Des Jahres erste Hälfte
Vorüber sind die Feste!
I.
Vorüber sind die Feste wieder,
Die uns gegrüßt mit Glanz und Licht,
Verstummt die holden Weihnachtslieder,
D’raus reinster Liebe Segen spricht.
Ein Vorbereiten Tag und Nacht,
Beim Lampenschein ward mancher Morgen
Gar arbeitsvoll herangewacht.
Das Werk der Liebe zu bereiten,
Und jedes Herz schien sich zu weiten
In Hoffnung und Erinnerung,
Ein Liebesfest so ohne Gleichen
Im ganzen großen Vaterland,
Zu hoher Botschaft sich verband!
Vom Christbaum aus dem eignem Heim
Fiel mancher Strahl auch auf die Armen
Die heil’ge Nacht – die Feiertage
Mit aller Weihe, allem Glück,
Des Jahreswechsels ernste Frage –
Wir blicken jetzt darauf zurück.
Und uns umfängt die Alltagswelt,
Doch bleibt uns ja davon das Beste:
Begeistrung, die uns aufrecht hält.
Sie, die am Sterne sich entzündet,
Und allen Sehenden verkündet:
Es naht das Heil – nun wachet auf!
Nun wachet auf zum Liebesglauben,
Nun dient der neuen Zeit des Lichts –
Was ihm nicht dient, zerfällt in nichts.
Den Festen folgt der Arbeit Mühen,
Das ihnen freudig ging voran –
Wenn wir im Dienst der Menschheit glühen,
In Eis und Schnee.
Das ist die Zeit, wo in Palästen
Von Gas und Kerzenschein erhellt,
Zu Tanz und Schmaus geladnen Gästen
In Glanz getaucht erscheint die Welt.
Und auf des Eises glatter Bahn
Die Paare auch sich tanzend ringeln,
Sich fliehen bald und bald sich nahn.
Die Zeit ist’s, wo in Hauses Enge
Und fern von eitler Pracht Gedränge,
Ein heimisch trautes Glück genießt.
Wenns draußen schneit, gern am Kamine
Man einsam ferner Zeit gedenkt,
In Rätselfragen sich versenkt.
Die Zeit ist’s wo in kalter Kammer
Nur Dunkel herrscht und bittre Not
Zu Eis gefriert in allem Jammer
Die Vöglein klagen mat und weh –
Auf Menschenliebe alle warten,
Wo grausam herrschen Eis und Schnee.
Und sinnen über reich und arm –
Wenn hier die Becher überschäumen
Und dort kein Tropfen lind und warm.
Im Ballsaal welken tausend Blüten
Sie sind, je herrlicher sie glühten,
Des Reichtums, nicht der Liebe Pfand!
O wollt bei ihnen recht erwägen:
Es sei der Frauen Ideal
Sonst ist das Leben öd und schal.
Wer nicht im Winter denkt der Armen
Und Segen auszustreuen weiß,
Wird nie zu schöner Glut erwarmen,
Für solche ist kein Lenzeswehen,
Kein Vögelein voll Dank und Preis –
Mag noch so hoch die Sonne stehen –
Sie sind erstarrt in Schnee und Eis.
Im Februar.
Nun lenket höher den Wagen.
In heil’gen Nächten ward klirrend das Thor
Schon hinter Euch zugeschlagen.
Nicht abwärts leitet die „Neue Bahn,“
Nur aufwärts und höher schreitet voran
Und Niemand soll Halt Euch gebieten!
Kurzsichtige Menschen, weil Wintersgraus
Und Schnee und Eis sie umfangen,
Da langsam die Tage nur langen.
Sie grübeln am Herd und erwärmen sich nicht,
Und haben nicht Mut und nicht Glauben
An neue Wärme, an neues Licht –
Sie sehen nicht rollen das feurige Rad,
Von der Sonnengöttin geleitet,
Der Göttin der Freiheit, der Liebe, der That,
Dran unser Hoffen sich weidet. –
Dann ist die Kälte vergangen –
Und wer im Winter den Glauben verlor
Wird vom blühenden Lenz ihn empfangen.
IV.
Osterfeiertag.
Vom Turme tönt in stiller Sabbathfrühe
Er liegt nicht mehr in finstern Grabesbanden;
Da wars, als wenn der Himmel purpurn glühe.
Allmählich schiens, als ob er Funken sprühe,
Die Lerchen aufwärts Jubelgrüße sandten,
Und jede Knospe träumte, daß sie blühe.
Solch eine Feier mahnt beklommne Herzen,
So blühend, glühend, und so sonnenhaft
Ein neues Leben freudig zu beginnen.
Sind überwunden von der Gottheit Kraft.
Triumph erschallt und Freudenthränen rinnen.
Himmelfahrt.
Ein Feiertag im holden Maienmond
Wird eingeläutet von den Kirchenglocken,
In Andachtsschauern fromm empor zu locken.
Die Erde trägt ihr schönes Festgewand,
All überall ein Blühen und ein Düften!
Seit Ostern stürzte finstern Grabesrand
Und neue Wunder überall geschehn
Wo Keime wachsen und wo Vöglein singen –
Wohin wir hören und wohin wir sehn
Will Alles aufwärts zu dem Himmel dringen.
Im blauen Aether weiße Wolken schwimmen,
Das Aug, fast glanzgeblendet, doch gewahrt
Wie Gold und Purpur in einander glimmen.
Wie Erd und Himmel durch den Wolkenflor
Wie Lerchen zwitschern zu dem Kirchenchor
Und Alles läd zu seligem Genießen. –
Der nach der Osterweihe uns gegeben
Zum Himmel uns’re Blicke zu erheben.
So feiern wir die wunderreiche Zeit
In frohem Aufblick und im sel’gen Ahnen:
Das Fest des heil’gen Geistes ist nicht weit,
Nicht nur allein für uns sind wir bestrebt
Das Gottesreich auf Erden auszubreiten:
Nur wer im Dienst der ganzen Menschheit lebt
Dient sich und seiner Zeit und allen Zeiten.
Des Geistes Streiter, Männer oder Frauen,
Ob glücklichlebend, ob von Leid gequält,
Sind wir geweiht durch Mut und Gottvertrauen.
Im Dienst der Menschheit kämpfend, treugeschart
Und Ahnungsschauer einer Himmelfahrt
Will sich als Segen unserm Thun bekunden.
Pfingstsonne.
Laßt folgen mich der Sonne Winken,
Dem Pfingstenrufe der Natur,
Die Luft des himmlischen Azur.
Laßt mich dem hohen Ruf gehorchen,
Der noch aus jeder Blüte sprach,
Aus Lerchenlied am Pfingstenmorgen
Der Sonne nach: – O wie ihr Walten
Den dunklen Himmelsdom durchbricht,
Ein neues Leben zu entfalten
Im Schöpfungswort: es werde Licht!
Und grüßt den heil’gen Pfingstentag,
Der neues Licht und Leben bringet,
Und alles drängt der Sonne nach.
Ihr strebt die Lerche froh entgegen,
Zu ihr mit kühnen Flügelschlägen
Steigt stolz empor der junge Aar.
Drängt alles zu dem Licht hervor,
Klingt auch der Ruf: Empor! empor!
So wird des Geistes Ruf vernommen,
Der alle Wesen aufwärts zieht,
Er ist auch mir, auch mir gekommen,
Empor mein Sinnen und mein Denken,
Der Sonne nach, dem Lichte zu!
Und will die Erde dich beschränken
So wage höh’ren Flug auch du!
Aus dem die Gottheit zu dir sprach:
Der Menschheit Heil wird nur gewonnen,
Strebt sie empor – der Sonne nach!