Der Hexenhammer (1923)/Zweiter Teil, Erste Frage, Kapitel 5
Ueber die Art im allgemeinen, wie die Hexen durch die Sakramente der Kirche ihre Taten vollbringen; auch über die Art, wie sie die Zeugungskraft zu hemmen pflegen oder auch andere Mängel an allen Kreaturen bewirken, mit Ausnahme der Himmelskörper.
Kapitel 5.
Nun aber ist über die Arten, wie sie andere Kreaturen beiderlei Geschlechtes und auch die Feldfrüchte behexen, mehreres über ihre Handlungsweisen zu sagen: Erstens, wie sie die Menschen, dann, wie sie die Tiere, drittens, wie sie die Feldfrüchte behexen. Betreffs des Menschen: Erstens, wie sie durch Hexenkünste die Zeugungskraft oder auch den Beischlaf hemmen, so daß das Weib nicht empfangen oder der Mann seine Pflicht nicht tun kann; zweitens, wie jener Akt bisweilen verhindert wird mit Bezug auf das eine Weib und nicht auf ein anderes; drittens, wie die männlichen Glieder weggehext werden, so daß sie gleichsam gänzlich aus dem Körper gerissen sind; viertens, wie entschieden werden könne, falls etwas von dem Genannten eintritt, daß es durch die Macht des Dämons an sich und nicht durch die Hexe geschehe; fünftens, wie die Hexen durch Gaukelkünste die Menschen beiderlei Geschlechtes in Tiere verwandeln können; sechstens, wie die Hexen-Hebammen die Empfängnis im Mutterleibe auf verschiedene Arten verhindern, und, wo sie es nicht tun, die Kinder dem Dämon opfern. Und damit man dies nicht für unglaublich halte, ist es im ersten Teile des Werkes durch Fragen und Lösung der Argumente entschieden worden; darauf kann, falls es nötig ist, der zweifelnde Leser zurückgehen, um die Wahrheit zu erforschen.
Für jetzt sind nur die Taten und Geschehnisse, die wir gefunden haben oder auch von anderen aufgezeichnet worden sind, zur Verdammung solcher Schandtaten herzuleiten, damit die früheren Fragen, wenn sie für jemanden vielleicht zu schwer zu verstehen sein sollten, aus dem, was hier im zweiten Teile gegeben wird, glaubwürdig werden und er von seinem Irrtume läßt, wonach er meinte, es gebe keine Hexen, und es könnten keine Hexentaten in der Welt geschehen.
Da ist zunächst zu bemerken, daß, wenn sie auf sechs Arten schädigen können, ohne die Arten, auf die sie andere Kreaturen schädigen –, und zwar erstens, daß sie einem Manne böse Lust nach einem Weibe, oder einem Weibe nach einem Manne einflößen; zweitens, daß sie in jemandem Haß oder Neid wachsen lassen; drittens, daß die „Behexten“, wie sie heißen, die Männer den Frauen nicht beiwohnen können, und umgekehrt die Frauen nicht den Männern; oder auch, daß sie Frühgeburten bewirken, wie oben gesagt; viertens, daß sie den Menschen an irgendeinem Gliede erkranken lassen; fünftens, daß sie ihnen das Leben rauben; sechstens, daß sie ihnen den Gebrauch der Vernunft nehmen – und wenn man gestehen muß, daß sie an Dingen aller Art, ausgenommen die Himmelskörper, wahre Mängel und wahre Krankheiten, wenn auch nicht wahre Gesundungen, aus natürlicher Kraft bewirken können, und zwar infolge der mächtigen natürlichen und geistigen Kraft, mit der sie über jeder körperlichen Kraft stehen; auch keine Krankheit mit der anderen übereinstimmt, oder auch kein natürlicher Mangel, wo keine Krankheit ist: – darum also gehen sie mit allerdings sehr verschiedenen Mitteln an die Bewirkung der verschiedenen Krankheiten und Mängel. Hierüber wollen wir einiges vorbringen, so weit es die Notwendigkeit erfordert. Damit jedoch der Leser in seinem Sinne nicht länger im unklaren darüber bleibe, warum sie an den Himmelskörpern keine Veränderung hervorbringen können, wollen wir zuerst sagen, daß es hierfür drei Ursachen gibt: Erstens, weil sie über ihnen stehen, auch bezüglich des Strafortes, der die dunkle Luft ist; und zwar ist der ihnen zugeteilt wegen ihres Amtes: Siehe oben, im ersten Teile des Werkes, in der zweiten Frage, wo von den Incubi und Succubi gesprochen wird. – Der zweite Grund ist, weil die Himmelskörper von guten Engeln bewegt werden; siehe die sehr vielen Stellen über die Motoren der Welten, besonders bei S. Thomas I, qu. 90, wo Philosophen und Theologen übereinstimmen; der dritte Grund wegen des universalen Regiments und des allgemeinen Guten des Universums, das im allgemeinen geschmälert würde, wenn es den bösen Geistern erlaubt würde, an jenen Himmelskörpern irgendwelche Verwandlungen zu verursachen. Daher sind auch jene wunderbaren Verwandlungen im Alten und Neuen Testamente durch ihre Motoren oder gute Engel von Gott bewirkt worden, wie bei dem Stillstande der Sonne über Josua, der Rückwanderung über Ezechias; bei der unnatürlichen Finsternis bei dem Leiden Christi. Aber bei allen späteren Verwandlungen der Elemente und elementaren Ereignissen können sie mit Gottes Zulassung und durch sich, ohne und mit Hexen, ihre Hexenkünste üben und hören auch in der Tat nicht auf, es zu tun, wie sich zeigen wird.
Zweitens ist zu bemerken, daß sie in allen Arten der Hexerei die Hexen immer so viel als möglich unterweisen, daß sie als Werkzeuge bei ihren Hexenkünsten die Sakramente oder Sakramentalien der Kirche oder sonst etwas Göttliches oder Gottgeheiligtes benutzen, wie sie manchmal eine Zeitlang ein Wachsbildnis unter die Altardecke stecken, oder auch durch das heilige Chrisma einen Faden ziehen, oder sonst alle geweihten Sachen benutzen, und zwar aus drei Gründen, wie sie auch an den besonders heiligen Tagen des Jahres, und zwar hauptsächlich um die Ankunft des Herrn und sein Geburtstagsfest ihre Hexenkünste zu treiben pflegen: erstens, daß die Menschen dadurch nicht nur ungläubig, sondern auch Gotteslästerer werden, indem sie, soviel sie können, das Göttliche besudeln, und sie so Gott, ihren Schöpfer, um so ärger beschimpfen, ihre eigenen Seelen verdammen und noch andere mehr in Sünde fallen machen; zweitens, damit Gott, also durch die Menschen schwer beschimpft, dem Dämon größere Macht lasse, gegen die Menschen zu wüten: So sagt auch Gregorius, daß er den Bösen bisweilen nach ihren Wünschen und Bitten willfährig nachgibt und sie erzürnt den andern abschlägt, drittens, daß er so unter der Maske des Gutscheinenden um so leichter die Einfältigen in größerer Anzahl berücke, wenn sie nach der Beschäftigung mit göttlichen Dingen meinen, sie hätten von Gott etwas von der Göttlichkeit erlangt, wo doch nur um so größere Sünden begangen worden sind. Es kann auch noch ein vierter Grund angegeben werden bezüglich (der Entweihung) der heiligen Tage und des Jahranfanges: weil nämlich nach Augustinus, De decem cordis Festtage durch Todsünden mehr entheiligt werden als durch Tagarbeit, der Aberglaube aber und die Hexenwerke der Dämonen bezüglich der größten gottesdienstlichen Werke gegen die Ehrfurcht vor Gott sind, deshalb läßt er, wie gesagt, die Menschen um so tiefer fallen, und der Schöpfer wird mehr beschimpft. Und über den Jahresanfang können wir nach Isidorus[WS 1], Etymol. VIII, 2 sagen: Wie Janus, nach dem der Monat Januar benannt ist, der auch beginnt mit dem Tage der Beschneidung, ein mit zwei Gesichtern dargestelltes Idol war, von denen eines gleichsam das Ende des alten Jahres, das andere der Anfang des neuen war, und er gleichsam ein Beschützer und Glückspender im bevorstehenden Jahre war; und wie die Heiden ihm, oder vielmehr dem Dämon im Götzenbilde zu Ehren verschiedene hurtige und üppige Tänze aufführten und sich gegenseitig Scherzgeschenke gaben, verschiedene Reigen aufführten und sich zum Mahle setzten, worüber durch S. Augustinus an vielen Stellen Meldung geschieht, und fast überall berichtet wird, XXVI, in verschiedenen Fragen; und wie jetzt böse Christen diese verderblichen Sitten nachahmen, mag es auch bezüglich der Ausgelassenheit von ihnen auf die Zeiten der Fasten übertragen sein, wo sie mit Masken, Spielen und anderen abergläubigen Betätigungen durcheinander rennen: – ebenso üben jetzt die Hexen auf solche Ueberredungen der Dämonen hin zu deren Gefallen am Jahresanfänge bezüglich des Gottesdienstes und Kultus, ebenso wie am Andreasfest und Christi Geburtstage ihre Hexenwerke.
Und im besonderen, zunächst, wie sie vermittels der Sakramente, dann, wie sie vermittels der Sakramentalien solches vollbringen; wozu wir einige jüngst geschehene und von uns bei der Inquisition gefundenen Taten erzählen wollen.
In einer Stadt, die zu nennen nicht frommt, wie das Gebot der Liebe und die Vernunft es befiehlt und rät, nahm eine Hexe den Leib des Herrn, und plötzlich sich verneigend, wie es die verfluchte Weiberart ist, brachte sie das Kleid an den Mund, nahm den Leib des Herrn (aus dem Munde) heraus, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn, also vom Dämon unterwiesen, in einen Topf, in dem eine Kröte war, und verbarg ihn in der Erde im Stalle nahe bei der Scheune ihres Hauses, unter Beifügung sehr vieler anderer Dinge, mit denen sie ihre Hexentaten hätte vollbringen sollen; aber durch die Liebe Gottes ward eine so schwere Tat entdeckt und kam ans Licht. Denn am folgenden Tage, als ein Tagelöhner am Stalle vorbei nach seiner Arbeit ging, hörte er eine Stimme, wie von einem heulenden Kinde; und als er näher trat, bis er zum Estrich gekommen war, unter dem der Topf verborgen lag, hörte er um so deutlicher; und in der Meinung, ein Kind sei dort von einem Weibe vergraben, holte er den Schulzen oder Ortsvorsteher und erzählte die Geschichte, die seiner Meinung nach von einem Mörder begangen war. Nachdem jener schnell Diener geschickt hatte, fand sich, daß es so war, wie er erzählte. Sie wollten aber das Kind nicht ausgraben, sondern Wächter in der Ferne aufstellen, daß sie mit klarem Sinne Acht hätten, wenn etwa ein Weib sich nahe. Sie wußten ja nicht, daß dort der Leib des Herrn versteckt lag. Daher traf es sich auch, daß dieselbe Hexe den Ort betrat und unter den Mantel den Topf barg, was aber die andern heimlich sahen. Daher ward jene gefangen, gefoltert und gestand das Verbrechen, indem sie sagte, der Leib des Herrn sei mit einer Kröte in dem Topfe dort verborgen worden, damit sie aus diesem Pulver nach ihrem Gefallen den Menschen und Tieren Schaden zufügen könnte. –
Ferner ist zu bemerken, daß die Hexen bei dem Abendmahle die Gewohnheit haben, falls sie es unbemerkt tun können, den Leib des Herrn unter die Zunge zu nehmen, aus dem Grunde, (wie man sich leicht denken kann), daß sie niemals ein Mittel gegen die Verleugnung des Glaubens nehmen wollen, weder durch die Beichte, noch durch die Annahme des Sakraments des Abendmahles; zweitens, daß desto leichter der Leib des Herrn aus dem Munde für ihren Gebrauch genommen werden könne, wie gesagt ist, zur größten Schmach für den Schöpfer. Darum wird auch allen Leitern der Kirche und Abendmahlsgebern vor allem immer an die Hand gegeben, die höchste Aufmerksamkeit darauf zu haben, daß die Weiber mit ganz offenem Munde, wohl ausgestreckter Zunge, das Tuch weit vom Munde, das Abendmahl nehmen, und je größerer Fleiß hierauf verwendet wird, um so mehr Hexen werden auf diese Weise entlarvt.
Mit den übrigen Sakramentalien treiben sie unzähliges, abergläubisches Zeug. Bisweilen legen sie Wachsbilder, manchmal auch aromatische Sachen unter die Altardecke, wie oben gesagt ist, und verbergen sie dann unter der Schwelle des Hauses, damit, wer darübergeht, behext werde; wozu es ja auch geschieht.
Unzähliges könnte noch angeführt werden, aber das weniger Bedeutende wird ja durch die größeren Hexentaten beglaubigt.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Isidoris