Das Rastatter Schloß
Noch hat kein Sänger sich erhoben,
Dich, hohes, edles Schloß zu loben
Und zu besingen deine Pracht!
Haus, das so Großes hat gesehen,
Ein frühes Opfer Saturn’s Macht?
Erbaut von Ludewig von Baden,
Bliebst du so vieler Heldenthaten
Alleinig würd’ges Monument!
Vor dem der Franke und Osmane
Gebebt, und den mein Volk kaum kennt.
Vergeßlich Volk! in jenen Stunden,
Wo Louis, lorbeerkranzumwunden,
Als er, in hehrer Siegesfreude,
Des heißes Tages reiche Beute
Heim zu Sybillens Füßen trug, –
Nicht ahnt’ er, daß nach hundert Jahren
Kaum achten würde mehr, das Schloß,
Wo kampfessatt Europa’s Helden
Eugen und Villars sich gesellten,
Wo sich der Janustempel schloß!
Stellt sich den überraschten Blicken
Das stolze Bauwerk prächtig dar;
Die Schaar der Götter und Göttinnen
Von dem Olympos krönt die Zinnen,
Es ziehen, hallenreich, die Flügel
In edlem Gleichmaß hin am Hügel,
Umarmend rings des Hofes Zier;
Am söllerförm’gen Eingang wachen
Und Pallas, bänd’gend Tiegers Gier.
Einst herrscht’ im Schlosse reges Leben,
Und teutscher Helden kühnem Streben
Ward hier manch schallend Hoch gebracht; –
Und durch die öden Prunkgemächer
Rauscht sagenreich die Mitternacht.
Wie schaurig, Haus, verwaist für immer,
Glühst du in röthlich düsterm Schimmer
Wenn Phöbus seinen Strahlenwagen
Auf Feuerwolken fortgetragen,
Hinab zum fernen Weltmeer rollt!
Die hohen Fenster sprühen Blitze;
Ist Markgraf August heimgekehrt!
Sind es die fränk’schen Abgesandten,
Die, aus dem blut’gen Grab erstanden,
Graf Metternich mit Festen ehrt?
Den Hoh’n, die einst in diesen Hallen
Schutz fanden und ein wirthlich Dach?
Die letzten Conde’s, Moreau’s Krieger,
Von Oesterreich Carl, Lodi’s Sieger,
Hier lebt’, in seinen Nestortagen,
Carl Friedrich oft; des Alters Plagen
Vergessend und des Herrschens Müh’;
Von Badens Macht den greisen Gründer
Und seine Thränen segnen sie.
Hier war’s, wo Er, in bessern Jahren,
Zuerst des Schicksals Gunst erfahren,
Das ihn zum Königsthron berief;
Hier huldigte ihm Baden-Baden,
Als August kinderlos entschlief.
Hier weilt’, im Flug zu Riesenschlachten,
Als Oestreichs Helden neu erwachten,
Zum letzten Mal auf teutscher Erde
Ruht von der weiten Reis’ Beschwerde
Hier dessen kaiserliche Braut.
Doch mit des Schicksals finstern Mächten,
Im Falle fühlt’s Lätitia’s Sohn; …
Und Franz und Alexander traten
Als Sieger in das Haus von Baden,
Einärndtend langer Kämpfe Lohn.
Von Allen, die er liebt’ im Leben,
Gepflegt von treuer Gattin Hand;
Und wieder sah’n der Ahnen Hallen
Dürr einen Ast vom Stamme fallen,
Hier freute sich der Kriegesspiele,
Schon nah’ gerückt dem Lebensziele,
Großherzog Ludwig, Mars stets hold;
Und hier aus tiefstem Herzensgrunde
Sophien jüngst und Leopold.
Ja, was seit Markgraf Ludwig’s Tagen
Nur Großes hat sich zugetragen,
Dies Schloß hat seinen Theil daran;
Erhebt sich Zeus, des Hauses Wächter,
Schwingt seine Blitze himmelan,
Und donnernd ruft er aus den Höhen:
„Laßt ja den Frevel nicht geschehen,
Gestattet nicht, daß sie verderbe,
Die schönste Perl’ in Badens Erbe,
Erhaltet Ludwigs Monument!“
Rastatt. | ***** |
Rastatt war schon in uralten Zeiten ein ansehnliches Dorf, wurde aber, so wie es jetzt ist, von dem teutschen Helden Markgraf Ludwig, dem Türkenbändiger, zu Ende des siebzehnten und Anfangs des achtzehnten Jahrhunderts erbaut und blieb seitdem die Residenz der Markgrafen von Baden-Baden bis zum Erlöschen dieser Linie im Jahr 1771. Das Residenzschloß ist unstreitig eines der prächtigsten in Teutschland. Es thront auf einer mäßigen Höhe über der regelmäßig angelegten Stadt und breitet seine mächtigen Flügel und Arme gegen sie aus wie zum Schutz und Schirm. Majestätisch ist das Portal, und hoch oben auf der Zinne des Daches verkündet die kupferne, vergoldete Bildsäule des Donnergottes Zeus den Herrschersitz. Im Innern des Schlosses bewundert man die prächtigen Marmortreppen, die herrlichen Säle und reichgeschmückten Gemächer. Besonders merkwürdig ist das sogenannte Türkische Zimmer, in welchem die Waffen, Fahnen, Roßschweife etc., aufbewahrt werden, welche Markgraf Ludwig von den Saracenen erbeutet, die er in mehreren Schlachten besiegt hatte. – Ebenso merkwürdig sind die Friedenssäle, wo im Anfange und zu Ende des vorigen Jahrhunderts hier an der Grenze von Frankreich und Teutschland Stillstände gemacht wurden in unseren langwierigen Processen mit dem unruhigen überrheinischen Nachbar. In einem dieser Zimmer zeigt man noch an den Wänden die Tintenflecken, welche hingesprützt wurden von den Federn der großer Helden und Staatsmänner, Prinz Eugen und Marschall Villars, als sie im Jahr 1714 den 7. März, Morgens zwischen drei und vier Uhr, nach einem langen, verheerenden Kriege, den Frieden zwischen Teutschland und Frankreich unterzeichneten. Die zweite Friedensunterhandlung fand hier im Jahr 1789 statt, endigte aber nicht mit Tinten-, sondern mit Blutflecken. Denn die französischen Gesandten, die freilich ihre Jakobiner’sche Unverschämtheit damals auf’s Höchste trieben und die Teutschen schmachvoll behandelten, wurden zuletzt, als der Krieg mit Oesterreich schon wieder ausgebrochen war, bei ihrer Abfahrt nach Frankreich, nicht weit von den Thoren Rastatts, mörderisch überfallen, wobei zwei von ihnen das Leben verloren. Wer die eigentlichen Urheber dieses, das heilige Völkerrecht so schändlich verletzenden Verbrechens waren, ist nie ganz klar erwiesen worden.