Der leukadische Fels – Teil 1
Lidia.
Xenokrates, ihr Vater.
Irene, ihre Freundin.
Diagoras.
Heliodorus, Bräutigam der Lidia.
Ein Priester des Apoll.
Ein Diener des Tempels.
Die Scene ist in Athen im ersten Akt; im zweyten in einem Hain des Apoll, unweit des Leukadischen Vorgebirges.
Ein großer Saal, mit einer Statue der Venus geschmükt. Ein Chor griechischer Mädchen, die sie mit Blumengeflechten umwinden.
Xenokrates, Diagoras, Lidia, Irene, mehrere Freunde des Hauses.
Chor der Mädchen, die in verschiednen Gruppen um die Statue stehen.
Blick aus deinen goldnen Wolken,
Hohe Himmelskönigin,
Schöpferin der Lieb’ und Freude
Aller Wesen Anbeginn!
Wölbtest du das weite Rund!
Alle wilden Kräfte klangen
In der Schönheit ew’gen Bund.
Sterne blühten dir im Aether,
Zu des Lebens reger Flamme
Fachtest du den Erdkreis an.
Alle Geister, alle Herzen
Blühn in deiner heil’gen Gluth –
Du des Kriegers Heldenmuth.
Deiner Flamm’ entschwingt die Fackel
Reinren Lichts, der Genius –
Hoher Dichtung ew’ge Blumen
Sende deine schönsten Gaben
Göttin für ein liebend Paar,
Treuer Freundschaft heiße Wünsche
Bringen wir dir flehend dar!
Xenokrates.
den Kelch der Freuden überschäumend dar,
eh’ noch der Tod die starren Lippen schließt! –
Durch dich, mein theures Kind, lohn’ ich den Freund,
dem ich das Leben, das ich athme, danke,
das treuste Zeichen meines vollen Herzens.
Es winde deine Liebe sich um ihn,
gleich wie der Epheu den bejahrten Stamm
mit frischem neuen Leben zart umschlingt.
Lidia.
Allein –
Xenokrates.
Viel giebt dem edlen Mann ein Herz
wo zarter Sinn, und sanfte Stille wohnt,
wenn unmild ihn des Lebens Sturm gewiegt.
und kennt den Mann, den ich zum Sohn erwählt!
Auf jenem Zug, der ewig unserm Volk
des Ruhmes Kronen unverwelklich flicht,
wo der Barbaren leztes Heer besiegt
da lag ich schwer verwundet im Gewühl
der Schlacht – getrennet von den Meinen fleht’
ich nur um freien Tod die Götter an.
Noch führt der halb erstarrte Arm das Schwerdt,
mein brechend Auge Heliodor erblikte,
der gleich den Löwen durch die Feinde dringt,
und mit den Seinen mich umschließt. Es schwillt,
gleich Wogen hoch vom Sturm gethürmt, das Heer
die wilde Menge sie zurück, als Heliodor
mit hohem Haupt und Feuerblicken auf
sie schaut’, und rief – „was ist dem freien Mann
ein Leben das er nur der Flucht verdankt,
Für immer lasset unsern Nahmen heut
dem wilden Volke kund, ehrwürdig werden;
er schwebe als ein Schreckenbild um sie
wenn böser Rath sich unter ihnen regt,
für längres Leben ist, dahin zu schwinden
in Spuren die der Nachwelt leuchten!“ Muth
erglimmt in jeder Brust, und wüthender
beginnt der Kampf. Wie vor dem Kriegesgott
ist sein. Dem edlen Freund und Retter schwur,
ich auf Plateens blutigem Gefilde,
der Freundschaft Treu’ und ew’ge Dankbarkeit.
Einer der Freunde
Ein edler Mann und deines Hauses werth!
Dir holdes Kind zu solchem schönen Loos.
Ein Andrer.
Und ihm zur lieblich holden Braut. Fürwahr
ein dreyfach schöner Lohn der Tapferkeit.
Noch ein Andrer.
Das Schicksal reicht der schönsten Gaben Fülle
Diagoras.
Was euch ein Glück nur scheinen mag, umschwebe
euch unzertrennlich auf des Lebens Pfad.
(Lidia dankt schweigend, und mischt sich schüchtern unter die Mädchen)
Xenokrates.
Leb wohl, mein Kind – wir seh’n, ob wir vielleicht
ein Schiff am fernen Horizont erblicken,
und kehren dann mit froher Bothschaft wieder. –
(Das Chor wiederholt die lezte Strophe, während die Männer abgehen, Diagoras geht langsam zulezt, nach einem Blick auf Lidia, welche ihm lang nachsieht, dann sich schnell gegen ihre Freundinnen kehrt).
Ihr Theuren fühlet meinen stillen Dank,
den Antheil den ihr liebend an mir nehmt;
ich hoff ihn euch dereinst zurückzugeben
empfangt –
Ein Mädchen des Chores.
Nur uns gebührt der Dank, das Glück
geliebter Freunde liebend mit empfinden
ist unsres Herzens süssester Genus.
(gehen ab.)
Irene. Lidia.
Irene.
scheint sich dein Geist die Zukunft aufzulösen.
Ach es ist nicht der Liebe süsser Traum
der deine Seel umhüllt! sie sieht nur Licht,
kein Zweifel trübet ihren reinen Strahl.
Lidia.
Mir scheint, zu schweigen sey für beide besser.
Irene.
Vergieb mein ungestümes Dringen, oft
empfand ichs schon, wie es zur Wohlthat wird
dem wunden Herzen sein Geheimnis zu
durch Worte unserm Sinn sich fester, mild
und freundlich lößt der tief’re sich durch sie.
O sprich, besänftige mein zweiflend Herz!
Lidia.
Ja es besiegt dein edler Gram um mich
So dulde dann mit mir! Erleichterung
blüht nicht für mich an dieses Lebens Ufern –
Aus Lethe’s Wellen schöpft’ ich sie allein –
und ewig flieh ich die Vergessenheit.
Irene.
giebt unserm Wesen die Verworrenheit,
daß wir aus einem Gegenstande Freud
und Kummer schöpfen. O ich fasse nun
das traurige Geheimnis! Deine Lippen –
dein Herz –
Lidia.
Es findet da den Tod. Mit Recht
wohl nenn ichs sterben, von der Hofnung scheiden,
dem einz’gen Mann zu leben, den mein Herz
täuscht öfters unsern Schmerz, als nähre sich
die Lieb’ an des Geliebten hohem Bild,
als sey für Herzen keine Trennung möglich,
doch bald zerrinnt die leichte Luftgestalt.
so bald zurück, er schmiegt der Sinnenwelt
mit traurig süßem Schauer neu sich an,
wir fühlen, alles ist die Gegenwart
für Herzen, die sich heiß und innig lieben –
Irene.
erträgt sein Herz der Trennung hartes Loos?
Lidia.
Er kennt sie nicht, und soll sie niemals kennen!
O ein geheimes wundervolles Band
verknüpft mein Wesen mit dem theuren Mann.
der Zärtlichkeit hat es gewebt. Er ist
mir alles – ach was ich ihm bin, das schwankt
mir wandlend vor der Seele! Heilig ist
die Gluth, die so mein Wesen zu ihm zieht,
des hohen milden Geistes Harmonie
in holden Worten seiner Lipp’ enttönend –
in ihr zerfloß ich, gieng in ihm verlohren,
und ach sein Wesen ist darum nichts mehr!
Irene.
du nie Betrug, er sey auch fromm verstehest.
Ja seine Kälte war’s, sie konnte sicher,
aus seiner Brust nicht kommen. Unbelohnt
blüht Liebe nicht in dieser üpp’gen Fülle,
Ihr zarter Saamen brauchet zum Gedeih’n
der Gegenliebe Sonnengluth –
Lidia.
Es gab
der Augenblicke wohl voll süßer Träume,
Geweb’ in meiner Seel’ entstehn – doch bald
entfloh der hochgestimmte Sinn, und kalt
empfand ich, was mir Liebedeutend schien.
Irene.
Begreifst du was ein Mann vermag? es ist
den Lebensnachen leis’ umweht – ihn treibt
des Ruhmes Ruder rasch und ewig fort.
Die Flamme, die sein Wesen sanft erhellte,
trägt er ins wilde bunte Spiel der Welt,
in tausend Gegenständen die Gedanken,
verknüpfen, ordnen, scheiden; selten nur
blikt er in sich und seines Herzens Tiefe,
wo alle Schätze zarter Liebe ruhn.
hält Liebe der Getrennten treu und fest.
Den engen Zirkel unsres Daseins füllt,
erwärmet unsres Herzens stilles Feuer,
in alles legten wir sein Bild, und allem
hält treuer Sinn die liebliche Gestalt.
Tönt unser Geist voll Sehnsucht in die Ferne?
Umsonst der zarten Saite Ton berührt
den starken angespannten Sinn nicht mehr.
Lidia.
Ja oft, oft scheint es so, und doch wie macht
in unsrer Armuth die Natur uns reich!
Der Welt gehört der Mann, dem Mann das Weib,
und sind wir arm, weil wir am meisten lieben?
nicht höher, tausendfält’ges Sein? im Strahl
des edlen Geistes neu die eigne Seel’
erkennen, in der Kraft der regen Brust
des Vielgeliebten, was da ist, mit Lieb’
es schwanket unser enges Wesen nur
aus seinen Grenzen, fließet bebend aus
ins unermeßne Lebensmeer der Liebe.
In seinem Ruhm glänzt unser dunkles Leben,
Welch sanfte Gluth durchwallet unsre Brust,
wenn sie den süßbekannten Laut vernimmt!
Und hat die Welt ein allzu leicht Gewicht
auch nur ein einzig großes Herz zu wägen,
dünkt ihr der kühn gesponn’ne Lebensfaden
ein fehlerhaft Gewebe – dann die Kraft
des heilgen Herzens Kraft im innersten
zu schaun, durch Glauben, Anbetung zu nähren,
nicht höhres Sein, nicht ew’ge Lebensfülle?
Irene.
Und können Götter solche Liebe trennen?
O laß mich ihm dein heilig glühend Herz
enthülln – daß euer starkvereinter Sinn
Lidia.
O wozu
den Theuren klar und schmerzlich fühlen lassen
daß sich ein liebend Herz um ihn verzehrt?
Die Liebe birgt sich nicht, entströhmt dem Herzen
in unsres Lebens leisester Bewegung.
Er fühlet sich geliebt, und schweigt – so laß
mich dieses Schweigens stumme Warnung ehren,
als seines innren Herzens Regel, als
Irene.
Es schmiegt sich allzuleicht dem zarten Sinn,
ein stilles Dulden, eh’ der Muth versuchte.
Lidia.
Des Lebens reinstes Glück bleibt unerreicht
durch Müh’, es reißt die schwache Menschenhand
des ew’gen Himmels, um der Sterne Licht
zu schaun – ihr funklend Auge blikt so frey –
wir lenken sie so wenig, als das Glück.
Irene.
Oft wagt der Freundschaft fester stiller Blick,
auch Wolken zwischen beßre Seelen oft.
Im engen Kreis des eig’nen Vortheils gehn
Gemeinere einher, ein g’rader Sinn
mißt diesen leicht für einen jeden zu.
verstrikt die Seele sich oft wunderbar,
und tausendfarbig spielt die Lieb’ ins Leben.
Verknüpfet mit Gedanken strenger Pflicht
erwählt sie einen edlen Tod, und blüht’
Dir ist Diagoras geneigt, es nannte
mein Herz bey deinen ersten Worten ihn.
Vor allem Männern ist er liebenswürdig:
Es mußt’ ihn stark dein weiches Herz ergreifen
im freien Umgang allen Reiz enthüllte,
der um sein ganzes Wesen lieblich blüht.
Ich ahnd’ auch, er umschlingt dich mit Verlangen,
und ehrt nur die versprochne Braut. O wie
glückwünschend sich zum Vater drängten, er
der erste sonst zum Mitempfinden – kalt
und ferne blieb, aus der gepreßten Brust
kein Wort zu athmen wagte! Liebe nur
dies Räthsel, alles ist ihr des Geliebten Glück,
doch nur von ihrer Hand soll ers empfangen.
Wie seh ich’ klar, was euch so dämmernd scheint!
des Vaters ernst gegeb’nes Wort wird leicht
so edel als der Ruf ihn nennt. Vielleicht
beut Liebe dir, als holder Jugendbaum
der Jahre kaltem Schatten neu entschwebend,
die ehr’ne Heldenbrust geöfnet dar,
des Vaters. Leicht bewegt der Kinder Herz
wenn es in aller Fülle des Vertrau’ns
sich öfnet, edler Eltern Willen – zieht
die Wagschal’ lang geprüfter Klugheit auf.
Lidia.
durch deinen treuen Sinn. Doch fürcht’ ich, mir
quillt aus der Hoffnung reinen Lebensborn
nur neuer läng’rer Schmerz.
Irene.
Verworren ist
Lidia.
Es löst
sich alles in der dunklen Wolke, wo
es selbst zerfließt –
Irene.
Sie schwebe fern
Lidia.
O, gönne mir die Ruh,
die aus des Orkus ew’ger Dunkelheit
so friedlich winkt! und wallen nicht die Schatten
vereint? – Ja unser Herz betrügt sich nicht,
Ein Mädchen.
Es naht Diagoras sich deinen Zimmern.
Lidia.
In dieser Stunde? – Ew’ge Göttin, da
die sanft bescheiden durch die Nächte glänzt,
O heilge Jungfrau, gieb mir stille Sitte!
umhüllt den Blick – gebietet meinen Worten!
Lidia, Diagoras, Irene.
Lidia.
Sei mir gegrüßt, mein theurer Freund. Du kommst
im Reisekleid? für uns ein schlimmes Zeichen –
Diagoras.
(unruhig und ungleich durch die ganze Scene, bald ernst und gehalten, bald warm und hingegeben).
Ja wirklich komm’ ich deinen Seegen mir
Der lezte Wunsch von Freundes Lippen streut
der Freude Blumen auf des Wandrer’s Pfad.
Es hält ihn sanft der fernen Lieben Hand.
im Ungemach – Laß mich zum leztenmal
das den Entfernten ewig nah’ Dir hält.
Lidia.
Ach Worte faßten nie ein volles Herz!
wie kann mein ganzes Leben Dir nicht zeigen
wie über alles werth – wie sehr –
(mit bebender Stimme.
Diagoras.
(nach langem Schweigen, wie aus Träumen erwachend)
Nicht Thränen sollte dieser Tag Dir bringen –
Wenn unsrer eig’nen Brust die Lebenskraft
versagt, dann ists oft gut, dem weiten Meer
der Welt sich hinzugeben – wo die Fluth
vom ewig regen Busen der Natur
der stets in neuen Formen wechselnd schwillt,
auch unser Herz ein neues Glück ergreift.
Und so – so ists mit mir. Verlangend strebt
die träumend mich in hohen Bildern oft
begrüßt. Aus unermeßnen tiefen Schlünden
von Felsen die sich drohend neigen, aus
der weiten Meeresfläch’, aus dunkler Nacht
Lidia.
Wie schmerzlich sehnend wird mein Sinn dir folgen
Ach selbst vergebens wird die Fantasie
mit ihren Zauberschlingen dich umwinden,
nicht irgendwo vertraulich bey dir weilen –
in der sich wilde Ungeheuer zeugen.
Gefahren tausendfacher Art seh’ ich
dir dräun –
Diagoras.
Du liebe sanfte Seele! wie
getragen werden –
Lidia.
Theurer Mann, von dir
empfieng ich, was das Leben nur verschönt!
Du lehrtest meinen Geist die Schwingen regen
und auf der Dichtung goldnen Wolken, sanft
ins höh’re rein’re Daseyn überfließen.
Mit deinen Scheiden flieht mein beßres Leben,
doch ewig bleibt mein Herz voll Dank.
Diagoras.
ich gab! – Aus deiner Seele reinem Spiegel
empfieng ich alles schöner wieder – Laßt
mir die Erinnrung jener goldnen Zeit
ihr Götter, und kein schönres Glück umschwebe
als dieser holde Traum – Doch andres führt
des Schicksals ew’ger Strohm herbey – es drängen
zur Gegenwart sich immer neue Wellen,
ergreiffen unser widerstrebend Herz.
in Lust und Schmerz die Seele ewig wiegt –
So scheid’ ich auch – und bleibe Dir vereint –
Lidia.
(naht sich, faßt seine Hand, verbirgt das Gesicht. Diagoras drückt sie an die Brust.)
Leb wohl!
(zur Thüre eilend, Lidia ihm nach.)
Diagoras
(einen schmerzlichen irren Blick nach ihr werfend.)
Leb wohl!
(eilend hinweg.)
Lidia nach einem Sessel wankend, ganz in sich versunken, im Hintergrund des Theaters.
Irene
(für sich.)
der einzig zarten Blüthe leises Wehen
durch ein unzeitig Wort zu stöhren. Voll
und frey selb’ eines aus des andren Brust
den ersten süßen Duft der Liebe athmen.
den Irrthum lösen kann, der sie umhüllt,
weil sie zu zart sich lieben.
Lidia
(starr um sich schauend.)
Weh mir! Ach
ich kenne mich nicht mehr – So ists denn wahr –
Hier stand er (sinkt nieder) theurer Ort! – O, möchte sich
in seines Anschauns leztem Schimmer auch
mein Wesen lösen! hin zum Schatten schwinden
der seinen Schritten folgte –
Irene.
O, könntest du der Hoffnung Ton vernehmen
der an mein Ohr aus stiller Ferne schwebt!
Lidia.
Verlaß mich, Liebste – schmerzlicher nur dringt
der Gram aus deinem holden Blick mir zu –
sie einen Balsamtropfen in das Herz
des Leidenden aus ihrem Lebensmeere.
Nur Göttern bringen Klagen keinen Harm.
Irene.
O, lößten sie den Schmerz in deiner Brust!
dein Schicksal freundlich aufzulösen ist.
(für sich.) Das arme Herz ist jedem Reize todt –
Ich such’ ihn auf, den lieben theuren Mann,
und sprech ihm frey – noch ist er nicht entfernt –
Lidia
(allein.)
die selbst mit heil’ger Hand den Oelbaum pflanzte –
die Menschen bey der Erde Gaben still
und einig wohnen lehrte! Heil’ge, gieb
auch innren Frieden dem Gemüth, daß hold
Mit welcher Lust entfaltete mein Geist
in keimenden Gedanken seine Kraft,
in jenen goldnen Tagen, als zuerst
die Wissenschaft in einem höh’ren Geist
enthüllt, – Ach, des Erkennens süße Freude
wohin ist sie geflohn! Nur todte Schrift
schwebt um den innren Sinn – der Liebe Hauch
erzeugte meinen Geist! Bin ich nicht ganz
Wohl seyd ihr Schwestern hohe Himmlischen
gebohren aus des Vaters Haupt und Herzen,
doch selten geht ihr sonst vereint – Warum?
Warum ergriffet ihr mein Herz so fest
bringt ihr der Seligkeit, und es erliegt
ein sterblich Wesen, wenn ihr beyde scheidet –
Du hoher Phöbus, Gott des goldnen Tag’s
der du die Zukunft wie die Gegenwart
dein ewig heitres Auge blikt mich an.
(Ein heller Sonnenstrahl beleuchtet die Statue der Venus.)
Du trittst aus dichten Wolken, und es senkt
dein goldner Strahl sich auf mein flehend Herz –
Welch Vorgefühl ergreift mich! (sinnend) je bey dir
die um Leukade’s graue Felsen schäumt,
Genesung von der Liebe Schmerzen sucht.
Die Wellen, sagt man, spühlen aus der Brust
die Flammen hold hinweg, und oft verlöscht
einst Sapho Rettung, gieng zur Unterwelt
aus Thetis Schooß – wie gerne folgt’ ich ihr!
O, daß ich wüßte, ob die Sage trügt
die an mein Herz schon in der Kindheit drang? –
Die Ahndung meines Busens sagt mir, Ja!
Laß mich, o Himmlische, nicht irre gehn!