mütterchen, das mühsam gelesene Holz entfiel ihren zitternden Händen, und bestürzt eilten sie nach Hause. Die Kunde von dem Gesichte breitete sich schnell aus, es mied nun jeder den unheimlichen Ort, und weit umher trieben die Hirten ihre Heerden, der weißen Jungfrau nicht zu begegnen.

Wer die Bläsjungfer ist? – Eine Nonne des Klosters Sanct Blasii, wegen schwerer Sünden verdammt, auf Erden zu wandeln, und bis der Tag ihrer Erlösung heranbricht, die Klosterstätte zu bewachen, wo noch viele Töpfe voll Gold und Silber vergraben liegen. Wem sie erscheint, der mag sich vorsehen; denn, wie mancher Schäfer erzählt hat, der sie, mit einem Bündel Schlüssel an der Seite, selbst gesehen, so sucht sie Unkundige mit Zauberworten heran zu schmeicheln, und hat sie sie gefaßt, so schleppt sie unerbittlich die Beute bis zum tiefen Graben, den das Kloster umgiebt, und stürzt sie hinab.

Daß unter den Klosterruinen viele Schätze noch ruhen, leidet keinen Zweifel; denn es ging einmal ein armer Schuhflicker von Bernburg zum Markt nach Nienburg, und ruhte auf einer Anhöhe, der Klobenhoch genannt, aus. Er hatte sich auf einen Stein gesetzt, und wie er sich nun ein Mal zufällig umsah, da lagen auf frisch aufgeworfener Erde neben ihm viel Silberstücke, wohl an die drei Thaler, und doch wurde zur Zeit der Zerstörung des Klosters nur ein Theil der Schätze zum Klobenhoch gebracht.

Nach den Gold- und Silbertöpfen war nun wohl mancher lüstern; doch keiner wagte es, sich in ihren Besitz setzen zu wollen, aus Furcht vor der weißen Jungfrau. Als diese aber seltner erschien, kühne Jäger in den Busch drangen, ungestört ihr Wild verfolgten, und unbeschädigt zurückkamen, wagten sich mehrere hin. Sie wühlten die verfallnen Mauern um, und fanden – Steine. Sie gingen auf den Klobenhoch, gruben den Hügel um, und – gruben leere Aschenkrüge heraus. Seitdem hat sich die Furcht vor der Bläsjungfer verloren, die nun erlöst und ihres Wandels auf Erden quitt zu seyn scheint.

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Aus mündlicher Mittheilung.