Beschreibung des Oberamts Horb/Kapitel B 8
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Nahe der westlichen Bezirksgrenze, welche zugleich die Landesgrenze zwischen Württemberg und Hohenzollern bildet, hat der freundliche, in die Länge gedehnte Ort am Anfange eines Trockenthälchens eine gesunde, geschützte Lage. Die Gebäude sind sämtlich von Stein erbaut und zum Theil sehr ansehnlich, die Wohlhabenheit ihrer Bewohner verrathend.
Die Kirche liegt in der Mitte des Orts innerhalb des ehemaligen ummauerten Begräbnißplatzes; sie ist, wie der mit einem halben Sechseck schließende Chor in einem einfachen modernen Rundbogenstyl erbaut, während der viereckige, gegen oben in ein Achteck übergehende Thurm, wenigstens in seinen unteren Theilen, sehr alt ist und mit seinem Kreuzgewölbe im unteren Stockwerk noch an die romanische Periode erinnert. An der Außenseite des Thurms ist ein altes, aus Stein gefertigtes Krucifix eingemauert. Das Innere ist freundlich und im Rococogeschmack ausgestattet. Die Baulast der Kirche hat die Gemeinde.
Der Begräbnißplatz wurde 1838 außerhalb des Orts angelegt.
Das 1836 neu erbaute, schöne Rath- und Schulhaus enthält ein großes Schulzimmer, die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den Gemeinderath.
Ein Gemeindebackhaus, zwei Waschhäuser und ein Armenhaus sind vorhanden.
Zu den schöneren Gebäuden gehört auch die Meierei mit ihren Nebengebäuden, Eigenthum des Freiherrn von Raßler, der auf der Markung ein zerstreut liegendes Gut von etwa 220 Morgen mit Einschluß der Waldungen besitzt.
An Wasser, das nur aus Cisternen, sog. Hülben, gewonnen wird, ist Mangel; es bestehen innerhalb des Orts drei Hülben und außerhalb (westlich) desselben ein kleiner runder Weiher, diese Einrichtungen sind jedoch in trockenen Jahrgängen nicht mehr im Stande den Wasserbedarf zu liefern, so daß dieser auswärts bezogen werden muß.
Vicinalstraßen führen nach Grünmettstetten, Thumlingen, Diessen und zugleich auf die 1/8 Stunde nördlich vom Ort vorüberführenden Horb-Freudenstadter Landstraße. Die Entfernung des Dorfs von der östlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt zwei Stunden.
| Die im allgemeinen körperlich wohlgestalteten und kräftigen Einwohner sind freundliche, gutmüthige Leute, die mit großem Fleiß Landwirthschaft treiben und sich in guten Vermögensumständen befinden; einzelne besitzen größere Güter und der bedeutendste Grundbesitz besteht in 90 Morgen Felder und 30 Morgen Waldungen, der mittlere in 40 Morgen Felder und 2–3 Morgen Waldungen und der geringste in 1–3 Morgen Felder. Die Lebensweise ist einfach und die Tracht nähert sich der des Schwarzwaldes.Die im Verhältniß zur Einwohnerzahl nicht unbedeutende Markung bildet einen Theil der hügeligen Muschelkalk-Hochebene, die sich an den Schwarzwald anlehnt und gleichsam den Saum desselben bildet; der Boden ist daher ein fruchtbarer, kalkreicher, jedoch mit vielen Muschelkalktrümmern vermischter; in den Vertiefungen und Thälchen haben sich sehr fruchtbare Lehme abgelagert. Zur Verbesserung des Bodens wird außer dem gewöhnlichen Stalldünger, die Jauche, der Gips und die Salzasche angewendet.
Unter Benützung verbesserter Ackergeräthe, wie der Flanderpflüge, der eisernen Eggen, der Repssämaschinen etc. wird der Ackerbau im System der Dreifelderwirthschaft gut und fleißig getrieben; man baut die gewöhnlichen Getreidearten und von diesen vorzugsweise Dinkel und Weizen. Bei einer Aussaat von 8 Simri Dinkel, 3–31/2 Simri Weizen, 3 Simri Gerste, 4 Simri Haber, erntet man von dem Morgen durchschnittlich 6–8 Scheffel Dinkel, 6 Scheffel Weizen, 6 Scheffel Gerste, 5–7 Scheffel Haber.
Die Brache wird ungefähr zur Hälfte angebaut mit Kartoffeln, Futterkräutern (dreiblättrigen Klee, Luzerne, etwas Esparsette), Angersen, viel Reps, wenig Mohn, Flachs und Hanf; die beiden letzteren nicht hinlänglich, so daß noch von Außen aufgekauft werden muß. Der im Zunehmen begriffene Hopfenbau ist bis jetzt noch nicht von Belang.
Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 100–600 fl. Von den Getreidefrüchten werden etwa 2000 Scheffel nach Außen abgesetzt.
Die Wiesen liefern größtentheils gutes Futter und zwar von Morgen 25 Cent. Heu, 12 Cent. Öhmd; Wässerung findet keine statt. Der geringste Preis eines Morgens ist gegenwärtig 150 fl., der mittlere 400 fl. und der höchste 700 fl.
Die Obstzucht ist nicht bedeutend, obgleich sie fleißig gepflegt wird; das Obst (gewöhnliche Mostsorten und Zwetschgen) geräth | wegen des rauhen Klimas nicht gerne und der Ertrag reicht nicht vollständig für das örtliche Bedürfniß. Die Jungstämme werden von Hohenheim und Salzstetten bezogen. Es sind gute Weiden, die man nebst der Herbstweide für Schafe benützt, vorhanden; sie werden an einen schafhaltenden Ortsbürger um 342 fl. jährlich verpachtet und überdieß sichert der Pfercherlös der Gemeinde eine Einnahme von 300 Gulden.Die Rindviehzucht, welche sich mit einer Kreuzung der Simmenthalerrace mit einem tüchtigen Landschlag beschäftigt, ist in ganz gutem Zustande und bildet eine besondere Erwerbsquelle der Einwohner, indem ein namhafter Handel mit Vieh nach Frankreich unterhalten wird. Zur Nachzucht ist ein Simmenthaler Farre aufgestellt, den der Pächter des v. Raßler’schen Guts unterhält. Die Pferdezucht ist unbedeutend.
Auf der Markung laufen etwa 150 Stück Bastardschafe, die einem Ortsbürger gehören und ihren Abstoß nach Frankreich haben; die Wolle wird innerhalb des Landes verkauft.
Eigentliche Schweinezucht wird in geringer Ausdehnung getrieben, indem die meisten Ferkel (bayerischer und ungarischer Race) von Außen bezogen werden. Mastung theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf findet statt.
An Geflügel werden viel Hühner, Gänse und Enten gezogen und zum Theil an benachbarte Israeliten verkauft.
Von den Gewerben sind zwei Schildwirthschaften und ein Krämer zu nennen, die übrigen, von denen die Weber am zahlreichsten vertreten sind, arbeiten nur für das nöthigste örtliche Bedürfniß.
Es sind etwa 100 Morgen Gemeindewaldungen vorhanden, deren jährlicher, in 35 Klaftern bestehender Ertrag verkauft und der Erlös an die Bürger vertheilt wird.
Etwa 1/8 Stunde nördlich vom Ort lief die römische Heerstraße von Rottenburg nach Rottweil vorüber.
Die sog. Speiseburg, auch Sippburg genannt, von der noch Trümmerhaufen und Gräben sichtbar sind, lag auf der Spitze eines flachen, zwischen zwei Thälchen hinziehenden Bergrückens.
An der Straße nach Grünmettstetten stand am Walde eine Kapelle, von der sich nur noch die Benennung „beim Käpelle“ erhalten hat.
Im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts lebten Markward und Eberhard von Buttelbrunne (Sattler, Topogr. 266, Schmid, Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 51, Gerbert Hist. nigr. silv. 3, 222).
| Der adelichen Besitzer des Guts, deren spätere sich an die Reichsritterschaft anschlossen, war eine Reihe.Im Jahr 1331 verkaufte Agnes, Volmars von Haiterbach Gemahlin, ihr Eigenthum zu Bittelbronn an das Kloster Engenthal. (Schmid Mon. Hohenb. 278.)
Vor 1470 besaßen den Ort die von Ehingen, aus welchem Hause ihn Lupolt, Burkhard und Wolf im genannten Jahre 1470 an Pfost von Neunegg verkauften. Von Hans von Neuneck und dessen Vetter Ludwig gieng er 1501 durch Kauf an Haug Wernher von Ehingen über. Als Hans von Ehingen, der sich am 17. Mai 1545 mit seinem reichslehenbaren Blutbanne von Kaiser Karl V. belehnen ließ, um 1552 ohne Leibeserben starb, gelangte hiesiges Lehen und Allod an seinen Vetter und Allodialerben Hans Wilhelm von Werdnau den 25. Januar 1553 (vergl. Bieringen). Auf Georg von Werdnau’s gleichfalls unbeerbten Tod erhielt dasselbe den 30. Juni 1690 der Freiherr Franz Christoph von Raßler (das was daran Lehen war an Zahlungsstatt für eine ihm schuldige Summe), bei dessen Geschlechte es verblieb. Heut zu Tage tragen die von Raßler B. als Lehen von Württemberg mit Ausnahme der seit 1697 erworbenen Parzellen.
Am 7. Novbr. 1704 schloß Österreich mit dem Ritterkanton Neckar-Schwarzwald einen Receß wegen der Kollektation in Bieringen wonach der Ort der Reichsritterschaft steuerbar verblieb. (Lünig R.A. 12, 416).
Vor Zeiten war der Ort Filial der katholischen Pfarrei Diessen.
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