Conquistadores
Zwei edle Spanier halten Wacht
Und einer spricht zum andern:
„Señor, mir däucht, der Teufel lacht,
Wie wir ins Leere wandern!
Noch keines Strandes Boten –
Die Hölle treibt mit uns ihr Spiel,
Wir fahren zu den Todten!
Wer einem Genuesen traut,
Die Klugen hat er schlecht erbaut,
Doch lockt er alle Thoren –
Rund sei die Erde, log er mir,
Wie Pomeranzenbälle,
Nur Welle hinter Welle!“
Der Andre blickt ins Meer hinaus
Und runzelt finstre Brauen:
„Señor, mich zog Columb ins Haus,
Was er docirt’, verstand ich nicht,
Ich ließ es alles gelten –
Sein übermächtig Angesicht
Verhieß mir neue Welten!
Uns in das Nichts verlaufen,
Ein räud’ger Hund, Señor, wie Ihr
Darf fröhlich mit ersaufen!“
– „Señor, da betet Ihr nicht gut!
Den räud’gen Hund! Ihr raucht von Blut
Und Ihr entsprangt den Wachen!“
„Señor, ich dolcht’ ein falsches Weib,
Bekenn’ ich unverhohlen!
Vom Bret ich weggestohlen!
Señor, Ihr seid ein Galgenstrick!“
– „Señor, Ihr seid nicht besser!“
Sie ziehen mit entflammtem Blick
Da zwischen ihre Messer walzt
In tollem Freudensprunge,
Mit ölgetränkten Fingern schnalzt
Miguel, der Küchenjunge.
Mit schlauem Wimperzwinken,
Bald hüpft er auf dem rechten Bein,
Bald hopst er auf dem linken,
In Lüften bläht sich sein Gewand,
Neugierig kommen hergerannt
Soldaten und Matrosen.
Als ob’s im Kopf ihm fehle,
Und singt aus voller Kehle:
„Das Heimchen zirpt, das Heimchen zirpt,
Stimmt Laudes an und Psalmen!
Und wenn’s mir nicht vor Freude stirbt,
Ich schwör’ es euch bei Gottes Haupt:
Es atmet duft’ge Weiden,
Es wittert Wälder dichtbelaubt
Und unermessne Haiden!
In meinem engen Räumchen
Hat unsre Meerfahrt mitgemacht
Ein andalusisch Heimchen –
Mitnahm ich’s aus dem Vaterland,
Ich fing’s mit flinkem Griff der Hand
Zu einem Angedenken.
Da wir zu Schiffe stiegen dort,
Die Zierden aller Lande,
Als weidet’s noch am Strande.
Das grüne Vorgebirg verschwand,
Dem Heimchen ward es schaurig,
Beklommen saß es an der Wand
Schon gab ich es verloren,
Und nun, bei meiner Seligkeit,
Ist Heimchen neu geboren!
An Dielen und an Wänden,
Jetzt jubelt’s wie ein Bräutigam
Und kann nur gar nicht enden!“
Miguel ist fort und wieder da,
Da sitzt es ja! da singt es ja!
Die Männer lauschen schweigend –
Dann sinnen sie der Sache nach,
Den Lustgesang im Ohre,
Und schrei’n in wildem Chore:
„Das Heimchen zirpt! Das Heimchen zirpt!
Bald schwelgen wir in Beute!
Wer spielt, gewinnt! Wer wagt, erwirbt!
Die Küste winkt! Das Gold erblinkt,
Davon die Sagen melden!
Das Morgen steigt! Das Gestern sinkt!
Wir sind berühmte Helden!“