Die Böhmenkönigin in Schwaben
O Böhmenland mit Bergen stolz,
Mit dunklem Holz,
Mit süßen frischen Quellen!
Was hörest du für frommen Schall
Aus deinen Thälern schwellen?
Wer singt so schlicht
Vom Glaubenslicht?
Wer wiegt so fein
Auf sanften Liedeswellen?
Maria, deine Königin,
Erneut im Sinn,
Die hat so hell gesungen,
Von Jesus Christ
Ihr heilig Lied gedrungen;
Wohl durch das Schloß,
Wohl durch den Troß,
Zum Ehgemahl
Hat es sich frei geschwungen.
Macht sich bereit,
Er spricht ergrimmt: „wer darf so frei
Von Ketzerei
An meinem Hofe singen?
Auf Riesen wag’
Da kommt der Zwerg
Von Wittenberg,
Legt meinem Weibe Schlingen!“
„Drum wand’re, Frau, aus meinem Haus
Laß dich nicht Fürstin nennen!
Leg’ ab dein würdig Königskleid,
Laß das Geschmeid
Von deinem Halse trennen!
Die Harfe nimm,
Ja sing’ dich fort
Von Ort zu Ort,
Ich mag dich nicht mehr kennen!“
Doch ohne Reu’,
Sie thät, wie er befohlen.
Durch Berg und Thal, ihr wohlbekannt,
Im Böhmerland
Ein Schloß bald lauscht,
Ein Quell bald rauscht;
Sie endlich fiel,
„Richt’, wie ich woll’, ich jetzt mein Sach,
(Weil ich bin schwach,
Und Gott mich Furcht läßt finden)
So weiß ich, daß kein’ G’walt bleibt fest;
Das Zeitlich’ muß verschwinden.
Das ew’ge Gut
Macht rechten Muth,
Dabei ich bleib’,
Gott helf’ mir’s überwinden!“
Und wo die Elb’ im Grunde tost,
Trat sie getrost
Hervor in fremde Lande;
Sie ziehet hin
Im ärmlichen Gewande;
Hoch ist ihr Muth,
Grüßt Sachsen gut,
Durch Wolken bricht;
Da wird ihr leicht die Schande.
Doch sehnt sie sich in’s Ferne weit,
Zur Einsamkeit
O Böhmenland,
Wo wird sie neu dich finden?
O Brunn, o Wald,
O Berges Schutz,
Du Menschentrutz!
Sie sah euch all’ verschwinden!
So wallet sie durch’s eb’ne Land
Bis sie zur Stätt’ ist kommen,
Wo schöne Hügel, rund und grün,
Drauf Reben blühn,
Sie wieder aufgenommen.
Im Abendlicht
Steigt wie ein Traum
Ein Bergessaum,
Dort ruft das Ziel der Frommen.
Die allenthalb
Blau nach der Eb’ne winket,
Wo man auf Haiden hoch und kühl
Fern vom Gewühl
Wo Blüthenduft
Zu Thale ruft;
Man wandert schnell,
Bis man am Quell
In Wälder trat,
Aus denen Felsen stiegen,
Und als sie auf den Spitzen rings
Die alten Burgen liegen,
Da sang sie hell
An einem Quell,
Da flog der Hall
Wie Engelsstimmen fliegen.
„Ich habe dich mein Böhmenland,
Von Gott gesandt,
Willst du mich hier umschließen.
Dein Wasserstrahl,
Und deine Wälder sprießen!
Auch Gottes Licht
Ist ferne nicht!
Des Heiles Fluß
Bald durch dies Land sich gießen!“
Vom Berge grüßet alt und grau
Ein Schloß[2] die Frau,
Dort zieht die fremde Herrin ein,
Ein Kämmerlein
Sie singt voll Ruh
„Kein G’walt bleibt fest,
Sey’s allerbest’,
Das Zeitlich’ ist verdorben!“
Sie wallt an jedem Tag den Weg,
In’s tiefe Dorf hernieder,
Ein Heilbrunn, wie im Vaterland,
Quillt aus dem Sand,
Und labt die müden Glieder;
Sie oft und fleht
Für den Gemahl
Um Gottes Strahl;
Sie singt viel Sehnsuchtslieder.
Selbst arm, sie war
Der Armen Trost und Segen.
Da tönt im Dorf ihr einst von Krieg,
Von Türkensieg
„O Frau, so fromm!
Komm, bete, komm!
In Ungarn ist
Der Widerchrist!
Versenkt im Sumpf,
Sein Haupt ist abgeschlagen!“
Die Fürstin starrt, es bricht in Schmerz
Sie kann nicht weiter fragen.
Die Harfe schweigt,
Ihr Haupt sich neigt,
Sie sinket um
Wird todt hinweggetragen.
Ihr eignes Lied, das sangen leis,
Zu Gottes Preis,
Viel Mägdlein fromm und Knaben;
Am Bergesrand
Beim kühlen Quell begraben,
Ihr Lob erschallt,
Durch Thal und Wald,
Sie ruhet gern,
Die fremde Frau, in Schwaben.