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Der Geschmack ist verschieden

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gerstäcker
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Titel: Der Geschmack ist verschieden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 560
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[560] Der Geschmack ist verschieden. „Nach den Ueberschwemmungen des Nil bleiben in Einsenkungen des Landes und sonstigen Vertiefungen eine Unzahl von größeren und kleineren Fischen zurück, welche die Bewohner der dortigen Gegenden gar nicht im Stande sind alle frisch zu verzehren. Trotzdem aber sammeln sie diese Fische mit der größten Sorgfalt, und trocknen dieselben nicht etwa, oder räuchern sie, sondern graben tiefe Löcher, werfen sie dort hinein, bedecken sie wieder mit Erde und lassen sie vier bis fünf Monate darin ruhig liegen und vollständig faulen.

Ist dieses schöne Ziel nun erreicht, so wird die ineinandergegohrene Masse wieder ausgegraben, und nicht allein von den gewöhnlichen Fellahs verzehrt, sondern auch in den Straßen von Kairo als die größte Delicatesse ausgeschrieen und gierig gekauft.“

Diese Notiz gab mir Naib Effendi, unser Mayor Domo, auf Kasr Nusha in Kairo, und unser Dolmetscher, Reza Effendi, bestätigte sie.

„Aber wie ist es möglich,“ rief ich entsetzt aus, „daß civilisirte Menschen eine solche Scheußlichkeit – verfaulte Fische kaufen und verzehren können? Sie müssen ja die ganze Stadt verpesten.“

„Das thun sie auch,“ versicherte Naib Effendi ruhig, „aber ich gebe Ihnen mein Wort, daß diese Fische ausgezeichnet schmecken.“

„Aber Sie haben doch nicht etwa davon gegessen?“

„Ich? gewiß! der Geschmack ist verschieden, diese faulen Fische schmecken mir ausgezeichnet ich wäre aber nicht im Stande Ihren faulen Käse zu verzehren, der noch viel ärger stinkt als die Fische, und bei den Europäern doch als Delicatesse gilt. Was ist der anders als verdorbene Milch?“

Und hatte der Mann nicht Recht?Fr. Gerstäcker.