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Der Ritter und das Seefräulein

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Textdaten
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Autor: Karl Zell
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Titel: Der Ritter und das Seefräulein
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 117–119
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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Indexseite
[117]
Der Ritter und das Seefräulein.

Ein Ritter kühn im Jagen
Verfolgt ein scheues Reh;
Vom schnellen Roß getragen
Kommt er zum tiefen See;

5
Da steigt er in die kühle Fluth,

Ermattet von der Hitze,
Erfrischt sein junges Blut.

Und wie er schaut hinunter
Tief in den See hinein,

10
Da schwebt ein seltsam Wunder

Hervor im Abendschein:
Ein zartes Fräulein, klar und mild,
Mit wasserblauem Schleier;
Es war ein rechtes Bild.

15
Sie schwebet immer näher,

Bald steht sie vor ihm da;
Sein Herz schwoll hoch und höher,
Wußt’ nicht, wie ihm geschah!
Sie blickt’ ihn an so liebevoll;

20
Sie pflogen süßer Rede,

Dem Jüngling ward so wohl.

Die hellen Sterne brennen
Schon lang am Himmelszelt;
Doch Lieb kann Niemand trennen,

25
Die sich umfangen hält.

Als endlich kam die Mitternacht,
Da ward dem schönen Ritter
Ein Lebewohl gebracht.

[118]

So oft die Sonn’ jetzt sinket,

30
Sitzt er an Ufers Rand:

Alsbald die Meerfrau winket
Und schwebt zu ihm an’s Land;
So oft jetzt kommt die Mitternacht,
Da wird dem schönen Ritter

35
Ein Lebewohl gebracht.


„Komm’ mit zum Hochzeitsmahle,
Mein’ Schwester wird getraut
In meines Schloßes Saale;
Komm’ mit, du süße Braut!“

40
So sprach er einst, läßt sie nicht los,

Trotz ihrem Widerstreben,
Und nimmt sie mit auf’s Schloß.

Da, bei dem Klang der Saiten
Und bei der Kerzen Glanz,

45
Da ist so wohl den Beiden,

Sie schweben hin im Tanz.
Der Wächter ruft die Mitternacht,
Da wird dem jungen Ritter
Ein Lebewohl gebracht.

50
Er hält sie fest umfangen,

Er denkt nicht an die Zeit,
Er küßt die zarten Wangen:
Da weint die schöne Maid.
Vorbei war lang die Mitternacht;

55
Das hat dem schönen Ritter

Nachher groß Leid gebracht.

„Laß mich, mein traut’ Geselle,
Gib mir das letzt’ Geleit’!
Es naht der Morgen helle,

60
Ich bin voll Lust und Leid.

Vorbei ist lang die Mitternacht –
Ich glaub’, die große Liebe
Hat mir den Tod gebracht!

[119]

„Kommst morgen du zur Stelle

65
Dort an die dunkle Fluth,

Und dringet aus der Welle
Ein rosenfarbnes Blut:
So denk’: die Weil’ nach Mitternacht,
Und unser treues Lieben,

70
Hat mir den Tod gebracht.“


Und wie er kam zur Stelle
Dort an die dunkle Fluth,
Da dringet aus der Welle
Das rosenfarbne Blut.

75
Er klaget bis zur Mitternacht;

Dann nahm ihn auf die Welle –
Hat nimmer ihn gebracht.

Karl Zell.