Der Nachtwächter (Geisheim)
Von einem nassen Austernschmause
Ging Schalk in der Genossen Schwarm,
Mit Laun’ und Muthwill Arm in Arm
Zechbrüderlich und laut nach Hause. –
Ihn stört der Schwärmer Saus und Braus,
Er ruft sie an, und will sie packen,
Daß sie so spät die Stadt durchschrein.
Schalk, aufgelegt zu schabernacken,
Und weiß den Brummbär so zu zähmen,
Daß er mit an das Weinhaus geht,
Und – kältlich war es – nicht verschmäht,
Ein Glas, und mehr als eins zu nehmen;
Daß ihm der Spieß, der Kopf zu schwer
Und schwankend seine Beine werden.
Er sinkt, vom Geist’ besiegt, zur Erden.
So wollt’ es Schalk. Ihr Herrn, rief er,
Mir fällt ein Spaß ein sonder Gleichen,
Der tollste von den tollen Streichen. –
Den Wächter, so vollkommen trunken,
Nun geht die Fahrt in vollem Lauf
Zum Thor hinaus. In wenig Stunden
– Noch hält die Nacht den Tag gebunden –
Gelangt das wohlgeschmierte Rad
Am Markte, sonder Aufsehn, laden
Sie still den sel’gen Schläfer ab,
Der noch kein Lebenszeichen gab.
Ein Regen fängt ihn an zu baden,
Und eben, als es Drei geschlagen,
Wird er, wiewohl noch taumelnd, wach.
Er pfeift, die Stunde anzusagen,
Zwölf Mal, und kreischend ruft darnach
Es dringet seine falsche Stimme
Den städt’schen Wächtern in das Ohr.
Sie rotten schleunigst sich zum Chor
Und ziehn heran mit wildem Grimme,
Der so sie äfft in ihrer Pflicht.
Sie finden staunend ihres Gleichen,
Ihm fehlet kein Nachtwächterzeichen. –
Was rufst du, Kerl, hier? stürmen sie
Was stört ihr mich denn in der Runde? –
Du rufst ja Zwölf! – Weil’s auch so ist. –
Mit nichten: ’s hat ja Drei geschlagen;
Was untersteht ihr euch zu sagen,
Ihr Laffen! Zwölf hat es geschlagen.
So zerrt sich hin die Streiterei,
Ob zwölf Uhr oder drei es sei.
Und ob sie gleich mit aller Macht
Die Drei ihm auf den Buckel bläuten,
Er blieb bei seiner Mitternacht.
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So geht es heute manchen Leuten,
Theils blind im nächtlichen Genist
Noch schrein am hellen, lichten Tage,
Daß die Gespensterstunde schlage.
Still, still, ihr Herr’n; man glaubt euch nicht:
Die Stunde eilt, es kommt das Licht;
Ihr werdet euch vergebens stemmen.
Bleibt ihr bei eurer Mitternacht,
Wollt ihr durchaus den Tag nicht sehen,
Und von der Schaar zuletzt ergriffen,
Mit ungezählten, derben Püffen
Vor einen hohen Rath gebracht,