Zum Inhalt springen

Der Wollust Reiz zu widerstreben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Christian Fürchtegott Gellert
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Warnung vor der Wollust
Untertitel: Der Wollust Reiz zu widerstreben
aus: Geistliche Oden und Lieder. S. 51–54
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1757
Verlag: Weidmannische Handlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Google = commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[51]
Warnung vor der Wollust.

Der Wollust Reiz zu widerstreben,
Dieß, Jugend, liebst du Glück und Leben,
Laß täglich deine Weisheit seyn.
Entflieh der schmeichelnden Begierde;

5
Sie raubet dir des Herzens Zierde,

Und ihre Freuden werden Pein.

     Laß, ihr die Nahrung zu verwehren,
Nie Speis und Trank dein Herz beschweren,
Und sey ein Freund der Nüchternheit.

10
Versage dir, dich zu besiegen,

Auch öfters ein erlaubt Vergnügen,
Und steure deiner Sinnlichkeit.

     Laß nicht dein Auge dir gebieten;
Und sey, die Wollust zu verhüten,

15
Stets schamhaft gegen deinen Leib.

Entflieh des Witzlings freyen Scherzen,
Und such im Umgang edler Herzen
Dir Beyspiel, Witz, und Zeitvertreib.

     Der Mensch, zu Fleiß und Arbeit träge,

20
Fällt auf des Müßigganges Wege

Leicht in das Netz des Bösewichts.
Der Unschuld Schutzwehr sind Geschäffte.
Entzieh der Wollust ihre Kräfte
Im Schweiße deines Angesichts.

[52]
25
     Erwacht ihr Trieb, dich zu bekämpfen:

So wach auch du, ihn früh zu dämpfen,
Eh er die Freyheit dir verwehrt.
Ihn bald in der Geburt ersticken,
Ist leicht; schwer ists, ihn unterdrücken,

30
Wenn ihn dein Herz zuvor genährt.


     Oft kleiden sich des Lasters Triebe
In die Gestalt erlaubter Liebe,
Und du erblickst nicht die Gefahr.
Ein langer Umgang macht dich freyer;

35
Und oft wird ein verbotnes Feuer

Aus dem, was Anfangs Freundschaft war.

     Dein fühlend Herz wird sichs verzeihen;
Es wird des Lasters Ausbruch scheuen,
Indem es seinen Trieb ernährt.

40
Du wirst dich stark und sicher glauben,

Und kleine Fehler dir erlauben,
Bis deine Tugend sich entehrt.

     Doch nein, du sollst sie nicht entehren,
Du sollst dir stets die That verwehren;

45
Ist drum dein Herz schon tugendhaft?

Ists Sünde nur, die That vollbringen?
Sollst du nicht auch den Trieb bezwingen,
Nicht auch den Wunsch der Leidenschaft?

[53]

     Begierden sind es, die uns schänden,

50
Und ohne daß wir sie vollenden,

Verletzen wir schon unsre Pflicht.
Wenn du vor ihnen nicht erröthest,
Nicht durch den Geist die Lüste tödtest:
So rühme dich der Keuschheit nicht.

55
     Erfülle dich, scheinst du zu wanken,

Oft mit dem mächtigen Gedanken:
Die Unschuld ist der Seele Glück.
Einmal verscherzt und aufgegeben,
Verläßt sie mich im ganzen Leben,

60
Und keine Reu bringt sie zurück.


     Denk oft bey dir: Der Wollust Bande
Sind nicht nur dem Gewissen Schande,
Sie sind auch vor der Welt ein Spott.
Und könnt ich auch in Finsternissen

65
Den Greul der Wollust ihr verschließen:

So sieht und findet mich doch Gott.

     Die Wollust kürzt des Lebens Tage,
Und Seuchen werden ihre Plage,
Da Keuschheit Heil und Leben erbt.

70
Ich will mir dieß ihr Glück erwerben.

Den wird Gott wiederum verderben,
Wer seinen Tempel hier verderbt.

[54]

     Wie blühte nicht des Jünglings Jugend!
Doch er vergaß den Weg der Tugend;

75
Und seine Kräfte sind verzehrt.

Verwesung schändet sein Gesichte,
Und predigt schrecklich die Geschichte
Der Lüste, die den Leib verheert.

     So rächt die Wollust an den Frechen

80
Früh oder später die Verbrechen,

Und züchtigt dich mit harter Hand.
Ihr Gift wird dein Gewissen quälen;
Sie raubet dir das Licht der Seelen,
Und lohnet dir mit Unverstand.

85
     Sie raubt dem Herzen Muth und Stärke,

Raubt ihm den Eifer edler Werke,
Den Adel, welchen Gott ihm gab;
Und unter deiner Lüste Bürde
Sinkst du von eines Menschen Würde

90
Zur Niedrigkeit des Thiers herab.


     Drum fliehe vor der Wollust Pfade,
Und wach, und rufe Gott um Gnade,
Um Weisheit in Versuchung an.
Erzittre vor dem ersten Schritte;

95
Mit ihm sind schon die andern Tritte

Zu einem nahen Fall gethan.