Das Maskenfest
Ein fideler Maskenball
Ist genußreich allemal.
Findet meist im Winter statt,
Wo man Lust zum Tanzen hat.
Machen Maskenfeste Freud’,
Weil man dann zum Teil im Freien
Sich ergeht vergnügt zu zweien. –
Der Gesangverein „Walküre“
Trug mit dem gemischten Chor
Manchmal ganze Opern vor.
Meister Blätterteig, verehrt,
Mit zum Vorstande gehört.
Für den Mai ein Maskenfest,
Wo ein jeder möglichst treu
Als Chines’ verkleidet sei. –
In dem Garten „Zur Stadt Zell“
Wird das Fest gefeiert heute,
Und es strömen viele Leute
Abends gegen Uhre acht
Hin zu der Chinesen-Nacht.
Rüsten sich zum Abzug gleich.
Meister Heinrich im Kostüm
Schaute aus wie ’n Ungetüm,
Da die Kleidung, sehr zum Lachen,
Und der Zopf aus Pferdehaar
Fingerdünn und endlos war.
Auch Frau Gustchen, stets sehr dick,
Zeigte nicht besondern Schick,
Wirkte wirklich rein zum Schreien.
Staunend Lotte, Klops und Len’
Jetzt die Eltern sich besehn.
Ach, zu gerne wär’n die drei
Doch kaum nun das Elternpaar
Aus der Tür gegangen war,
Als die alte Köchin Dörte
Ihnen sehr das Herz beschwerte
Len’ und Lotte steckt ins Bett.
Dann verschließet sie die Pforte
Eilet zum Vergnügungsorte,
Um sich anzuschaun den Trubel
Seht, hier ruhn im Bette zwei,
Und der Klops liegt dicht dabei
In dem Körbchen auf der Decke
In der einen Zimmerecke.
Klops und Lotte sind ganz Ohr.
Und mit knappen Worten dann
Kündet Lene ihnen an,
Wie man könnte sehr bequem
Klops und Lotte, das ist klar,
Fanden dieses wunderbar.
Hurtig in die Kleider schlüpft
Unser Kleeblatt, und es hüpft
Wo sogleich der Klops, der Bube,
Mit der Stiebelwichse fein
Salbt die zwei als Neger ein.
Einen Bettvorleger nun
Und da er von Schaffell war,
Gab er ab ganz krauses Haar.
Diese dichten Schafperücken
Binden fest sie dann mit Stricken
Von dem Fell ein großes Stück.
Aus der Mutter Morgenröcken,
Die in einem Schranke stecken,
Stellen her sie die Kostüm’,
Viel zu lang sind aber leider
Ihnen diese Frauenkleider.
Doch die Lene, stets gerissen,
Wird auch hierfür Mittel wissen,
Nach der Kammer einer Eck’.
Dort drei Stelzenpaare stehn,
Worauf sie ganz sicher gehn.
Lotte merkt jedoch indessen,
Ganz besonders Klops’ Gesicht
Das gefällt ihr wirklich nicht.
Denn des Affen Mopsvisage
Wär’ geworden ’ne Blamage.
Zu des Klöpchens großer Freude
Eine Maske nun zurecht.
Jetzt ist Klops ganz menschlich-echt.
Auch die Lene sorget hier
Aus dem andern Schafesfell
Schneidet Zöpf’ sie lang und hell,
Die auf den Perücken dann
Man mit Nadeln heftet an.
Finden in der Eltern Truhe,
Die sie haben - klug erdacht! –
An den Stellen festgemacht, –
Als sie auf die Stelzen steigen
Ja, da sind es erst gewesen
Drei ganz ulkige Chinesen.
Durch des Hauses Vordertür
Schreiten sie von dannen hier,
Auf der Straße stelzend weiter.
Haben auch bald hinter sich
Ein Gefolge fürchterlich:
Lauter kleine Gassenjungen
Werfen dann mit großen Steinen
Nach den Holz-Chinesenbeinen,
Bis so eine Steinklamotte
Trifft die Wade von der Lotte
Flugs beginnt ’ne Keilerei.
Mit viel Schwung, sehr kühn und keck,
Wirft er seine Stelzen weg,
Springt zur Erde, greift die eine
Während mit der linken Hand
Hochrafft er das Schleppgewand.
Doch – das Unheil nahet schon,
Und es fällt der Affensohn
Purzelt gleich darauf erneut
In die Pfütze groß und naß.
Ach, das war ein schlechter Spaß,
Da der Gassenbuben Haufen
Und den Klops, der so maskiert,
Böse mit den Fäusten schmiert.
Mühevoll gelingt es ihm,
Dieser Rotte zu entfliehn.
Fürchtet, daß passiert noch was,
Eh’ man kommt zu jenem Garten,
Wo auf sehr verschiedne Arten
Man kann foppen all die Gäste
An der Gartentüre hier
Sitzet Balduin Kannenbier.
Damit niemand dringe ein,
Der nicht wirklich darf hinein,
Sich allein hier amüsiere.
Kannenbier war früher Schneider,
Doch er hat geliebet leider
Allzusehr die schärfren Sachen,
Und die Nase rot und bläulich
Und die Stimme rauh und greulich.
So ging’s ihm denn immer schlechter,
Schließlich wurd’ er Stadtnachtwächter,
Er was zuverdienen kann. –
Ein Lampion den Balduin .
hell und malerisch beschien,
Rosenrot strahlt seine Neese
Neben ihm steht Spieß und Horn.
Letztres blies er stets von vorn,
Wenn sich zeigt verdächtger Schein,
Der könnt’ von ’nem Feuer sein.
Sieht, ob sie was löschen kann.
Kannenbier döst vor sich hin,
Auf der Brust ruht tief sein Kinn,
Denn es sind schon alle Gäste
Sieh – da nahen doch noch drei!
Kannenbier läßt nur vorbei,
Wer mit richtgen Eintrittskarten
Ist versehen für den Garten.
Dunnerwetter – sind die bunt!
So, wie diese drei Chinesen,
War noch keiner da gewesen! –
„Eintrittskarten bitte!“ spricht er,
Lene, die ganz vorne steht,
Holt schon aus, – ja, staunt und seht!
Und schlägt auf die Filzesröhre
Mit der Faust gar wuchtig sehre,
Rutscht zur Freude dieser Kinder
Dem verdutzten Kannenbier
Gleich bis zu dem Munde schier.
Immerhin, der Balduin
Geistesgegenwärtig schien,
Grad’ den Klops packt am Gewand.
Klops auf seinen Stelzen wankt,
Vorwärts, rückwärts er da schwankt,
Bis er dann, um frei zu kommen,
Mit ’nem Schwunge, riesengroß,
Schoß er auf die Mauer los,
Und es öffnet sich das Kleid,
Das ihm selber viel zu weit,
Gleitet wieder abwärts schon,
Wirft es über Kannenbier,
Der so ward zur Dame hier
Und der nun noch mehr beengt,
Beide Arme in den Rock
Wie in einen Schraubenstock.
Aus dem Morgenrocke oben
Hat sich hoch herausgeschoben
Wie ein rauher Stachelwurm. –
So der Wächter dieser Pforte
Ward gefangen an dem Orte.
Und der Affe auf der Mauer
Nimmt vom Nagel jenen alten
Mantel mit den vielen Falten.
Den der Balduin stets trägt,
Wenn er nachts zu wachen pflegt.
Auf die Stelzen er nun hüpft.
Folgt in Eile Lotte, Lene,
Die hier als Chinesensöhne
Nahn dem weiten Rasenplätzchen,
Sich die Masken bei Beleuchtung
Und bei reger Kehlanfeuchtung
Lustig drehn nach Walzerklängen
Und noch schön’ren Festgesängen
Darauf liegt ein Bierfaß frisch
Und auf Bänken sitzen hier
Gerade der Chinesen vier,
Unter ihnen Blätterteig,
Haut die vielen lästgen Mücken
In recht viele kleine Stücken
Im Gebüsche nahebei
Hocken jetzt die frechen drei,
Von dem Wasserleitungsrohr
Einen Pfahl und einen Hahn,
Schrauben nun den Spritzschlauch an,
Und die Lotte, lang und dünn,
Wo am Vorstandstisch die viere
Laben sich an kühlem Biere.
Knatternd kommt schon angeflogen
Steil in einem hohen Bogen
Trifft zu allem Mißgeschick
Auch sofort Herrn Blätterteig,
Reißt ihm jenen Mückenzweig
Aus der Hand, pufft Schuster Jädel
Reißt auch die Lampions herab,
Dunkel wird es wie im Grab,
Und im Schutze dieser Nacht
Haben sich davongemacht
Finden dann ’ne andre Szene,
Wo als Störenfriede schnell
Wiederum sie sind zur Stell! –
In der Laube, weiß von Flieder.
Auch Frau Gustchen Blätterteig
Saß hier auf dem Rohrstuhl weich.
Windbeutel mit Sahne süß
Man sich herrlich schmecken ließ.
Worin Ihr Windbeutel seht,
Jene Beutel, die „von Wind“,
Liebet wohl ein jedes Kind.
Da – mit einem Male jäh
Denn die Lotte und die Lene
Kippen ihn an einem Beene,
Haben sich vom Fliederstrauch
Rangeschlichen auf dem Bauch.
Doch der Klops sie feste hält,
Hat geschickt sie aufgefangen,
Ist damit davongegangen.
Auch die Schwestern ohne Mühen
Und das Kleeblatt hat sich jetzt
Hinter einen Busch gesetzt,
Will hier diese Schüssel leeren
Und die Beutel schnell verzehren. –
Konnt’ die Röhre runterziehn,
Und sogleich sucht er die drei,
Die hier weilen frech und frei
Ohne richtge Einlaßkarten
Ja – der Balduin hat Glück.
Jetzt erspähet sie sein Blick,
Wütend rennt er auf sie los –
Da – es kam der erste Kloß!
Macht den Balduin ganz wild,
Denn an seinem Riechorgan
Klebt der weiße Beutel dran.
Bauz – die zweite Kugel, schau’,
Jetzt ist Balduin bekleistert,
In der Tat schon ganz entgeistert.
Ach – die Bombe nun, die dritte,
Trifft die Stirne in der Mitte,
Über ’m andern Augenlicht.
Kannenbier, der arme Schneider
Völlig blind ist er jetzt leider.
Und die drei mit ihren Stelzen
Eilen dann zur Gartentür,
Wo der Klops, das arge Tier,
Nimmt das große Wächterhorn
Und bläst kräftig rein von vorn. –
Mischen sich in Festgesänge,
Und die Leute der „Walküre“
Rennen fort vom frischen Biere,
Rennen aus dem Garten raus
Ach – noch niemals sind Chinesen
An der Spritze so gewesen,
Und da sie schon „voll“ zum Teil,
Schadet ihnen diese Eil’,
Zöpfe fliegen wie noch nie,
Bis dann schließlich ein ganz Schlauer
Fragte nach dem Brand genauer.
Keiner wußte, wo es brennt.
Der noch immer weiß beklebt,
Sehr bedächtig näher strebt.
Wütend dringt man auf ihn ein.
Balduin, der macht sich klein,
„Der Aff’ hat mir das Horn genommen!“
Meister Heinrich Blätterteig
Jetzt nach Hause eilet gleich.
Findet hier bereits im Bett
Doch im Zimmer die Kostüm’
Alles schnell verraten ihm,
Und den Rohrstock drauf recht fest
Er zur Strafe tanzen läßt.
Hinten ziemlich wund gewesen,
Und gar trübe sie sich reiben
Ihre kahlen Hinterscheiben.
So ward aus dem Maskenscherz
Ja, wenn Große feiern Feste,
bleibt zu Haus – das ist das beste!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Bilder von Reinhold Hansche (1867–1945) wurden entfernt, da sie in Deutschland noch nicht gemeinfrei sind.