Der Witwer
Der Witwer.
Einst lebt’ in seinem Dörfchen, arm,
Doch frisch und flink und sonder Harm,
Hans, Namens Ohnesorgen.
Kaum hatt’ er von der Hand ins Maul;
Zum Abende vom Morgen.
Drum fand er ohne viel Gebet,
Was in der vierten Bitte steht.
Nicht lange blieb das Bett ihm leer;
Nun ging’s durch zwei Paar Hände!
Er hatte eignen Herd, dazu
Bald eine schöne bunte Kuh;
Sein Glück schien sonder Ende:
Durch manches Kalb, durch manches Kind.
Doch kurz nur stund sein Wohlfahrtsbau.
Es starb die flinke junge Frau
Im dritten Wochenbette.
Er fand die schöne bunte Kuh
Erstickt im eignen Fette.
Das war dem Armen doch zu viel!
Er wusste seines Grams kein Ziel.
Mit Gott und Welt und sich im Zank,
Und greinte bittre Zähren,
Je zwei um zwei: für Seelenruh’
Der flinken Frau, der bunten Kuh. –
Mit Trost und Rat der Traurigkeit.
Umsonst! Sie blieb so lang wie breit.
Jetzt sprach der Schulze Martin: »Freund,
Nur nicht versagt, nur nicht gegreint!
Ich wüsst’ ein hübsches Rundgesicht.
Ei sieh! Dort geht sie, irr’ ich nicht,
Im roten Sonntagsmieder.
Du kennst doch Muhme Greten? Sprich!
Hans seufzte still. Da nahm das Wort
Der Ludimoderator Kort:
»Das Grab ist allen erblich,
Was sein muss, nun das muss, Freund Hans,
Wir alle sind ja sterblich!
Doch, weisst du was? Mein Hannel ist
Schon mannbar über Jahresfrist.«
Doch Witwer Hans schwieg immer noch,
Umdrängten ihn die Wichte.
Der eine hatt’ ein Schwesterlein,
Der zweit’ ein Mündel zu verfrei’n,
Der dritte seine Nichte;
Ei war wie Jahrmnrkt rings um ihn.
Nun kam auch noch der Bader Tropf,
Rasierte Witwerbart und Kopf,
Und sprach: »Freund, braucht bei Zeiten!
Es ist mit mir Geschwisterkind
Und heisst – Susanne Veiten.
Sie dient bei mir ums Brot statt Lohn,
Ein braves Mensch! Rasiert auch schon!«
Empor von seiner Ofenbank
Und rief: »Ihr sollt euch schämen!
Mir starb die Frau, und – seid ihr toll? –
Ist kaum ins Grab hinein: so soll
Mir starb die Kuh: doch gebet ihr
Mir auch nicht einen Schwanz dafür!«
(1788–1877)