Das Hohelied
Des Weibes Leib ist ein Gedicht,
Das Gott der Herr geschrieben
In’s große Stammbuch der Natur,
Als ihn der Geist getrieben.
Der Gott war hoch begeistert;
Er hat den spröden, rebellischen Stoff
Ganz künstlerisch bemeistert.
Fürwahr, der Leib des Weibes ist
Gar wunderbare Strophen sind
Die schlanken, weißen Glieder.
O, welche göttliche Idee
Ist dieser Hals, der blanke,
Der lockige Hauptgedanke!
Der Brüstchen Rosenknospen sind
Epigrammatisch gefeilet;
Unsäglich entzückend ist die Cäsur,
Den plastischen Schöpfer offenbart
Der Hüften Parallele;
Der Zwischensatz mit dem Feigenblatt
Ist auch eine schöne Stelle.
Das Lied hat Fleisch und Rippen,
Hat Hand und Fuß; es lacht und küßt
Mit schöngereimten Lippen.
Hier athmet wahre Poesie!
Und auf der Stirne trägt das Lied
Den Stempel der Vollendung.
Lobsingen will ich dir, o Herr,
Und dich im Staub’ anbeten!
Den himmlischen Poeten.
Versenken will ich mich, o Herr,
In deines Liedes Prächten;
Ich widme seinem Studium
Ja, Tag und Nacht studier ich dran,
Will keine Zeit verlieren;
Die Beine werden mir so dünn –
Das kommt vom vielen Studieren.