Der Dichterfürsten erstes Begegnen
In dem Hause des Cantors zu Volkstädt, einem freundlichen Dörfchen in der Nähe von Rudolstadt, saß ein jüngerer Mann von ungefähr neunundzwanzig Jahren an dem einfachen Schreibtisch von weißem Fichtenholz. Rastlos flog die Feder über das Papier, während die scheidende Sonne seine eher interessanten, als schönen Züge beleuchtete. Die hohe, prächtig geformte Stirn, gleichsam der Tempel des Genius, der fein geschnittene Mund und selbst die energisch gebogene Adlernase verliehen ihm das deutliche Gepräge geistigen Adels, das allerdings durch das röthlich-blonde Haupthaar, die vielen Sommersprossen der bleichen Wangen und die gedrückte Haltung der langen, schmächtigen Figur einigermaßen beeinträchtigt wurde. Ein mildes, verklärendes Lächeln der Zufriedenheit schwebte um seine Lippen, als er jetzt seine anstrengende Arbeit beendet und sein Tagewerk für heute schließen durfte. Schnell griff er, noch immer lächelnd, nach Hut und Stock, steckte ein Buch in die weiten Taschen seines langen, braunen Rockes und trat, hochaufathmend und die angenehme Kühle des hereinbrechenden Abends genießend, in’s Freie. Mit sichtlichem Vergnügen ließ er seine Augen über das blühende Thal, die frischen Wiesen und die blauen Linien der Berge zu beiden Seiten schweifen, dann verfolgte er den Silberlauf des Flusses, indem er den schattigen Fußpfad nach dem kaum eine halbe Stunde entfernten Rudolstadt einschlug, dessen stattliches Fürstenschloß im goldenen Schimmer der Abendröthe ihm entgegenstrahlte. Bald hatte Schiller, der hier in stiller Zurückgezogenheit an seinen unsterblichen Werken arbeitete, das Ziel seiner Wanderung, ein freundliches Häuschen mit einem wohlgepflegten Garten, erreicht. Hier wohnte die ihm befreundete Wittwe des Landjägermeisters von Lengefeld mit ihren beiden Töchtern Caroline und Charlotte, denen auch heute wie fast an jedem freien Abend sein Besuch galt.
Die hochgebildete Familie hatte von jeher dem damals zwar schon bekannten und selbst bewunderten, aber erst nach einer festen Stellung ringenden Dichter eine wohlthuende Theilnahme gezeigt. Besonders lebhaft interessirten sich für ihn die beiden Töchter mit der den Frauen eigenen Verehrung für den Genius. Die ältere, Caroline, war eine ebenso anziehende wie bedeutende Erscheinung; fein und graciös, eine Meisterin auf dem Clavier und auch als Schriftstellerin hervorragend, voll tiefer Empfindung und feinem Verständniß selbst für die abstracte Gedankenwelt. Eine unglückliche Verbindung mit einem nicht geliebten Manne verlieh ihrem Wesen eine gewisse Schwermuth, ein Gefühl von Unbefriedigtsein, das sie nur um so interessanter erscheinen ließ. Dagegen war ihre jüngere Schwester Charlotte eine durchaus harmonische Natur, vielleicht minder begabt, obgleich sie trefflich zeichnete und ihre Gedichte und kleinen Erzählungen ein entschiedenes Talent bekundeten, aber um so reizender durch jugendliche Frische, innere Gesundheit
[181][182] und echte Weiblichkeit. Selbst ein kleiner Anstrich von geistiger Coquetterie erhöhte nur die Anmuth ihrer ganzen Erscheinung. Dabei fehlte es ihr keineswegs an Tiefe des Gefühls und bei aller Lebhaftigkeit an ernstem Sinn. Gern und oft beschäftigte sie sich mit den großen Fragen der Menschheit und ihr freier Geist lehnte sich schon damals gegen die Vorurtheile des Glaubens und der Gesellschaft auf. Zu diesen inneren Vorzügen gesellte sich noch der Reiz der äußeren Gestalt, der hohe, schlanke Wuchs, die feurigen blauen Augen, welche in auffallend pikanter Weise mit dem dunklen Haar und dem brünetten Teint contrastirten.
In dieser Gesellschaft fand Schiller eine Befriedigung, die er sonst in seinem meist leidenschaftlichen Verkehr mit anderen Frauen vermißt hatte. Es bedurfte keiner besondern Aufforderung für ihn, um einen ganzen Sommer in der Nähe der ihm so lieb gewordenen Familie von Lengefeld zu verleben. Größtentheils um ihretwillen hatte er Weimar verlassen und sich in Volkstädt bei dem dortigen Cantor eingemiethet. Ja, er ging sogar mit dem Plane um, ganz nach Rudolstadt zu ziehen, da ihn die späten, nächtlichen Spaziergänge häufigen Erkältungen aussetzten. Mit dieser Nachricht gedachte er heute die Freundinnen zu überraschen und das war auch der Grund seines zufriedenen Lächelns, mit dem er den Frauen jetzt entgegentrat. Die würdige Matrone streckte ihm schon von weitem freundlich ihre Hand entgegen und forderte ihn auf, an ihrer Seite auf dem „Kanapee“, seinem Lieblingssitz, Platz zu nehmen, während die Töchter mit sichtlicher Freude Schiller begrüßten: selbst das muntere Hündchen der Frau von Lengefeld gab durch fröhliches Bellen und Wedeln sein Vergnügen über den Besuch des ihm wohlbekannten Hausfreundes zu erkennen.
Bald war die Unterhaltung lebhaft und allgemein im Gange: der Dichter mußte von seinen neuen Arbeiten, von seiner „Rebellion der Niederlande“ und dem „Geisterseher“ berichten, für den sich die Damen besonders lebhaft interessirten. Einzelne Bruchstücke, die er ihnen aus beiden noch unvollendeten Werken jüngst erst vorgelesen, hatten ihre Neugierde im höchsten Grade gespannt. Lächelnd gestand ihm Charlotte, daß sie die ganze vergangene Nacht von „Oranien“ geträumt, aber noch angenehmer als diese dem Dichter schmeichelhafte Aeußerung aus ihrem Munde berührte ihn ihre ängstliche Sorge um seine Gesundheit, indem sie ihm gestand, daß der ihn quälende Husten und die damit verbundene Schlaflosigkeit sie ernstlich beunruhigten; wobei sie hinzusetzte: „Ich hätte Ihnen gern eine Nacht Schlaf geopfert, dachte ich heute früh, und hätte mich gefreut, wenn der Morgen mich schlaflos gefunden hätte, daß Sie dafür ruhten.“
Schiller dankte ihr mit einem warmen, liebevollen Blick und ergriff zugleich die Gelegenheit, die Familie mit seinem Vorsatze bekannt zu machen, daß er, um ihr noch näher zu sein, fortan in Rudolstadt seinen Wohnsitz aufschlagen wolle. Heimlich flüsterte er der erröthenden Charlotte im scherzenden, aber doch ernst gemeinten Tone die Worte in das Ohr: „Gern wohnte ich Ihnen gegenüber. Ich brächte dann einen Spiegel in meinem Zimmer an, daß mir Ihr Bild gerade vor den Schreibtisch zu stehen käme, und dann könnte ich mit Ihnen sprechen, ohne daß es ein Mensch wüßte.“
Die Nachricht selbst wurde von den Frauen mit großer Befriedigung aufgenommen und die Umsiedlung schon für die nächste Woche festgesetzt. Caroline glaubte eine für Schiller nicht minder interessante Mittheilung machen zu können, indem sie ihm einen Brief aus Weimar zeigte, worin die Rückkehr Goethes aus Italien gemeldet wurde. Hieran knüpfte sie zugleich den Wunsch, daß beide Dichter sich kennen lernen und einander näher treten möchten, wozu ein Besuch des mit der Familie Lengefeld ebenfalls befreundeten Goethe die beste Gelegenheit bieten dürfte. Zu ihrem Erstaunen schien Schiller weder ihre Freude, noch ihre Begeisterung für den Dichter des „Werther“ und der „Iphigenie“ zu theilen. In ihrem natürlichen Enthusiasmus hatte sie sich bereits die Begegnung des Genius mit dem Genius in den lachendsten Farben ausgemalt und damit besonders für Schiller’s Zukunft die reizendsten Aussichten und Pläne verbunden. Dieser fühlte jedoch für Goethe keineswegs eine gleiche Bewunderung und noch weniger Symnpathien mir dem „Geheimrath“. Unwillkürlich beneidete er den „Sohn des Glücks“, dem die goldenen Aepfel ohne Mühe in den Schooß fielen, während ihn, bis jetzt das mißgünstige Geschick nur seine bitteren Früchte kosten ließ. Noch in diesem Augenblick mußte er mit den Wogen und Stürmen des Lebens kämpfen, wogegen sein glücklicher Nebenbuhler längst in den sichern Hafen ein gelaufen war. Selbst als Dichter fand er sich von ihm benachtheiligt, indem die klassische Ruhe und Formvollendung der Goetheschen Poesie der sturm- und drangvollen Muse Schiller’s von den meisten Gebildeten vorgezogen wurden, nur, weil ihm in seiner vielfach bedrängten Lage nicht gestattet war, seine Schöpfungen an einer günstigeren Sonne reifen zu lassen. Hierzu kam noch die tiefe innere Verschiedenheit der beiden Männer, ihres Charakters, Bildungsganges und Talents.
Dennoch konnte sich Schiller der wohlgemeinten Aufforderung der ihm befreundeten Familie nicht entziehen; eine gewisse Theilnahme, die er trotz aller Abneigung nicht zu unterdrücken vermochte, ließ ihn sogar mit Ungeduld den angekündigten Besuch Goethe’s im Lengefeld’schen Hause erwarten. Endlich erschien der Gefeierte in Rudolstadt am 9. September 1788, umgeben von einem Kranz anbetender Frauen, darunter Frau von Stein und die Gattin seines Freundes Herder. Die Begegnung der beiden Dichter, von welcher die Schwestern sich ein inniges Freundschaftsbündniß versprachen, erfolgte, ohne jedoch ihre Wünsche zu erfüllen. Zwar wurde die Bekanntschaft zwischen ihnen leicht und ohne den mindesten Zwang gemacht, aber der große Kreis der Anwesenden und die tiefe Verschiedenheit ihrer Naturen hinderten jede vertrauliche Auslassung und Annäherung. Schon die äußere Erscheinung beider, als sie einander gegenüberstanden, bekundete den inneren Gegensatz: Goethe kräftig und gedrungen, breitschultrig mit gebräunten Wangen, feurig klaren Augen, bewegte sich sicher und überlegen, mit dem vollen Gefühle seiner Würde und Bedeutung in dem Kreise, dessen Mittelpunkt er bildete, wogegen der hagere, unbeholfene Schiller mit den schwärmerischen blauen Augen und den transcendentalen Zügen kaum eine Beachtung zu beanspruchen schien. Der Tag war mild und schön. Frau Herder und Frau von Stein saßen mit Frau von Lengefeld auf jenem Kanapee, das Schiller so liebte, die beiden Dichter aber lustwandelten in den Gängen des Gartens, und Caroline und Charlotte folgten vom offnen Fenster aus mit gespanntester Aufmerksamkeit den Promenirenden. Während aber Goethe sprach und von seiner italienischen Reise eine geistvolle Schilderung gab, sah sich Schiller zu der passiven Rolle eines bloßen Zuhörers verurtheilt, obgleich auch er sich dem Zauber der sonoren Stimme und dem hinreißenden Vortrage des geborenen Erzählers nicht zu entziehen vermochte.
Trotzdem fühlte er schärfer als je den Zwiespalt ihres Wesens, die Verschiedenheit ihrer Naturen. Unter dem frischen Eindrucke dieser Begegnung schrieb er seinem Freunde Körner in Dresden: „Im Ganzen genommen ist meine in der That große Idee von ihm nach dieser persönlichen Bekanntschaft nicht verändert worden; aber ich zweifle, ob wir einander je sehr nahe rücken werden. Vieles, was mir jetzt noch interessant ist, was ich noch zu wünschen und zu hoffen habe, hat seine Epoche bei ihm durchlebt; er ist mir an Jahren weniger, als an Lebenserfahrung und Selbstentwickelung so weit voraus, daß wir unterwegs nie mehr zusammenkommen werden, und sein ganzes Wesen ist schon von Anfang her anders angelegt, als das meinige, seine Welt ist nicht die meinige, unsere Vorstellungen scheinen wesentlich verschieden.“ Noch tiefer und entschiedener drückte Schiller seine Empfindungen über Goethe in einem späteren Briefe an Körner mit den charakteristischen Worten aus: „Eine ganz sonderbare Mischung von Haß und Liebe ist es, die er in mir erweckt hat, eine Empfindung, die derjenigen nicht ganz unähnlich ist, die Brutus und Cassius gegen Cäsar gehabt haben müssen; ich könnte seinen Geist umbringen und ihn wieder von Herzen lieben.“
Wer fühlt und sieht hier nicht bereits den Frühlingskeim der Freundschaft unter der eisigen Rinde der Antipathie und des Vorurtheils? Nach einem ewigen Naturgesetz ziehen sich die entgegen gesetzten Pole am meisten an, indem sie ihre geheimnißvollen Kräfte mit einander auszutauschen und sich gleichsam zu ergänzen suchen. Auch Goethe und Schiller sollten nachmals die Wahrheit dieser Erfahrung in vollem Umfange an sich erproben.
Niemand aber wurde von dem unvorhergesehenen Resultat dieser Begegnung schmerzlicher berührt als die Schwestern Lengefeld, die so große Hoffnungen darauf gesetzt hatten. Noch mehr betrübte sie die Recension des „Egmont“, welche Schiller bald nach diesem Besuch in der „Allgemeinen Literaturzeitung“ erscheinen ließ. Bei [183] aller Anerkennung hatte der kühne Kritiker manchen mir zu sehr gerechtfertigten Tadel ausgesprochen und damit, freilich ohne es zu wollen, die schwärmerischen Verehrerinnen Goethe’s tief verletzt. Sie zürnten ihm ernstlich, aber bald gelang es ihm die Freundinnen wieder zu versöhnen. Auch hatten sie noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, eine Annäherung der beiden verehrten Männer unter günstigeren Verhältnissen wieder Herbeizuführen. Unterdeß war die rauhe Jahreszeit herbeigekommen und Schiller mußte mit widerstrebendem Herzen an die Trennung denken. Sein Geburtstag wurde noch in dem traulichen Kreise gefeiert und er mit einer Zeichnung von Charlottens Hand beschenkt. Es schlug die bittere Abschiedsstunde, sein Herz blieb zurück, gefesselt von der Anmuth der jüngeren Schwester. Vor allen Dingen aber beschäftigte ihn jetzt der Gedanke, endlich eine „feste Stellung“ zu gewinnen. Es fehlte ihm nicht an einflußreichen Freunden, die sich lebhaft für ihn interessirten, auch der Herzog von Weimar war ihm geneigt und gern bereit, ihn nach Kräften zu fördern. Die „Geschichte des Abfalls der Niederlande“ hatte eine überaus günstige Aufnahme gefunden und zugleich Schiller’s historischen Beruf bekundet. Der Gedanke lag nicht fern, ihm als Lehrer der Geschichte eine Anstellung zu verschaffen. Die erste Anregung hierzu scheint von Caroline ausgegangen zu sein, welche mit Frau von Stein, der Freundin Goethe’s und des Herzogs, deshalb Rücksprache nahm, letzterer ging bereitwillig auf den Vorschlag ein und ließ Schiller durch den geheimen Rath Voigt sondiren. Der bescheidene Dichter zögerte, da er sich nicht die nöthigen Kenntnisse zutraute; er fragte seinen Körner um Rath und dieser mahnte ihn, die ihm angebotene Professur in Jena anzunehmen, aber vor Allem sich eine gute Besoldung auszumachen. Das unterließ freilich der unpraktische Schiller, dem es nur zunächst darum zu thun war, eine feste Position zu fassen und sein eigenes Hauswesen zu begründen, da er als Professor hoffen durfte, seine „geliebte Charlotte“ heimzuführen. Seine Fürsprecherin bei der Schwester und der Mutter war die treue Caroline, welche, selbst nicht glücklich, ihre Freude im Glücke ihrer Umgebung suchte und fand.
In der Ehe genoß Schiller endlich die ersehnte Befriedigung. Und wie ihm in dem Kreise des häuslichen Heerdes ein bisher unbekanntes Glück durch die Liebe erblühte, so sollte die verschmähte Hand der Freundschaft ihn umschlingen und zu dem Tempel der Unsterblichkeit in treuer Hingebung geleiten.
Eines Tages besuchte Schiller, der von schwerer Krankheit eben genesen war, die von dem Professor Batsch in Jena begründete „naturforschende Gesellschaft“. Beim Nachhausegehen traf er in der Thür zufällig mit dem damals ebendaselbst verweilenden Goethe zusammen. Jahre waren seit jener ersten Begegnung in Rudolstadt vergangen und mit den Jahren hatten sich auch manche Anschauungen der beiden Männer umgewandelt, die, wenn auch nicht Neigung, doch gegenseitige Achtung empfanden. Auch der freundliche Sinn der Frauen hatte die abgerissenen Fäden wieder anzuknüpfen und ein leidliches Vernehmen herzustellen gesucht. ohne daß sich die alten Gegner darum näher getreten waren. Höflich begrüßten sie sich jetzt, ein Gespräch anknüpfend. Schiller, der ein Interesse für Naturwissenschaften sich bewahrt hatte, klagte über die zerstückelte Art, wie dieselben in der Gesellschaft eben behandelt wurden. Goethe gab ihm Recht und fügte hinzu: „daß es doch wohl noch eine andere Weise geben könne, die Natur nicht gesondert und einzeln vorzunehmen, sondern sie wirkend und lebendig, aus dem Ganzen in die Theile strebend, darzustellen.“ Jener verbarg ihm nicht seine Zweifel, wünschte aber aufgeklärt zu werden. So im Eifer des Gespräches gelangten sie bis an Schillers Wohnung. Goethe folgte dessen Einladung, mit in’s Haus zu kommen, und trug die ihn damals ganz erfüllende Metamorphose der Pflanze vor, indem er mit charakteristischen Federstrichen eine solche symbolische Pflanze auf das Papier zeichnete. Aufmerksam folgte Schiller seinem Vortrage, als aber Goethe geendet hatte, schüttelte der Erstere den Kopf und sagte: „das ist keine Erfahrung, das ist eine Idee!“
Der alte Groll wollte sich von Neuem regen, allein Goethe nahm sich zusammen und entgegnete: „Das kann mir lieb sein, daß ich Ideen habe, ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe.“
Schiller antwortete im Geiste der Kantischen Philosophie, und wenn auch Keiner den Andern überzeugte, so war doch der erste Schritt gethan, und auch Goethe empfand die große Anziehungskraft dieses Geistes, der Alle fest hielt, die sich ihm näherten. Einige Tage später forderte ihn Schiller zu Beiträgen für die von ihm herausgegebenen Horen auf. Goethe sagte freundlich zu und Schiller schrieb ihm jenen herrlichen Brief, worin er mit der reinsten, neidlosen Hingebung und Unparteilichkeit „die Summe von Goethe’s Existenz zog“ und gleichsam den Grundstein zu einer Freundschaft legte, welche in ihrer geistigen Größe, Schönheit und ethischen Bedeutung kaum ihres Gleichen weder im classischen Alterthum, noch in der neueren Geschichte findet, dem deutschen Volke aber ein leuchtendes Vorbild für ewige Zeiten bleibt.