Zum Inhalt springen

Der ungerathene Sohn

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Ernst Deecke
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der ungerathene Sohn
Untertitel:
aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 111–112
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Lübeck
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[111]
59. Der ungerathene Sohn.

1342. In diesem Jahr ist ein vornehmer reicher Bürger zu Lübeck gestorben, und hat nur einen einzigen ungerathenen Sohn verlassen. Zuvor aber ehe der Vater verstorben, hat er den Sohn aufs höchste ermahnt, er möchte ihm ein sonderlich Begehren nicht abschlagen. Der Sohn gelobet es ihm mit einem hohen Eide. Da spricht der Vater also: „Lieber Sohn! ich habe schon lange Jahre her mit Schmerzen angesehn, wie unnütz und jämmerlich Du mein Schweiß und Blut verschwendest, sonderlich mit solchen Leuten, die Dir in künftiger Noth und höchster Armut nicht einen Trunk Wassers geben werden. Weil Du aber meine väterliche Ermahnung in den Wind geschlagen, so wirst Du nach meinem Tode, gleich wie Du bisher gethan, Alles herdurchbringen. Und wenn Du alsdann bei Deinen Freunden in Armut das trockne Brot auch nicht wirst bekommen können, so wirst Du in Mißmuth und Zweifel gerathen, daß Du selber nicht wirst schließen mögen, welchen Tod Du Dir anthun wollest. Alsdann soll dieß mein treuer Rath und letzter Wille sein, den Du ja wohl in Acht nehmen und nicht vergessen wollest: daß Du in solcher Mißmüthigkeit hinunter in den gewölbten Keller gehest und Dich an den großen [112] eingemauerten eisernen Ring erhenkest.“ Der Sohn spricht ja, und verlachet nichtsdestoweniger des Vaters Befehl: bis endlich, da Alles aufgeschlemmt war, es also kömmt, wie ihm der Vater zuvor gesagt. Da er allbereits in höchster Noth, und sich des Hungers halber nicht länger erhalten können, geht er hinunter ins Gewölbe, wie ihm der Vater befohlen, setzt einen Stuhl gleich unter den eisernen Ring, und als er den Strick drein befestiget, thut er den um den Hals und springt vom Stuhl herunter. Da bricht der Ring, der denn sonderlich dazu gemacht war, und stürzen etliche tausend Gulden heraus, dem mißmüthigen Sohn über seinen Leib. Davon wird er höchlich getröstet; und als er in sich geschlagen und sein voriges unbesonnenes Leben beherzigt, ist er nachmals ein feiner Mann wieder geworden.