Der Hexenhammer (1923)/Erster Teil, Sechzehnte Frage
Es wird im besonderen die vorausgeschickte Wahrheit erklärt, durch Vergleichung der Hexenwerke mit anderen Arten des Aberglaubens, sechzehnte Frage.
Die vorausgeschickte Wahrheit, bezüglich der Abscheulichkeit der Verbrechen bei den Hexereien, wird bewiesen durch Vergleichung derselben mit anderen Werken der Zauberer und Weissager. Es gibt nämlich vierzehn Arten von Werken des Aberglaubens, nach der dreifachen Art der Weissagungen, deren erste geschieht durch offene Anrufung der Dämonen, die zweite bloß durch die schweigende Betrachtung der Lage oder Bewegung einer Sache, wie der Gestirne, Tage, Stunden usw.; drittens durch Betrachtung der Handlung eines Menschen zur Erforschung von etwas Verborgenem, was den Namen „Lose“ führt.
Die Arten der ersten Weise der Weissagung, die geschieht durch ausdrückliche Anrufung des Dämonen, sind: Gaukelei, Weissagung aus Träumen, Nigromantie, pythonische Weissagung, Geomantie, Hydromantie, Aeromantie, Chiromantie und Verehrung der Ariolen. Thomas II, 2, 95; 26, 4, igitur und 5, nec mirum.
Die Arten der zweiten Weise sind: Genethliaker, Haruspices, Auguren, die Vorzeichen beobachten, Chiromantie und Spatulamantie.
Auch die Arten der dritten Weise sind verschieden nach all den Dingen, die den Namen „Lose“ führen, zur Erforschung von etwas Verborgenem, nämlich durch Betrachtung von Punkten, Stäbchen und Figuren, die in Blei gegossen sind. Darüber Thomas a. a. O., 26, 2; 4. per totum.
Dennoch übertreffen die Schandtaten der Hexen alle diese Verbrechen, was von den hervorragenderen Arten bewiesen wird; darum wird bei den geringeren keine Schwierigkeit gemacht.
Während nämlich in der ersten Art die Gaukler die menschlichen Sinne täuschen durch gewisse Erscheinungen, so daß ein Körper anders durch den Sinn des Sehens oder Fühlens erfaßt wird (als er ist), wie in obigem gesagt ist, von der Art des Gaukelns; sind die Hexen nicht damit zufrieden, die Zeugungsglieder bisweilen durch gauklerische Vorspiegelung zu entfernen, (wenn auch nicht in Wirklichkeit), sondern oftmals beseitigen sie die Zeugungskraft selbst, so daß ein Weib nicht empfangen oder der Mann den Beischlaf nicht vollziehen kann, auch wenn ihm das Glied bleibt; ohne gauklerische Vorspiegelung bewirken sie nach der Empfängnis eine Frühgeburt, oft mit unzähligen anderen Uebeln; erscheinen auch häufig in verschiedenen Tiergestalten, wie oben gezeigt ist.
Die zweite Weise heißt auch Nigromantie, und sie geschieht durch Erscheinen der Toten und Anreden derselben, da, wie es heißt Etym. 3, nigros (νεκρός) griechisch Tod bedeutet (lateinisch mors), mantia (μαντεία) aber Weissagung. (Die Nigromantiker) bewirken aber solches durch das Blut eines Menschen oder eines Tieres, über gewisse Zeichen, da sie wissen, daß der Dämon das Blut liebt, d. h. dessen Vergießung und die Sünden. Daher kommt es, daß, wenn sie glauben, sie riefen die Toten aus den Gräbern, damit sie auf Fragen antworteten, die Dämonen in den Bildnissen jener erscheinen und derlei ausführen. Diese Art Kunst besaß auch jene Zauberin und Pytho, Könige I, 28, die auf das Drängen Sauls den Samuel heraufbeschwor. Aber keiner möge glauben, daß das deshalb erlaubt sei, weil die Schrift es erzählt, daß nämlich die Seele des gerechten Propheten, von den Toten gerufen, Saul durch die Kunst der Hexe den Ausgang des künftigen Krieges verkündet habe. Denn Augustinus ad Simplicianum sagt: „Es ist nicht absurd, zu glauben, es sei mit etzlicher Dispensation erlaubt gewesen, daß, ohne Beeinflussung durch die zauberische Kunst oder Macht, sondern mit geheimer Dispensation, die der Hexe und Saul verborgen war, sich der Geist des Gerechten den Augen des Königs zeigte, um ihn mit der göttlichen Botschaft zu treffen. Oder der Geist Samuels ist nicht wirklich aus seiner Ruhe aufgestört worden, sondern ein Wahngebilde und eine dämonische Sinnestäuschung ward bewirkt durch die Macht des Teufels; das nennt die Schrift ‚Samuel‘, wie ja auch Bilder nach dem Namen des Gegenstandes genannt zu werden pflegen.“ — Dies aus der Antwort auf ein Argument über die Frage, ob die Weissagung, die durch Anrufung der Dämonen geschieht, unerlaubt sei? II, 2, 95, 4. adsecundum. Aber wenn es dem Leser gefällt, dann sehe er die Antwort auf das letzte Argument der Frage, ob unter den Heiligen verschiedene Grade des Prophetentumes seien? ead. summa 174; er sehe auch das Wort des Augustinus 26, 5, nec mirum.
Doch dies gehört nur wenig zu den Hexenwerken, da die Hexen keinen Funken von Frömmigkeit mehr in sich behalten, wie sich deutlich zeigt, wenn man ihre Werke betrachtet: Sie hören nicht auf, das Blut Unschuldiger zu vergießen, auch Heimliches zu offenbaren, durch die Lehren der Dämonen, nicht Lebende noch Tote zu schonen, da sie die Seelen samt den Leibern töten.
In der dritten Weise endlich, die auch Weissagung aus Träumen heißt, wird zweierlei beobachtet: Erstens, wenn jemand Träume benutzt, um dadurch imstande zu sein, Verborgenes zu enthüllen durch die Eingebungen der bösen Geister, mit denen sie ausdrückliche Pakte haben, wenn sie nämlich dabei angerufen werden; zweitens aber, wenn jemand der Träume sich bedient, die Zukunft zu erkennen, wonach Träume hervorgehen aus göttlicher Eingebung oder aus einer natürlichen inneren oder äußeren Ursache, soweit eine solche Kraft sich ausdehnen kann; dann wird das keine unerlaubte Weissagung sein. — Thomas a. a. O.
Um dies zu verstehen, und damit die Prediger wenigstens einen Kern für ihre Predigten haben, ist zuerst von den Engeln zu sprechen. Da der Engel von beschränkter Macht ist, kann er von der Zukunft einer disponierten Seele wirksamer etwas enthüllen, als einer nicht disponierten. Disposition aber kommt nach der Beruhigung der inneren und äußeren Bewegungen, z. B. wenn die Nächte schweigend sind, und die Bewegungen der Dünste aufgehört haben, was um die Morgenröte geschieht, wenn die Digestion vollendet ist; und das sage ich von uns, da wir allzumal Sünder sind, denen die Engel aus göttlicher Liebe zur Erfüllung der Pflicht etwas offenbaren, oder wenn sie um die Morgenröte studieren, die den Geist zum Verständnisse dunkler Schriftstellen geschickt macht. Denn ein Engel leitet den Verstand, wie Gott den Willen, und Himmelskörper unseren Leib. Er kann aber anderen, vollkommenen Individuen zu jeder Stunde, im Schlafe und im Wachen, Eingebungen machen, wiewohl sie nach dem Philosophen, de somn. et vigil. mehr zu der einen Zeit geeignet sind, Eingebungen zu empfangen, als zu einer anderen, wie gesagt ist, und wie auch die Zauberer zu tun gewohnt sind.
Zweitens bemerke, daß aus der natürlichen Besorgtheit der Natur um die Beherrschung des Körpers es sich trifft, daß gewisses Zukünftige eine natürliche Ursache im schlafenden Menschen hat; und dann sind jene Träume oder Visionen nur Zeichen, und nicht Ursachen, wie betreffs des Engels gesagt ist; und zwar Zeichen dessen, was künftig den Menschen trifft, wie Krankheit oder Gesundung, Gefahr usw. Und das ist die Ansicht des Aristoteles a. a. O., daß die Natur der Seele im Schlafe gewisse Dispositionen zeigt, die im Körper sind, aus denen später Krankheit oder sonst etwas entsteht; wie, wenn jemand von Beschäftigung mit feurigen Sachen träumt, dies ein Zeichen ist, daß in ihm das Cholerische vorherrscht; wenn von luftigen, wie vom Fliegen usw., ist ein Zeichen von Sanguinismus; wenn von Wasser oder einer anderen wässerigen Flüssigkeit, ein Zeichen von Phlegma; wenn von Erde, ein Zeichen von Melancholie. Deshalb werden durch die Träume manchmal die Aerzte zur Erkenntnis des Zustandes der Körper unterstüzt, wie der Philosoph in demselben Buche sagt.
Auch dieses aber ist unbedeutend im Vergleiche zu den Träumen, welche die Hexen abergläubisch beobachten. Denn wenn sie, wie oben gesagt, nicht leibhaftig ausfahren, sondern nur im Geiste erfahren wollen, was von ihren Hexengenossinnen getrieben wird, dann haben sie sich im Namen ihres Teufels und aller Dämonen auf die linke Seite zu legen. Daher kommt es, daß ihnen das einzelne durch Vision der Einbildung gezeigt wird. Ebenso, wenn sie etwas Heimliches für sich oder andere Menschen von den Dämonen erfahren wollen, werden sie darüber durch Träume unterrichtet; nicht nach einem schweigenden, sondern nach einem ausdrücklichen Pakte mit ihnen; und wiederum nicht durch einen beliebigen Pakt, auf jede Weise, durch Opferung eines Tieres oder eine gotteslästerliche Beschwörung oder auch durch den Dienst der Hingebung, sondern indem sie sich selbst mit Leib und Seele dem Dämon preisgeben, unter völliger Ableugnung ihres Glaubens mit gotteslästerlichem Munde; und damit nicht zufrieden, bringen sie auch die eigenen oder fremde Kinder den Dämonen dar, oder töten sie, wie weiter oben geschrieben steht.
Die vierte Art, die durch Pythonen geübt wird, nach Isidorus von Python Apollo, der der Urheber der Weissagung gewesen sein soll, (geschieht) nicht durch Träume oder durch Anredung Verstorbener, sondern durch Lebende, wie bei den Besessenen, die so, von den Dämonen besessen, freiwillig oder unfreiwillig, zur Verkündigung der Zukunft und nicht zur Vollführung anderer Schandtaten getrieben werden, wie es mit jenem Mädchen war, Apostelgeschichte XVI, das hinter den Aposteln herrief, sie wären die wahren Diener Gottes; worüber Paulus unwillig ward und dem Geiste befahl, von ihr zu weichen. — Es ist klar, daß der Vergleich mit den Hexen und ihren Werken müßig ist, die ja nach Isidorus, wie oben zu lesen, nach der Ruchlosigkeit ihrer Taten und der Erschrecklichkeit ihrer Verbrechen so benannt sind.
Daher frommt es, der Kürze halber, nicht dasselbe von den übrigen geringeren Arten des Aberglaubens zu beweisen, da man sieht, daß schon die hervorragenderen den Hexenwerken nachstehen. Wenn es nämlich einem Prediger gefällt, noch die anderen Arten anzubringen, wie die Geomantie, die sich auf Erdenkörper bezieht, wie Eisen oder Edelstein (lapis politus); die Hydromantie, die am Wasser oder Eis geschieht; die Aeromantie, die an der Luft geschieht; die Pyromantie am Feuer; der (Kult der) Ariolen, der an den Eingeweiden der auf den Altären der Dämonen geopferten Tiere geschieht — so ist doch, mag das alles unter ausdrücklicher Anrufung der Dämonen geschehen, kein Vergleich mit den Schandtaten der Hexen, da jene auf keine Schädigung der Menschen oder Tiere oder Feldfrüchte direkt abzielen, sondern auf Erkennen der Zukunft. Bezüglich der anderen Arten der Weissagungen, die mit schweigender Anrufung und auch durch schweigenden Pakt mit den Dämonen geübt werden, wie die Genethliker oder Astrologen, so genannt wegen der Beobachtung der Geburtssterne; Haruspices, welche Tage und Stunden beobachten; Auguren, die Gebärden und Gackern der Vögel betrachten; Vorzeichendeuter, die auf die Worte der Menschen achten; Chiromantiker, die aus den Linien der Hand oder den Schulterblättern der Tiere weissagen — über alles dies mag, wer Lust hat, nachsehen bei Nider, Praeceptorium, in der zweiten Vorschrift, wo er vieles finden wird, wie es erlaubt sei und wie nicht: Die Werke aber der Hexen sind niemals erlaubt.