Der Karfunkel
Wo der Aetti si Tuback schnätzlet, se lueget en d’Marei
fründlig und bittwis a: „Verzelis näumis, o Aetti,
„weisch so wieder, wie necht, wo’s Chüngi het welle vertschlofe!“
Drüber rucke ’s Chüngi, und’s Anne Bäbi und d’Marei
mittem Schwärtli ’s Rad, und zupfen enander am Ermel.
Und der Ioppi nimmt e Hampfle Liechtspöhn, und setzt si
nebene Liechtstock hi, und seit: „Das willi verrichte.“[a 1]
Aber der Hans Jerg lit e lange Weg überen Ofe,
und bi Niemes im Weg.“ Druf, wo der Aetti si Tuback
gschnitte het, und ’s Pfifli gfüllt, se chunt er an Liechtspohn,
und hebt ’s Pfifli drunter, und trinkt in gierige Züge,
bis es brennt. Druf druckt er ’s Füür mit de Fingeren abe,
seit er, und sizt nieder, „doch müender ordeli still sy,
aß i nit verstuun, ebs us isch, und du dört obe
pack di vom Ofen abe! Hesch wieder niene ke Platz g’wüßt?
Ischs der z’wohl, und g’lust’s di wieder no nem Charfunkel?
’s isch e Plätzli näumen, es goht nit Ege no Pflug druf,
Hurst an Hurst scho hundert Johr und giftige Chrüter,
’s singt kei Trostle drinn, kei Summervögeli bsuecht sie,
breiti Dosche hüete dört e zeichnete Chörper.
zitlich ins Wirthshus g’wandlet[a 2], und über Bibel und Gsangbuch
sin em d’Charte gsi am Samstig z’oben und Sunntig.
Flueche het er chönne, ne Hex im rueßige Chemmi
hätt sie bsegnet und bettet, und d’Sternen am Himmel hen zittert.
zug’luegt, wie sie spiele. Mit unerhörte Flüeche
het der Michel Stich um Stich und Büeßli verlohre.
„Du vertlaufsch mer nit!“ seit für si selber der Grüenrock.
d’Wirthene hets no ghört, und denkt: „Ischs öbbe ne Werber!“[a 3]
wenn der Michel g’wibet het, und ’s Güetli verlumpet.
Was het ’s Stroßwirths Tochter denkt? Sie het em us Liebi
Hand und Jowort ge, doch nit us Liebi zuem Michel,
nei, zue Vater und Muetter, es isch ihr Willen und Wunsch gsi.
selli Mittnacht hets e schwere bidütseme Traum gha.
’s isch em gsi, es chömm vo Staufe füren an d’Landstroß;
an der Landstroß goht e Chapeziner und bettet.
„Schenket mer au ne Helgli, Her Pater, went der so gut sy!
Landsem schüttlet si Chopf der Pater, und unter der Chutte
lengt er e Hampfle voll Helge. „Do zieh der selber eis use!“
Seits, und wo nes zieht, so lengt’s in schmutzigi Charte.
„Hesch echt ’s Eckstei-Aß? ’s bidütet e rothe Charfunkel;
Wieder seit der Pater: „Se zieh denn anderst, o Brütli![a 4]
Hesch echt siebe Chrütz?“ – „Io weger,“ seit es und süfzget. –
„Tröst di Gott, zieh anderst! Es chönne no besseri drinn sy.
Hesch e bluetig Herz?“ — „Io weger!“ seits und erschrickt drob.[a 5] –
Ischs der Schuflebueb?“ – „Es wird wol’, bschauet en selber!“[a 6] –
„Io de hesch en! Tröst di Gott! Er schuflet di abe.“
So hets im Kätterli traumt, und so hets sel e mol gschlofe.
Stroßwirths Tochter, was hesch denkt, und hesch mer en doch g’no?
No de siebe Chrützen und hinterem bluetige Herze
chunt mi Heilige, wills der Her, und schuflet mi abe.“
Z’erst hätt’s möge go. Zwor mengmol het no der Michel
gspielt und trunke, bis gnueg, und gfluecht, und ’s Kätterli ploget,
bittet het, und bette. Ne mol se seit er: „Jez willi
Mit der akkordieren, und d’Charte willi verflueche.
Soll mi der Teufel hole, so bald i eini me arühr!
Aber ins Wirthshus gangi, sel willi, sel chani nit mide.[a 7]
Het er ’s Erst nit ghalte, sen isch er im Andere treu gsi.
Woner ins Wirthshus chunnt, se sitzt mi borstige Grüenrock
hinterem Tisch, selb dritt, und müschlet d’Charten, und rüeft em:
„Bisch mer e Cammerad, se chumm, se wemmer eis mache!“
„Du nit?“ seit der Grüen. „Chumm numme, bis de di Schoppe
trunke hesch, und ’s goht um nüt, mer mache für Churzwiil!“[a 9]
„He,“ denkt binem selber der Michel, „wenn es um nüt goht,
sel isch io nit g’spielt,“ und setzt si nebene Grünrock.[a 10]
„Meister Michel, uf e Wort! Der Stroße-Wirth schickt mi.“
„Schik en wieder,“ seit er, „ich weiß scho, was er im Chopf het![a 11]
Wer spielt us, und was isch Trumpf? und gstoche das Eckstei!“
Druf und druf! Z’letzt seit der Grüen: „Was bisch du ne Glückschind!
denkt der Michel, gspielt isch gspielt, und seit: „Es isch eithue!“[a 13]
„Chömmet,“ rüeft der Chnab, und pöpperlet wieder am Fenster,
„Nummen uf en einzig Wörtli!“ – „Los mi ung’heit iez!
Chrütz im Baum, und Schufle no, und no ne mol Schufle!“
Wo sie aufstöhn, seit der Grüenrock: „Michel, i cha di
iez nit zahle. Magsch derfür mi Fingering bhalte,
bis i en wieder lös. Es sin verborgeni Chräfte
in dem rothe Carfunkel. O lueg doch, wie ner ein a’blizt!“[a 15]
„Loß en schwetze“, seit der Grüenrock, „wenn er nit goh will!
Nimm du do mi Fingerring, und wenn de ke Chrützer
Geld deheim, und niene hesch, es cha der nit fehle.
Wenn der Ring am Finger steckt und wenn de in Sack lengsch
Nummen an kem Firtig, i wott der das selber nit rothe.
Chasch mi witers bruche, se rüef mer nummen! I hör di.
Heißi nit Vizli Buzli, und hani d’Ohre nit bimer?“
Sieder briegget d’Frau deheim im einseme Stübli.
und der Michel chunnt und schändet: „Findi di wieder
an dim ewige Betten und dunderschießige Hüle?
Lueg do, was i gunne ha, ne rothe Charfunkel!“
’s Kätterli verschrickt: „O Jesis,“ seit es, „was siehni!
Wärsch doch nümme verwacht, wie menge bittere Chummer
hättsch verschlofen, armi Frau, wo diner no wartet!
Iez wirds tägli schlimmer. Uf alle Merte flankiert er,
alli Chülbene bsuecht er[a 16], und wo me ne Wirthshus bitrittet,
sitzt der Michel dört, und müschlet trüeglichi Charte.
’s Chind verwildert, ’s Güetli schwindet, Acker um Acker
chunnt an Stab und d’Frau vergoht in bittere Thräne.
Goht er öbbe heim, gits schnödi Reden und Antwort:
fluecht der Michel, schlacht si Frau. Iez muß er zuem Pfarrer,
iez vor Oberamt, und mittem Haschierer im Thurn zue.
Goht er schlimm, se chunnt er ärger, wennem der Vizli
Buzli wieder d’Ohre striicht, und Gallen ins Bluet mischt.
wieder usem Thurn, und „Allo göhn mer ins Wirthshus,
eb de heim chunnsch mit de Streiche, wo sie der ge hen!
Was der d’Frau zum Willkumm g’chocht het, wird di nit brenne.[a 17]
Los, de duursch mi, wenn i dra denk, ’s möcht mi versprenge[a 18]
So ne Ma, wie du, wo ’s Tags sie Thaler verthue cha.
Glückli bisch im Spiele, doch no nem leidige Sprüchwort,
mittem Wibe hesch’s nit troffe, chani der sage.
Wärsch ellei, wie hättsch’s so guet, und lebtisch so rüeihig!
Trink e Schlückli Brenz[a 20], er chüelt der öbbe di Jast ab!“
Aber d’Frau deheim, mit z’semmegschlagene Hände
sizt sie uffem Bank, und luegt dur Thränen an Himmel,
„Siebe Johr und siebe Chrütz!“ so schluchzget sie endli,
Seits und nimmt e Buech und betet in Todesgidanke.
Drüber schnellt der Michel d’Thür uf, und fürchterli schnauzt er:
„Hülsch au wieder? Du heschs nöthig, falschi Canali!
Sur-Chrut choch mer!“ ’s Kätterli seit: „’s isch niene ke Füür meh.“
„Lieber hüt, as morn. De bringsch mi untere Bode
ei Weg wie der ander, und ’s Büebli hesch mer scho g’mordet.“ –
„Di soll der Dunder und ’s Wetter in Erdsboden abe verschlage!“
Seit’s und zuckt, und sinnlos schwanket ’s Kätterli nieder.[a 21]
„Chumm, o Schuflebueb, do heschmi, schufle mi abe!“
Iez der Michel furt, vom schnelle Schrecken ergriffe,
lauft ins Feld, der Bode schwankt, und ’s rasslet im Nußbaum.
„Vizli Buzli roth mer du!“ So rüeft er. Der Buzli,
„D’Kätheri hani verstoche, iez roth mer, was i soll mache!“ –
„Isch das Alles?“ seit der Buzli. „Weger de chasch ein
doch verschrecken, aß me meint, was Wunder passiert seig!
Närsch, iez chasch im Land nit blibe, ’s möcht e Verdruß ge.
’s stoht e Schiff am Gstad!“ – Iez stige sie ehnen im Sunggäu
frisch ans Land, und quer dur’s Feld. Im einseme Wirthhus
brennt e Liecht. „Mer wenn doch luege, wer no do in isch,“
seit der Grüen, „wer weiß, du chasch der d’Grille vertribe!“
und ’s goht vornen a mit Banketieren und Spiele.
„Chrütz isch Trumpf! Und no ne mol! Und chönnetder di do?
Gstoche die; und no ne Trumpf! Und – gstoche das Herzli!“ –
’s isch scho halber Zwölfi. Will echt mit lockiger Stirne[a 23]
O, wie spielsch so söllich ungschickt? G’stoche das Herzli,
lengt em tief in d’Seel, und alli mol, wenn er e Stich macht,
wiederholts der Grüen[a 24], und wirft im Michel e Blick zue.
Drüber warnts uf Zwölfi[a 25]. Mit alliwil schlechtere Charte
Druf het’s Zwölfi gschlage.[a 26] Iez lengt er mit g’ringletem Finger
frisch in Sack: „Wer wechslet no ne bairische Thaler?“
Schlechti Münz, Her Michel! Er lengt in glasigi Scherbe,
thut e Schrei, und luegt mit Gruus und Schrecke der Grüen a.
„Michel, chumm iez furt, der Wirth würd wellen ins Bett goh!
’s chömme hüt viel Gäst, sie hen e lustige Firtig.
Isch nit Ludwigstag, der fünfezwenzigst Augusti?
Dreih am Ring, so lang de witt, de bringsch en nit abe!“
O wie het er d’Füeß am Tischbei unte verchlammert!
’s hilft nit lang, und thut nit guet. Mit ängstlichem Bebe
stoht er uf, und seit ke Wort, und göhn mit enander,[a 27]
vornen a der Grüen, und an de Ferse der Michel,
Oebbe ne Büchseschuß vom Wirthshus stellt en der Buzli.
„Michel“, seit er, „lueg, es stoht kei Sternli am Himmel!
Lueg, der Himmel hangt voll Wetter über und über!
’s goht kei Luft, es schwankt kei Nast, es rüehrt si ke Läubli,
oder machst der d’ Uerthen und isch der’s Lebe verleidet?[a 29]
Wie de meinsch! Di Wahl isch schlecht, i mueß ders bikenne.
Se, do hesch e Messer! I ha’s am Blotzemer Mert g’chauft!
Hau der d’Gurgele selber ab, se chost’s di ke Trinkgeld!“
* * *
seit druf d’Muetter:[a 30]„Bisch bal ferig? Mach mer die Meidli
nit so z’förche, ’s sin doch nummen erdichtete Mährli!“ –
„Io, i bi io ferig!“ erwiedert der Aetti, „dört lit er
Mit sim Ring im Dorne-Ghürst, wo d’Trostle nit singe.“
Denksch, i merk nit, was er meint, und was er will sage?
Io, der Vizli Buzli, das isch die bösi Versuechig.
Lockt sie nit, und füehrt sie nit in Sünden und Elend,
wenn e Mensch nit bette mag, und folgt nit, und schafft nüt!
O, i chenn mi Aetti wohl, und sini Gidanke!“
Ausgabe I.
- ↑ nebene Liechtstock hi, und seit: „Für das will i sorge.“
- ↑ ’s wär ke ungschickt Bürschli gsi, sel seit me, doch het er
zitli ’s Wirthshus gliebt, - ↑ d’Wirthene hets ghört, und denkt: „Was gilts, ’s isch e Werber!“
- ↑ Wieder seit der Pater: „Weisch was, o Brütli, zieh’ anderst!
- ↑ „Tröst di Gott, zieh anderst, ’s cha sy die dritte isch besser!“
„Hesch e bluetig Herz?“ – „Io weger,“ seit’s, und loßt’s falle. – - ↑ „Isch’s der Schuflebueb?“ — „I weiß nit, bschauet en selber!“
- ↑ Aber ins Wirthshaus gangi, und ’s Wirthshus chani nit midi.
- ↑ „Grums und hül, so lang de witt, ich cha der nit helfe!“
- ↑ „Trunke hesch, und ’s goht um nüt, ’s isch ebe für Churzwiil!“
- ↑ „sell isch io nit g’spielt“, und setzt si richtig zum Grüenrock.
- ↑ „Schick en wieder“, seit er, „i weiß scho, was er würd welle.
- ↑ Druf und druf! Z’letzt seit der Grüenrock: „Los, de spielsch glückli!
Wemmer umme Chrützer mache?“ – - ↑ Denkt der Michel, „Gspielt isch gespielt, und Mintwege!“ seit er.
- ↑ Und so gohts vom Chrützer bis endli uffe Dublone.
- ↑ „iez nit zahle! Nimm mi Ring, ’s cha sy er isch mehr werth!“
- ↑ goht uf jedi Chülbi,
- ↑ „Was der d’Frau zum Willkumm präglet, wird di nit brenne.
- ↑ „Los, de duursch mi, wenn i dra denk, ’s möcht ein versprenge,
- ↑ ’s pin’get di, i sieh ders a, und d’Odere schwelle.
- ↑ Trink e Schlückli Brentewi, er chüelt der di Jast ab!“
- ↑ Seits und zuckt, und sinnlos trümmlet ’s Kätterli nieder,
- ↑ „O mi bluetig Herz“, so stöhnts no lisli im Falle,
- ↑ ’s warnet scho uf Zwölfi. O will mit lockiger Stirne.
- ↑ Buzli.
- ↑ ’s schlacht scho Zwölfi us.
- ↑ ’s schlacht e Viertel uf Eis.
- ↑ und goht mittem Buzli,
- ↑ De wirsch doch nit bette!
- ↑ Machsch der ebbe d’Uerthe? Gell ’s Leben isch der verleidet?
- ↑ So verzehlt der Aetti, und mit engbrünstigem Othen
seit iez d’Muetter: