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Das Wappen des russischen „Kaiserretters“

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Das Wappen des russischen „Kaiserretters“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 256
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Wappen von Ossip Iwanowitsch Kommissarow, der ein Attentat von Dmitri Wladimirowitsch Karakosow auf Alexander II. vereitelte und dafür geehrt wurde
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[256] Das Wappen des russischen „Kaiserretters“. Am 16. April 1865 eröffnete bekanntlich der Student Karakasow die Reihe von Attentaten auf das Leben des Kaisers Alexander des Zweiten, deren letztem dieser nunmehr, nach sechszehn Jahren, zum Opfer gefallen ist. Unter der Menge, die den lustwandelnden Kaiser angaffte, hatte sich damals auch ein eben erst vom Lande nach der Hauptstadt gekommener Mützenmachergeselle Ossip Iwanowitsch Kommissarow befunden, der vor Schreck über den dicht neben ihm abgegebenen Schuß des Meuchelmörders ohnmächtig zu Boden gesunken war. Erst einige Minuten nachher bemerkte der bekannte General Totleben den noch immer betäubt am Boden Liegenden, und es bildete sich schnell die Legende, Kommissarow habe den Arm des Meuchelmörders bei Seite geschlagen und so den Kaiser gerettet.

Als Kommissarow, der Spielball eines launenhaftesten Glückszufalls, einigermaßen zur Besinnung gekommen, stand er in einem glänzenden Saal des Winterpalais, wurde vom Kaiser umarmt, von Generalen geküßt und erfuhr, daß er nunmehr ein Edelmann sei und von nun an Kommissarow-Kostromsky, weil aus dem Gouvernement Kostroma gebürtig, heiße. Die nächsten Monate vergingen dem glücklichen Unglücklichen wie in einem wüsten Traume. Er lebte in einer prachtvollen Wohnung, und wenn er sich auch Vormittags die nothwendigste Dressur im Lesen- und Schreibenlernen gefallen lassen mußte – sobald diese Folterstunde vorüber war, wurde er von einem Dinner zum andern, von diesem Balle zu jenem geschleppt und überall überschwenglich gefeiert, beschenkt und hofirt.

* РУКО Ю * ПеО * ВИΔЉНIЯ

Das Bewußtsein seines Unwerths und das niederdrückende Gefühl, daß alle diese Ehren ihm völlig unverdient zu Theil geworden, lagen indessen wie ein Alp auf dem Aermsten, bis endlich eine nüchterne Untersuchung den ganzen Mummenschanz aufdeckte. Darauf wurde der neue Edelmann als Officier in eine entfernte Garnison geschickt; er war dort bis zum August 1878 Stabsrittmeister und trägt noch heute eine für ihn allein geprägte goldene Medaille am Wladimir-Ordensband und eine Reihe fremdherrlicher Orden und Ehrenzeichen. – Kommissarow ist am 4. April 1839 in Molvitino als Sohn eines Sträflings geboren, der übrigens später auch begnadigt und anständig versorgt worden ist. Das ihm durch Ukas vom 21. April 1865 verliehene, hier wiedergegebene Wappen zeigt in goldenem Felde einen blaubekleideten Arm, der eine vielköpfige schwarze Hydra erwürgt, im Schildeshaupt aber eine goldene Galeere in blauem Felde. Die Helmzier besteht aus einem Engel, der eine Scheibe mit der gekrönten kaiserlichen Initiale hält, und die Wappendevise in russischer Schrift lautet zu deutsch: „Durch die Hand der Vorsehung.“ Das Wappen ist heutzutage eine heraldische Curiosität: selbst wenn Kommissarow das Mordgeschoß Karakasow’s abgewendet hätte – die scheußliche Hydra des Meuchelmords hat er nicht erstickt.