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Christoph Schürer in Schneeberg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Christoph Schürer in Schneeberg
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 419-421
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[419]
486) Christoph Schürer in Schneeberg.
Ziehnert Bd. III. S. 216.

Als im 16. Jahrhundert der Bergsegen des Obererzgebirges jährlich sich minderte und überall ein Wehgeschrei über den Silberräuber (so oder Kobold nannte man das taube Erz, welches von bösen Berggeistern oder Kobolden herrühren sollte) sich erhob, da kam Christoph Schürer, eines Apothekers Sohn aus Westphalen, landesflüchtig seines evangelischen Glaubens wegen, nach Schneeberg, wo er als ein in der Chemie und Naturlehre wohlerfahrener junger Mann bald eine Anstellung bei den Hütten fand. Schon [420] wenige Tage nach seiner Ankunft gewann er die Liebe Anna’s, der Tochter des Hüttenmeisters Rau, und bald auch durch sein einnehmendes Benehmen das Jawort ihres Vaters, so daß die Hochzeit auf das nächste Bergfest bestimmt wurde. Ehe jedoch das Bergfest kam, drohte Schürers Unstern alle seine Hoffnungen zu vereiteln. Nämlich in seiner Forschgier war er auf den Gedanken gerathen, den viel verrufenen Kobold, den verhaßten Silberräuber durch chemische Zubereitungen zu etwas Nützlichem umzugestalten. Er machte daher insgeheim in einer Schmelzhütte in Oberschlema vielfache Versuche, und trieb es damit oft die ganze Nacht hindurch so eifrig, daß er bald in den Verdacht der Alchimisterei und Schwarzkünstlerei gerieth.

Als daher aus Platten in Böhmen, wo er sich bei seinem frühern Aufenthalt daselbst durch seinen Glauben Feinde und durch seine Kenntnisse und sein Ansehen Neider gemacht hatte, mehrfache Klagen einliefen, daß er ein Zauberer, Dieb und Glasparthierer gewesen sei, und man seine Auslieferung forderte, gebot der Bergmeister ihn zu verhaften.

Eben war Schürer in der Schmelzhütte mit seinen Versuchen beschäftigt, da kam der Frohn ihn festzunehmen, fand aber die äußere Thür verschlossen und meldete es dem Bergmeister. Diesen, so wie den Hüttenmeister Rau und einige Geschworene trieb jetzt die Neugier mitzugehen. Die Thüre ward aufgesprengt und mit Freude funkelnden Augen trat der gesuchte Verbrecher den Eintretenden entgegen. Aber wie staunte er, als der Frohn ihn ergriff und ihm Handschellen anzwang! Wie erschrak er, als ihn die Bergherren mit Vorwürfen überhäuften und ihn einen Zauberer, Dieb und Parthierer schalten!

„Männer“, rief er schnell sich fassend mit fester Stimme, „Männer prüfen, ehe sie entscheiden! Meinet Ihr, ich treibe bösen Unfug hier mit schwarzer Kunst, so tretet her! Seht, dies wollte ich gewinnen und Gott sei Dank, endlich ist’s gelungen. Ich meine, es soll dem Lande von gutem Nutzen [421] sein!“ Somit reichte er ihnen eine Mulde voll feinen schönblauen Staubmehls hin. Die Bergherren staunten und begehrten zu wissen, wie und woraus er solche Farbe bereitet habe. Schürer zeigte ihnen Alles willig, und reinigte sich so von dem Verdachte, daß er ein Schwarzkünstler sei. Auch machte es dem Bergmeister so große Freude, daß derselbe versprach, Alles zu thun, um Schürers Unschuld gegen die Anklage der Böhmen zu erweisen. Dies gelang auch dem wackern Manne bald, und Schürer erhielt nun seine Freiheit wieder und kam durch die Erfindung der schönen blauen Farbe, die man Anfangs nur blaues Wunder, später aber Schmalte nannte, zu großen Ehren, und als das Bergfest gekommen war, wurde er des Hüttenmeisters glücklicher Eidam.