Der Freudenberg in Radeberg
Südlich vom ehemaligen Dresdner Tore der Stadt Radeberg liegt der uralte Stadtteil, der „Freudenberg“. Außer mehreren Gärten befinden sich gegenwärtig hier oben einige alte Scheunen, diesen gegenüber, nur durch einen marktähnlichen Platz getrennt, eine Reihe zweistöckiger Wohnhäuser und am westlichen Rande desselben die ehemalige Exerzierhalle aus der Zeit, da Radeberg noch Garnison war. (Bis 1879.) – Nach dem Rödertale zu fällt der Freudenberg ziemlich steil ab, und man überblickt von hier oben aus die ganze südwestliche Vorstadt, das sogenannte Fabrikviertel Radebergs, welches sich mehr oder weniger um den Bahnhof konzentriert.
Der Freudenberg ist eine geschichtlich denkwürdige Stätte. Hier oben war es, wo die Wenden eine ihrer ersten Niederlassungen gründeten und zwar schon um’s Jahr 500 nach Christi Geburt. Auf dem Freudenberge errichteten sie ihre Hütten und verwandelten die Höhe in eine Art Festung, die als Vorhut ihrer Ansiedelungen rechts der Elbe diente. Ihre Gründung sollen sie nach dem wendischen Sonnen- und Kriegsgotte Radegast genannt haben, woraus der jetzige Name der Stadt Radeberg entstanden wäre.
Nach neueren Forschungen habe der Ort aber erst im 12. Jahrhundert den Namen Radeberg erhalten. – Auf einem gegenüberliegenden Hügel, im Volksmunde als der „Wendische Kirchhof“ bezeichnet, bestatteten die Wenden ihre Toten. Hierselbst hat man seit Jahrzehnten zahlreiche Urnenfunde gemacht und auch andere wertvolle Gegenstände ausgegraben.
Mit der Zeit wurde diese Ansiedelung der Wenden erweitert. Man errichtete nordwärts vom Freudenberge neue Hütten, und der Mittelpunkt der wendischen Niederlassung wurde nach Jahrhunderten mehr oder weniger der jetzige Marktplatz der Stadt Radeberg. Nicht unmöglich wäre es, daß die ehemaligen Bewohner Altrabrigs und die des Freudenberges infolge gleicher Schicksalsschläge einen gemeinsamen Platz besiedelten, der sich da befand, wo heute der Mittelpunkt Radebergs liegt.
Wie die Volkssage berichtet, soll im frühen Mittelalter auf dem Freudenberge ein Kloster gestanden haben und zwar ein Nonnenkloster mit Namen Freydenberg. Eine Äbtissin desselben habe einst den Radeberger Handwerksinnungen [22] das zwischen der Probstmühle und der Herrenmühle gelegene Meisterwehr geschenkt. Sichere geschichtliche Nachrichten über das fragliche Nonnenkloster auf dem Freudenberge zu Radeberg sind leider nicht vorhanden. In welches Jahrhundert die Gründung fällt, wird nirgends berichtet, ebenso ist auch nichts über den Verfall des Klosters bekannt. Wenn ein Kloster hier oben gestanden haben sollte, dann könnte sein Verfall nicht etwa erst nach der Reformation geschehen sein; denn sonst würden wir sicher irgend welche Kunde darüber haben. Das Kloster ist jedenfalls lange Zeit vor der Reformation aufgehoben oder zerstört worden. Vielleicht ist es eine Beute des Krieges oder der elementaren Gewalten geworden. Überreste hat man bis heute noch nicht entdecken können. Das alte Kirchen- und Ratsarchiv der Stadt, welches wertvolle Urkunden enthielt, wurde am 18. Mai 1741 bei einem furchtbaren Brande Radebergs ein Raub der Flammen. Vielleicht hätten uns jene alten Schriften Aufschluß geben können.
Nicht unmöglich wäre es, daß das fragliche Kloster auf dem Freudenberge im Hussitenkriege vielleicht völlig zerstört worden ist. (Vgl. Nr. 3.)
Dazu erwähnt der „Mönch von Pirna“ eine Kapelle „Sankt Wolfgang“ auf dem Freudenberge, welche auf das ehemalige Vorhandensein eines Klosters hier oben hindeuten kann.
In der Chronik von Radeberg, geschrieben von Dr. Heinrich v. Martius im Jahre 1828, gedruckt in Bautzen bei Weller, heißt es wörtlich:
„Im Jahre 1430, wo Radeberg eine gar stattliche Festung gewesen sein mag, nahmen sie die Hussiten unter Anführung des Procopius, trotz der verzweifelten Gegenwehr der bewaffneten Bürger mit Sturm ein, steckten sie an, nachdem sie alles rein ausgeplündert und brannten sie bis auf den Grund aus.“
Der erwähnte „Mönch von Pirna“ schreibt hierüber folgendes:
„Radebergk, 2 meilen von Dresen an der schwarzen Reddir (Röder gemeint) bey Wache und Erkmannsdorf in Meisen, hat ein slos und Sankt [23] Wolfgangerkapell auf dem freudenbergen, ward von den Hussiten 1430 ausgebrannt“. –
Die Insassen des Klosters sind wahrscheinlich vor dem Herannahen der Hussiten geflohen, oder sie haben unter den brennenden Trümmern ihren Tod gefunden. Das Nonnenkloster wurde nicht wieder aufgebaut, und sein ehemaliges Vorhandensein fiel gar bald der Vergessenheit anheim, so daß uns heute nur noch die Sage dunkle Kunde hiervon gibt.
Noch vor 200 Jahren waren auf dem Freudenberge umfangreiche Gärten und Grasplätze vorhanden. Letztere dienten den Kühen der Stadt als Hutung. An die Gärten stießen die Stadtscheunen. Im Jahre 1713 ließen auf dem Freudenberge der Rittmeister Bruckmeyer und der in Königsee geborene Arzneilaborant Hausen mehrere weitläufige Gebäude aufführen, um die seit dem Jahre 1645 in Radeberg eingeführte Salpetersiederei in größerem Maßstabe zu betreiben, nachdem sie die landesherrliche Genehmigung hierzu eingeholt hatten. Grund und Boden gehörten der Stadt. Doch die beiden Herren hielten es nicht für nötig, den Grundeigentümer um die Bauerlaubnis zu fragen. Mit beispielloser Unverschämtheit ließen sie auch allen guten Rasen „500 Schritte im Quadrat“ ausstechen und umwühlen. Der Rat und die Bürgerschaft erhoben anfangs in aller Güte Einspruch gegen das Gebahren der beiden Männer. Man befürchtete auch für die nahen Stadtscheunen mit Recht ernstliche Feuersgefahr. Doch alle Vorstellungen waren vergeblich. Da kam es so weit, daß sich die Bürgerschaft am 20. September 1714 erhob. Der Gerichtsdiener schlug mit seiner Trommel Alarm. Die Bürger kamen hierauf auf dem Marktplatze zusammen und zogen, von dem „Amtssteuereinnehmer, dem Generalaccisseneinnehmer“, sowie einigen Beamten und Ratsmitgliedern angeführt, in großen Scharen nach dem Freudenberge, erstürmten die Siedehütten und machten sämtliche Gebäude dem Erdboden gleich. Seit jener Zeit hat die frühere Salpetersiederei in Radeberg ihr Ende gefunden. Auf dem Freudenberge entstanden nun wieder freundliche Bürgerhäuser, und er ist noch bewohnt bis auf den heutigen Tag.