Zum Inhalt springen

Beschreibung des Oberamts Waiblingen/Kapitel B 20

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 19 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 21 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
20. Gemeinde Korb
mit Steinreinach. Gemeinde zweiter Classe mit 1938 Einwohnern, worunter 4 Katholiken.


a) Das Pfarrdorf Korb liegt nordöstlich 1 Stunde von Waiblingen, auf der über dem rechtseitigen Remsufer sich erhebenden, bei Baach erwähnten, hier eine halbe Stunde breiten Hochebene, in deren Rücken die bei Breuningsweiler, Hahnweiler, Klein-Heppach etc. genannten Berge sich erheben. Namentlich gehört der Korberkopf hieher, von wo eine schöne Aussicht in die Gegend von Canstatt, Ludwigsburg und Marbach sich eröffnet. Korb ist hauptsächlich reich an vielen immer fließenden Quellen, die gutes Trinkwasser | liefern. Darunter ist ein periodischer Brunnen, dessen Vertrocknung um Johannis gerne gesehen wird, weil man daraus auf einen guten Herbst schließt. Mitten im Orte liegt ein etwa 11/2 Morgen großer, von 5 Quellen gespeister Fischteich, worin von Privaten eine künstliche Karpfenanlage unterhalten wird, und der zugleich als Feuersee für Steinreinach und Klein-Heppach dient. Das Clima ist mild und gesund, der Boden fruchtbar.

Die Gemeinde ist dem Forstamte Reichenberg und dem Cameralamte Waiblingen zugetheilt, das allein die grundherrlichen Abgaben bezieht, nemlich 696 fl. für den großen, 150 fl. für den kleinen, 111 fl. für den Heu-, 899 fl. für den Wein- und 28 fl. 29 kr. für den Noval-Zehenten, sowie 74 fl. Surrogatgelder, 8 fl. 56 kr. Lehengefälle und 93 fl. 52 kr. für Bodenwein.

Korb liegt in einem Seitenthälchen des Remsthales, an einer Einsenkung unterhalb des auf der Spitze bewaldeten, sonst mit Reben bepflanzten Korberkopfes. Es ist von dem auf der Markung entspringenden, bei Groß-Heppach in die Rems fallenden Heppach bewässert und sowohl mit dem letztgenannten Orte, als mit der Haller Landstraße durch eine gute Straße verbunden, sowie auch eine eigene Vicinalstraße nach Waiblingen führt.

Korb zählt mit Steinreinach 228 Haupt- und 101 Nebengebäude. Die in der Mitte des Ortes stehende Kirche wurde 1831/32 an der Stelle der älteren Kirche, die aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammte, mit einem Beitrage von 500 fl. aus der königl. Oberhofkasse erbaut und am 6. Mai 1832 eingeweiht. Sie hat die Form der Basiliken und ist ohne Seitenemporkirchen, jedoch für die Gemeinde hinreichend geräumig. Der Thurm rührt noch von der alten Kirche her. Die Baulast liegt auf den örtlichen Kassen. Der für die Kirchengemeinde gemeinschaftliche Gottesacker liegt in der Nähe der Wohnhäuser. Nahe bei der Kirche liegt frei und angenehm das vom Staat zu bauende Pfarrhaus. Das ansehnliche dreistöckige Schulhaus haben die Ortskassen 1846 neu gebaut.

Die Einwohner sind stark und gesund, und besonders ist auch der weibliche Theil durch das Arbeiten im Felde und in den Weinbergen sehr abgehärtet. Auch ist der Korber sparsam, sehr fleißig und haushälterisch, und weil der Weinbau nicht seine ausschließliche Nahrungsquelle ist, da er auch Ackerbau betreibt, so sind die Vermögensumstände noch besser, als in manchen andern Orten. Es ist dieß bei der großen Vertheilung des Grundeigenthums, wovon nicht 4 Morgen durchschnittlich eine Familie treffen, um so bemerkenswerther, als die Bevölkerung zu ihrer Verdoppelung nicht einmal 70 Jahre brauchte. (Im Jahr 1771 zählt die Gemeinde nur 800 Einwohner).

| In Korb ist geboren, den 3. März 1775, Jakob Friedrich Weishaar, ausgezeichneter Advocat seit 1797, Verfasser eines vielverbreiteten württembergischen Privatrechts, ständischer Abgeordneter 1815, als solcher einige Zeit lang einer der Hauptführer der Opposition, Präsident der zweiten Kammer der württembergischen Stände 1819–31, im Jahr 1832 ein Paar Monate lang Minister des Innern und des Kirchen- und Schul-Wesens. Gestorben, auf seinem Gute in Köngen, den 19. September 1834.

Die Markung umfaßt an Baufeld 513/8 Morgen Gärten, 6774/8 Morgen Acker, 2852/8 Morgen Wiesen und 4972/8 Morgen Weinberg. Sie hat, wie schon im allgemeinen Theile bemerkt, bedeutende Gyps- und Stein-Brüche, vornemlich Werksteine, wovon viele in andere Gegenden des Landes kommen, und namentlich auch zum Bau des kronprinzlichen Palais zu Stuttgart verwendet wurden, und Sandsteine zu Wasserbauten vorzüglich geeignet, sowie reiche Sandgruben, von deren Ausbeutung manche ärmere Familie sich ernährt. Um die Anlegung zweckmäßiger Jauchenbehälter machte sich der verstorbene Schultheiß Kaufmann verdient; 1836 zählte man hier 950, worunter 325 musterhafte. (Corresp. Bl. 1836 II. 51). J. D. Singer hat um den landwirthschaftlichen Betrieb Verdienste (ebenda 1842 I. 275).

Die Äcker werden mehr als zur Hälfte willkürlich gebaut und eignen sich für alle möglichen Gewächse; besonders gut geräth Dinkel, Weizen und Gerste. Das Getreide ist auswärts gesucht, es kann aber nicht viel abgesetzt werden. Beim Dinkel rechnet man in guten Jahren 7–8 S. Aussaat und 8–10 Sch. Ernte; beim Waizen 3 S. Aussaat und 21/2 Sch. Ertrag; beim Haber 4 S. Aussaat und 4–5 Sch. Ertrag. Die Brache wird meistens ganz angebaut, namentlich mit Ackerbohnen, Kartoffeln, Klee, Mohn, Hanf und Wälschkorn, das in großer Quantität gepflanzt wird. Der Wiesenbau ist nicht von großem Belang; doch geben die Wiesen gutes und ergiebiges Futter. Um so bedeutender ist aber der Weinbau. Die Weinberge liegen theils hoch, theils im mittleren Feld. Durchschnittlich rechnet man 3000 Stöcke auf einen Morgen (in den Bergen 3200); die am Häufigsten vorkommenden Sorten sind Sylvaner, Elblinge, Wälsche und hie und da Rißlinge. In guten Jahren erträgt der Morgen 9–10 Eimer. (Nach einem Berichte vom Jahr 1771 waren damals die Muscateller, Gutedel, Feldleiner, Elblinge, Clevner, Sylvaner und schwarze Wälsche die gewöhnlichen Rebsorten, und in guten Herbsten der Ertrag 4 Eimer vom Morgen). Der zarte, gewürz- und geistreiche Wein hat eine weiße Farbe und ist von alten Zeiten berühmt, und jener von der Kaisershalde wurde im fünfzehnten | Jahrhundert zu den besten des Landes gezählt. Schon im Jahr 1822 lieferten neu angepflanzte Rißlinge höchst günstige Resultate (Corresp. Bl. des landwirthschaftl. Vereins 1822, 417). Im Jahr 1846, wo die Preise 58–90 fl. waren, ging der Absatz in 34 Cameralamtsbezirke. Ferner ist die Obstzucht von Bedeutung, obwohl zunächst auf Mostobst gerichtet. Die Äpfel gerathen am Besten in der Höhe, die Birnen im niedern Feld, die Zwetschgen in den Gärten bei den Häusern. Kirschen werden nach Außen verkauft. Ein Morgen Acker kostet 180–700 fl., Weinberg 400–2000 fl. Korb hat absolut genommen die meisten Kühe (S. 61). Die Gewerbe, worunter 2 Nagelschmiede, 14 Weber, 14 Maurer und Steinbrecher, 5 Zimmerleute, 14 Schuhmacher, bieten nichts Besonderes dar.

b. Steinreinach, Weiler mit 552 evang. Einwohnern, südöstlich 1/4 Stunde von Korb, auf einer sanften Anhöhe vor dem oben gedachten Gebirge gelegen. In dem Weiler vereinigt sich ein von Immerich herkommender Bach ohne Namen mit dem bei Korb genannten Bache. Von den unter Korb mitbegriffenen Gebäuden sind nur die Trümmer der Capelle zu St. Wolfgang zu erwähnen, in welcher die Korber Gemeinde im Jahr 1482 eine Caplanei und ewige Messe stiftete, welche in der Reformationszeit aufgehoben und deren Einkünfte mit der Pfarrei Korb vereinigt wurden. Sie wurde seit dem dreißigjährigen Krieg, wo sie großen Schaden litt, immer baufälliger, so, daß außer dem gut erhaltenen Thurm nur noch eine Ringmauer übrig ist.

Die Cultur- und Boden-Verhältnisse sind zwar dieselben, wie jene in Korb; die Zahl der Ärmeren ist aber um Vieles größer als dort. Die Letztern suchen sich mit dem Verkaufe von Silbersand, womit selbst kleine Kinder viele Stunden weit gehen, zu helfen. Eine Schule wurde 1825 errichtet und 1839 auch von dem Weiler ein eigenes Schulhaus erbaut. Die Lehrerstelle ist aber vorerst noch provisorisch besetzt.

Steinreinach war stets mit Korb verbunden und hat auch immer dessen Geschicke getheilt.

Im Jahr 1482 wurde die Capelle zu Korb, welche zur Pfarrei Waiblingen gehört hatte, zu einer eigenen Pfarrkirche unter württembergischem Patronat erhoben. Die Parochie besteht aus dem Mutterort und den Filialien Steinreinach und Immerich, einem zur Stadtgemeinde Waiblingen gehörigen einzelnen Hause. Das Patronat steht von jeher dem Landesherrn zu. An der Schule stehen ein Schullehrer und ein Lehrgehilfe. Seit einigen Jahren besteht auch eine Kleinkinderschule.

Die Gemeindepflege besitzt 501 Morgen Grundeigenthum, aber auch 3500 fl. Schulden, daher eine große Gemeindeumlage.

| Die Stiftungspflege Korb, aus den combinirten Heiligen Catharina und Wolfgang bestehend, hat ein Capitalvermögen von nur 1191 fl. Von großem Einflusse auf diese Verhältnisse war der Kirchen- und Schulhaus-Bau.

Allhier erkaufte Gülten der Eßlinger Spital von dem Kloster Steinheim am 18. Februar 1270. Höfe und Lehen kommen schon 1494 hier nicht mehr vor; die Herrschaft besaß damals nur von einzelnen Gütern Gefälle. Der kleine Zehenten gehörte der Dechanei zu Stuttgart, der Heuzehnte dieser, der Herrschaft und der Pfarrei Neustadt. In einem hiesigen Schlosse wohnten zuerst die Herrn von Gaisberg, später die von Sperberseck (Crus. Paralip. 29), letztere werden noch 1623 und 1653 als Besitzer desselben erwähnt.

Im dreißigjährigen Kriege hatte der Ort sehr viel zu leiden; von der Nördlinger Schlacht an blieb er zwei Jahre lang wüst und unbewohnt. Namentlich hatten auch die Pfarrer mit besonderem Elend zu kämpfen. Nach einem alten Kirchenbuche mußte sich der 1636 verstorbene M. Faber lange mit Schnecken nähren. M. Reuß, der sich 1639 findet, als wieder einige Einwohner sich gesammelt hatten, soll 1643 Hungers gestorben seyn. Sein Nachfolger M. Lorenz aber starb 1658 an Gift, das er in einem benachbarten Dorf erhalten haben soll. Im Winter 1794/95 grassirte in Korb und Steinreinach eine Epidemie, woran am 13. Februar 1795 255 Menschen darniederlagen.

Auf der Markung Korbs, in der Richtung gegen Hahnweiler, liegt der sogenannte Jammeracker, ein Bezirk von etwa 10 Morgen Acker, auf welchem von Zeit zu Zeit Hufeisen, Degen u. dgl. gefunden werden. Die Sage geht, daß hier im dreißigjährigen Kriege ein Treffen geliefert worden sey, wobei sehr viele Menschen aus der Umgegend ihr Leben verloren haben.

« Kapitel B 19 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 21 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).