Das Traunthal und der Traunfall
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Gleich unterhalb Linz zertheilt sich die Donau in viele Arme; weit dehnen die Ufer sich aus, und eine Menge grünender Eilande betten sich in ihren Schooß. In dieser Gegend, eine Stunde von der Stadt, strömt die Traun der Donau zu, hurtig, klar, wasserreich, eine Tochter der Alpen.
Das Traunthal wird in seiner ganzen Länge bis nach Gmunden von der Eisenbahn durchzogen, welche von Linz nach dem letztgenannten Städtchen führt. Tausend und aber Tausende aus Nah und Fern kommen alljährlich und gehen, und Keiner kommt und Keiner geht, ohne die Ueberzeugung mit hinwegzunehmen, daß die Welt wenig Schöneres hat, als dieses Thal im gelobten Lande Oesterreich.
Da, wo die Linzer Eisenbahn in das Thal tritt, geht eine Brücke zum Städtchen Ebelsberg hinüber. Sie war Zeuge einer großen That. Als 1809 Napoleon, vom Siege getragen, der Kaiserstadt zuzog, schickte Wien die todesmuthigen Schaaren seiner Jünglinge den andringenden Feinden entgegen. An der Traunbrücke bestritten sie, eine Handvoll gegen ein Heer! den Franzosen den Uebergang. Schon stand das Städtchen hinter ihnen in Flammen; doch Schritt vor Schritt vertheidigten sie die Brücke, bis die Wucht der Uebermacht allen Widerstand vergeblich machte. Hinter ihnen das Feuer, vor ihnen das Schwert: – sie warfen sich in das Schloß, das auch schon brannte. Die Franzosen stürmten; vergeblich. Umsonst forderten sie, von so viel Heldenmuth erschüttert, zur Uebergabe auf: die Wiener Freiwilligen fuhren fort zu kämpfen, bis die Flammen den Bau verzehrten, bis er, zusammenstürzend, die Leonidas-Schaar in seinen Trümmern begrub. Dreihundert waren es gewesen, und Alle fanden, den Tod. – Die Fahrt thalaufwärts ist schön. Malerisch gelegene Flecken und Städtchen, altersgraue Schlösser, ernste Ruinen und stille Klöster und Stifte ergötzen den Blick fortwährend, bis man Lambach erreicht. Wer den Traunfall sehen will, muß hier die Eisenbahn verlassen und den Fußweg im dunkeln Waldgrunde hin einschlagen, der sich allmählig zu einer engen und steilen Schlucht verengert, aus der betäubendes Tosen die unmittelbare Nähe des Wassersturzes verkündigt. Ein Treppenpfad führt über Felsgestein hinab zum Boden der Schlucht; noch einigt Schritte weiter und man steht auf dem mit einem Geländer eingefaßten Felsenvorsprung, von dem aus man die Szene übersieht, welche uns das ebenso meisterhaft als getreu ausgeführte Bild versinnlicht. – Am imposantesten ist der Wasserfall, wenn ihn die Abendsonne beleuchtet. Jeder Lichttropfen wird [14] dann zu zuckenden Sternbildern, die bald zusammenschießen, bald sich verfolgen, und ein wunderbares Leben offenbart sich in dem Kampfe der funkelnden, regen Gestalten. Dazu tritt die Abgeschiedenheit und Stille ringsumher; nichts ist laut, nichts lebendig und regsam, als das ewig donnernde Element, das die furchtsame, zitternde Erde in den Schlummer wiegt. Mancher weilt wohl, bis die Sternbilder am Himmel hervortreten, oder der Mond heraufsteigt, und mit seinem Zauberlicht der Szene neue Reize verleiht.