Die Biene und die Henne
Nun Biene, sprach die träge Henne,
Dieß muß ich in der That gestehn,
So lange Zeit, als ich dich kenne:
So seh ich dich auch müßig gehn.
Im Garten auf die Blumen fliegen,
Und ihren Blüthen Saft entziehn,
Mag eben nicht so sehr bemühn.
Bleib immer auf der Nelke sitzen,
Wär ich, wie du, ich thät es auch.
Was brauchst du andern viel zu nützen?
Genug, daß wir so manchen Morgen
Mit Eyern unser Haus versorgen.
Du denkst, weil ich bey meiner Pflicht
Nicht so, wie du bey einem Eye,
Aus vollem Halse zehnmal schreye:
So, denkst du, wär ich ohne Fleiß.
Wer Kunst und Arbeit besser kenne,
Ich, oder eine träge Henne?
Denn, wenn wir auf den Blumen liegen,
So sind wir nicht auf uns bedacht;
Um fremde Zungen zu vergnügen.
Und schreyen wir bey warmen Tagen,
Wenn wir den Saft in Zellen tragen,
So präge dir es itzund ein:
Wir hassen allen stolzen Schein;
Und wer uns kennen will, der muß in Rost und Kuchen
Fleiß, Kunst, und Ordnung untersuchen.
Und einen Stachel eingesenkt,
Mit dem wir die bestrafen sollen,
Die, was sie selber nicht verstehn,
Doch meistern, und verachten wollen:
O Spötter, der mit stolzer Miene,
In sich verliebt, die Dichtkunst schilt;
Dich unterrichtet dieses Bild.
Die Dichtkunst ist die stille Biene;
So trifft die Fabel völlig ein.
Du fragst, was nützt die Poesie?
Sie lehrt, und unterrichtet nie.
Allein wie kannst du doch so fragen?
Dem, der nicht viel Verstand besitzt,
Die Wahrheit, durch ein Bild, zu sagen.