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Christliche Symbolik/Einhorn

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Einhorn.

Von diesem Fabelthier, das weniger auf das Nashorn, als auf die Gazelle der Wüste und am wahrscheinlichsten auf altpersische Skulpturen zurückzuführen ist, enthält der jüdische Talmud allerlei Träumereien, die man bei Eisenmenger, entd. Judenth. I. 386 f. gesammelt findet, und die nicht hieher gehören. Bei Hiob 39, 9. wird das Thier als ein ganz unzähmbares bezeichnet.

In der christlichen Symbolik bedeutet das Einhorn Christum. Man glaubte nämlich, das gewaltige und unzähmbare Thier lasse sich von keinem Jäger fangen, wenn es aber eine Jungfrau sehe, lege es sich friedsam in deren Schooss und schlafe ein. Das deutete man nun auf die göttliche Allmacht, die im Schoosse einer Jungfrau Mensch geworden sey. So Isidorus, orig. XII. 2. Bocharti, hierozoicon. I. 940. Der altdeutsche Physiologus in Hoffmanns Fundgruben I. 24. Conrad von Megenberg im Buch der Natur etc. Auch im Parcifal des Wolfram von Eschenbach 14405 ist die Sage wiederholt. Vgl. Döbenek, Volksglaube II. 187. Münter, Sinnbilder I. 41. Obgleich sich Gregorius der Grosse gegen diese Symbolik erklärte, weil er sich unter dem Einhorn nur das hässliche Nashorn dachte, also das Bild ganz unwürdig fand, behielt man den alten Glauben doch bei, nur dass man sich das Thier immer als ein edles Pferd mit einem langen gewundenen Elfenbeinhorn auf der Stirn dachte. So wurde es auch oft gemalt. Auf einem alten Bilde in Braunschweig [231] (Fiorillo II. 57.) schläft es im Schoose der Jungfrau, wobei die Inschrift: Quem coela capere non possunt, in tuo gremio contulisti. Dabei ein Engel mit Horn, Spiess und Hunden, der das Einhorn gejagt hat. Die Hunde bedeuten hier Tugenden. Gott Vater selbst ist der Jäger in Conrad von Würzburgs goldner Schmiede, 256 f. Dieselbe Symbolik wiederholt in einem altdeutschen Kirchenliede. Marian. Liederschatz, Augsb. 1841. S. 85. – Das Einhorn im Schooss der Jungfrau, die es liebkost, malte auch Annibal Caracci im Pallast Farnese. Bunsen, Beschreibung von Rom III. 3. 427. Es kommt auch auf einem Chorstuhl in Maulbronn vor. Auf Miniaturen vgl. Piper, Myth. I. 369. Twining, symbols pl. 85.

Als Symbol der Jungfräulichkeit ist das Einhorn auch Attribut der heiligen Justina. Christliche Kunstsymbolik 1839. S. 48. Desgleichen der Keuschheit, wo sie unter den christlichen Tugenden aufgeführt wird, z. B. fährt sie auf goldnem Wagen mit Einhörnern[WS 1] auf Miniaturen zu Dresden. Piper, Myth. I. 308. Vgl. Domenichinos Werke, von Landon[WS 2] pl. 35.

Weil das Einhorn ganz allein in Wildnissen lebt, ist es auch Sinnbild der Einsamkeit, und insofern Wappen des tief in Einöden durch den heiligen Sturmio gegründeten Klosters Fulda. Am elfenbeinernen Bischofsstabe dieses Heiligen sieht man das Einhorn vor einem Kreuze kniend dargestellt. Auf einem Miniaturbilde daselbst verjagt das Einhorn Schaafe, d. h. ausgeartete Mönche. Münter a. a. O. – Auf einem alten Kupferstich reitet ein rauhhaariges nacktes Weib mit einer Krone auf dem Einhorn. Heinecken, neue Nachrichten I. 347. Auch diese Rauhhaarigkeit ist ein Kennzeichen der Verwilderung und der Einsamkeit.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: „Einhörnchen“
  2. Berichtigung Band II. In der Vorlage: „Laudon“