Zum Inhalt springen

Das plötzliche Erscheinen eines neuen Sternes

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das plötzliche Erscheinen eines neuen Sternes
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 368
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: T Coronae Borealis
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[368] Das plötzliche Erscheinen eines neuen Sternes. Das höchste Interesse unter den Astronomen erregt gegenwärtig ein Naturphänomen, dessen Seltenheit so groß ist, daß man das Auftreten desselben bisher nur nach Jahrhunderten zählen konnte. Am vergangenen 12. Mai sahen John Birmingham und Baxendell in England und fast gleichzeitig der französische Ingenieur Courbebaille in Rochefort im Sternbilde der nördlichen Krone einen Stern an einer Stelle, wo man bisher mit freiem Auge einen solchen nicht gesehen hatte. Die Helligkeit dieses Sternes war so groß, daß derselbe dem hellsten Sterne (Gemma) in dem genannten Sternbilde fast gleich kam. Allein diese Helligkeit des neuen Sternes nahm bereits in den darauf folgenden Tagen sehr schnell ab, so daß derselbe gegenwärtig schon wieder für das unbewaffnete Auge verschwunden ist. Eine Vergleichung des Ortes, welchen dieser merkwürdige Stern am Himmel einnimmt, mit dem großen, unter Professor Argelander’s Leitung zu Bonn angefertigten Sternenverzeichniß zeigt, daß sich bereits früher an jener Stelle ein ganz schwacher, nur mit sehr großen Fernröhren wahrnehmbarer Stern befunden hat, so daß also der besagte Stern streng genommen nicht zu den neu erschienenen, sondern nur zu den sogenannten veränderlichen Sternen zu rechnen ist, welche nicht zu allen Zeiten dieselbe Lichtmenge aussenden. Das Interesse an dieser seltenen Naturerscheinung wird aber gerade in gegenwärtiger Zeit ein ganz besonderes, wo man sich durch die sogenannte Spectral-Analyse im Besitze der Mittel befindet, lediglich aus der genauen Untersuchung des Lichtes der Himmelskörper Aufschluß über ihre Natur und physische Beschaffenheit zu erlangen. Auch über den gegenwärtig so plötzlich aufgeflammten Stern liegen bereits derartige Beobachtungen vor, aus denen hervorgeht, daß ein Theil seines Lichtes, wie bei unserer Sonne, von einem glühend flüssigen Kern, ein anderer Theil aber von einer glühenden Gasmasse ausgesandt wird, deren Temperatur beträchtlich höher sein muß, als die des glühenden Kernes. Gerade dieser Umstand ist es, welcher das Licht jenes neuen Sternes von dem Lichte unserer Sonne und dem aller übrigen bis jetzt spectralanalytisch untersuchten Fixsterne unterscheidet. Wir verdanken diese Beobachtungen, wie bereits so viele andere auf diesem Gebiete, den beiden englischen Naturforschern Huggins und Miller.

Berücksichtigt man nun, daß die Fixsterne selbstleuchtende Weltkörper sind, welche sowohl ihrer physicalischen, wie auch ihrer chemischen Beschaffenheit nach mit unserer Sonne im Wesentlichen übereinstimmen, so deutet das plötzliche Auflodern eines neuen Sternes auf eins der gewaltigsten und großartigsten Phänomene, welche überhaupt im Bereiche des für uns sichtbaren Universums vor sich gehen können. Wir müssen nach den angeführten Ergebnissen der Spectralanalyse annehmen, daß durch irgend welche Ursache auf einem bisher wenig oder gar nicht leuchtenden Himmelskörper plötzlich eine ungeheure Wärmeentwickelung stattfindet, die nothwendig auch mit einer gewaltigen Lichtentwickelung verbunden sein muß. Wir haben es demgemäß hier im eigentlichsten Sinne des Wortes mit einem Weltenbrande zu thun, und wenn je unsere Sonne durch einen ähnlichen Proceß plötzlich mehr als das Hundertfache ihrer gegenwärtigen Licht- und Wärmemenge auch nur auf die kurze Dauer weniger Tage aussenden würde, so wäre eine vollständige Vernichtung des gesammten organischen Lebens auf der Oberfläche unserer Erde die nothwendige Folge.