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Das Jungfrauenkirchlein zu Vöhrenbach

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Textdaten
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Autor: Joseph Anton Rueb
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Titel: Das Jungfrauenkirchlein zu Vöhrenbach
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 441–443
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1846
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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Das Jungfrauenkirchlein zu Vöhrenbach.

An der Straße von Villingen nach Freiburg und am Bregbache liegt das gewerb- und handelsthätige Städtchen Vöhrenbach, das dem Phönix gleicht, welcher immer wieder aus seiner eigenen Asche ersteht; denn schon viermal (zuletzt im Jahre 1819) hatte es das Unglück, ein Raub der Flammen zu werden, und doch stand es bald wieder und immer schöner aus seiner Asche wieder aus. Unweit davon, an der Villinger Steig, steht eine Kapelle, zu den sieben Jungfrauen, die, vom Sturme der Zeit hart mitgenommen, ehrwürdig zu schauen ist und von dem sich folgende Sage erhalten hat:

Hoch ob dem rauschenden Bache, umgeben von einem weiten Kranze mächtiger Eichen und Linden, stund in grauer Vorzeit ein Ritterschloß, dessen Besitzer, stark und kühn, sonst nie die Lanze schwang, als in den Kämpfen, wo es galt, sein eigenes [442] Recht zu wahren oder die flehende Unschuld zu schützen. Seine Tugend war felsenfest, seine Tapferkeit eines biedern Teutschen würdig. Sieben Töchter, die ihm seine Gemahlin während einer langen, glücklichen Ehe geschenkt hatte und die, schlanken Wuchses, hold und zart, worüber die Sittsamkeit ihren Lilienschleier goß, den Reiz der Mutter bekundeten, versüßten ihm den Wittwerstand und die sich allmälig zeigenden Beschwerden des Alters. Zum Dank für dieses ihm vom Himmel bescheerte Glück baute der Ritter jenes Kirchlein, welches er andächtig zu schmücken beschloß. Ehe dieses aber geschehen konnte, erscholl die Schreckenskunde, daß ein Schwarm der wilden Hunnen, deren furchtbaren Heer unter ihrem Anführer Attila wie ein verheerender Strom sich in die Rheingegenden wälzte, auch in das einsame Thal der Brege eingebrochen sey. Ein heißer Kampf entspann sich zwischen den Thalbewohnern und der räuberischen Schaar. Der Ritter, welcher mit seinen Treuen löwenmuthig focht, fiel, und über ihn hinweg rückte die mordende Horde zur Erstürmung des Schlosses, dessen unbeschützte Mauern sohin leicht überstiegen wurden. Wild durchtobten die Feinde die Hallen der Burg und drangen auch in den hochgewölbten Saal, wo sie die sieben Töchter des gefallenen Ritters vor einem Jesusbilde knieend fanden. Die Rohen, denen weibliche Tugend eben so wenig als Wehrlosigkeit galt, wollten sich der Jungfrauen zur Stillung ihrer frechen Lüste bedienen; doch auf das heiße Flehen der Bedrängten vor dem Bilde des leidenden Heilandes verwandeln sich plötzlich die Gestalten der sieben Schwestern in Engel, und vor dem Verklärungsschein der Himmlischen beben die Hunnen zurück, jene aber schweben ungefährdet durch die Reihen der Feinde singend aus dem Schloßthore zum Kirchlein hinüber, das, von unsichtbaren Händen geöffnet, sie aufnimmt und sogleich wieder fest sich verschließt. Von Angst gedrängt und Schauer umflossen gedenkt die so eben noch zügellose Rotte nicht mehr an die Ausführung ihres ruchlosen Vorhabens, sondern flieht, wie von Rachegeistern verfolgt, aus dem Thale.

Das Ritterschloß mit seinem Eichen- und Lindenkranze ist im Verlauf der Zeit gefallen, doch das Wunderkirchlein steht noch und oft hört in stillen Nächten der einsam Vorbeiwandernde [443] liebliche Stimmen gleich süßen Harfentönen erklingen, daß sich unwillkürlich die Schritte hemmen und das Gemüth mit Sehnsucht nach oben erfüllt!

J. A. Rueb.