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Der hölzerne Esel

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Ueber die altniederländischen Bilderteppiche in der Königl. Gemäldegalerie Der hölzerne Esel (1893) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896)
Ein Mahnbrief des Rathes zu Dresden an Herzog Heinrich 1517
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Der hölzerne Esel.


Vor der Hauptwache auf dem Neumarkte stand ehemals ein eigenthümlicher Pranger, der „Esel“ genannt. Es war ein hohes vierbeiniges Gestell, das einen Eselskopf trug und dessen Rücken die Form eines spitz zulaufenden Daches hatte. Auf den beiden Canalettoschen Gemälden, die den Neumarkt mit der Frauenkirche und der davor stehenden Hauptwache darstellen, ist dieses Strafinstrument zu sehen. Es war in erster Linie für die Soldaten der Garnison bestimmt, die wegen geringer Vergehen halbe Tage lang auf der sehr scharfen Kante sitzen mußten; wahrscheinlich stammte es aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, wo die Zügellosigkeit der Soldatesca besonders wirksame Disciplinarmittel erforderte. Bald fand man den „Esel“ aber auch für allerhand anderes Volk brauchbar, und es ward Sitte, daß die Herrschaften ihre Bedienten, wenn sie etwas begangen hatten, darauf setzen ließen; jedoch mußten diese rückwärts sitzen, während die Soldaten die Auszeichnung genossen, nach vorn gewendet zu reiten. Frauenzimmer und Kinder wurden nur an den „Esel“ angebunden.

Bereits im Jahre 1659, als die Sicherheit auf den Straßen und in den Wirthshäusern viel zu wünschen übrig ließ, setzte ein kurfürstlicher Erlaß für die Urheber von Zank und Schlägerei in schwereren, aber noch nicht mit Verwundungen verbundenen Fällen die Strafe des „Esels“ mit nachfolgender Wallarbeit fest. Als im 18. Jahrhundert die Gassenjugend übermäßigen Lärm zu verüben sich gewöhnt hatte, machte der Gouverneur 1718 bekannt, er werde die lärmenden Jungen künftig wegfangen und an den „Esel“ binden lassen. Im Jahre 1724 mußte eine liederliche Weibsperson, die einen Soldaten zur Desertion verleitet hatte und mit ihm durchgegangen war, zwei Stunden am „Esel“ stehen, wobei sie einen Strohkranz auf dem Kopfe und einen strohernen Mann mit Soldatenuniform in den Armen trug; mit diesem Strohbräutigam mußte sie auch dem Soldaten beim Spießruthenlaufen vorangehen. Am 20. Januar 1725, also mitten im Winter, wurde ein Bauer, der in der vorhergegangenen Karnevalsnacht wegen Unfugs eingesperrt worden war, in seinem blauen Bauerhabit und spitzen weißen Hut zum Vergnügen des zahlreich versammelten Volks zwei Stunden lang auf den Esel gesetzt.

Auch die Neustädter Hauptwache hatte ihren „Esel“; dort wurde er nach Erbauung des Blockhauses am 20. April 1736 beseitigt, während er in Altstadt erst mit der Zerstörung der Hauptwache bei der Beschießung im Juli 1760 verschwand. An beiden Stellen übrigens stand außer dem „Esel“ noch ein Schandpfahl und ein Galgen. Am Pfahle mußten Unteroffiziere und in Neustadt auch adelige Kadetten, die etwas verbrochen hatten, in bloßen Füßen stehen; am Galgen sah man nicht selten, besonders in den Kriegszeiten unter August dem Starken, rückfällige Deserteure baumeln. Da an der Frauenkirche bis 1715 auch noch das „Narrenhäuschen“ [67] stand, in dem. man Nachtschwärmer und Trunkenbolde zur Schau stellte, so war der Neumarkt damals eigentlich recht reichlich mit Schandmälern versehen.

Dr. O.Richter.