Beschreibung des Oberamts Neckarsulm/Kapitel B 8
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Das Dorf liegt freundlich in ziemlich regelmäßiger Gestalt in dem Thälchen des nordwärts fließenden, bald unterhalb Cleversulzbach in die Brettach mündenden Sulzbaches, lieblich umrahmt im Süden von waldbewachsenen steilen Höhen, den Ausläufern der Löwensteiner Berge, in welche der Sulzbach und das Kieferthal einen tiefen Einschnitt macht, während nördlich vom Ort die sanfteren Höhen des rebenbepflanzten Vörrenbergs vorgelagert sind. Das Dorf selbst ist nicht besonders ansehnlich, da es nur wenige größere Gebäude aufweist. Die Ortsstraßen sind chaussirt und gekandelt. Das Ortswappen enthält eine Traube, gemäß der irrigen Ableitung des Namens von Clevner.
Die kleine und unansehnliche Kirche, aus Stein gebaut und außen beworfen, scheint auf einem alten längst verlassenen Begräbnisplatz zu stehen. Das Terrain steigt nach Westen an, weshalb auch der Boden der Kirche etwas feucht ist. Der mit zopfigem Ornament versehene Taufstein zeigt die Jahrszahl 1710, während der im Chorhaus stehende Altar neu ist. Der Chor, welcher das untere Geschoß des kleinen und niederen viereckigen Thurmes bildet, zeigt ein Kreuzgewölbe mit Gurten, in welchem der Sternenhimmel gemalt ist: das Schiff hat eine flache Decke. Auf dem von einem spitzigen Schieferdach bedeckten Thurm hängen 3 Glocken mit folgenden Inschriften:
1. Gegossen von A. Bachert in Kochendorf für die Gemeinde Cleversulzbach 1859. Pfarrer Haueisen, Schullehrer Fries, Schultheiß Hermann. 2. Gegossen von A. Bachert in Kochendorf für d. G. Clev. Wer mich höret nah und fern, walle fromm zum Haus des Herrn. 3. Joh. Georg Rohr zu Heilbronn goß mich, nacher Cleversulzbach gehor ich 1700.
Das Pfarrhaus, am Ende des Orts an der nach Neuenstadt führenden Straße gelegen, ist nach der auf der Westseite an der Oberschwelle der Hausthüre angebrachten Jahreszahl im Jahr 1755 erbaut. Die hohen Zimmer desselben zeigen dicke Mauern mit tiefen Fensternischen. Neben dem Haus befindet sich der stattliche Pfarrgarten und die Pfarrscheuer; in dem Pfarrgarten steht die Lieblingsbuche des Dichters E. Mörike,| mit den in die Rinde eingeschnittenen Namen seiner Freunde. Das Pfarrhaus ist vom Staat zu unterhalten, die Kirche je hälftig von der Stiftungs- und Gemeindepflege. – Wenige Schritte vom Pfarrhaus entfernt liegt auf derselben Seite der Straße der ummauerte Friedhof, über dessen Eingang die Zahl 1764. Auf demselben stehen rechts vom Eingang zwei einfache niedere Steinkreuze neben einander, auf deren einem die Worte: „Schillers Mutter“ eingegraben sind, auf dem andern: „Charlotte Mörike,“ auf der Rückseite: gest. den 28. April 1841. Das erstere Kreuz wird von einer Linde überragt.„Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es richten
Deutschlands Männer und Fraun eben den Marmor ihm auf,“
so sang Eduard Mörike, Pfarrer des Orts 1834–43, von dem diese Kreuze, eines für Schillers, das andere für seine Mutter, aufgerichtet wurden.
Neben der Kirche befindet sich das Schulhaus mit zwei geräumigen Lehrzimmern, als Vergrößerung des alten Schulhauses im Jahr 1862 erbaut; das alte Schulhaus (der vordere Theil) enthält die etwas beschränkte und feuchte Lehrerwohnung. Es unterrichten an der Schule ein Schullehrer und ein Lehrgehilfe; daneben besteht eine Winterabendschule und Industrieschule.
Das neue Rathhaus, das im Erdgeschoß das Spritzenlokal enthält, ist 1874 gebaut worden. Außerdem besitzt die Gemeinde ein Back- und Waschhaus, ein Armenhaus, ein Schafhaus und eine Kelter mit 3 Bäumen.
Gutes und genügendes Trinkwasser liefern ein laufender Brunnen und 3 Ziehbrunnen; die Markung ist reich an Quellen mit gutem Wasser. In der Nähe des Orts, unfern der nach Brettach führenden Straße, ist zwischen einem Erlengebüsch auf einer Wiese eine wenig alkalisch reagirende Mineralquelle. Der jetzt sumpfige Wiesengrund „Hagenach“ am südlichen Fuß des Vörrenbergs war wahrscheinlich früher ein See; außerdem wird Markung und Ort berührt von dem Sulzbach, der selten austritt und auch dann ohne Schaden zu thun.
Vizinalstraßen führen vom Ort nordwestlich nach Neuenstadt, nordöstlich nach Brettach, südwestlich nach Eberstadt; über den Sulzbach sind 4 steinerne Bruckchen hergestellt, welche die Gemeinde zu unterhalten hat.
Die kleine, im Ganzen 1672 Morgen betragende Markung, enthält im südlichen Theil waldige Höhen, nördlich hügeliges| Terrain, durchzogen von dem Thal des Baches. Der Boden ist theils furchtbar, theils mittelfruchtbar, der Wiesengrund theilweise naß und sumpfig.Das Klima ist im Ganzen mild, doch sind Frühlingsfröste häufig. Gegen starke Winde wird die Gegend durch die vorgelagerten Berge geschützt und Hagelschlag ist selten. Es ist eine Lehm- und Kiesgrube vorhanden, sowie 2 tief eingetriebene Gipsbrüche und ein Steinbruch, aus dem weißer Sandstein gewonnen wird.
Die Einwohner leben vom Feldbau, von Viehzucht, etwas Weinbau und Obstzucht. Die Vermögensverhältnisse sind nur mittelmäßig. Der vermöglichste Einwohner hat 70 Morgen Grundbesitz, der Mittelmann ca. 25 Morgen, die ärmere Klasse 1/2–1 Morgen.
Vom Kleinhandwerk sind besonders die Leineweber vertreten; 2 Krämer und eine Schildwirthschaft sind im Ort. Manche verdienen sich auch Unterhalt durch Stroh- und Korbflechtereien, die nach Heilbronn abgesetzt werden.
Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich zwischen 800 und 200 fl.
Der Wiesenbau ist ziemlich ausgedehnt, liefert aber zum Theil saures Futter. Die Wiesen kosten zwischen 600 und 200 fl.
Der Weinbau ist nicht bedeutend (s. oben S. 146). Die Preise eines Morgens Weinberg stehen zwischen 1000 und 300 fl.
Die Obstzucht ist im Zunehmen begriffen; in günstigen Jahrgängen können bis zu 1000 Sri. über den eigenen Bedarf nach außen verkauft werden. Die Gemeinde hat eine Baumschule und es ist ein Baumwart aufgestellt.
An Waldungen besitzt die Gemeinde 600 Morgen Laubwald, welche 150 Klafter und ca. 10.000 Wellen ertragen. Die Bürger erhalten als Holzgabe je 50 Wellen. Das übrige wird verkauft und der Erlös fließt in die Gemeindekasse.
Die Weide wird von dem Pachtschäfer mit 200 bis 300 Stück Bastardschafen befahren, wofür die Gemeinde, die das Weiderecht hat, jährlich 500 M. erhält; der Pferch trägt 350 M. Eigene Güterstücke, welche die Gemeinde besitzt, sind um 500 M. jährlich verpachtet.
Der Zustand der Rindviehzucht ist ein guter zu nennen; es findet nur Stallfütterung statt. – Ferkel werden auch nach außen abgesetzt.
| Als Flurnamen von Interesse erwähnen wir: Burgäcker, Schelmenäcker, Hellweg, Kirchweg, Salzweg, Diebsklinge. – Über den in der Nähe des Orts befindlichen Markstein „Löffelstein“ und die damit verbundene Sage siehe oben S. 113 f.Cleversulzbach, alt Clephart-, Glepfhart-Sulzbach, d. h. wohl im Unterschied von Sülzbach bei Weinsberg: Sulzbach am Klebhart (nassen Wald? vgl. Buck, Oberd. Flurn. 139) ist unter den zahlreichen Besitzungen, welche die Herren von Dürne (Walldürn) in unserer Gegend hatten. Von ihnen kam der Ort an die Herren von Weinsberg, Einzelnes aber auch an das Ritterstift Wimpfen, an die Klöster Schönthal und Lichtenstern, die Herren von Gosheim u. A. In der Folge theilte er die Schicksale der Weinsbergischen Herrschaft Neuenstadt.
Kirchlich wurde C. von Helmbund (W. F. 8, 487) und später von Neuenstadt aus (s. d.) versehen, bis es 1592, nachdem die Gemeinde ein Pfarrhaus erbaut, einen eigenen Pfarrer erhielt. Kloster Schönthal hatte daselbst, theilweise durch Kauf von Kloster Lichtenstern, mehrere Lehen, ziemlich viele Frucht-, Wein- und Geld-Gilten und den Zehnten gemeinsam mit der Pfarrei Neuenstadt. Geistliche: M. Wolfg. Denk 1592. M. Abr. Krämer 1596. M. Joh. Ulr. Haan 1604. M. Phil. Körner 1611. M. Ge. Koch 1617. M. Sim. Scharpff 1622. M. Ge. Keuerleber 1626. M. Joh. Mezger 1634. M. Lud. Braun 1636–39. (1639–44 versah der Stadtpfarrer, bis 1646 der Helfer von Neuenstadt die Pfarrei). Jon. Thom. Fronmüller 1646. M. Joh. Andr. Sigel 1655. M. Phil. Heinr. Wolfg. Schuppart 1659. M. J. Dav. Flattich 1661. M. Imm. Glock 1664. M. Alex. Rud. Wolfhard 1667. M. Joh. Friedr. Mack 1674. M. Ge. Jonath. Mangold 1680. M. J. Mich. Hoffmann 1683. M. Joh. Thom. Fried. Schüz 1699. M. Christi. Wolf 1708. M. Joh. Heinr. Schoppach 1715. M. Joh. Bloß 1731. M. Christi. Jer. Landerer 1735. M. Eberh. Lud. Rabausch 1747. M. Friedr. Christi. Binder 1759. M. Gottl. Friedr. Wolff. 4779. M. Joh. Gottlieb Frankh 1799. (Mit der Familie Schiller auf der Solitude befreundet, hatte F. die zweite von den drei Schwestern des Dichters, Luise, geb. 24. Januar 1766, am 20. Oktober 1799 geheiratet. Die Mutter behielt ihre vom Herzog ihr eingeräumte Wohnung in Leonberg, verweilte aber viel in Cleversulzbach, am längsten im Jahr 1800 und 1801. Schon in letzterem Jahr viel krank,| ließ sie sich im Februar 1802 nach C.S. bringen, wo sie von Dr. Hehl aus Neuenstadt behandelt wurde, der über ihr Befinden fortwährend an die Freunde ihres Sohnes, die Ärzte Jacobi in Stuttgart und Hoven in Ludwigsburg, berichtete. Am 29. April 1802 starb die Gute im 69. Lebensjahr. „Sie wurde“, schreibt die Pfarrerin dem Bruder nach Weimar, „mit aller möglichen Ehre und Ehrerbietung, die je unser Dorf vermochte, zur Erde bestattet, und liegt so nahe an meinem Garten, daß ich alle Augenblick ihren Grabhügel sehen kann“. Wie später dieses Grab ein anderer Dichter geehrt hat, siehe oben S. 322. Frankh wurde 1805 auf die Stadtpfarrei Möckmühl befördert. Vgl. Schillers Beziehungen zu Eltern, Geschwistern etc. Stuttg. 1859. S. 197. 207. 384). M. Christ. Dav. Eberh. Leyrer 1812. M. Gottlob Lud. Hochstetter (v. Neuenstadt) 1818. Eduard Mörike 1834. („Acht Jahre eines friedlichen Stilllebens hat der Dichter hier, „„zu Cleversulzbach im Unterland““, an der Seite seiner Mutter, die dann neben Schillers Mutter ihr Grab fand – s. oben S. 322 – und einer treuwaltenden, den Bruder innig verstehenden Schwester verlebt. Man kennt das anmuthige Bild des heitern Friedens, der auf der pfarrlichen Schwelle wohnte, wie es uns in zart poetischer Verklärung die reizende Idylle Der alte Thurmhahn gibt. Von hier aus ging denn auch die erste Sammlung seiner Gedichte, die, ein ziemlich schmaler Band, aber vom reichsten Inhalt, 1838 erschien“. J. Klaiber, Ed. Mörike. Zwei Vorträge. Stuttg. 1876, S. 22). Jak. Wilh. Haueisen 1843. Paul Kielmeyer 1866. Benj. Meyding 1873. Dr. Imm. Paulus 1879.782. Kloster Lorsch erhält Eigenthum in pago Neckergowe in pago Sulzbach (unserem?). Cod. Lauresh. 2463.
12. 13. Jahrh. Stift Wimpfen hat Einkünfte in C. Stälin 1, 752.
1262. Engelhard v. Weinsberg verkauft dem Kloster Lichtenstern einen Hof mit Zugehör in Glefer Sulzbach für 60 Pf. H. St.A.
1307/10. Kunrad und Sefrid v. Gosheim verkaufen mit Einwilligung Friedrichs Schenken v. Limpurg und Alberts Grafen von Dürn 1/3 des Zehnten in Sulzebach prope Helmbunt, Clephart Sultzbach, an Kloster Schönthal. Wib. 3, 48. Schönhuth, Schönthal 58. Bad. Quellensamml. 4, 153.
1336. Heinrich und Juta v. Gosheim, Wilhelm und Götz von Aschhausen verkaufen ihre Güter und Gilten in Cleffer Sulzbach u. a. O. an Kl. Schönthal. Schönhuth 75.
(1346. 1359. Weinsbergische Urkunden über einen Hof und das Patronat in Sultzbach, Ludewig, Rel. msc. 12, 590. 594, werden sich auf Sülzbach bei Weinsberg beziehen).
| 1365. Hertwig v. Thierbach verpflichtet sich, das Gericht in die Gilten zu Glepfhart-Sültzbach, 30 Pf. 30 Schill. Heller, 23 Malter Korn, 7 M. Haber, 14 Fastnachthühner, 200 Eier und eine Gans, seinem gnädigen Herrn Engelhard v. Weinsberg jeder Zeit um 400 Gulden Gold wieder zu lösen zu geben. Ludewig 12, 608. W. F. 9, 32.1371. Rudger v. Haag (Hornberg? Dillenius 32) gibt dem Konrad v. Weinsberg seine Güter und Gilten in Neustadt, Helmbund und Gleber-Sultzbach zu Lehen auf. Ludewig 12, 609.
1375. Konrad Düringer von Glephartsulzbach Zeuge in einer Weinsberger Urk. Öhr. Arch.
1376. Kloster Lichtenstern verpfändet den Hof zu Cleffhartz-Sulzbach dem edlen Knecht Hans v. Thierbach um 1300 Pfd. Heilbronner Währung. W. F. 9, 30.
1387 s. Brettach.
1405. Engelhard und Konrad v. Weinsberg verpfänden mit Neuenstadt etc. auch Cl. an die v. Helmstatt. Ludewig 12, 612.
1428. Mit Neuenstadt etc. ist auch Klopphart-Sültzbach an Swicker und Ludwig von Sickingen verpfändet. W. F. 8, 250.
1431. Neue Verpfändung von Neuenstadt, Cl. etc. an die von Helmstadt. Ludewig 12, 617.
1445. Kloster Schönthal kauft 1/3 des Zehnten in Cleffer-Sultzbach von Hans Rüd von Eubigheim. St.A. Bad. Quellens. 4, 158.
1448. Kloster Lichtenstern kauft von Eberhard v. Gemmingen Gilten und Gefälle in C. (B.)
1488. Kloster Schönthal erwirbt die Gilten und Gefälle des Klosters Lichtenstern. St.A.
1488. Erblehenrevers Bernhard Maurers von Cl.S. um dasigen, der Frühmeß zu Neuenstadt gehörigen Weingarten am vordern Vörrenberg. StA.
1495. An Pfalz steuern in Gleffer-Sultzbach 32 Einwohner mit einem Vermögen von 2750 Gulden 55 Gulden. Unter jenen 32 sind 8 reiche von 100 bis 575 Gulden, 12 mittlere von 50 bis 96 und 12 arme von 5 bis 45 G. 1 Armer zahlt gar nichts. W. F. 7, 553. 558.
1592. Cl. wird zur Pfarrei erhoben. Binder, Kirchen- und Lehrämter 1, 241.
1666. Die Gilten vom sog. Berlinger (Berlichingischen) Hof werden v. Ge. Schweikart v. Gemmingen-Presteneck an Württemberg verkauft. Neuenst. Kellerei-Lagerb.
1684. Es werden Güter zur Pfarrei erkauft. Lagerb. d. Geistl. Verw. Neuenstadt.
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