Beschreibung des Oberamts Horb/Kapitel B 13
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Der ansehnliche, freundliche Ort hat an der westlichen Bezirksgrenze, am Saum des Schwarzwaldes eine ziemlich geschützte Lage, indem das Dorf in das mäßig eingefurchte Steinach-Thal hingebaut ist. Die größtentheils zweistockigen Gebäude, von denen die unteren Stockwerke aus Stein, die oberen aus Holz bestehen, sind mit Ziegelplatten gedeckt und mehrere verrathen durch ihr stattliches Aussehen die Wohlhabenheit ihrer Bewohner.
Die im Jahr 1768/69 im modernen einfachen Rundbogenstyl erbaute Pfarrkirche zu St. Konrad hat die Gemeinde zu unterhalten; der Chorschluß ist halbrund und der mit einem Zeltdach versehene Thurm viereckig. Innen ist die Kirche freundlich und das flachgedeckte Langhaus mit Deckenmalereien, die Ausgießung des heil. Geistes und die vier Evangelisten darstellend, versehen. In demselben stehen zwei im Rococogeschmack gefaßte Altäre, der eine den heil. Antonius, der andere die Mutter Gottes mit dem Kinde enthaltend, von Maintel gemalt. Auch der Hochaltar im Chor ist im Rococostyl gehalten; hinter ihm befindet sich ein großes, jedoch werthloses Bild, die Auferstehung Christi. Die drei vorhandenen Glocken sind aus neuerer Zeit.
Das in der Nähe der Kirche gelegene Pfarrhaus ist alt und von der Gemeinde zu unterhalten.
Der Begräbnißplatz, welcher früher um die Kirche lag, wurde 1837 aufgegeben und außerhalb (nördlich) des Orts angelegt.
Das 1834 erbaute Schulhaus enthält zwei Lehrzimmer; der Schulmeister wohnt in einem abgesonderten Gemeindehaus.
Das 1789 erbaute Rathhaus enthält die Gelasse für den Gemeinderath und im unteren Stockwerk die öffentliche Backküche.
Zwei Waschhäuser und ein Armenhaus sind im Ort.
Gutes Trinkwasser, das 4 laufende Brunnen und 5 Pumpbrunnen liefern, ist hinreichend vorhanden; überdieß fließt die ganz in der Nähe entspringende Steinach durch den Ort und treibt etwa 1/8 Stunde unterhalb desselben eine Säg-, Gips- und Ölmühle.
Zur Vermittlung des Verkehrs mit der Umgegend sind Vicinalstraßen nach Altheim, Thumlingen, Bittelbronn und nach der Horb-Freudenstadter Landstraße angelegt; durch letztere ist der Ort mit der | 11/2 Stunden östlich gelegenen Oberamtsstadt, mit Schopfloch und Rexingen in Verbindung gesetzt.Die Einwohner sind im allgemeinen stark gebaute, gesunde Leute, bei denen man neben großem Fleiß und Sparsamkeit einen biedern Charakter und heitern Sinn findet, daher auch der Gesang die vorherrschende Belustigung bildet. Die ökonomischen Verhältnisse sind im Durchschnitt gut und die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und im Betrieb des Frachtfuhrwesens. Der vermöglichste Bürger besitzt 36 Morgen Felder und 4 Morgen Waldungen, der sogenannte Mittelmann 12–14 Morgen Felder und die ärmere Klasse 3–4 Morgen.
Die ziemlich große Markung, von der nur ein kleiner Theil der Waldkultur dient, ist zum größern Theil etwas hügelig und von kleinen Thälchen durchzogen; der Boden derselben besteht mit wenig Ausnahme aus den Zersetzungen des Hauptmuschelkalks, auf denen die gewöhnlichen Getreidearten gut gedeihen. Der weit kleinere Theil besteht aus den nicht unfruchtbaren Zersetzungen der Anhydritgruppe und in den Thälchen haben sich ergiebige Alluvialböden abgelagert. Zur Verbesserung des Bodens kommt, neben dem natürlichen Dünger, Gips, Compost, Düngersalz und Jauche in Anwendung, welch letztere in gut angelegten Düngerstätten sorgfältig gesammelt wird.
Im Dreifeldersystem und unter Benützung verbesserter Ackergeräthe (Flandrische Pflüge etc.) wird der Ackerbau gut betrieben; man baut die gewöhnlichen Getreidearten und rechnet auf einen Morgen Aussaat an Dinkel 8 Sri, an Weizen 31/2 Sri., an Gerste 3 Sri. und an Haber 4–5 Sri. Der Ertrag wird zu 10–12 Scheffel Dinkel, 5 Scheffel Weizen, 6–7 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Haber angegeben. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 300–700 fl. Von den Getreideerzeugnissen werden jährlich etwa 700 Scheffel Dinkel, 300 Scheffel Weizen und 400 Scheffel Gerste in das Großherzogthum Baden und nach Frankreich ausgeführt. In der zur Hälfte angeblümten Brache baut man Kartoffeln, Futterkräuter, vorzugsweise dreiblätterigen Klee, Angersen und Reps; letzterer wird zum Theil nach Außen verkauft. Flachs und Hanf wird meist in Ländern für das eigene Bedürfniß gezogen. Hopfenbau treiben nur die Ortsbierbrauer für ihren Bedarf.
Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, von denen nur ein kleiner Theil bewässert werden kann, sind ergiebig an gutem Futter und liefern durchschnittlich 30 Centner Heu und 15 Centner Öhmd per Morgen. Das Futter wird nicht nur im Ort selbst verbraucht, | sondern auch noch von Außen zugekauft. Der höchste Wiesenpreis beträgt 800 fl., der mittlere 600 fl. und der geringste 400 fl. per Morgen.Die Obstzucht liefert wegen des rauhen Klimas und der häufig eintretenden Frühlingsfröste geringen Ertrag, weßhalb auch nur späte Mostsorten und Zwetschgen gezogen und meist zum Dörren für den eigenen Bedarf verwendet werden. Die Jungstämme bezieht man von Nachbarorten.
Die Weide wird nebst der Herbstweide an einige Ortsbürger um 580 fl. jährlich verpachtet; diese lassen 300 Stück deutsche, Bastard- und spanische Schafe auf der Markung laufen, die auch im Ort überwintert werden; der Abstoß der Schafe geschieht durch Vermittlung von Händlern meist nach Frankreich und die Wolle kommt nach Nagold und Kirchheim zum Verkauf. Die Pferchnutzung sichert der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von etwa 375 fl.
Wegen des namhaften Fuhrwesens, welches mehrere Frachtfuhrleute nach Freiburg, Mannheim, Mainz, Koblenz etc. betreiben, ist die veredelte Pferdezucht von keiner Bedeutung und beschränkt sich nur auf einen kräftigen Landschlag, der für den eigenen Bedarf nachgezogen wird. Die Stuten werden zur Bedeckung auf die Beschälplatte nach Horb gebracht und die Fohlen in einem Alter von 21/2 Jahren zum Zug verwendet.
Die Rindviehzucht ist von Bedeutung und bildet eine besondere Erwerbsquelle, indem viel Vieh nach Freudenstadt und in das Großherzogthum Baden zum Verkauf gebracht wird; man hält eine tüchtige Landrace, die durch zwei Landfarren und einem aus Simmenthal nachgezüchtet und verbessert wird. Die Farrenhaltung besorgt ein Bürger Namens der Gemeinde.
Auch die Zucht der Schweine findet in neuerer Zeit mehr Eingang, obgleich immer noch viele bayerische Ferkel von Außen bezogen werden und hier neben der halbenglischen Race vorherrschen. Die aufgemästeten Schweine werden über den eigenen Bedarf in ziemlich großer Anzahl nach Freudenstadt verkauft.
Die Geflügelzucht wird nur für das örtliche Bedürfniß getrieben und die Zucht der Bienen ist von keinem Belang.
Von den Gewerben ist außer den schon angeführten und den ganz gewöhnlichen für den Ort arbeitenden Handwerkern, noch ein Schmid zu nennen, der Bohrer und Wenden verfertigt und auch nach Außen verkauft.
An mit Nadelholz bestockten Waldungen besitzt die Gemeinde | 500 Morgen, deren jährlicher Ertrag zu 120 Klafter festgestellt ist; der Erlös aus dem Holz wird theils zu Gemeindezwecken verwendet, theils an die Ortsbürger ausgetheilt.Die römische Heerstraße von Rottenburg nach Rottweil führt unter der Benennung „Hochsträß“ etwa 1/4 Stunde östlich am Ort vorüber gegen das Seehaus und weiter gegen das abgegangene Zollhäuslein.
In der Nähe vom Seehaus sind auf den sogenannten Burgäckern schon Grundmauern römischer Gebäude, römische Ziegel etc. aufgefunden worden.
In der sogenannten Grub, unfern von Grünmettstetten, ist man auf Reihengräber, die Waffen etc. enthielten, gestoßen.
Zu der Gemeinde gehört außer der schon angeführten Sägmühle noch
Das Seehaus, ein an der Landstraße von Horb nach Freudenstadt einzeln stehendes Wirthschaftsgebäude, zu dem ein kleines Hofgut gehört. Auf dem Seehaus sind zwei Wirthschaften und eine Ziegelei.[ER 1] Das Haus erhielt vermuthlich seinen Namen von dem abgegangenen[ER 2] nahegelegenen kleinen See.
Grünmettstetten (Mezzestetten ursprünglich, Grünen Mezstettin 1293. Schmid Mon. Hohenb. 111) erhielt zu seiner ursprünglichen Namensform eine Vordersilbe, um es von Dürrenmettstetten zu unterscheiden. Der Name taucht auf im Jahr 782, als das Kloster Lorsch hiesige Besitzungen erhielt (Cod. Laur. nr. 3305); um 1100 wurde das Kloster Reichenbach allhier beschenkt. (Wirt. Urk. Buch 2, 403. 407.)
Im Jahr 1293 ertheilte Graf Burkhard von Hohenberg seine Genehmigung, als sein Dienstmann Berthold von Haiterbach hiesige Güter verkaufte (Schmid a. a. O. 111).
Im Jahr 1404 und 1522 erkaufte den Ort mit der niederen Gerichtsbarkeit das Spital zu Horb von Kunz von Bellenstein und Hans und Reinhard von Dettingen jedesmal hälftig[ER 3] und blieb sofort im Besitz.
Früher Filial der jetzt evangelischen Pfarrei Ober-Iflingen, wurde Grünmettstetten nach der Reformation bald von Altheim, bald von Salzstetten, bald von Unterthalheim aus versehen, bis es 1664 zur eigenen Pfarrei erhoben wurde. Patron war ehedem der Horber Magistrat Namens des dortigen Spitals, jetzt ist das Patronat königlich.
Hiesiger Zehnten gehörte (1534) zu dem Kloster Alpirsbachischen Untergerichtshof zu Ober-Ifflingen (Besold Docum. 321).
Errata
- ↑ S. 189. Die markierte Textpassage wurde eingefügt. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.
- ↑ S. 189 L. 18 statt „einem“ setze: dem abgegangenen. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.
- ↑ S. 189 L. 31 nach „Dettingen“ setze: jedesmal hälftig. Siehe Berichtigungen und Nachträge, Seite 273–276.
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