Der Statthalter von Schopfheim (Hebel, 1803)
Siehe auch: Der Statthalter von Schopfheim (Werkausgabe 1834) |
Siehe auch: Der Statthalter von Schopfheim (Badisches Sagen-Buch) |
Vetter Hans Jerg, ’s dunnert, es dunderet ehnen am Rhi-Strom,
und es git e Wetter! Mir isch, wenns numme verbey wär.
’s chunnt so schwarz – nei lueget, wie’s blizt, und loset, wie’s windet,
wie’s im Chemi tost, und der Guhl uffem Chilche-Thurn gahret!
ziehnt doch d’ Läden a, aß der Glast den Auge nit weh thut,
und jez holet ’s Chrüsli und sitzet do ummen, i willich
us den alte Zite vom Statthalter näumis verzehle.
Friedli het me nem gseit, und het’s e seltseme Bueb ge,
Aber schöner as er, isch ken uf der Bor-Chilche gstande,
woner no Bure-Chnecht bym alte Statthalter gsi isch.
Chrusi Löckli het er gha und Auge wie Chole,
Backe wie Milch und Blut und rundi chräftigi Glieder;
er am Vreneli au, doch isch er numme der Chnecht gsi.
Nei, wie machts, und nei, wie schüttets! Bringetder ’s Chrüsli
und e Ränftli Brod derzu? Jez sitzet und loset!
Vor fünfhundert Johren, i ha’s vom Aetti erfahre,
drunter ischs und drüber gange, was me cha sage.
Rich isch richer worden an Geld, an Matten und Hochmuth,
aber Arm isch ärmer worde, chönnetder denke.
Menge brave Ma hets nümme wisse z’prestiere,
mengi hen si zsemme g’rottet zwische de Berge.
Z’lezt het no der Friede ne Pack Marodi im Land g’lo,
gföhrli Volch mit Schwerd und Büchse, listig und unheim,
’s sin bitrübti Zite gsi, Gott well ein biwahre!
Hus und Schüre gha und Stiere, ’s wärich ke Tropfe
Wasser uffene gstanden, und uf de Matten vo Farnau
bis go Huse Tensch an Tensch und Schmehlen an Schmehle
het der Uhli g’meiht, und ’s Heu uf d’ Egerte heimg’führt.
Here-Ländere git, und isch im Welschland so worde.
Hätt em der Statthalter z’Schopfe nit ’s Vreneli endli zur Frau ge,
’s Vreneli gscheidt wiene Pfarer, schön wie der Morge, ke Magd wär
bynem bliebe vo Steffis-Tag bis numme drei Chünig,
und me git em ke Brod, se seit me doch öbben im Friede:
„Helfich Gott!“ – Er nit! „I will der ’s Bettle verleide,“
het er gseit, „und gang, wils Zit isch! Flieh mi der Teufel!“
und die arme Lüt sin gangen, und hen ebe briegget.
het der Uhli gmezget, und het er der Tag dure gwurstet,
het er z’obe ’s Chrügli g’lüpft bym brotene Ribbli.
„Vreni gang in Cheller, und Vreni leng mer z’ trinke!“
het er mehr as zwenzig mol mit brochener Stimm gseit.
Aber wo meinetder mög sel Zit der Friederli gsi sy?
Oebben im Futergang, und öbbe by’s Statthalters Stiere?
Hender gmeint jo wohl! Scho z’ Fasnecht isch er im Meister
us de Hände gwütscht, sust hätt en der Statthalter ghüblet.
was gohts mi denn a? Furt isch er! Ueber e Monet
het me ke Spur vonem gha, bis öbben afangs Aprille
stoht er by den arme Manne zwische de Berge.
Schön an Wuchs und Gsicht, und fründli gege de Lüte,
hen sie ’n alli gern, und sage: „Seig du der Hauptma!
was de seisch, das thüemer, und schickis numme se göihmer,
hundert füfzig Ma und siebenesiebezig Buebe!“
Und der Friedli seit: „D’ Marodi wemmer verfolge;
wemmer em der Meister zeigen, aß es en Art het,
bis aß wieder Recht und Gsetz und Ordnig ins Land chunnt.“
Helfis Gott der Her! – Jez rüeft der Hauptma sim Völchli:
„Manne, was fange mer a? I hör der Uhli heig gmezget.
und e Dozzet Würst; wie wärs? Doch ’s Vreneli duurt mi.
Göhnt e Stücker drei, ’s isch besser, singet ums Würstli!
Saget, i löß en grüeßen, er solls im Friede verzehre,
und mer vo der Sau doch au ne Müsterli schicke.
Hemmer uf sine Matte ne Habermark-Störzli vertrette?
Hemmer em e Bäumli gschüttlet? Isch sine Chnechte
nummen au so viel gscheh? Sie hen doch g’hütet und g’wassert
z’nacht um Eis, und früeih vor Tag; sie chönne nit chlage.
Seits und ’s göhn drei Buben, und chömme mit Säcke zum Uhli.
„Guten Obe!“ – „Dunderschieß! Was hender, was wender?“ –
„He mer chömme do abe vom Sattel-Hof; sind nummen ordli!
So het üse Meister gseit, so sagemer wieder.“
dusse gsi, doch d’ Chnecht sin uffem Ofe-Bank glege,
und der Uhli im Ruusch git grobi Reden und Antwort.
„Saget euem Meister – (es isch mit Ehre nit z’melde)
Was gheit mi eue Meister, und he, wer isch eue Meister?
Schere-Schlifer, Hafe-Binder, alti Saldate,
Säge-Feiler, Zeinemacher, anderi Strolche.
Wemmen alle wott ge, me müeßt no mittene laufe.
Packetich, ’s isch hochi Zit!“ – „He jo, der Gottswille!
„Wart du Siebe-Chetzer, e Ribbe-Stückli isch besser!
Jobbi, gang an d’ Stud, und leng mer der Fareschwanz abe!
Wenderich packe jez gli, i frog, ihr luftige Strolche?“
Jo, sie hen si packt, doch hinterne schliche vom Ofe
„Meisterne, jez ischs gfehlt, jez Meisterne helfet und rothet!
Das und das isch gscheh, und weger sie hens nit verdienet.
Hemmer ’s Wasser g’chert, und hemmer de Hirze ghütet
z’nacht um Eis, und früeih vor Tag, mer chönne nit chlage,
Aber chömmemer wieder, se werde sie anderster rede.“
’s Vreneli lost und lost, es macht bidenklichi Mine;
’s Vreneli bindet d’ Chappen, und schüttlet ’s Mayländer Halstuch;
’s Vreneli chnüpft am Fürtuch-Bendel – „Sepli, spann ’s Roß a,
nüt eninne wird, und gang ein d’ Farnauer Stroß uf,
lueg, öb alles sicher isch, und niene ke Volch stoht!“
Sieder chömme d’ Bube mit leere Säcke zum Friedli.
Tausig Sapermost, wie sin em d’ Flammen ins Gsicht cho!
„Nüt, und wüssetder was? Göhnt ihr enandermol selber!
’s isch im Uhli z’heiß, der sollet cho, go nem blose!“ –
„Blibts derby, i gang,“ seit jez der Friedli und funklet,
„Lang solls en nümme brenne, ’s isch chüel uffem Farnauer Chilchhof!
Seits, und pfift in Wald, und gschwinder, as me ne Hand chert,
pfifts vo Wald zu Wald an allen Enden und Orte,
und es lauft derher vo allen Orten und Ende.
„Allo frisch, bergab! Der Uhli het hüt gmezget,
’s Vreneli duuret mi wohl, ’s wird frili uding verschrecke.“
Jez chunnts schwarz bergab, wohl über Studen und Hecke,
nebe Reibbech aben ins Tanners Wald, und vo dörtweg
rechts und links ins Farnauer Holz, was gischmer, was hesch mer!
sehns und huure nieder am Steine-Brückli und bette:
„Alli gute Geister!“ und „Heiligi Mutter Gottis!“
Aber wo der Hauptme by Farnau usen au Wald chunnt,
düsslet er: „Bube z’ruck! I hör e Wägeli fahre;
und der müent sie nit verschrecke, doch willi luege!“
Seits, und wiener chunnt, wütschts übers Wägeli abe,
und goht uffen dar, und lueget em fründli in d’ Auge.
„Friedli, bischs?“ – „I mein’s emol!“ – „se bis mer Gottwilche
Gell i darf di duze? Was wirsch doch nummen au denkt ha
ob mim trutzige Ma und sine trutzige Rede.
Lueg, i cha nit derfür, i bi am Wasser-Stei gstande;
wäri in der Stube gsi, ’s wär anderster gange.
Chumm, do bringi der näumis, e Säckli voll dürri Chriesi,
schöni Gumpist-Oepfel, und au e bizzeli Geiß-Chäs,
do ne Säckli Haber-Mehl und do ne par Würstli,
und e Logel voll Wi, gib achtig, aß es nit gäutschet,
Gang e wenig absits, bis do die Wälder verbey sin,
und bis ordli, zeig wie, und lad mer nüt uf di Gwisse!
Aber der Friedli schwört: „By Gott, der Uhli muß sterbe!
’s isch nit Gnad!“ Doch ’s Vreneli seit: „Jez los no ne Wörtli!
und der Uhli au, doch los du lebe, was Gott will,
und denk an di selber und au e wenig ans Chünftig!
So blibsch nit wie de bisch, und so ne Lebe verleidet.
Bisch nit im Land deheim, und hesch nit Vater und Mutter?
in der Langenau, und gfallt der e sufer Meidli,
ischs bym Aetti nit Nei, de chasch no Stabhalter werde.
Nimm, wie müeßt’s der sy, an so ne Missethat z’denke,
und mi ’s Here Stab mit blutige Hände z’regiere!
’s isch zwor keini gsi, doch denk au, aß es mi Ma isch!
Schlachts nit z’ Schopfen Oelfi! ’s isch Zit, se sag numme: Jo denn!“
Aber der Friederli stoht, er stoht in schwere Gidanke,
und het d’ Auge voll Wasser, und möcht gern schwetzen, und cha nit.
Bhütdi Gott der Her, und jo i will anderst werde!
Bube, jez packet uf, ’s git hinecht nüt me z’ verdiene!
Göhnt e Par uf d’ Möhr, und schießet näumen e Hirzli;“
Seits, und goht in Wald, und lueget an Himmel und briegget,
Endli goht er au, doch luege mengmol enander
d’ Mannen a, und sage: „Was fehlt doch echterst im Hauptma?“
Aber ’s Statthalters Tochter lit jez bym Uhli und stoßt en:
„Schnarchle mer doch nit so! Me cha jo nit nebe der schlofe!“
„He, wie wird’s der sy?“ – „I ha ne blutige Traum gha.
Vreni ’s goht nit gut, i ha mi selber gseh metzge.
Hen sie mi nit gstochen, und in der Büttene brüeihet,
mittem Messer gschabt? de glaubsch nit, wie’s mer so weh thut!“
wie’s der öbbe goht, drum hesch di selber seh metzge.“
Aber ’s Uhli’s Schlof isch us, und schweri Gidanke
chämpfe bis an Tag mit sine zerrüttete Sinne,
biß er ’s Caffi trinkt, bis ’s Vreneli Suppen ischnidet,
„Chümmi, Reckholder-Beri! Will niemes nüt chrome do inne?“ –
„Nei der löset nüt!“ – „Drum ischs mer au nüt ums Löse!
Meister Uhli i ha mit euch e wengeli z’rede,
isch das eui Frau, se cha sie’s mintwege höre.
ich, mi Rößli, mi Bueb, und ’s Richertli’s Rößli und Matthis.
Womer an Farnau chömme, se stohts voll Manne und Bube
links im Wald, und an der Stroß e luftige Kerli.
’s stoht e Wibsbild by’nem, ’s mag au e sufere gsi sy,
het der Mond nit gschiene, und hani d’ Auge nit bymer?
So viel hani ghört: ’s isch gflucht, der Uhli muß sterbe!
Woni neben abe bi, se seit ers zum Wibs-Bild.
Witers weiß i nüt, und witers chani nüt sage;
Bhütich Gott, i gang, und thünt jez selber, was gut isch.“ –
’s Vreneli’s Schrecke bildi mer i, doch bhaltets si Bsinnig:
„Hesch en denn[WS 1] nit gmerkt, es isch em nummen um Brenz gsi?“
Aber ’s Uhlis G’hör isch weg, er lit in der Ohmacht,
und e Spanne lang hangt d’ Zungen usen und chölschblau
isch er bis an Hals. Me holt der Meister vo Hage,
holt vo Zell der Dokter-Friedli, ’s will nit viel helfe.
Friederli du hesch d’ Wohret gseit, der Uhli muß sterbe.
Schwetze lehrt er nümmen, und siechet ebe so ane,
bis am dritte Tag; uf ei mol schnappt er, und endet;
und am Zistig druf, se singts haupthöchlige: „Mitten
wir im Leben sind“ – d’ Stroß uf zum Farnauer Chilch-Hof.
heig en gholt, und ’s gang zu Ziten e blutigen Eber.
Göhntder z’nacht vom Bergwerch heim, und hentder uf d’ Site
gladen, und es chunnt en Eber mit blutige Wunde,
göhnt em still usweg, und denket: Du bisch der Uhli!
Groß isch ’s Leid nit gsi, und siebe Wuche no Pfingste
rüeft me ’s wieder us. Mit wem? Der werdet nit froge.
Grüseli het der Statthalter gmacht, und gmeint, es müeß nit sy.
„So ne vertlaufene Burst mit miner liibliche Tochter,
Aber was ischs gsi? – Es isch die einzigi Tochter,
und isch Frau für ihns, und will er wohl oder übel,
muß ers ebe lo gscheh, – doch hets em nümmen ins Hus dörft,
hets au nümme bitrette, bis no Micheli si Vater
Schopfe het er nümme gseh, sie hen en z’ Elsbethe
ohni Gsang in d’ Erde gleit, wie’s z’ Basel der Bruuch isch.
Aber jez zieht üser Par im Friede go Schopfe,
und nimmt Bsitz vo Hus und Gut; der Fridli wird Burger,
Helfis Gott! – und stigt nootno zu Würden und Ehre.
Wer würd Chilche-Lueger? Wer streckt e sammeten Ermel
usem Rothhus-Fenster, wenn Langenauer verbey göhn?
Ischs nit mi Her Frider mit siner lockige Stirne? –
’s fangt wieder vornen a – Z’lezt sage d’ Burger: „Der Hügli
cha jo nit Gschriebes lese, wie chaner denn Statthalter blibe?
Er Her Frieder schickti si, und Er muß es werde;
Er isch e brave Ma, in alle Stücke biwandert,
isch die guti Stund, und gscheit, no gscheiter, aß Er schier!
Sageris nit Nei, ’s nuzt nüt, mer nehme kei Bricht a!“ –
„Nu, se sagi Jo, i willich ordli regiere.“
Dreimol chlöpft der Hurlibaus – nei loset wies schüttet,
hen sie tanzt bis tief in d’ Nacht, und gessen und trunke.
Wohr ischs, e brävere Ma hätt d’ Stadt nit chönnen erchise,
und im Vreneli gunni ’s au. In d’ Schopfemer Chilche
het er en Orgle gschaft, vor sine Ziten isch nüt gsi,
und uf d’ Burger Obsicht gha, und g’rothen und gwarnet.
Aber si Frau und er, sie hen in Frieden und Liebi
mit enander glebt, und Guts an Armen erwiese,
jo, und ’s isch em e Mutter zu siebe Chindere worde,
Mengi Famili ab, und blüeiht in Richthum und Ehre.
Helfis Gott, und bhütis Gott, ins Here Gotts-Name
das het gchlöpft, und das het gmacht – ’s isch weger e Schlag gsi –
Mengi Famili, sagi – die wenigste wüsse’s meh selber.
Zwor isch ’s Chrügli leer – Nei loset was git’s uf der Gaß duß?
Vetter Hans Jerg, ’s stürmt! Fürio! ’s lauft alles der Drau zu.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: denu