Construction der Welt
Als Gott die Welt erschaffen
Und allerhand Gethier,
Konnt er nicht ruhig schlafen,
Er hat noch etwas für;
Dacht er in seinem Sinn,
Die Welt muss voller werden,
Es sey noch etwas drinn.
Dem könnt wohl alles nutzen
Drauf nahm er einen Butzen
Und macht ein Männlein draus;
Er schnipt ihn in die Höhe,
Blies ihn ein bissel an,
Adam! den ersten Mann.
Der Stein, wo Adam sasse,
Der war sehr kalt und nass,
Es fror ihn ans Gesasse,
Gott Vater schaut vom Himmel,
Und schaut dem Adam zu,
Gedacht bey sich schon immer:
Was macht mein grosser Bu?
Es ist ein jung frisch Blut,
Ein Weib muss ich ihm schaffen,
Sonst thut er mir kein gut.
Dann kommt er hergeschlichen,
Fein geschwind nahm er ein Rippe
Aus Adams Seit herfür.
Adam, der thut erwachen,
Und hat das Ding gespürt,
Drum er so heftig schrie:
O Herr! Wo ist mein Rippen?
Ich bin kein ganzer Mann,
Wann ich daran will dippen,
Adam sey nur zufrieden,
Schlaf fort in guter Ruh,
Vor Schaden dich will b’hüten,
Ich stell dirs wiedrum zu.
Ein wunderliches Thier,
Du sollst mir drüber lachen,
Schau gschwind, da stehts schon hier!
[119] <poem>Kannst du so schöne Sachen
Aus meinen Rippen machen, So nimm der Rippen mehr; Komm her mein liebe Rippe, Sey tausendmal willkomm,
Und grab die Erd herum.
Eins will ich euch noch sagen, Den Baum lasst mir mit Fried, Die Frucht so er thut tragen
Ihr sollt des Tods gleich sterben, Zum Garten naus gejagt, Ins Elend und Verderben, Zum Garten naus gejagt.
So roth als wie ein Blut, Sie wär’n recht in mein Kröpfel, Ich glaub sie seynd recht gut! Braucht nicht lang zu studieren,
Bräucht nicht lang zu studieren, Könnt bald ein Doktor seyn.
Darauf die Schlang sich krümmet An die verbotne Frucht,
Glaubt nicht dass dieser Fluch An euch erfüllt soll werden, Viel lieber wird euch seyn Das Leben hier auf Erden,
Mit Gott das lass du bleiben, Fängst schöne Händel an, Er ist im Stand, thut treiben Uns gleich zum Garten naus.
O weh er ruft uns schon; Adam wo bist hinkrochen? O weh er ruft uns schon.
O Herr! thut mich verschonen,
Die Rippe hats gethan, Die Schlang hat uns verführt. Die Schlang hat uns versprochen, Wir könnten was bessres seyn,
Und haben halt bissen drein.
Kriech mit mir unters Gebüsche, Geschwind lasst uns bedecken, Sonst thut er uns erwischen,
Adam wo bist hingangen? O weh! er ruft uns schon! Adam wo bist hingangen? O weh! er ruft uns schon!
Wie übel habt ihr g’hausst; Geschwind macht euren Bündel, Packt euch zum Garten naus; In Arbeit sollst du schwitzen,
Und bey dem Rocken sitzen, Das ist der Sünden Lohn.
Die Eva wollt nicht gehen, Die rief sich ihren Mann,
Da gieng das Zanken an. – Jezt wird das grösste Wetter Um meinen Hals hergehn, Hätt ich das alte Leder
Zu Fuss sollst du nicht laufen, Ich sags bey meiner Treu, Was Schöns will ich dir kaufen, Wenn Kirchweih kommt herbey.
Wohl übers Jahr hinaus, So wasch ich dir die Windel Und kehr die Stuben aus.[1]
- ↑ Aus des Knaben Wunderhorn 2, 399 bis 403, mit der Aufschrift: „Construction der Welt. (Mündlich.)“ Einiges darin von Achim von Arnim geändert (Arnim und Brentano S. 244). Vgl. oben S. 82.