15. Der relativ-zyklische Körper vom Primzahlgrade.
§ 54.
Die symbolische Potenz, Der Satz von den Zahlen mit der Relativnorm .
Es soll jetzt über relativ Abelsche Körper eine Reihe fundamentaler Sätze abgeleitet werden. Um dieselben leichter aussprechen und beweisen zu können, schicken wir einige Bezeichnungen und Festsetzungen voraus.
Es sei ein Zahlkörper vom Grade ; derselbe sei relativ-zyklisch in bezug auf den Körper vom -ten Grade; der Relativgrad sei eine Primzahl. Die Substitutionen der zyklischen Relativgruppe seien . Endlich definieren wir den Begriff der symbolischen Potenz einer Zahl des Körpers , wie folgt: wenn eine beliebige ganze oder gebrochene Zahl in ist und irgendwelche ganze rationale Zahlen bedeuten, so möge der Ausdruck
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zur Abkürzung mit
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bezeichnet werden, wo die auf der linken Seite im Exponenten von stehende ganzzahlige Funktion von bedeutet. Die symbolische -te Potenz von stellt hiernach stets wiederum eine ganze oder gebrochene Zahl des Körpers dar. Diese symbolische Potenzierung kann als Verallgemeinerung einer Bezeichnungsweise angesehen werden, welche Kronecker im Falle des Kreiskörpers eingeführt hat [Kronecker (1[1])].
Wir beweisen nun der Reihe nach folgende Eigenschaften des relativ-zyklischen Körpers :
Satz 90. Jede ganze oder gebrochene Zahl in , deren Relativnorm in bezug auf gleich ist, wird die symbolische -te Potenz einer gewissen ganzen Zahl des Körpers .
Beweis. Es sei eine Veränderliche und eine den Körper bestimmende Zahl; dann setze man:
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und
.
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Berücksichtigt man, daß nach Voraussetzung
ist und folglich auch
wird, so ergibt sich
. Da
eine rationale Funktion von
ist, welche, wie leicht ersichtlich, nicht identisch für alle
verschwindet, so kann man eine ganze rationale Zahl
so wählen, daß
, eine von
verschiedene Zahl in
wird. Die Zahl
genügt dann der Gleichung
. Setzen wir
, wo
eine ganze algebraische Zahl in
und
eine ganze rationale Zahl bedeutet, so ist auch
.
§ 55. Das System von relativen Grundeinheiten und der Nachweis ihrer Existenz.
Ein zweiter wichtiger Satz über den Körper betrifft eine Eigenschaft der Einheiten in . Kommen unter den konjugierten Körpern, welche durch bestimmt sind, reelle Körper und Paare konjugiert imaginärer Körper vor, so ist nach Satz 47 die Zahl der Grundeinheiten in gleich . Wir definieren nun den Begriff eines Systems von relativen Grundeinheiten des Körpers bezüglich . Unter einem solchen System verstehen wir ein System von Einheiten , …, im Körper von der Eigenschaft, daß eine Einheit von der Gestalt nur dann die symbolische -te Potenz einer Einheit in werden kann, wenn die ganzen algebraischen Zahlen , …, sämtlich durch teilbar sind. Dabei bedeuten , …, ganzzahlige Funktionen von ; bedeutet eine beliebige Einheit des Körpers oder eine solche Einheit des Körpers , deren -te Potenz eine Einheit in ist; endlich bedeutet eine von verschiedene -te Einheitswurzel.
Satz 91. Wenn der Relativgrad des relativ-zyklischen Körpers in
bezug auf den Körper eine ungerade Primzahl ist, so existiert in stets ein
System von relativen Grundeinheiten, wobei für die Bedeutung wie
in Satz 47 hat.
Beweis. Wegen kommen unter den durch bestimmten konjugierten Körpern , reelle Körper und imaginäre Paare von Körpern vor. Es sei , …‚ , ein System von Grundeinheiten des Körpers . Man wähle unter den Einheiten in eine solche Einheit aus, daß , , …, ein System von unabhängigen Einheiten bilden; dann müssen auch die Einheiten , , …, , , …, ein System unabhängiger Einheiten sein.
Zum Beweise hierfür machen wir die gegenteilige Annahme und denken uns , wo eine nicht identisch verschwindende ganzzahlige Funktion vom -ten Grade in und eine Einheit des Körpers bedeutet. Da die Funktion irreduzibel ist, (vgl. die Bemerkung am Schluß des § 91), so lassen sich zwei ganzzahlige Funktionen , von und eine von verschiedene ganze rationale Zahl derart bestimmen, daß
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wird. Hieraus folgt unter Berücksichtigung von
die Gleichung , welche unserer Annahme zuwider läuft; dabei bedeuten und Einheiten in .
Nunmehr wähle man eine Einheit so, daß , , , …, , , …, , ein System unabhängiger Einheiten bilden, und beweise dann in ähnlicher Weise, wie vorher, daß auch die Einheiten , , …, , , , …, , , …‚ , unabhängige Einheiten sind. So fortfahrend, gelangen wir zu Einheiten , …‚ von der Beschaffenheit, daß die Einheiten
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ein System von unabhängigen Einheiten bilden. Die Zahl dieser Einheiten beträgt
.
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Es sei nun eine so hohe Potenz von , daß ein Ausdruck
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(20)
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in welchem , …, beliebige ganzzahlige Funktionen vom -ten Grade in bedeuten und die auf S. 150 erklärte Bedeutung hat, nicht anders eine -te Potenz einer Einheit in werden kann, als wenn alle Koeffizienten der Funktionen , …, durch teilbar sind. Daß es eine solche Potenz stets geben muß‚ folgt, wenn man die nach Satz 47 existierenden Grundeinheiten des Körpers zu Hilfe zieht.
Wir berücksichtigen ferner die Identität
,
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in der eine ganzzahlige Funktion bedeutet; da hiernach die -te symbolische Potenz einer Zahl in zugleich auch eine -te wirkliche Potenz ist, so folgt, daß der Ausdruck (20) nicht anders die -te symbolische Potenz einer Einheit werden kann, als wenn die ganzen algebraischen Zahlen ‚ …, sämtlich durch teilbar sind.
Es sei nun die größte ganze rationale Zahl von der Art, daß ein Ausdruck von der Gestalt (20) eine -te symbolische Potenz einer Einheit ist, ohne daß sämtliche Zahlen , …‚ durch teilbar sind; wir nehmen an, es sei ein solcher Ausdruck:
,
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wo
, …‚
gewisse ganze rationale Funktionen von
sind und etwa
nicht durch
teilbar sein möge;
hat die frühere Bedeutung,
und ist eine gewisse Einheit des Körpers . Des weiteren nehmen wir an, es sei die größte ganze Zahl von der Beschaffenheit, daß ein entsprechend aus den Einheiten , …, gebildeter Ausdruck existiert, der die -te symbolische Potenz einer Einheit in wird; es sei etwa ein solcher Ausdruck:
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wo , …, wiederum gewisse ganze rationale Funktionen von sind und etwa nicht durch teilbar sein möge; bedeutet eine Einheit in . So fortfahrend, gelangen wir zu Einheiten , , …, ; dieselben bilden ein System von relativen Grundeinheiten des Körpers .
Um dies zu zeigen, nehmen wir im Gegenteil an, es gäbe ganze rationale Funktionen , …, derart, daß
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wird, wo eine Einheit in bedeutet; es sei ferner unter den Zahlen
, …, etwa die erste nicht durch teilbare Zahl: dann wäre offenbar auch der Teil
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des letzten Produkts die -te symbolische Potenz einer Einheit des Körpers . Da aber in der Reihe der Zahlen , , …, keine folgende größer ist als die vorhergehende, so stoßen wir, wenn wir den letzten Ausdruck in die -te Potenz erheben und dann wieder die Einheiten , …, einführen, auf einen Widerspruch mit unseren Festsetzungen.
Der eben bewiesene Satz 91 gilt, wie leicht ersichtlich, auch für , wenn in diesem Falle noch der Umstand hinzukommt, daß unter den durch bestimmten einander konjugierten Körpern doppelt so viel reelle Körper als unter den durch bestimmten konjugierten Körpern vorhanden sind.
§ 56.
Die Existenz einer Einheit in , welche die Relativnorm besitzt und doch nicht dem Quotienten zweier relativ-konjugierten Einheiten gleich wird.
Satz 92. Falls der Relativgrad des relativ-zyklischen Körpers in bezug auf den Körper eine ungerade Primzahl ist, gibt es in stets eine Einheit , deren Relativnorm in bezug auf gleich ausfällt, und welche doch nicht die symbolische -te Potenz von einer Einheit des Körpers ist.
Beweis. Wir nehmen zunächst an, daß der Körper nicht die -te Einheitswurzel enthält. Es seien , …, irgend Einheiten in ; dann folgt, daß es stets ganze rationale Zahlen , …‚ gibt, welche nicht sämtlich durch teilbar sind, und für welche wird. In der Tat, wären in einer Gleichung von der letzteren Gestalt die Exponenten , …, sämtlich durch teilbar, so müßte eine -te Einheitswurzel und demnach infolge der Voraussetzung sein; hieraus ergibt sich durch Wiederholung des Verfahrens das Gesagte. Nehmen wir nun , …, gleich den Relativnormen von , …, , wo , …‚ ein System von relativen Grundeinheiten in sind, und setzen dann , so folgt und daher nach dem Satz 90: ; da , …‚ relative Grundeinheiten sind, so ist die Zahl keine Einheit.
Um den Satz 92 allgemein zu beweisen, werde angenommen, daß die primitive -te Einheitswurzel , aber nicht die primitive -te Einheitswurzel enthielte. Durch ein ähnliches Verfahren, wie das oben angewandte, wird erkannt, daß, wenn , …‚ irgendwelche Einheiten in sind, stets eine ganze rationale Zahl und ferner ganze rationale, nicht sämtlich durch teilbare Zahlen , …‚ von der Art gefunden werden können, daß
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ist.
Andererseits bedenke man, daß die Relativnorm
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wird und daher nach Satz 90 eine -te symbolische Potenz werden muß. Gäbe es nun keine Einheit in , so daß ist, so wäre bereits eine Zahl von der gewünschten Beschaffenheit. Im anderen Falle folgt , d. h. , und daher stellt eine Einheit in dar, während selbst gewiß nicht in liegt. Wegen ergibt sich . Es sei , …, ein System von relativen Grundeinheiten in ; wir setzen nun:
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wo , , …, die vorhin bestimmten Zahlen sind und die -te Wurzel aus einer Einheit des Körpers bedeutet; dann wird . Die Zahlen , …, können nicht sämtlich durch teilbar sein. Denn aus
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würde dann
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folgen, wo eine ganze rationale Zahl bedeutet. Da bei unserer Annahme nicht auch durch teilbar sein darf, so würde aus der letzten Gleichung folgen, daß in liegt, was nicht zutrifft. Die Einheit erfüllt daher alle Bedingungen des Satzes 92.
Die Sätze 90, 91 und 92 sind zum Teil und in anderer Form bereits von Kummer für den Fall bewiesen worden, daß der Unterkörper der durch bestimmte Kreiskörper —ten Grades ist [Kummer (14[2], 20[3], 21[4])].
§ 57.
Die ambigen Ideale und die Relativdifferente des relativ-zyklischen Körpers .
Wenn ein Ideal des relativ-zyklischen Körpers bei Anwendung der Substitution ungeändert bleibt und überdies keinen Faktor enthält, welcher ein Ideal in ist, so heißt ein ambiges Ideal. Insbesondere heißt ein Primideal des Körpers , wenn dasselbe bei Anwendung der Substitution ungeändert bleibt und nicht zugleich im Körper liegt, ein ambiges Primideal.
Satz 93. Die Relativdifferente des relativ-zyklischen Körpers in bezug auf enthält alle und nur diejenigen Primideale , welche ambig sind.
Beweis. Ist ein ambiges Ideal, so wird seine Relativnorm . Da nicht eine niedere Potenz von in liegen kann, so ist ein Primideal in . Umgekehrt, wenn ein Primideal in gleich der -ten Potenz eines Ideals in wird, so ist ein ambiges Primideal.
Wir unterscheiden nun dreierlei Arten von Primidealen des Körpers : erstens solche, die der -ten Potenz eines Primideals in gleich sind; zweitens solche, die in voneinander verschiedene Primideale , …, , des Körpers zerfallen, und drittens solche, die auch in Primideale sind.
Liegt der erste Fall vor, so setzen wir die Norm ; hieraus folgt , und mithin ist die Norm des Primideals im Körper ebenfalls gleich . Die Gleichheit der Normen und läßt die Tatsache erkennen, daß eine jede ganze Zahl des Körpers einer gewissen ganzen Zahl des Körpers nach kongruent ist; aus diesem Umstande erkennt man leicht, daß die Relativdifferente von in bezug auf notwendig durch teilbar ist.
Im zweiten Falle läßt sich in stets eine ganze Zahl finden, welche nicht durch , wohl aber durch alle übrigen Primideale , …, , , …, , teilbar ist, und aus diesem Umstande folgt, daß die Relativdifferente der Zahl und daher auch die des Körpers nicht durch teilbar ist.
Was endlich die Primideale der dritten Art angeht, so sei eine Primitivzahl nach dem Primideal in und eine Primitivzahl nach in , und zugleich sei eine den Körper bestimmende Zahl. Es genügt dann einer Gleichung -ten Grades von der Gestalt:
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deren Koeffizienten , …, , ganze Zahlen in sind. Wir setzen
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wo ‚ …‚ ganzzahlige Funktionen von sind, und erhalten so für die Kongruenz:
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Da wegen die Anzahl der in vorhandenen, nach inkongruenten ganzen Zahlen gleich der -ten Potenz der Anzahl der in vorhandenen nach inkongruenten ganzen Zahlen ist, so kann keiner Kongruenz niederen als -ten Grades von der nämlichen Art genügen, und daher ist notwendig nach ; d. h. die Relativdifferente der Zahl ist nicht durch teilbar. Durch diese Betrachtungen ist gezeigt, daß die Relativdifferente des Körpers stets prim zu den Primidealen der zweiten und dritten Art ist, und hieraus ergibt sich die Richtigkeit des Satzes 93.
§ 58.
Der Fundamentalsatz von den relativ-zyklischen Körpern mit der Relativdifferente . Die Bezeichnung dieser Körper als Klassenkörper.
Die Sätze 90, 92 und 93 ermöglichen uns die Erkenntnis einer Tatsache, welche für die Theorie der Zahlkörper von weittragender Bedeutung ist. Diese Tatsache ist folgende:
Satz 94. Wenn der relativ-zyklische Körper von ungeradem Primzahl-Relativgrade die Relativdifferente in bezug auf besitzt, so gibt es stets in ein Ideal , welches nicht Hauptideal in ist, wohl aber ein Hauptideal in wird. Die -te Potenz dieses Ideals ist dann notwendig auch in ein Hauptideal, und die Klassenanzahl des Körpers ist mithin durch teilbar.
Beweis. Nach Satz 92 gibt es eine Einheit mit der Relativnorm , welche nicht die -te Potenz einer Einheit ist. Nach Satz 90 ist , wo eine ganze Zahl in bedeutet; d. h. es ist . Für das Hauptideal folgt hieraus . Das Ideal liegt im Körper . Denn ist irgendein in aufgehendes Primideal des Körpers , welches nicht in liegt, so ist nach Satz 93, da wegen der Voraussetzung die Relativdiskriminante keine Teiler besitzt, , und folglich enthält auch die Relativnorm , welche ein in liegendes Primideal ist. Das Ideal ist kein Hauptideal im Körper ; denn in diesem Falle wäre , wo eine Einheit und eine Zahl in bedeutet; hieraus würde folgen, was dem Obigen
widerstreitet. Damit ist der erste Teil des Satzes 94 bewiesen.
Da eine Zahl in und folglich ein Hauptideal in ist, so haben wir damit den vollständigen Beweis des Satzes 94 erbracht.
Die Sätze 92 und 94 gelten ebenfalls für unter der oben auf S. 152 am Schluß von § 55 angegebenen Beschränkung.
Es bietet keine erheblichen prinzipiellen Schwierigkeiten dar, den Satz 94 für solche relativ-Abelsche Körper mit der Relativdifferente zu verallgemeinern, deren Relativgrad eine zusammengesetzte Zahl ist.
Wegen der engen Beziehung, die nach Satz 94 der Körper zu gewissen Idealklassen des Körpers aufweist, werde ein Klassenkörper des Körpers genannt.