Der nächste Nachbar der Sonne
„Schreiber des Weltalls! – Träger des höchsten Scepters, der die Legionen des Himmels überwacht! – Ordner der Natur, der die Zeit zählt und dem Aufgange der Gestirne zur rechten Stunde ihren Niedergang folgen läßt! – Deuter der himmlischen Geheimnisse! – Höchste Einsicht! – Prophet!“ So und in ähnlichen Wendungen pflegten die ältesten Sternkundigen, die Chaldäer, in ihren neuentzifferten schwungvollen astronomischen Hymnen den Planeten Mercur anzureden, eben weil er ihnen als der Nächste am Throne der strahlenden Königs des Weltalls, als der Vertraute ihrer Geheimnisse und Hausminister erschien. In der Klarheit des südlichen Firmaments geht Mercur, wie ein pünktlicher Oberceremonienmeister, alltäglich entweder dem Triumphwagen der Sonne voraus oder er folgt ihr, stets in ihrer unmittelbaren Nähe weilend, auf dem Fuße, gleichsam ihre Purpurschleppe tragend, wenn sie in den Ocean hinabsteigt. Man betete ihn daher in zweierlei Gestalt als Nabu und Nusku an, wie wir die Venus als Morgen- und Abendstern, als Lucifer und Hesperus feiern. Das assyrische Amt des Vertrauten und Geheimsecretärs der Sonne erklärt zugleich, warum Aegypter und Griechen ihren Mercur (Thoth und Hermes) zum Erfinder der Schrift und zum Hüter und Hort der geheimen Wissenschaften erhoben haben.
Weiter nördlich oder südlich von den Wendekreisen wird ein derartiger Mercur-Dienst nahezu unverständlich. Die nur kurze Dauer seiner Sichtbarkeit in den Dämmerungsstunden, die um diese Zeit in unseren Breiten herrschende Helligkeit, und die vorwiegende Trübung der tieferen Luftschichten erklären es hinlänglich, daß sich bei uns die Wenigsten der persönlichen Bekanntschaft des nunmehr abgedankten „Ministers des Innern“ erfreuen, und dieselben Mißverhältnisse müssen in noch höherem Grade auch den Astronomen zur Entschuldigung dienen, wenn diese einen noch näheren und wirklichen „Geheimrath der Sonne“ bis vor wenigen Wochen ganz übersehen haben.
Seit mehr als dreißig Jahren von der rechnenden Astronomie verkündet, wahrscheinlich auch bereits zu wiederholten Malen bei seinen Vorübergängen vor der Sonnenscheibe beobachtet, ist dieser innerste Planet immer wieder in seiner Existenz angezweifelt worden, bis er nunmehr in der letzten nur in Amerika sichtbaren Sonnenfinsterniß vom 29. Juli dieses Jahres, während ihrer kaum drei Minuten dauernden Totalität, deutlich von dem Astronomen J. Watson aus Ann Arbor (Michigan) und Professor Lewis Swift als Stern vierter bis fünfter Größe, einige Grade von der Sonne entfernt, erblickt worden ist. Werfen wir zunächst einen Blick auf die dem menschlichen Selbstgefühl höchst wohlthuende Vorgeschichte dieser Entdeckung, die unmittelbar an die höchsten Triumphe des menschlichen Scharfsinns anknüpft. Es sind dies Geschichten, die man, gegenüber den neueren Angriffen auf das Erkenntnißvermögen des Menschen, nicht oft genug erzählen kann.
Vierzig Jahre, nachdem Herschel (im Jahre 1781) den Planeten Uranus, als einen dem unbewaffneten Auge entgehenden Stern sechster Größe, entdeckt hatte, fand der Astronom Bouvard, daß die Bahn dieses äußersten Planeten Unregelmäßigkeiten aufweist, die sich keineswegs durch die von der Anziehungskraft seiner inneren Nachbarn Saturn und Jupiter verursachten Störungen erklären ließen, und vermuthete schon damals (1821), daß noch weit jenseits der Uranusbahn ein mächtiger Planet um die Sonne kreisen müsse, um den Uranus so weit von seinen rechtmäßigen Bahnelementen abzulenken, wie es offenbar der Fall war. Spätere Rechnungen des englischen Astronomen Airy erhoben diese Vermuthungen zu noch größerer Wahrscheinlichkeit, und in den vierziger Jahren nahmen gleichzeitig und ohne von einander zu wissen, Leverrier in Paris und Adams in Cambridge die Aufgabe in Angriff, aus den beobachteten Störungen sowohl die Masse, wie den Ort zu berechnen, an welchem der Störenfried zu einer bestimmten Zeit am Himmel zu finden sein müßte.
Leverrier veröffentlichte seine Arbeit etwas früher als Adams, was ihm dieser sehr übel genommen hat, und der Berliner Astronom Galle, dem Leverrier am 23. September 1846 seine Rechnungen mit der Bitte, die lange verzögerte Aufsuchung vorzunehmen, zugesandt hatte, fand noch an demselben Abend, als er das Fernrohr nach der berechneten Gegend des Weltalls gerichtet hatte, einen Stern achter Größe, der sich als der gesuchte äußerste Wandelstern unseres Systems erwies. Mit Recht lehnte Leverrier den Vorschlag ab, ihm den Namen Janus zu geben, welcher andeuten sollte, daß dieses nun der letzte Planet sein müßte, und legte ihm wegen seines meergrünen Lichtes den Namen Neptun bei. Er braucht, nebenher bemerkt, mehr als 217 Erdenjahre, um einen einzigen Umlauf um die Sonne zu vollenden, von der er 744 Millionen Meilen entfernt ist. So waren nun jenseits der den Alten bekannten großen Planeten zwei neue entdeckt worden, abgesehen von der inzwischen bereits ziemlich angewachsenen Schaar kleiner Planeten oder Planetoiden, die zwischen den Mars- und Jupiterbahnen um die Sonne kreisen.
Da man nun aber aus mehr als einem Grunde außerhalb der Neptunbahn vorläufig das Planetenentdecken aufstecken mußte, so richtete sich gleich damals das Bestreben der Astronomen darauf, dem neuen äußersten Planeten einen neuen innersten gegenüber zu stellen, und schon im Jahre 1847 bemühte sich der jüngere Bradley mit seinem Freunde Henrick in Newhaven (Connecticut), den Mercur seines viertausendjährigen Amtes als Sonnenminister des Inneren zu ersetzen, ein Unternehmen, welches aber aus den schon erörterten Gründen nicht so leicht war und völlig fehlschlug. Man sieht daraus jedoch, daß die amerikanischen Astronomen gewisse alte Anrechte auf diese Entdeckung haben. Eine bestimmtere Gestalt gewannen diese Angriffe erst, als der Neptun-Bezwinger selber, der im Rechnen den Meisten „über“ gewesen zu sein scheint, die Sache in die Hand nahm. Er verfolgte seinen gewöhnlichen sicheren Weg, indem er zu prüfen begann, ob die Straße des Mercur vielleicht ebenfalls durch eine unbekannte Größe „unsicher“ gemacht werde, die sich zur Abwechselung, statt im Dunkel der Nacht, in den Strahlen der Sonne verberge.
Das beste Mittel zu einer solchen Prüfung boten die Mercur-Durchgänge, bei denen der in achtundachtzig Tagen seinen Umlauf vollendende Planet als höchst winziger schwarzer Punkt vor der Sonnenscheibe vorüberzieht, was im Laufe eines Jahrhunderts durchschnittlich dreizehnmal zu geschehen pflegt. Der große Kepler hatte zuerst im Jahre 1631 einen solche Mercur-Durchgang verkündet, und seit dem Jahre 1697 hatte man einundzwanzig solcher Durchgänge genau beobachtet. Aus den hierbei gewonnenen Ergebnissen ging zunächst auf das Klarste hervor, daß die Bewegungen des Mercur noch nicht mit der Rechnung genau genug übereinstimmten. Da die Fehlerquelle nicht leicht darin liegen konnte, daß man die Masse der Venus unterschätzt hätte, – denn das hätten wir als nächste Nachbarn anderweitig spüren müssen – so mußte sie wohl bei irgend welchen incognito kreisenden Planeten innerhalb der Mercurs-Bahn gesucht werden. Dabei ergaben sich nun gewisse Unwahrscheinlichkeiten.
Nahm Leverrier nämlich an, daß ein einzelner Planet etwa halb so weit wie der Mercur in seiner mittleren Entfernung, das heißt beinahe vier Millionen Meilen von der Sonne entfernt sei, so mußte seine Masse bereits ebenso groß wie diejenige des Mercur angenommen werden, um die beobachtete Anziehung auszuüben; [643] nahm man, was wahrscheinlicher klang, an, daß er der Sonne noch etwas näher stehe, so mußte er noch größer sein. Nun konnte sich Leverrier kaum vorstellen, daß die Astronomen bei allen seitherigen totalen Sonnenfinsternissen einen so ansehnlichen Planeten regelmäßig übersehen haben sollten, und er neigte daher zu der Annahme, es möge sich nicht um einen einzelnen großen Planeten, sondern um mehrere, vielleicht viel kleinere Planeten in jenem inneren Raume handeln, die bei ihrer Kleinheit leichter zu übersehen wären, aber in ihrer Zusammenwirkung die vorhandene Störung ebensowohl hervorbringen könnten, wie ein einzelner größerer.
Kaum hatte Leverrier seine Rechnungen (September 1859) der Pariser Akademie der Wissenschaften vorgelegt, als sich auch schon mehrere Beobachter meldeten, die den fraglichen Planeten bereits gesehen haben wollten. Insbesondere sprach man davon, daß ein in einer kleinen, unweit Chateaudun belegenen Landstadt, Orgères, wohnhafter Arzt, Namens Lescarbault, einen Durchgang des betreffenden Planeten am 26. März 1859 genau beobachtet haben wolle. Leverrier legte anfangs kein Gewicht auf diese bei ähnlichen Gelegenheiten regelmäßig auftretenden Bewerbungen, aber schließlich wurden die Angaben so bestimmt, daß der große Astronom „ein Exempel zu statuiren“ beschloß und zu strengem Verhör nebst Haussuchung am 30. December 1859 bei dem kecken Planetenentdecker eintraf.
Sehr humoristische Beschreibungen dieses Besuches drangen damals in die Oeffentlichkeit. Der Director der kaiserlichen Sternwarte, entschlossen, dem Gerede ein Ende zu machen und einen Betrüger zu entlarven, sei, so erzählte man, wie ein Löwe über das unschuldige Lamm hergefallen, welches er einer derartigen Beobachtung für schlechterdings unfähig hielt, aber das Lamm, welches einsah, daß es bei der ersten ungeschickten Bewegung verloren wäre, antwortete herzhaft auf alle vorgelegten Fragen und gelangte dahin, den großen Astronomen zu überzeugen, daß es nicht nur im Stande sei, mit seinen einfachen Instrumenten eine solche genaue Beobachtung zu machen, sondern dieselbe auch wirklich gemacht habe. Leider hatte er den winzigen schwarzen Punkt nicht gleich in dem Augenblicke bemerkt, wo er den Rand der Sonnenscheibe zuerst passirt hatte, und obendrein hatte ihn während des Vorübergangs ein Patient consultirt, aber das Verlassen des Sonnenrandes hatte er genau beobachtet und auch die Sehne des Bogens der Sonnenscheibe, welche der Planet durchlaufen hatte, bestimmt. Leverrier legte die Ergebnisse dieser Beobachtung der Pariser Akademie der Wissenschaften in einer ihrer ersten Sitzungen im folgenden Jahre vor; er hatte daraus einen Planeten abgeleitet, der sich in einer Entfernung von etwa drei Millionen Meilen und in einem Zeitraume von neunzehn und dreiviertel Tagen um die Sonne bewege. Die allgemeine Stimme legte dem nicht officiell Getauften den Namen Vulcan bei, einerseits, weil er wie der Gott des Feuers unmittelbar um den Gluthherd unserer Welt kreist, dann aber auch im ausgesprochenen Gegensatze zu der Gottheit der Gewässer, die bei dem äußersten Planeten Pathe gestanden. Indessen glückte eine Wiederauffindung nicht, wahrscheinlich weil die auf so ungewissen Bahnelementen begründete Rechnung falsch gewesen war, und der Planet Vulcan gerieth in Vergessenheit und Mißcredit.
In der Zwischenzeit hatte ein Schüler Leverrier’s, der Züricher Astronom Professor R. Wolf, auf einem andern Wege neue Zeugnisse für das Vorhandensein eines oder mehrerer innersten Planeten gewonnen. Da dieselben nämlich offenbar wegen ihrer engern Bahn und kürzern Umlaufszeit den irdischen Astronomen viel häufiger das Schauspiel eines Durchgangs bieten müßten, als Mercur und Venus, so war es bei dem Eifer, mit welchem die Sonnenscheibe in unserm Jahrhundert von vielen Beobachtern gemustert wird, unwahrscheinlich, daß etwa vorhandene innere Planeten nicht auch öfter gesehen worden sein sollten. Er sah also die vorhandenen Aufzeichnungen über kleine Sonnenflecke durch, von welchen beobachtet worden war, daß sie schneller als die übrigen über die Sonnenscheibe dahinziehen. Die eigentlichen Sonnenflecke, welche man für Wolken oder andere Oberflächenbildungen der Sonnenhülle ansieht, brauchen von ihrem ersten Auftauchen an dem einen Rande der Sonne bis zum Erreichen des andern, wenn sie sich so lange erhalten, gewöhnlich die Zeit einer halben Sonnenumdrehung, also gegen dreizehn Tage, während ein Planet, selbst wenn er den weitesten Weg durch das Centrum der Scheibe nimmt, dazu nur den vierzigsten oder fünfzigsten Theil dieser Zeit gebraucht. Wirklich fand nun auch Professor Wolf Angaben über fünfzehn derartige kleine und durch ihre Bewegungsschnelligkeit verdächtige Flecken, von denen sich mehrere auf einen kleinen Planeten von achtunddreißig und einen halben Tag Umlaufszeit beziehen ließen.
Eine erste Probe der neuen Mercur-Theorie, die sich auf die Annahme eines oder mehrerer innerster Planeten stützte, lieferte bereits der nächste Mercur-Durchgang (12. November 1861). Er folgte ziemlich genau der neuen Rechnung, die von der älteren um mehr als drei Minuten abwich. Auch die Beobachtung des letzten Mercur-Durchgangs (6. Mai 1878) ergab Stützpunkte für die Richtigkeit der ersteren. Ein Vergleich der Bestimmungen der Zeitpunkte, in denen der Mercur die Ränder der Sonnenscheibe berührte, mit den Angaben der amerikanischen und englischen Schiffsalmanache ergab, daß der englische der Wahrheit viel näher gekommen war. Da nun die Tafeln des amerikanischen Almanachs nach Leverrier’s alter Theorie der Mercurs-Bahn berechnet sind, die des englischen aber nach seiner den innersten Planeten berücksichtigenden neueren Theorie, so bewies auch dadurch der noch immer incognito seinen Weg fortsetzende innerste Planet seine Gegenwart.
In der That hat Leverrier bis zu seinem am September 1877 erfolgten Tode nicht aufgehört, die Astronomen zur Aufsuchung des zweiten, von ihm durch Rechnung gefundenen Planeten anzuspornen, und noch ein kurz vor seinem Tode an Airy gerichteter Brief behandelte diese Frage. So hatte er auch den nunmehrigen Entdecker J. Watson persönlich dazu aufgefordert, als dieser ihn vor viertehalb Jahren in Paris auf der Rückreise von Peking besucht hatte, wohin er im Auftrage seiner Regierung zur Beobachtung des letzten Venus-Durchgangs gegangen war. Watson hatte sich durch die Auffindung einer großen, nachher bis auf fünfzehn Häupter angewachsenen Reihe jener kleinen Planetoiden ausgezeichnet, die zwischen Mars und Jupiter kreisen und von vielen Astronomen für die Bruchstücke eines durch eine Katastrophe in Trümmer gegangenen großen Planeten gehalten werden. Der Entdecker zahlreicher, so winziger Objecte schien Leverrier der rechte Mann zu sein, den oder die innersten, möglicher Weise nicht größeren Planeten aufzufinden, die er mit seinem geistigen Auge erschaut hatte. Ebenso, wie ehemals Monate vergangen waren, ohne daß Jemand an die Aufsuchung des Neptun ging, dessen Ort er genau bezeichnet hatte, so waren Jahrzehnte vergangen, bevor man sich ernsthaft an die Entdeckung der innersten Planeten machte, und ein neidisches Schicksal versagte Leverrier diesen zweiten Triumph seiner Rechnungen zu erleben.
Watson kehrte mit dem Entschlusse heim, der erhaltenen Aufforderung Folge zu leisten, und Leverrier’s in frischem Andenken stehender Tod mag ein Motiv mehr gewesen sein, die Ausführung seines Vermächtnisses als heilige Pflicht zu betrachten. Natürlich ist eine totale Sonnenfinsterniß die einzige günstige Gelegenheit, noch näher als der Mercur um die Sonne kreisende Weltkörper zu entdecken, und so hatte man sich denn in Amerika mit Eifer dazu gerüstet und besondere, sehr genaue Sternkarten der der Sonne in jenen Minuten als Hintergrund dienenden Region des Sternhimmels zum Vergleiche entworfen.
Die kleinsten Sterne waren daselbst eingetragen, um jeden dort nicht stationirten Wanderer sogleich erkennen und in Haft nehmen zu können. Besonders günstig war die Gelegenheit nicht zu nennen, denn die vollständige Verfinsterung währte noch nicht einmal drei Minuten, und in der That haben nur wenige von den über verschiedene Stationen Nordamerikas zerstreuten Beobachtern den inneren Planeten gesehen. Vielleicht wäre er wiederum gar nicht gesehen worden, wenn der Sonnenrand auch diesmal ebenso prachtvolle Lichtphänomene wie bei den letzten totalen Verfinsterungen dargeboten hätte. Aber während sich damals Ausbrüche und Eruptionen glühender oder brennender Dämpfe bis zur Höhe von zwanzigtausend Meilen erhoben, zeigten sich diesmal nur geringe Hervorhebungen über den Sonnenrand; in der gewaltigen Thätigkeit der Verbrennungsprocesse scheint eine wahrscheinlich mit der elfjährigen Periode der Sonnenflecke im Zusammenhange stehende Ruhepause eingetreten zu sein. Die Aufmerksamkeit der Professoren Watson, Newcomb, Holder und Anderer, die sich zur speciellen Aufgabe gesetzt hatten, den Vulcan aufzufinden, wurde also nicht allzusehr durch glänzende Erscheinungen von ihrem [644] Endzweck abgelenkt, und Professor Watson, der auf einer Station in Wyoming beobachtete, sah deutlich zwei Grade südwestlich von der Sonnenscheibe einen Stern vierter Größe, der dicht bei einem noch lichtschwächeren, aber auf den Karten verzeichneten Sterne im Thierkreisbilde des Krebses stand, und der, weil nie vorher beobachtet, nur der gesuchte Planet sein konnte. In der That erschien er im Fernrohre mit einem deutlichen Durchmesser, wie dies nur bei Planeten (und Kometen) der Fall ist, während die Fixsterne auch im stark vergrößerten Fernrohre Punkte bleiben. Er besaß übrigens nur eine Helligkeit, um in anderer Gegend des Nachthimmels einem guten Auge gerade noch ohne Fernrohr gut erkennbar zu sein, aber aus seiner Stellung geht hervor, daß er zur Zeit nur einen Theil des auf ihn fallenden Sonnenlichtes uns zuwarf. Die zwischen uns und der Sonne stehenden Planeten zeigen bekanntlich Phasen wie der Mond, das heißt der Planet erscheint bald voll, bald nur zu einem Theile beleuchtet, und Watson nimmt an, daß der neu entdeckte Planet gelegentlich wohl als Stern erster Größe erscheinen könnte. Der Director des Pariser Observatoriums Gaillot, welcher lange Jahre Leverrier in seinen Rechnungen unterstützt hat, findet, wie er soeben veröffentlicht, daß Watson’s Planet, dessen scheinbarer Durchmesser mit dem des Mercur ziemlich übereinstimmte, ganz wohl der sogenannte Vulcan Lescarbault’s sein könnte und dann bei einer Umlaufszeit von 24 Tagen und 6 Stunden ungefähr dieselbe Masse wie der Mercur besitzen möchte. Ob diese Annahme richtig ist, und ob er den einzigen Beherrscher dieser Sphäre darstellt, muß die Zukunft entscheiden. Vielleicht wird man ihn dereinst, wenn man erst seine Bahn genauer kennt, ebensowohl am hellen Mittag beobachten können, wie den Mercur, von dem Copernicus noch auf seinem Todtenbette bedauert haben soll, daß er ihn nie habe sehen können. Dann wird man wohl auch seine näheren Verhältnisse kennen lernen, von denen man vorläufig nicht viel mehr weiß, als daß ihm die Sonnenstrahlen noch stärker einheizen werden, als dem Mercur, dessen etwaige Bewohner bereits zur Classe der Salamander-Menschen gerechnet worden sind.